JÜRGEN JANKOFSKY

 

 

 

 

 

 

Jankopedia

 

VI

 

 

 

 

 

 

 

 

Denn der Mensch, dieser volle Mittelpunkt des Ideals, lebt, er ist wesentlich jetzt und hier, Gegenwart, individuelle Unendlichkeit, und zum Leben gehört der Gegensatz einer umgebenden äußeren Natur überhaupt, und damit ein Zusammenhang mit ihr und eine Tätigkeit in ihr.

Georg Friedrich Wilhelm Hegel

 

Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt drauf an, sie zu verändern.

Karl Marx

 


Eric Allan Dolphy

* 20.6.1928 in Los Angeles, † 29.6.1964 in Berlin, amerikanischer Jazzmusiker

 

„Eric Dolphy […] zählte zu den strebsamsten und seriösen schöpferischen Wegbereitern des neue Ausdrucksbereiche erschließenden Avantgarde-Jazz. Er wuchs zu einer starken Künstlerpersönlichkeit, sodaß er schließlich zu jenen zählte, die bei der Neulandgewinnung in höchstem Maße als Vorbild dienten, Leitfunktionen ausübten“, schrieb der als „Dr. Jazz“ bekannte Musikjournalist Karlheinz Drechsel. „Eric Dolphy spielte Flöte, Klarinette, Bassklarinette und Altsaxophon gleichermaßen souverän, er kannte kein ‚Nebeninstrument’. Darüber hinaus demonstrierte er beispielgebende Vielseitigkeit im Ausdrucksbereich; von feinnerviger melodischer Klarheit kammermusikalischer Prägung bis hinzu ekstatischer, kompromissloser Expressivität. Er war ein einfallsreicher Improvisator mit bewundernswertem Sinn für logische Gestaltung, Rhythmik und Spannung, und er ‚swingte’…“

Der Jazz-Autor Hans-Jürgen Schaal meinte: „Im Rückblick könnte man fast meinen, Eric Dolphy sei eine überirdische Erscheinung gewesen, kein Mensch aus Fleisch und Blut. Wie aus dem Nichts tauchte er 1959 auf der Jazzszene von New York auf, ein vollendeter Musiker mit [...] explodierender Expressivität und klarer, mutiger Vision. [...] Doch nach nur einem halben Jahrzehnt verschwand dieser Eric Dolphy wieder aus der Welt, getötet von einer mysteriösen Krankheit. Zurück blieb die Ahnung einer höheren, unverstandenen Wirklichkeit des Jazz.“

Im Alter von 53 Jahren tourte er erstmals durch Europa und sagte in einem Interview: Ich will eine Zeitland in Europa leben. Warum? Weil ich dort mehr Arbeitsmöglichkeiten finde, um meine eigene Musik spielen zu können. Wenn man in den USA etwas tut, was den Leuten gegen die Strich geht, bringen sie dich auf den Hund.“

Eric Dolphy brach im Alter von 55 Jahren während eines Konzerts in Berlin zusammen und starb zwei Tage später infolge ein nichterkannten Diabetes.

 

 

 

Francis Drake

* um 1540 in Tavistock, Devon, † 28.1.1596 bei Portobelo, Panama, englischer Freibeuter und Entdecker

 

Als Jeanny und ich eines Morgens des Jahres 2007 erwachen, schippern wir gerade durch die Flanagan Passage zwischen den US- und den British Virgin Islands. Und vom Bett aus sehen wir Norman Island an uns vorbeiziehen, das Inselchen, das sich Robert Louis Stevenson angeblich als Vorbild für die „Schatzinsel“ nahm.

Wenig später laufen wir in den Hafen von Roadtown auf Tortola ein (Road von: sicherer Ankerplatz). Das Inselgewirr hier war über lange Zeit eine Hochburg der Piraten. Die wichtigste Wasserstraße wurde nicht von ungefähr nach Sir Francis Drake benannt, der hier von der Mitte bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts seinen Stützpunkt hatte. Von den Virgin Islands ging so mache Kaperfahrt aus. Ein anderer berüchtigter Freibeuter, Blackbeard, soll auf der Mini-Insel Dead Chest Gefangene ausgesetzt haben…

Heute wirkt alles sehr friedlich und verschlafen hier, obwohl gleich nach uns noch ein riesiger Luxusliner am kleinen Pier von Roadtown anlegt und ein weiteres Kreuzfahrtschiff auf Reede liegt. Ohne Tourismus könnten die Virgin Islands (wie die meisten anderen Karibik-Inseln) schlicht nicht existieren. Sicherlich daher rührt wohl auch, dass die Virgin Islands an der Spitze der Weltrangliste des Alkoholverbrauchs stehen. Pro Kopf werden hier jährlich gut 27 Liter Alkohol konsumiert (zum Vergleich: Russland bringt’s nur auf knapp 20, und Deutschland sogar nur auf 5,5 Liter). Wenn diese Zahl nicht mit dem Tourismus zu tun hat, und damit, dass sich hier mehr und mehr Reiche & Schöne Anwesen errichten lassen, müssten die Besoffenen ja an jeder Straßenecke liegen… Dem ist gottlob nicht so. Gewöhnungsbedürftig allerdings ist, dass hier links gefahren (klar, zu Großbritannien gehörend), aber mit Dollar bezahlt wird.

Wir haben einen Ausflug nach Virgin Gorda gebucht, angeblich von Kolumbus auf seiner zweiten Tour entdeckt und nach der Hl. Ursula und ihren 11.000 Jungfrauen benannt. Sollte der Grund hierfür die allenthalben zu sehenden großen, bauchig-kugeligen Granitbrocken gewesen sein? Virgin Gorda – dicke Jungfrau? Von Spanish Town, einst der Hauptort der Virgin Islands, heute mehr als verschlafen, fahren wir in offenen Bussen zu The Bath, der Attraktion der Insel schlechthin: die titanischen Granitmurmeln säumen hier paradiesische Buchten, die man nach einer schweißtreibenden Klettertour durch klamme Schluchten und Höhlen erreicht. Sagenhaft, wie hoch hier die Brandung hineinwuchtet. An Baden ist absolut nicht zu denken, doch was für Fotomotive! Fehlt eigentlich nur, das Francis Drakes Schiff am Horizont auftaucht…

 

 

 

Alexander Pope

* 21.5.1688 in London, † 30.5.1744 in Twickenham, englischer Dichter

 

Alexander Pope verfasste ein Epigramm auf Isaac Newton: 

Nature and nature’s laws lay hid in night;

God said "Let Newton be!" and all was light. -

Natur und der Natur Gesetze lagen in dunkler Nacht;

Gott sprach: Newton sei! Und sie strahlten voll Pracht.

Allerdings wurde ihm untersagt, diesen Spruch an Newtons Ehrengrab in der Westminster Abbey anzubringen.

Der nur 1,38 m große Pope bewunderte klassische Autoren wie Horaz, Vergil, Homer und wählte sie als literarische Vorbilder. „Mit seinen geschliffenen Versen und seinem Einfallsreichtum gelang es Pope, sich als Satiriker einen Namen zu machen. Darüber etablierte er sich mit wachsendem Einfluss als eine Art öffentliche Instanz“, weiß Wikipedia. „Pope war einer der ersten Berufs-Schriftsteller nicht-dramatischer Werke. Die 1717 erfolgte Edition seiner gesammelten Werke machten ihn zum führenden Vertreter der Briefdichtung. Das bis heute meistgelesene und vielfach zitierte Werk Popes ist ‚An Essay on Man, in dem er in der Nachfolge griechischer Philosophie und Dichtung (Sophokles) Glanz und Elend der menschlichen Existenz mit hohem Pathos in streckenweise ergreifenden Versen besingt.

Alexander Pope begeisterte sich aber auch für Gartenbau und Landschaftsarchitektur und ließ sich in Twickenham, wo ihn auch der Autor von der „Reise nach Liliput“, sein Freund Jonathan Swift gern besuchte, eine künstliche Grotte anlegen.

Jorge Luis Borges setzte ihm in der Erzählung „Der Unsterbliche“ ein literarisches Denkmal, in der es einleitend um den Erwerb eines antiquarischen Exemplars einer Erstausgabe von Popes Homer-Übersetzung geht.

 

 

 

Pierre-Joseph Proudhon

* 15.1.1809 in Besançon, † 19.1.1865 in Paris, französischer Ökonom

 

Eigentum ist Diebstahl!

dürfte der meistzitierte Satz des Ökonomen und Soziologen Pierre-Joseph Proudhons sein, der als einer der ersten Vertreter des solidarischen Anarchismus gilt und sich für die Abschaffung der Ausbeutung und der Herrschaft des Menschen über den Menschen einsetzte.

Proudhon „erstrebte eine Entwicklung zum Sozialismus ohne Gewalt, getragen von der freien Entscheidung der Arbeiter. Proudhon lehnte jede staatliche Gewalt ab und prägte die Überzeugung der Anarchisten, wonach die unbegrenzte Freiheit der Menschen die Grundvoraussetzung für eine sozialistische Ordnung sei“, weiß Wikipedia.

Anarchie definierte er als: Abwesenheit jedes Herrschers, jedes Souveräns“ und folgerte „das ist die Regierungsform, der wir uns täglich mehr nähern […] wie der Mensch die Gerechtigkeit in der Gleichheit sucht, so sucht die Gesellschaft die Ordnung in der Anarchie.

Und das unbestritten meistzitierte Proudhon-Zitat lautet im Ganzen: Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, hat irgendjemand gesagt, ist Diebstahl. Nun wohl! Die Regierung des Menschen durch den Menschen ist Sklaverei!

Wobei Monsieur Proudhon dies alles offenbar nur auf den männlichen Teil der Menschheit bezog, schrieb er doch der Anarchistin J. d’Héricourt in einem Brief: Nein, Madame, Sie wissen nichts über Ihr Geschlecht; Sie wissen nicht das erste Wort der Frage, warum Sie und Ihre ehrenwerten Schwestern mit so viel Lärm und so wenig Erfolg agieren. Und wenn Sie sie nicht verstehen, diese Frage, wenn in den acht Antwortseiten, die Sie an meinem Brief machten, es vierzig Trugschlüsse gibt, beweist das genau, was ich über Ihre Geschlechtsgebrechen gesagt habe. Ich verstehe unter diesem Wort, dessen Genauigkeit vielleicht nicht einwandfrei ist, die Qualität Ihres Verständnisses, das Ihnen nur erlaubt, den Bericht der Sachen soviel zu erfassen wie Männer es mit dem kleinen Finger tun. Es gibt bei Ihnen im Gehirn wie im Bauch einige durch sich selbst von Geburt unfähige Organe, die nur der männliche Geist zum Funktionieren bringen kann, ihre gebürtige Trägheit zu besiegen, und dass der männliche Geist einzig fähig ist, funktionieren zu lassen, obwohl selbst er nicht einmal immer erfolgreich ist.

Voila!

 

 

 

Thorfinn Sigurdsson

* um 1009, † 1065, Jarl von Orkney

 

Thorfinn Sigurdsson hieß mit Zunamen „Der Mächtige“ und gilt als tatkräftigster Jarl Orkneys. Nachdem er mit Macbeth den schottischen König Duncan I. besiegt hatte, herrschte er von Tussaksjǽr auf Shetland bis Dublin, wie der Skalde Arnor Jarleskalds sang.

Jeanny und ich besuchten im Jahr 2018 sein Reich: Seit 12.000 Jahren wird hier gesiedelt. Etliche frühzeitliche Stätten sind UNESCO-Weltkulturerbe. Wir besichtigen den Ring of Brodgar, stonehangeähnlicher Steinkreis, jedoch größer und eingebettet in die sanfte Wiesen-und-Hügel-Landschaft, rötliches Heidekraut. Dann vorbei an Scapa Flow, Schauplatz in beiden Weltkriegen. Und in der wuchtigen St. Magnus Cathedral der Inselhauptstadt Kirkwall zu guter Letzt dies: auf dem Altar steht neben Kreuz und Bibel das Modell eines Wikingerschiffes.

Lerwick, Hauptort der Shetlands, etwa 7000 Einwohner. Und obwohl hier im Jahr mittlerweile 70-80 Kreuzfahrer anlegen, und das unbedingt mehr werden sollen, ist das Städtchen auf Tourismus so gut wie nicht eingestellt: keine (auffindbaren) Pubs, keine Souvenirläden, zwei nepalesische (??) Imbisse, ein Hotel (das allerdings und gottseidank mit Bar…), und pünktlich 5.30 p.m. werden die Bürgersteige hochgeklappt.

Die Hauptinsel selbst erweist sich aber als sehr sehenswert. Wir fahren bis zu Südspitze, imposantes Cliff mit Myriaden von Seevögeln. Dann zum historischen Jarlshof, herrschaftliche Ruinen aus frühen schottischen Zeiten, der ursprünglich aber wohl auf die Wikinger-Besiedlung zurückgeht. Gut vorstellbar, wie hier einst ein Jarl residierte.

 

 

 

Abel Janszoon Tasman

* 1603 in Lutjegast, † 10.10.1659 in Batavia, Java, niederländischer Seefahrer

 

Abel Tasman war der erste Europäer, der Neuseeland erreichte, die Westküste der Südinsel. Am 13. Dezember 1642. Er notierte an diesem Tage: „Diesem Land gaben wir den Namen Staaten Land, zu Ehren der Hohen Majestät dem Staaten-General, denn es könnte durchaus sein, dass diese Land an Staaten Land anschließt, obgleich dies nicht sicher ist. Das Land scheint ein wunderschönes Land zu sein, dass dies der die Festlandküste des unbekannten Südkontinents sei.“ Chile wurde damals noch Staaten Land genannt, und Tasman war sich nicht sicher, ob er hier angekommen war, nun gut.

Nachdem Maori seine Schiffe angegriffen hatten, wagte er es nicht dieses neue Land zu betreten, segelte aber weiter bis zur Nordspitze der Nordinsel, das er Cape Marie van Diemen nannte, nach der Gattin des niederländischen Generalgouverneurs von Batavia, von wo aus er losgesegelt war.

Bevor er Neuseeland entdeckte, hatte er bereits eine Insel südlich von Australien gesichtet, die er aber nicht für eine Insel hielt und weiter segelte. Dieses neue Land nannte er nach seinem Auftraggeber Van-Diemens-Land. Erst 1856 wurde diese Insel in Tasmanien umbenannt.

Und an ihn erinnern auch: die Tasman-Halbinsel, die Tasmansee, der Tasman Lake, die Tasman Bay, der Tasman-Gletscher, der Abel Tasman Nationalpark, ein Asteroid sowie der Abel-Tasman-Konzertmarsch.

 

 

 

Wilhelm von Tyrus

* um 1130 in Jerusalem, † 29.9.1186 ebd., Geschichtsschreiber

 

Wilhelm von Tyrus gilt als einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber des Mittelalters. Er entstammte einer wohlhabenden Familie, die Anfang des 12. Jahrhunderts aus Frankreich oder Italien ins neugegründete Königreich Jerusalem ausgewandert war.

Nach seinem Studium in Paris, Orléans und Bologna wurde er Kanonikus in Akkon, wurde zum Erzdiakon geweiht und Bediensteter König Amalrichs I. von Jerusalem, der ihn ermutigte, die Geschichte der Kreuzfahrerstatten zu schreiben. Wilhelm erzog auch Almalrichs Sohn, den späteren König Balduin IV., der ihn nach seiner Thronbesteigung zum Kanzler des Königreichs Jerusalem ernannte.

Um 1170 begann er dann mit der Niederschrift seiner berühmten „Historica rerum in partibus transmarinis gestarum“, die er etwa fünfzehn Jahre später vollendete und die 1549 erstmals gedruckt wurde. Zudem verfasste Wilhelm auch eine „Geschichte des Morgenlands“, in der er sich den muslimischen Staaten seit der Zeit Mohammeds widmete.

Im Juni 1175 erhielt Wilhelm die Weihe zum Erzbischof von Tyrus und nahm vier Jahre darauf am 3. Laterankonzil teil, und beschrieb dessen Verlauf und Beschlüsse. Ebenso wie seine „Geschichte des Morgenlands“ gilt dieses Manuskript als verschollen.

 

 

 

Saadallah Wannous

* 1941 in Hussein al-Bahr, † 15.5.1997 in Damaskus, syrischer Dramatiker

 

Der syrische Dramatiker Saadallah Wannous hatte großen Einfluss auf die Entwicklung des modernen arabischen Theaters. Zu seinen wichtigsten Stücken gehören „Der Elefant, der König aller Zeiten“, „Der König ist ein König“ oder „Hanthalas Reise vom Schlaf zum Bewusstsein“. Dank Saadallah Wannous Ansatz, dass Theater eine Rolle im Prozess des sozialen und politischen Wandels in der Region spielen solle, entwickelte sich in manchen arabischen Staaten erstmals eine Theaterkultur, so in Bahrain:

Jeanny und ich besuchten im Jahr 2010 diesen arabischen Inselstaat, erkundeten, inwieweit Wannous Hoffen hier mittlerweile vorangekommen war: Manama, Hauptstadt des Königreichs Bahrain. Und einer der ältesten literarischen Orte der Welt überhaupt: Die Insel Bahrain gilt als Land Dilmun als das Paradies des Gilgamesch-Epos, wo die Pflanze der Unsterblichkeit wuchs.

Erklärung: Bahrain bedeutet „zwei Wasser“ – nämlich das umgebende Meer und der einst schier unerschöpfliche Süßwassersee unter der Insel. (Mittlerweile muss man Meerwasser entsalzen um trinken und bewässern zu können.)

In Bahrain ist das Öl bereits alle. Also versucht man auch hier, als Finanz- und Handelszentrum zu überleben, zudem den Tourismus zu forcieren. Dabei scheint hilfreich, dass das superreiche und superkonservative Saudi-Arabien nur einen Steinwurf entfernt liegt, Bahrain leicht über die 25-Kilometer-Brücke des King-Fahd-Causeway zu erreichen ist. (Und derzeit in der Planung ist eine 50-Kilometer-Brücke zum superreichsten aller Golfstaaten, nach Qatar…) Strenggläubige Saudis strömen jedes Wochenende (also am Donnerstag) nach Manama, um hier alles das zu tun, was daheim verboten und hier erlaubt ist: die Frauen fahren Auto, die Männer trinken Alkohol… Das füllt die Hotels appartementweise. Und für den, der’s besonders rasant liebt, gibt’s in Bahrain seit einigen Jahren sogar die erste Formel-1-Rennstrecke der arabischen Welt.

Des Finanzrätsels Lösung scheint jedoch die riesige US-Marine-Basis samt eigenem Stadtteils in Manama zu sein (die in bisherigen Golfkriegen schon ihre Rolle spielte…). Und: die Bahrainis raffinieren in Mengen saudisches Rohöl. Täglich fließen 200.000 Barrel (das entspricht in etwa einem Viertel der omanischen Tagesgesamtproduktion, wobei die Insel Bahrain winzig ist) durch Pipelines her, und vom veredelten Produkt können die Bahrainis immerhin ein Viertel behalten und auf eigene Kasse verkaufen.

Bahrain wächst ständig, überall wird Land mit aufgeschwemmtem Meeresboden aufgefüllt und rasch bebaut. Das erste 5-Sterne-Hotel der Region hatte vor Jahren einen malerischen Strand, liegt nun jedoch mitten in einem staubigen Stadtviertel…

Auffällig: Manamas Architektur wirkt nicht gigantomanisch wie die Dubais und kommt obendrein ideenreicher, pfiffiger daher. Beispiel: das hiesige World-Trade-Center, zwei schlanke Hochhaussegel, verspannt mit drei Windrädern, die zugleich das Haus mit Strom versorgen.

Die beiden letzten Stücke, die Saadallah Wannous schrieb hießen: „Epos der Illusionen“ und „Miserable Träume“…

 

 

 

Ehmedê Xanî

* 1651 in Hakkâri, † 1707 Doğubeyazıt, kurdischer Schriftsteller

 

Der Poet Ehmedê Xanî gilt als Begründer des kurdischen Nationalismus.

Sein bekanntestes Werk ist die Liebesgeschichte in 2655 Versen „Mem u Zin, in der er beklagt, dass es kein kurdisches Königreich gibt, das sein Volk vor der Unterwerfung durch Türken und Iraner bewahrt hätte.

Ehmedê Xanî verfasste aber auch die erste kurdische Fibel für Kinder „Nûbihar Biçûkan“, sowie die Bücher: „Eqîda Îmanê - Ideologie und Glaube“, „Eqîdeya Îslamê - der Glaube des Islams“, Fî Beyanî Erkanî Îslam - Grundlagen des Islams“ und „Erdê Xweda - über Astronomie“.

Ehmedê Xanî sprach neben Kurdisch auch Arabisch und Persisch, kam im Osmanischen Reich weit umher, arbeitete zuletzt in der Kanzlei des Fürsten von Doğubeyazıt und starb im Alter von 56 Jahren.

 

 

 

Clive Ronald Burr

* 8.3.1957 in East Ham, † 12.3.2013 in London, britischer Rock-Schlagzeuger

 

Clive Burr spielte Schlagzeug bei „Iron Maiden“ und weiteren Rockgruppen. Er erkrankte an Multipler Sklerose und starb vier Tage nach seinem 56. Geburtstag.

 

 

 

 

Antoinette Deshouliéres

* 1.1.1638 als Antoinette du Ligier de la Garde in Paris, † 17.2.1694, französische Dichterin und Philosophin

 

Antoinette Deshouliéres wurde im Alter von 51 Jahren in die „Académie d’Aries“ aufgenommen und war damit die erste Frau, die man in Frankreich in eine Akademie aufnahm. Man nannte sie auch „die zehnte Muse“ und „die französische Kalliope“.

  

 

 

Friedrich Gerstäcker

* 10.5.1816 als Friedrich Wilhelm Christian Gerstäcker in Hamburg, † 31.5.1872 in Braunschweig, deutscher Schriftsteller

 

Friedrich Gerstäcker bezeichnete sich stets als einen Schüler J. F. Coopers, dessen Lederstrumpf-Erzählungen er begeistert gelesen hatte. Im Alter von 21 Jahren reiste er erstmals in die USA, schlug sich als Heizer, Farmer, Koch, Matrose, Jäger oder Holzfäller durch und wanderte sechs Jahre lang bis Kanada und Texas, von Arkansas bis Louisiana. Aus seinen Aufzeichnungen entstanden zurück in Deutschland sein Debütband „Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten Nord-Amerikas, später seine Bestseller „Die Regulatoren von Arkansas“ und „Die Flusspiraten vom Mississippi“, die ihm ein Leben als freier Schriftsteller ermöglichten.

Rückblickend bekannte er: Die schriftstellerische Tätigkeit sagte mir allerdings insofern zu, als ich dabei ein vollkommen unabhängiges Leben führen konnte, aber ich hatte selber kaum eine Idee, daß ich je etwas Selbständiges schaffen könne – die einfache Erzählung meiner Erlebnisse ausgenommen.

Mehrmals ging Friedrich Gerstäcker noch auf Reisen, so nach Südamerika, Kalifornien, Tahiti und Australien, dann nach Ägypten und schließlich von Mexiko über die Westindischen Inseln nach Venezuela. Bei den Vorbereitungen einer Reise nach Asien und Indien starb er im Alter von 56 Jahren nach einem Hirnschlag.

 

 

 

 

Eva Gore-Booth

* 22.5.1870 als Eva Selina Laura Gore-Booth in Lissadell,  † 30.6.1926 in London, irische Autorin.

 

Als Tochter wohlhabender Eltern wurde Eva Gore-Booth von einer Gouvernante unterrichtet. Sie gründete in Sligo die lokale Gruppe der „Irish Women’s Suffrage and Local Gouvernment Association“ und wurde dabei von ihrer sozial engagierten Familie großzügig unterstützt.

Im Alter von 27 Jahren zog sie nach Manchester und wurde im Jahr darauf mit ihrer Freundin, der Suffragette Esther Roper, Sekretärin des „Women’s Textile and Other Workers Representative Committee“, 1900 dann mit Sarah Dickinson Sekretärin des „Manchester and Salford women’s trade union council“. In dieser Zeit begann sie auch zu schreiben und leitete Theater- und Gedichtgruppen von Frauen.

Nachdem sie 1906 mit anderen Suffragetten vom englischen Premierminister zwar empfangen worden war, der ihre Forderung, das Frauenwahlrecht einzuführen jedoch ablehnte, schrieb sie:

Oh, was auch immer Männer tun mögen.

Unser ist die goldene Luft und das Blau.

Männer haben ihren Pomp und Stolz –

Die ganze grüne Welt ist auf unserer Seite.

Acht Jahre zuvor war bereits ihr erster Gedichtband „Poems“ veröffentlicht, der von William Butler Yeats gelobt wurde. Sie schrieb auch für Zeitschriften und Magazine und verfasste Theaterstücke. Als ihr bekanntestes Werk gilt das Gedicht „The Little waves of Breffny“

Eva Gore-Booth starb im Alter von 56 Jahren an Krebs.

 

 

 

Fritz Hofmann

* 19.6.1871 in Roßleben, † 14.7.1927 in Berlin, deutscher Leichtathlet

 

Fritz Hofmann trat bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit im Jahre 1896 in Athen für Deutschland an und wurde in 12,2 Sekunden  Zweiter im 100-Meter- und in 55,6 Sekunden Dritter im 400-Meter-Lauf. Somit war Fritz Hofmann der erste deutsche Leichtathlet, der Olympia-Medaillen gewann. Im Hochsprung und Kugelstoßen wurde er Fünfter, im Dreisprung Sechster.

Doch das war längst nicht alles: als Mannschaftsführer holte er mit der Barren- wie der Reck-Mannschaft Gold, beim Hangeln erturnte er sich eine dritten Platz. Hut ab!

Aber auch das war längst nicht alles: Fritz Hofmann versuchte sich zudem als Ruderer und Radsportler und nahm auch an den folgenden drei Olympischen Spielen teil: 1900 in Paris, 1904 in St. Louis und an den sogenannten Zwischenspielen 1906 wieder in Athen, allerdings deutlich weniger erfolgreich – 1906 flog er schon beim 100-Meter-Vorlauf raus.

Für seine „außerordentlichen Verdienste um die Ausbreitung und Pflege der Leibesübungen“ wurde Fritz Hofmann mit dem preußischen Kronenorden geehrt. Er starb im Alter von 56 Jahren nach einer Darmoperation.

 

 

 

Hans Leifheim

* 2.2.1891 in Mönchengladbach, Pseudonyme: Hermann Brinckmeyer und Konrad Overstolz, † 1.3.1947 in Riva den Garda, österreichischer Autor

 

Im Alter von 27 Jahren, nachdem er den Ersten Weltkrieg in einer Schreibstube überlebt hatte, promovierte Hans Leifheim in Heidelberg zum Thema „Die Lohnarbeiter bei den Preußisch-Hessischen Staatseisenbahnen, ihre Lage und Organisation“ und wirkte im Jahr darauf als Redakteur der Münchner Kunstzeitschrift „Wieland“. Mit Zweiunddreißig wurde er Berufsberater, dann alsbald Leiter des Arbeitsamtes Graz und publizierte in dieser Zeit seine Gedichtsammlung „Hahnenschrei“. Mit Neununddreißig arbeitete er als Berater im Arbeitsamt Dortmund.

Im Jahr 1933 kehrte Hans Leifheim nach Graz zurück, trat er in die „Vereinung sozialistischer Schriftsteller ein“ und lebte als freier Schriftsteller, veröffentlichte 1935 den Erzählungsband „Steirische Bauern“. Von 1939 bis 1942 lehrte er an der Universität Padua und lebte danach in großer Armut.

Hans Leifheim starb nach langem Siechtum im Alter von 56 Jahren in Enzephalitis. Weitere Lyrik- und Prosabände Hans Leifheims erschienen postum.

 

  

 

 

Salomon Hermann Mosenthal

* 14.1.1821 in Kassel, an 1871: Ritter von Mosenthal, Pseudonym: Friedrich Lehner, † 17.2.1877 in Wien, deutscher Dramatiker

 

Viel gewinnt, wer wenig heischt.

Viel gehofft -  ist viel getäuscht.

 

Salomon Hermann Mosenthal gilt als der international erfolgreichste deutsche Dramatiker des 19. Jahrhunderts. Allein sein Stück „Deborah“ wurde in 12 Sprachen übersetzt und jahrelang in der ganzen Welt gespielt, in New York beispielsweise 1862 400 mal, in London 1862/63 500 mal. Im Repertoire des Wiener Burgtheaters waren seine Werke in der Zeit von 1849 bis 1875 233 mal vertreten, dabei allein „Der Sonnenwendhof“ 54 mal.

Sein Libretto für „Die lustigen Weiber von Windsor“ wird bis heute in zahlreichen Sprachen gedruckt und in der Vertonung Otto Nicolais immer wieder aufgeführt. Friedrich von Flotow und Heinrich Marschner, die nach seinen Texten Opern komponierten, setzte er in seinen „Miniaturen“ ein literarisches Denkmal

Nicht wenige seiner Stücke sind jedoch dem Bildungshorizont seiner Zeit verhaftet und (deutsch)tümeln zuweilen sogar oder gleiten in Klischees ab. Nicht von ungefähr veröffentlichte er auch in der „Gartenlaube“.

Salomon Hermann Mosenthal starb im Alter von 56 Jahren an Herzversagen

 

Viel gestrebt - ist viel gestritten.

Viel geliebt - ist viel gelitten.

 

 

 

Alfred Gregory „Greg“ Ridley

* 23.10.1947 in Aspatria, Cumbria, † 19.11.2003 in Alicante, Spanien, britischer Rock-Bassist

 

Mit The V.I.P.’s tingelte Greg Ridley seit er sechzehn war durch England, trat dann sogar wie einst die Beatles im Hamburger Star-Club auf. Als Keith Emerson der Gruppe beitrat, entstand 1967 die erste LP. Und nachdem der Keyboarder Emerson aus-, und der Keyboarder Gary Wright eingetreten war, nannte sich Greg Ridleys Band in Spooky Toth um. Die beiden Alben, die diese Band einspielte: „It’s all about“ und „Spooky Two“ sind aus der Geschichte der Rock-Musik nicht wegzudenken. Unvergesslich ihre Fassung des Klassikers „Tobacco road“. Den Gipfel seiner Karriere erreicht Greg Ridley jedoch wohl, als er mit seinem Freund Steve Marriott und Peter Frampton die Superband Humble Pie gründete.

Als Steve Marriott starb, zog sich Greg Ridley aus dem Musikgeschäft zurück. Zum zehnten Todestag seines Freundes trat er aber noch einmal in London auf, und es entstand die Idee, Humble Pie aufleben zu lassen. Studioaufnahmen und eine Tournee waren bereits geplant, da starb Greg Ridley im Alter von 56 Jahren infolge Komplikationen nach einer Lungenentzündung.

 

 

 

Nodar Dumbadse

* 14.7.1928 in Tiflis, † 4.9.1984 ebd., georgischer Schriftsteller

 

Nodar Dumbadse formulierte: Wenn der Schriftsteller mit der Gegenwart konfrontiert wird, muß er bemüht sein, seine Zeit, die Handlungen seiner Zeitgenossen allseitig zu werten. Der Mensch im Kontext der Zeit ist keine Freske, sondern eine Skulptur. Man muß sie mit Abstand betrachten und herausfinden, von wo aus sie sich am besten ausnimmt. Das heißt aber nicht, daß nur die schönsten Seiten des Lebens gezeigt werden sollen. Jemand sagte einmal treffend, die Heimat ist kein Osterkuchen, asu dem man nur die Rosinen herauspickt. Man muß das Leben sehen, wie es ist. Und da hat der Schriftsteller mutig und furchtlos, scharf mit dem  Wort zu sein.

Nodar Dumbadses Vater war unter Stalin ermordet, seine Mutter nach Sibirien verbannt wurden, so dass er bei seiner Großmutter aufwuchs. 1972 wurde er mit dem Schota-Rustaweli- und 1980 mit dem Lenin-Preis geehrt. Von 1981 bis zu seinem Tod war er Vorsitzender des georgischen Schriftstellerverbandes. Seine Bücher wurden ins Bulgarische, Deutsche, Französische, Japanische, Russische, Slowakische, Tschechische und Ungarische übersetzt, einige wie „Großmutter Iliko, Ilarion und ich“ oder „Hab keine Angst Mama“ auch verfilmt.

Seinen Protagonisten Batschana Ramischwili lässt Nodar Dumbadse sagen: Das Wesen des Gesetzes besteht darin, daß die Seele des Menschen bedeutend schwerer wiegt als sein Körper. Sie ist so schwer, daß einer alleine sie nicht zu tragen vermag. Und darum sollten wir Menschen, solange wir leben, einander tragen helfen.

 

 

 

Hugo Haase

* 29.9.1863 in Allenstein, Ostpreußen, † 7.11.1919 in Berlin, deutscher Politiker

 

Nach dem Attentat von Sarajewo und dem österreichischen Ultimatum an Serbien äußerte Hugo Haase im SPD-Parteivorstand die Befürchtung, dass sich die Weltkriegsgefahr zuspitze. Er sagte Bezug nehmend auf den erst im Vorjahr beendeten Balkankrieg: „Noch dampfen die Äcker auf dem Balkan von dem Blute der zu Tausenden Hingemordeten, noch rauchen die Trümmer verwüsteter Dörfer, noch irren hungernd arbeitslose Männer, verwitwete Frauen und verwaiste Kinder durchs Land, und schon wieder schickt sich die vom österreichischen Imperialismus entfesselte Kriegsfurie an, Tod und Verderben über ganz Europa zu bringen.“

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges versuchte Hugo Haase in der SPD-Fraktion des Reichstages, die Annahme der Kriegskredite zu verhindern, was bekanntlich nicht gelang. Im Folgenden wandte sich Hugo Haase, immerhin neben Friedrich Ebert, Co-Parteivorsitzender der SPD, immer eindringlicher gegen die Kriegspolitik seiner Partei und die Kriegsziele Deutschlands. Im März 1916 kam es im Reichstag zum Tumult, bei dem Ebert Haase zurief „schamloser Kerl, frecher Halunke!“ und Philipp Scheidemann ihn als „Drecksseele“ beschimpfte. Danach wurde Hugo Haase aus der Fraktion ausgeschlossen und schließlich zum Rücktritt vom Parteivorsitz gedrängt.

Alsbald organisierte Hugo Haase nunmehr Kriegsgegner in der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft (SAG) und gründete schließlich die Unabhängige Sozialdemokratischer Partei Deutschlands (USPD).

Im Frühjahr 1917 begrüßte er die Russische Februarrevolution und sprach im Reichstag davon, dass auch in Deutschland die Einführung der Republik auf der Tagesordnung stünde. Und im Oktober 1918 wurde er im Reichstag noch deutlicher: „Ein Wirbelsturm geht durch die Welt, und in dieser Zeit, wo alles von unten nach oben sich kehrt, wo die tiefgreifendsten Umwälzungen vor sich gehen, da wollen wir keinen Kaiser, keinen Bundesrat, keinen Reichstag mit den geringen Befugnissen haben, wie sie in der gegenwärtigen Verfassung enthalten sind. Es muss die Republik kommen!“

Im Zuge der Novemberrevolution wurde Hugo Hasse neben Friedrich Ebert Mitglied der provisorischen Reichsregierung, des Rats der Volksbeauftragten, trat jedoch, nachdem Ebert zu Weihnachten 1918 ein militärisches Vorgehen gegen die revolutionäre Volksmarinedivision im Berliner Schloss befohlen hatte, als Volksbeauftragter zurück.

Nach der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg schrieb Hugo Haase im Januar 1919 an seine Cousine: „Über die Zustände in Berlin kannst du dir keine Vorstellungen machen. Der weiße Terror wütet wie nur je unter dem zaristischen Regime… Die Landsberg, Ebert, Scheidemann, die sich als Hüter der Gesetzlichkeit aufspielen, lassen die Soldateska, die sich aus den alten Offiziers- und Unteroffizierselementen und Bourgois-Söhnchen zusammensetzt und verhetzt haben, schalten.“

Nach der Niederschlagung der Münchner Räterepublik verteidigte Hugo Haase als Rechtsanwalt den wegen Hochverrats angeklagten Ernst Toller vor dem Münchner „Volksgericht“, erreichte dass gegen Toller keine Todesstrafe, sondern nur Festungshaft verhängt wurde.

Am 8. Oktober 1919 wurde dann auf Hugo Haase ein Attentat verübt, an dessen Folgen er einen Monat darauf im Alter von 56 Jahren verstarb.

 

 

 

Dag Hjalmar Agne Carl Hammarskjöld

* 29.7.1905 in Jönköping, † 18.9.1961 bei Ndola, Nordrhodesien, UNO-Generalsekretär

 

Im Alter von 48 Jahren wurde Dag Hammarsjöld zum UNO-Generalsekretär gewählt.

Als im Jahr 1960 im Kongo ein Sezessionskrieg ausbrach und der Staatspräsident Lumumba ermordet wurde, versuchte Dag Hammarskjöld zwischen den Protagonisten dieses Konflikts (Belgien, Frankreich, die USA und die Sowjetunion, Südafrika, Minengesellschaften etc.pp.) zu vermitteln.

In der Nacht zum 18. September 1961 kam Dag Hammarsjöld im Alter von 56 Jahren an der Grenze zwischen Nordrhodesien und dem Kongo bei einem nie geklärten Flugzeugabsturz ums Leben.

Postum wurde er mit dem Friedensnobelpreis geehrt.

 

 

 

Abraham Lincoln

* 12.2.1809 bei Hodgenville, Kentucky, † 15.4.1865 in Washington, amerikanischer Präsident

 

Abraham Lincoln, war der erster Präsident der US-Republikaner und erster US-Präsident, der einem Attentat zum Opfer fiel.

Tief bewegt trauerte Walt Whitmann um ihn:

“O Captain! my Captain! our fearful trip is done;

The ship has weather’d every rack, the prize we sought is won;

The port is near, the bells I hear, the people all exulting,

While follow eyes the steady keel, the vessel grim and daring:

But O heart! heart! heart!

O the bleeding drops of red,

Where on the deck my Captain lies,

Fallen cold and dead.”

 

Drei Jahre vor Ausbruch des amerikanischen Bürgerkrieges hatte Abraham Lincoln weitsichtig gesagt: Jedes Haus, das in sich uneins ist, wird nicht bestehen. Ich glaube, dass diese Regierung auf Dauer nicht überleben kann, indem sie halb für die Sklaverei ist und halb für die Freiheit. Ich erwarte nicht, dass die Union aufgelöst wird; ich erwarte nicht, dass das Haus einstürzt; aber ich erwarte, dass es aufhören wird, geteilt zu sein. Es wird entweder ganz das eine oder ganz das andere sein.

 

“O Captain! my Captain! rise up and hear the bells;

Rise up—for you the flag is flung—for you the bugle trills;

For you bouquets and ribbon’d wreaths—for you the shores

                                                                            a-crowding;

For you they call, the swaying mass, their eager faces turning;

Here Captain! dear father!

This arm beneath your head;

It is some dream that on the deck,

You’ve fallen cold and dead. “

 

Bei seiner ersten Amtseinführung hatte Abraham Lincoln 1861 noch versucht, den Süden friedlich zu stimmen: In euren Händen, meine unzufriedenen Landsleute, nicht in den meinen, liegt die folgenschwere Entscheidung über einen Bürgerkrieg. Die Regierung wird euch nicht angreifen. Ihr könnt keinen Konflikt haben, ohne selbst die Angreifer zu sein. Bei seiner zweiten Amtseinführung 1865, wenige Monate vor seiner Ermordung: Beide Parteien missbilligten den Krieg, aber eine von ihnen war eher bereit, Krieg zu führen, als die Nation überleben zu lassen, und die andere war eher bereit, den Krieg zu akzeptieren, als die Nation untergehen zu lassen. Und der Krieg kam.

 

“My Captain does not answer, his lips are pale and still;

My father does not feel my arm, he has no pulse nor will;

The ship is anchor’d safe and sound, its voyage closed and done;

From fearful trip, the victor ship, comes in with object won;

Exult, O shores, and ring, O bells!

But I, with mournful tread,

Walk the deck my Captain lies,

Fallen cold and dead. í

 

 

 

Bernard Matemera

* 14.1.1946 in Guruve, † 4.3.2002 in Tengenenge, simbabwischer Bildhauer

 

Bernard Matemera gilt als einer der besten Steinbildhauern der Gegenwart und war ein Hauptvertreter der ersten Generation moderner Bildhauer Simbabwes. „Seine kompromisslosen und machtvollen Skulpturen, sehr afrikanisch und manchmal grotesk in der Metaphorik, scheinen manchen schwer zugänglich, sind aber geradezu irritierend emotional und erfüllt von einem tiefen Sinn für Pathos. Seine Hauptthemen waren: Tiere, Geister, Menschen, Kreaturen und die immer gegenwärtige Metamorphose zwischen ihnen“, weiß Wikipedia. „Bernard Matemera sagte, ein roher Stein sei wie eine Banane; das Endresultat sei im Stein drinnen, und alles, was er zu tun habe, sei, die äußere Schale zu entfernen. Er sah seine Werke oft in Träumen. Jede Person hat ein Tier, ein 'Mutupo’, das ihr verbunden ist und das sie weder töten noch essen darf. Die berühmte Skulptur 'Mutupo’ (‚Der Mann, der sein Totem aß’) zeigt eine Person, die solch heilige oder verbotene Nahrung gegessen hat, und sich nun in dieses Tier verwandelt.

Bernard Matemeras Werke finden sich in öffentlichen und Privatsammlungen in der ganzen Welt, so im Museum of Modern Art in New York, im Musée National d'Art Moderne in Paris, in der Irving Sculpture Gallery in Sydney, im Botanischen Garten Hamburg und waren auch im Pavillons Simbabwes während Weltausstellung 1992 in Sevilla ausgestellt.

 

 

 

Max Weber

* 21.4.1864 als Maximilian Carl Emil Weber in Erfurt, † 14.6.1920 in München, deutscher Soziologe

 

Kindlers Literaturlexikon urteilt über Max Webers „Wirtschaft und Gesellschaft“, es sei bis heute „das wichtigste Werk der deutschen Soziologie, wenn nicht der Soziologie überhaupt.“

 „Max Weber ist einer der Väter der Soziologie und einer der wirkungsvollsten Denker des 20. Jahrhunderts, Neben sozilogischen Arbeiten lieferte er grundlegende Untersuchungen zu Ökonomie, Geschichte, Religion und Rechtstheorie. Er prägte entscheidend die Entwicklung des geistigen Lebens seiner Zeit und die Grundlagendiskussion der Sozialwissenschaften“, sagt der Philosoph Alexander Ulfig in seinem Vorwort zu diesem monumentalen Werk. „Nach Weber sind Wissenschaften, sowohl Sozial- als auch Naturwissenschaften, nicht dazu in der Lage, den Menschen einen Lebenssinn oder eine Lebensorientierung zu stiften.“

Den Kapitalismus charakterisierte er als die schicksalsvollste Macht unseres modernen Lebens. Und gelegentlich wurde Max Weber sogar „der bürgerliche Marx“ genannt.

Kurz vor seinem Tod bekannte Max Weber: Die Redlichkeit eines heutigen Gelehrten, und vor allem eines heutigen Philosophen, kann man daran messen, wie er sich zu Nietzsche und Marx stellt. Wer nicht zugibt, daß er gewaltigste Teile seiner eigenen Arbeit nicht leisten könnte, ohne die Arbeit, die diese beiden getan haben, beschwindelt sich selbst und andere. Die Welt, in der wir selber geistig existieren, ist weitgehend eine von Marx und Nietzsche geprägte Welt.

Max Weber starb im Alter von 56 Jahren an einer Lungenentzündung, wahrscheinlich der Spanischen Grippe.

 

 

 

Siegfried Berger

* 20.12.1891 in Merseburg, † 27.3.1946 in Halle/Saale, deutscher Schriftsteller und Politiker

 

Er sehe keinen unlösbaren Gegensatz zwischen praktischem Beruf und Schriftstellerei, sondern nur die Schwierigkeit, für beides Zeit und Kraft zu finden, bekannte Siegfried Berger in seiner „Selbstanzeige eines Fünfzigjährigen“. Nur wenige Monate zuvor dürfte er im Nachwort der zweiten Auflage seines Buches „Schöpferische Menschen aus Mitteldeutschland“ umrissen haben, was ihn diese mitnichten geringe Schwierigkeit stets aufs Neue überwinden ließ: „Es ist gewiß, daß es sich in manchen Teilen der mitteldeutschen Landschaft nicht mehr leicht lebt. Umso deutlicher sehen wir die Notwendigkeit, daß wieder ein zusammenfassendes Heimatgefühl entsteht, auch für die, die sich, erst einleben müssen. Dazu kann die Erkenntnis etwas beitragen, daß Mitteldeutschland alter Kulturboden ist mit einem Menschenschlag, der dem Vaterlande von jeher viele, echt schöpferische Menschen gestellt hat.“

Siegfried Berger schienen die Veränderungen in seiner Heimatstadt Merseburg wie deren näherer und weiterer Umgebung, die rapide Industrialisierung, die fortschreitende Urbanisierung, seit langem zu beschäftigen. Aus musischem Elternhaus stammend und im Land zwischen Saale, Unstrut und Elbe vor allem kulturell zu Hause, spürte der 1891 in Merseburg Geborene zweifellos, dass mit dieser allgemein als Fortschritt gepriesenen Entwicklung nicht zu unterschätzende Gefährdungen einherliefen, massenweiser Identitätsverlust, alltägliche Entfremdung bis hin zur Entwurzelung und geistigen Verödung.

Wäre Siegfried Berger, seiner Ausbildung entsprechend, als Lehrer an höheren Schulen angestellt worden, was aufgrund der wirtschaftlichen Situation nach dem Ersten Weltkrieg aber unmöglich war, hätte er diesem Schwinden von Kulturlandschaft wohl hauptsächlich pädagogisch entgegenzuwirken versucht. Und politische Einflussnahme sollte ihm aufgrund seiner aufrechten liberalen Gesinnung schon im Merseburg der 1920er, mehr noch in den 1930ern und vollends in den frühen 1940ern Jahren beschnitten sein.

Als Redakteur des viel gelesenen „Merseburger Korrespondent“ fand er neben einer gewissen finanziellen Sicherheit dann jedoch auch erstmals die Möglichkeit, etwas zum Erhalt und zur Pflege mitteldeutscher Kultur zu tun. Unter seiner Leitung erreichte diese Tageszeitung ein beachtliches Niveau. Siegfried Berger selbst veröffentlichte nicht selten unter den Pseudonymen „Chronos“ oder „Montanus“: Theater- und Konzertkritiken, landschaftsgebundene Kulturbetrachtungen, eine Merseburger Wochenchronik und bald sogar eigene Gedichte. Er widmete sich auch der Pflege der Merseburger Mundart, gab 1925 die „Merscheborcher Babeleien von Baul von dr Saole“ heraus. Paul Kuhnt, der später als der Verfasser dieser Babeleien gelten sollte, fand beim „Merseburger Korrespondent“ unter Siegfried Berger eine Anstellung als Lokalredakteur. Und ebenso wenig war es ein Zufall, dass Siegfried Berger den hochbegabten, als Autor des Buches „Stimme aus dem Leunawerk“ alsbald weit über Merseburg hinaus bekannten Walter Bauer beschäftigte und förderte.

Für Siegfried Berger eröffneten sich durch die Förderung seines Parteifreundes, des Landeshauptmannes Dr. Hübener, ungeahnte Perspektiven. Er wechselte in den Staatsdienst über, war schließlich ab 1928 als Landesrat der Provinzialverwaltung der preußischen Provinz Sachsen in Merseburg verantwortlich für die Anstaltsfürsorge und das Hilfsdezernat für Finanzen, doch auch für die Pressearbeit und vor allem für die landschaftliche Kulturpflege, die Förderung der Landeskultur und des Museumswesens.

Dr. Hübener erinnerte sich: „Die Provinz hat niemals die Wahl zu bereuen gehabt und mir ist sie wahrhaftig auch niemals leid gewesen, obwohl ich mich noch recht gut entsinnen kann, daß mir Berger mit seinem brausenden Temperament, mit seiner Neigung zu vernichtender Kritik und mit seiner Mißachtung herkömmlicher Formen in den Dienstgeschäften und gelegentlich auch sonst zunächst bisweilen das Leben schwer machte, bis er begriff, daß der öffentliche Beamte nicht so wie vielleicht der Tagesschriftsteller den Eingebungen des Tages und seiner subjektiven Stimmung folgen darf…“

Und Siegfried Berger nahm Verantwortung für den Erhalt mitteldeutscher Kulturlandschaft noch weit über seine dienstlichen Möglichkeiten hinaus wahr, wurde Geschäftsführer des Heimatbundes der Provinz Sachsen und des Landes Anhalt, des Museumsverbandes der Provinz Sachsen und des Landes Anhalt, der Gesellschaft der Freunde der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie des Lauchstädter Theatervereins.

1933 blieb der, mittlerweile auch als Verwaltungsfachmann gerühmte Siegfried Berger, im Gegensatz zu seinem Förderer Dr. Hübener, im Amt, lehnte das ihm angetragene Ansinnen, der NSDAP beizutreten jedoch kategorisch ab, wurde mit Gehaltskürzung und Beförderungsverbot belegt. Dr. Hübener urteilte später so: „Weil er weniger gefährlich schien als ich..., hatte er in der Arbeit zu bleiben. Man hat in den folgenden Jahren seine Kraft und sein Wissen nach Möglichkeit ausgebeutet. Aber man hat ihn von dem, was politisch wichtig schien, so gut wie irgend möglich fern gehalten. Das geschah besonders, nachdem er den Mut gezeigt hatte, einer dem Nationalsozialismus wichtigen Maßnahme, der sogenannten Abtötung lebensunwerten Lebens, Widerstand zu leisten. So wurde er in der Hauptsache auf das Gebiet der Kulturpflege, das den ungebildeten Machthabern weniger bedenklich schien, abgedrängt. Hier war er aber gerade in seinem ureigensten Element. Als das zwölfjährige Reich zu Ende ging, gab es im geistigen Leben der Provinz Sachsen kaum einen Menschen, für den Siegfried Berger nicht ein lebendiger Begriff gewesen wäre.“

Nur folgerichtig also, dass der, am 1. Juli 1945 wieder als Landeshauptmann eingesetzte und schließlich zum Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts avancierende Dr. Hübener, Siegfried Berger zu seinem Stellvertreter berief, und, nachdem Verwaltungen neu strukturiert waren, Siegfried Berger am 24. Juli 1945 Präsident des Regierungsbezirkes Halle-Merseburg wurde. Zudem wählten die Gründungsmitglieder des Kulturbundes Siegfried Berger im Oktober 1945 zum ersten Vorsitzenden der Landesleitung Sachsen-Anhalt.

Er sehe keinen unlösbaren Gegensatz zwischen praktischem Beruf und Schriftstellerei, hatte der fünfzigjährige Siegfried Berger geschrieben, und tatsächlich gelang es ihm bis an sein Lebensende überzeugend, diese Selbstverpflichtung einzulösen. Aus einer jugendlich schwärmerischen Neigung zum Schreiben und seinen Philosophie-, Theologie-, Germanistik- und Geschichtsstudien war Siegfried Berger durch das Schlüsselerlebnis Erster Weltkrieg die Berufung zum Schriftsteller erwachsen. Es sollte jedoch Jahre dauern, bis er seine quälenden Kriegserfahrungen erzählerisch zu verarbeiten vermochte. 1933 erschien sein Band „Die tapferen Füße“, Kurzprosa, die ohne Zweifel zur Antikriegsliteratur zu zählen ist. Reaktionen auf dieses wichtige Bergersche Werk, dürften dem Autor aber einiges Unbehagen bereitet haben. So schrieb Edwin Erich Dwinger, eingefleischter Chauvinist, dem Verleger Siegfried Bergers einen lobenden Brief, und im „Führer — Hauptorgan der NSDAP Gau Baden“ erschien eine wohlwollende Rezension. Keine völlig neue Erfahrung für Siegfried Berger, war er doch am Volkstrauertag 1926, aus ähnlichem Unbehagen wohl, der Uraufführung seines Stückes Heilige Opfer demonstrativ ferngeblieben. Dr. Hübener sagte darüber in seiner Gedenkrede auf Siegfried Berger: „Er fühlte, daß jene nationalistisch gestimmte Zeit zum Krieg ganz anders stand als er und aus seiner Dichtung anderes heraus hörte, als er hatte hineinlegen wollen.“ Eine zwieschneidige, wenn nicht gar widersprüchliche Angelegenheit, gewann Siegfried Berger in anderen Texten, dem 1934 erschienenen Roman „Glanz über einer kleinen Stadt“ beispielsweise, dem Soldatsein durchaus auch verherrlichende Züge ab.

Mit großer Beständigkeit aber wählte er immer wieder Merseburg und Umgebung zu Schauplätzen seiner mehr als zwanzig, meist in mehreren Auflagen erschienenen Bücher. Aus dieser Landschaft zog er Phantasie, Fabulierfreude und Gestaltungskraft, hier war er auch literarisch zu Hause. Dabei nannte er seine Heimatstadt nur selten beim Namen, Handlungsorte wie Dom und Domgymnasium, Kreuzgang, Schloss und Schlosshof, Exerzierplatz und Ressource oder die Gasthäuser Zur Sonne, Zum Halben Mond, Tivoli und Goldener Arm ließen jedoch keinen Zweifel aufkommen, wo die Figuren seiner Romane, Novellen, Schnurren und Erzählungen agierten. Und nicht selten waren Bergersche Figuren als Merseburger Originale oder stadtbekannte Persönlichkeiten zu erkennen, der herrische Freiherr v.d.R., Blaue Husaren, bornierte Gymnasiallehrer, geizig-schrullige Beamte, der Stadttürmer, der Domküster, der Lohndiener Ackermann, der Angestellte Faber — typische Vertreter ihrer Stadt in ihrer Zeit waren die Bergerschen Figuren allemal. Und natürlich basierten Handlungen Bergerscher Geschichten immer wieder auf Merseburger Ereignissen: Feuersbrünste, Kaisermanöver, Kinderfeste, Märzkämpfe...

Siegfried Berger bevorzugte einen spöttisch heiteren Ton. Schon sein erster Roman „Das Probejahr“ wurde von dieser Erzählhaltung getragen. Nicht auszuschließen aber, dass dem Erzähler Berger das Heitere zuweilen nur Fassade war, er so schmerzliche Erfahrungen, Unbewältigtes und Tabuisiertes zu übertünchen versuchte. Denn augenfällig scheint, dass das Heitere im Werk Siegfried Bergers mit Beginn des Dritten Reiches und mehr noch während des Zweiten Weltkrieges an Bedeutung gewann. Und literatur- und kulturhistorische Veröffentlichungen dürften ihm zunehmend und notwendigerweise zum Gegengewicht geworden sein, seine Betrachtung der Merseburger Zaubersprüche, die Herausgabe von Werken der Weißenfelser Schriftstellerin Louise von Francois und des aus Wiehe stammenden Historikers Leopold Ranke, seine Würdigung des Querfurter Dichters Johannes Schlaf und nicht zuletzt seine kundige und um Verständnis für mitteldeutsche Geistestradition heischende Trilogie „Schöpferische Menschen aus Mitteldeutschland, Deutsches Antlitz nach unbekannten Bildwerken aus der Provinz Sachsen und Mitteldeutsches Lesebuch.“

Unmöglich wohl wäre es Siegfried Berger gewesen nichts zu tun, zuzusehen, zu verstummen, er musste seine Kreativität leben, hatte dabei das Glück einen findigen Verleger zu haben, seine Zeit trieb ihn um. Und umso mehr er schrieb, schien er anderweitige Wirkungs- und Hilflosigkeit kompensieren zu wollen. Insofern dürfte das Jahr 1941, sein fünfzigstes, den Höhepunkt seines Schaffens markieren: sieben Veröffentlichungen allein in diesem Jahr! In der „Glocknerfahrt“ fand er hierbei Worte für seine literarische wie existentielle Heimat Merseburg, die sein Grundanliegen kaum besser verdeutlichen könnten: „Die Autofahrer und Geschwindigkeitsanbeter nennen dich ein verbautes Verkehrshindernis. Aber du hütest hinter all deinen Spießbürgereien alte Kronen und verwitterte, uralte Pergamente mit geheimnisvollen, tiefen Worten, du liebes Verkehrshindernis!“

Zeit und Kraft hätte Siegfried Berger 1945 mehr denn je gebraucht, der liberale Bezirkspräsident, demokratische Kulturpolitiker und angesehene Schriftsteller, doch war ihm, von Krankheit gezeichnet, beides immer weniger gegeben. Wie ein Vermächtnis scheint da, was er wenige Monate vor seinem Tod am 27. 3.1946, was er Silvester 1945 schrieb:

 

Ja, Freunde, tiefstes Leid ist auch die Wende,

Durch Tränen heilig! Hände schließt in Hände,

Daß die geheimnis-starke Wunderkette

Trotz Brand und Schutt das heilige errette!

 

Anlässlich des 75. Todestages Bergers sagte der Landeshistoriker Matthias Tullner: „Siegfried Berger war fast die Inkarnation dessen, was später Sachsen-Anhalt wurde… Er hat sich die Mühe gemacht, zu gucken, welche bedeutenden Künstler und Dichter haben wir in der Region, hat in der Nazizeit auch ein Buch über bedeutende Persönlichkeiten herausgegeben. Man kann sagen: Er war der Erforscher der mitteldeutschen Identität… Berger war kein Nazi, auch kein Widerstandskämpfer, aber ein grundehrlicher Mann.“

 

 

 

Dante Alighieri

* Mai oder Juni 1265 in Florenz, † 14.9.1321 in Ravenna, italienischer Dichter

 

Was für eine göttliche Komödie! 700 Jahre nach Dantes Tod versucht Sperello di Seregno Alighieri, einer von Dantes Nachfahren, Publizität zu gewinnen, indem er das einst in Florenz ausgesprochene Todesurteil gegen den großen Dichter anfechten will.

Dante war in bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen zwischen den Ghibellinen und den Guelfen geraten und fand sich eines Tages im Lager der Verlierer wieder, wurde in Abwesenheit von den Siegern von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen und zu einer Geldstrafe verurteilt. Da er diese Strafe nicht bezahlte, wandelte man diese in „Tod durch Verbrennen“ um, falls er je nach Florenz zurückkehren sollte. Dante blieb klugerweise zeitlebens im Exil, in Ravenna vor allem, wo er schließlich an Malaria starb „gleich einem, den des Wechselfieber Schauer befallen“, und wo er seine letzte Ruhe fand.

Seit Jahrhunderten tobt jedoch ein Streit zwischen Florenz und Ravenna, welche Stadt sich vor allem mit Dantes Namen schmücken darf. Seine Grabstätte lockt Scharen von Touristen nach Ravenna, in Florenz blickt eine Dante-Statue mit erhobenem Zeigefinger würdevoll von der Fassade der Uffizien herab und in der Basika Santa Croce prangt unübersehbar ein Dante-Kenograph, sein Leergrab.

Diese Prozess-Farce letztlich also eine PR-Kampagne? Nichts scheint mehr heilig in Fake-News-Zeiten. Dante hätte die Idee, seinen Gerichtsprozess nochmals aufrollen zu wollen, wohl im neunten, den inneren Höllenkreis, seines weltberühmten „Inferno“ platziert. Was für eine göttliche Komödie!

 

 

 

Richard Fedor Leopold Dehmel

* 18.11.1863 in Hermsdorf bei Wendisch Buchholz, † 8.2.1920 in Blankenese, deutscher Schriftsteller

 

Und schweigen lüpfte sie die rote Rüsche

und nestelte an ihren seidnen Litzen

und öffnete das Kleid von weißem Plüsche

Und zeigte mir mit ihren Fingerspitzen,

die zart das blanke Licht des Sternes küsste,

die brauen Warzen ihrer bleichen Brüste,

dann sprach sie weiter: Sieh! dies Fleisch und Blut,

das eins den kleinen Heiland selig machte,

bevor ich an sein großes Kreuz ihn brachte,

Maria ich, die Nazarenerin,

oh sieh, es ist desselben Fleisches Blut,

für das der große Heiland sich erregte,

bevor ich in sein kleines Grab ihn legte…

 

Richard Dehmel wurde berühmt, nachdem er wegen seines Gedichts „Venus Consolatrix“, in dem er einen mystischen Geschlechtsakt mit einer Frauenfigur schildert, in der Maria, die Mutter Jesu, Venus und Maria Magdalena verschmelzen, wegen Blasphemie angezeigt und „wegen Verletzung religiöser und sittlicher Gefühle“ verurteilt worden war.

 

Maria, ich die Magdalenerin –

Komm, steh auf, und sieh auch Meine Wunden,

und lerne dich erlösen und gesunden!

Und lächelnd ließ sie alle Kleider fallen

und dehnte sich in ihrer nackten Kraft;

wie heilige Runen glänzten auf der prallen

Bauchhaut die Narben ihrer Mutterschaft,

in Linien, die verliefen wundersam

bis tief ins schwarze Schleierhaar der Scham.

 

Texte Richard Dehmels wurden von Max Reger, Arnold Schönberg, Jean Sibelius, Richard Strauss, Anton Webern, Kurt Weill und anderen vertont. Richard Dehmel starb im Alter von 56 Jahren infolge einer Thrombose.

 

Da sprach sie wieder und trat her zu mir:

willst du mir nicht auch in die Augen sehn?

und meine Blicke badeten in ihr,

Und eine Sehnsucht: du mußt untergehn,

ließ mich umarmt durch tiefe Meere schweben,

mich selig tiefer, immer tiefer streben,

ich glaube auf den Grund der Welt zu sehn,

weh schüttelt mich ein nie erlebtes Leben,

und ihren Kranz von Rosen und von Reben

umklammernd, während wir verbeben,

stamml’ ich: o auf – auf – auferstehn! -

 

 

 

Ian Lancaster Fleming

* 28.5.1908 in London, † 12.8.1964 in Canterbury, britischer Schriftsteller

 

Wer weiß nicht, dass Ian Fleming Robert Bond erfand? 12 James-Bond-Romane und 9 James-Bond-Short-Stories schrieb?

Doch wer weiß, dass Ian Fleming für seinen Sohn ein Kinderbuch verfasste? Titel: „Chitty Chitty Bang Bang“! (Deutsche Fassung: „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“!) Handlung: ein Erfinder baut ein Schrottauto um, und startet mit seiner Familie zu einem Picknick. Als sie in einem Stau geraten, wird der Wagen zum Flugauto und die Familie landet auf einer Sandbank im Ärmelkanal. Als die Flut kommt, verwandelt sich das Gefährt in ein Schwimmauto und die Ausflügler gelangen nach Frankreich. Hier finden sie in einer Höhle ein von Gangstern angelegtes Sprengstoffdepot, das sie in die Luft jagen usw. usf…

Ian Fleming starb in dem Jahr, in dem „Chitty Chitty Bang Bang“, deutsch: „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“, veröffentlicht wurde.

 

 

 

Julius von Minutoli

* 30.8.1804 als Julius Rudolph Ottomar Freiherr von Minutoli in Berlin, † 5.11.1860 in der Karawanserei Kaneh Zenjan, Persien, deutscher Diplomat

 

Nach seinem Studium der Rechts- und Kameralwissenschaften trat Julius von Minutoli in den preußischen Staatsdienst ein und avancierte rasch vom Kammergerichtsassessor in Koblenz zum Regierungsrat und Landrat in Posen, zum Polizeipräsidenten von Berlin, weiter zum Generalkonsul in Spanien und Portugal und schließlich zum Ministerresident in Persien.

Dabei war er wohl stets auch für seine kulturellen und gesellschaftlichen Aktivitäten und für seine Toleranz bekannt. Julius von Minutoli zeichnete und schrieb. So erschienen beispielsweise: „Alt-Posen. Ansichten der Stadt Posen aus dem Jahre 1833“, „Über das römische Recht auf dem linken Rheinufer“, „Die neuen Straf- und Besserungssysteme. Erinnerungen von einer Reise durch bemerkenswerte Gefängnisse in Algier, Spanien, Portugal, England, Frankreich und Holland“, „Die Mark Brandenburg“, „Die weiße Frau“, „Die kanarischen Inseln“, „Spanien und seine fortschreitende Entwicklung“, „Portugal und seine Kolonien“ und „Erinnerungen aus meinem Leben“.

Im Alter von 56 Jahren starb Julius von Minutoli auf der Rückkehr von einer Dienstreise an den Persischen Golf in einer Karawanserei bei Schiraz. Sein Grabstein steht in der Deutschen Botschaft in Teheran. Julius von Minutoli zu Ehren wurde eine auf den Kanaren wachsende Lavendelart benannt: „Lavendula minutoli“.

 

 

 

Erich Kurt Mühsam

* 6.4.1878 in Berlin, † 10.7.1934 im KZ Oranienburg, deutscher Schriftsteller

 

Egon Erwin Kisch schrieb über Erich Mühsam: „Seine Poesie war temperamentvoll und vielgestaltig, bald sang sie von Kampf und Revolution, bald scherzte und spielte sie. So war auch sein Leben, Kamerad Erich hatte zahllose Kameraden, Sankt Petrus Hille war darunter, der deutsche Verlaine, Paul Scheerbarth, der Satiriker der Astronomie, die Brüder Hart, die Führer des deutschen Naturalismus, Frank Wedekind, der Sexualrebell, Kamerad Erich war jedermanns Kamerad, der der literarischen Größen und der ärmsten Unbekannten. Sein Temperament erschöpfte sich nicht in seinen Gedichtbänden, nicht in den Heften von ‚Kain’ und ‚Fanal’, die er von der ersten bis zur letzten Zeile schrieb, nicht in seinen Dramen vom ‚Judas’ und von ‚Sacco und Vanzetti’ – das alles war nur ein Teil. Er brauchte Freunde und Gesellschaft, und oft mochte sich in seinen Kreisen die Frage regen, was Erich Mühsam mehr sei, ein ironischer Bohemien oder ein unerbittlicher Rebell. Solange er lebte und spöttelte, konnte er manche darüber hinwegtäuschen, daß es ihm blutig, tödlich ernst war um seine Überzeugung und nur um seine Überzeugung. Nun, da er starb wie ein Held, ist kein Zweifel mehr möglich.“

 

Fürcht nicht die Stunde, da du stirbst.

Die Welt, o glaub’s mir, kann dich missen.

Kein Stern, um dessen Licht du wirbst,

wird mit dir in den Tod gerissen.

 

Solang du lebst, wirst du gebraucht.

Soll dich das Leben nicht vergessen,

sorg, daß die Tat nicht untertaucht,

an der du deine Kraft gemessen.

 

Leb, daß du stündlich sterben kannst,

in Pflicht und Freude stark und ehrlich.

Nicht dich – das Werk, das du begannst,

mach für die Menschheit unentbehrlich!

 

 

 

Premchand

* 31.7.1880 als Dhanpat Rai Shrivastav in Lamahi, † 8.10.1936 in Varanasi, indischer Schriftsteller

 

Premchand gilt als Pionier des zeitgenössischen Urdu- und Hindi-Romans sowie als einer der bedeutendsten Autoren der modernen indischen Literatur.

Premchand verfasste gut 250 Kurzgeschichten, die vor allem in Sammlungen wie „Prem Pacchisi - Premchands 25 Erzählungen", die in alle Sprachen Indiens sowie ins Chinesische, Russische und zahlreiche europäische Sprachen übersetzt wurdne.

Gandhi sagte, Premchand habe mit seinen Texten die Basis einer „homely literatur“ geschaffen, welche die Unabhängigkeit des Subkontinents mit vorbereiten half.

In seinem Todesjahr wurde er zum ersten Präsidenten der Indian Progressive Writers' Association IPWA gewählt. Premchand starb nach längerem Leiden an einem Magengeschwür.

 

 

 

Ludwig van Beethoven

* 16.12.1770 in Bonn, † 26.3.1827 in Wien, deutscher Komponist

 

Ludwig van Beethoven – was für ein genialer Komponist: Freude, schöner Götterfunken…!

Wer aber weiß, dass Ludwig van Beethoven auch begnadeter Briefschreiber war? Umstritten zwar noch immer, an welche seiner Töchter aus Elysium er im Alter von 41. Jahren den Brief an die unsterbliche Geliebte adressiert hatte, doch wie auch immer, ein beredtes Zeugnis über einen großen Menschen gebe diese Sätze allemal:

Am 6ten juli Morgends

Mein Engel, mein alles, mein Ich. ...nur einige Worte heute, und zwar mit Bleistift--(mit deinem) erst bis morgen ist meine Wohnung sicher bestimmt, welcher Nichtswürdiger Zeitverderb in d.g.--warum dieser Gram, wo die Notwendigkeit spricht.--Kann unsre Liebe anders bestehn als durch Aufopferungen, durch nicht alles verlangen, Kannst Du es ändern, daß Du nicht ganz mein, ich nicht ganz Dein bin--Ach Gott blick in die schöne Natur und beruhige Dein Gemüth über das müssende--die Lieb fordert alles und ganz mit recht, so ist es mir mit Dir, Dir mit mir--nur vergißt Du so leicht, daß ich für mich und für Dich leben muß, wären wir ganz vereinigt, Du würdest dieses schmerzliche eben so wenig wie ich empfinden--meine Reise war schrecklich ich kam erst Morgens 4 Uhr gestern hier an, da es an pferde mangelte, wählte die Post eine andere Reiseroute, aber welch schrecklicher Weg, auf der vorletzten Station warnte man mich nicht bei nacht zu fahren, machte mich einen Wald fürchten, aber das reizte mich nur--und ich hatte Unrecht, der Wagen mußte bei dem schrecklichen Wege brechen grundloß, bloßer Landweg, ohne solche Postillione, wie ich hatte, wäre ich liegen geblieben Unterwegs--Esterhazi hatte auf dem gewöhnlichen Wege hierhin dasselbe Schicksal mit 8 Pferden, was ich mit vier--jedoch hatte ich zum theil wieder Vergnügen, wie immer, wenn ich was glücklich überstehe--nun geschwind zum innern vom äußern, wir werden uns wohl bald sehn, auch heute kann ich Dir meine Bemerkungen nicht mittheilen, welche ich während dieser einigen Tage über mein Leben machte--wären unsere Herzen immer dicht aneinander, ich machte wohl keine d.g. die Brust ist voll dir viel zu sagen--ach--Es gibt Momente, wo ich finde, daß die sprache noch gar nichts ist--erheitre Dich, bleib mein teuer eintziger schatz, mein alles, wie ich Dir das übrige müssen die Götter schicken, was für uns sein muß und sein soll.--

Dein treuer ludwig.—

 

Abends Montags am 6ten Juli

Du leidest Du mein theuerstes Wesen--eben jetzt nehme ich wahr, daß die Briefe in aller Frühe aufgegeben werden müßen. Montags-Donnerstags--die eintzigen Täge wo die Post von hier nach K. geht.--Du leidest--ach, wo ich bin, bist Du mit mir, mit mir und Dir rede ich mache daß ich mit Dir leben kan, welches Leben!!!! so!!!! ohne Dich--verfolgt von der Güte der Menschen hier und da, die ich meine--ebensowenig verdienen zu wollen, als sie zu verdienen--Demuth des Menschen gegen den Menschen--sie schmerzt mich--und wenn ich mich im Zusammenhang des Universums betrachte, was bin ich und was ist der--den man den Größten nennt--und doch--ist wieder hierin das Göttliche des Menschen--ich weine wenn ich denke daß Du wahrscheinlich erst Sonnabends die erste Nachricht von mir erhältst--wie du mich auch liebst--stärker liebe ich dich doch--doch nie verberge Dich vor mir--gute Nacht--als Badender muß ich schlafen gehen (hier zwei Worte ausgestrichen). ach Gott--so nah! so weit! ist es nicht ein wahres Himmelsgebäude, unsere Liebe--aber auch so fest, wie die Veste des Himmels.

 

guten Morgen am 7. Juli--

schon im Bette drängen sich die Ideen zu Dir meine Unsterbliche Geliebte, hier und da freudig, dann wieder traurig, vom Schicksale abwartend, ob es uns erhört--leben kann ich entweder nur ganz mit Dir oder gar nicht, ja ich habe beschlossen in der Ferne so lange herum zu irren, bis ich in Deine Arme fliegen kann, meine Seele von dir umgeben ins Reich der Geister schicken kann--ja leider muß es sein--du wirst dich fassen, um so mehr da du meine Treue gegen dich kennst, nie eine andere kann mein Herz besitzen nie--nie--o Gott warum sich entfernen müßen, was man so liebt, und doch ist mein Leben in W. so wie jetzt ein kümmerliches Leben--Deine Liebe macht mich zum glücklichsten und zum unglücklichsten zugleich--in meinen Jahren jetzt bedürfte ich einiger Einförmigkeit Gleichheit des Lebens--kann diese bei unserm Verhältnisse bestehn!--Engel, eben erfahre ich, daß die Post alle Tage abgeht--und ich muß daher schließen, damit Du den B. gleich erhältst--sei ruhig, nur durch ruhiges beschauen unsres Daseins können wir unsern Zweck zusammen zu leben erreichen--sei ruhig--liebe mich--heute--gestern--welche Sehnsucht mit Thränen nach dir-dir-dir-mein Leben-mein alles--leb wohl--o liebe mich fort-verken(ne) nie das treuste Herz Deines Geliebten

ewig dein

ewig mein

ewig unß.

 

 

 

Cäsar Otto Hugo Flaischlein

* 12.5.1864 in Stuttgart, † 16.10.1920 in Gundeslheim, deutscher Mundartdichter

 

Passend zu seinem Geburtstag verfasste Cäsar Flaischlein nach der Melodie „Der Mai ist gekommen“ die Verse:

 

Hab Sonne im Herzen,

ob’s stürmt oder schneit,

ob der Himmel voll Wolken,

die Erde voll Streit!

Hab Sonne im Herzen,

dann komme, was mag!

das leuchtet voll Licht dir

den dunkelsten Tag!

 

Er war aber auch für seine schwäbischen Mundartdichtungen wie „Von Derhoim und Drauße“ beliebt, und schrieb auch den autobiografischen Roman „Jost Seyfried“, der allerdings kein Roman, sondern eine Aneinanderreihung von Aphorismen und rhythmischer Prosa ist.

 

Hab ein Lied auf den Lippen,

mit fröhlichem Klang

und macht auch des Alltags

Gedränge dich bang!

Hab ein Lied auf den Lippen,

dann komme, was mag!

das hilft dir verwinden

den einsamsten Tag!

 

Zudem wirkte er als Redakteur der Literaturzeitschrift „Pan“ und war neben Bruno Cassirer Mitherausgeber der Monatsschrift „Kunst und Künstler“.

 

Hab ein Wort auch für Andre

in Sorg und in Pein

und sag, was dich selber

so frohgemut läßt sein:

Hab ein Lied auf den Lippen,

verlier nie den Mut,

hab Sonne im Herzen,

und Alles wird gut!

 

Im Alter von 56 Jahren starb Cäsar Flaischlein in einem schwäbischen Sanatorium.

 

 

 

Heinrich IV.

* 13.12.1553 als Henri de Bourbon in Pau, † 14.5.1610 in Paris, französischer König

 

In seiner Heimat, der Gascogne, wurde Heinrich IV. respektvoll „lo nòstre bon rei Enric“ genannt: „unser guter König Heinrich.“ Er war der erste französische König aus dem Hause Bourbon, zudem der erste und einzige Protestant auf diesem Thron, und führte das Land nach den Hugenottenkriegen wieder zusammen, formte die Grundlage für den französischern Einheitsstaat.

Von seiner andauernden Popularität zeugen allein diverse künstlerische Auseinandersetzungen mit seinem Leben, nicht zuletzt Heinrich Manns zweibändiges Monumentalwerk „“Die Jugend des Königs Henri Quatre“ / „Die Vollendung des Königs Henri Quarte“. Schlusssatz: „Wie ein Vorhang schließt sich die goldene Wolke / wieder über dem König.“

Nicht von ungefähr schmückte sich Heinrich Mann mit einem Bart, den von seinem berühmten Protagonist getragen und der dann nach dem großen Bourbonen benannt worden war: „Henriquatre“.

Im Alter von 56 Jahren wurde Heinrich IV. auf offenere Straße in seiner Kutsche niedergestochen, auf dem Weg zum Louvre starb er. Sein Generalanwalt Jérôme Luillier berichtete, dass: „der König tot auf seinem Bett ausgestreckt (lag), in voller Kleidung mit aufgeknöpften Wams und blutigem Hemd.“

 

 

 

Ricardo Miró Denis

* 5.11.1883 in Panama City, † 2.3.1940 ebd., panamaischer Schriftsteller

 

Ricardo Miró gilt als der Nationaldichter Panamas. Eigentlich hatte er Malerei studieren wollen, leitete dann aber die Zeitung „Isthmus“. In der auch seine ersten Verse erschienen. Sein wohl bedeutendstes Gedicht „Patria“ schrieb er 1909 als Konsul seines Landes in Barcelona. Zurück in seiner Heimat wurde er 1927 Direktor des Nationalarchivs. Ihm zu Ehren wurde der alljährlich stattfindende Ricardo Miró National Literary Contest der Republik Panama ins Leben gerufen.

Jeanny und ich besuchten Anfang 2011 Panama: Colón, laut Reiseführer die Stadt mit einer der höchsten Kriminalitätsraten der Welt. Vor Rundgängen selbst am Tage wird dringend abgeraten. 1853 beschrieb ein Reisender die nach Herrn Kolumbus benannte Stadt so: „Niemand wagt es, durch die Straßen zu gehen und in den Hotels zu übernachten, ohne gut bewaffnet zu sein… es ist erstaunlich, dass es möglich ist, Leben zu erhalten in dieser unreinen Pfütze.“ Unsere heutige Fremdenführerin schwört selbstredend, dass dem nicht so sei, und offensichtlich werden wir vom Hafen im Bus auch geradenwegs aus der Stadt geschleust, hie und da im Vorbeifahren mal ein schneller Blick in eine (allerdings!) verwahrloste Seitenstraße. Und dann hören wir von unserer Fremdenführerin, dass es in Colón eine Besonderheit gäbe, einen Markt der Diebe. Hier könne man bestellen, was immer man brauche und bekomme das dann nach einiger Zeit auch prompt und zu einem guten Preis geliefert. Immerhin hat Colón nach Hongkong die zweitgrößte Freihandelszone der Welt – und scheinen flinke Finger wohl ohne Probleme dort den einen oder anderen Container öffnen oder gar verschwinden lassen zu können.

Dass Colón arm und benachteiligt ist, hat Tradition. Hierher kamen Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem Nachfahren schwarzhäutiger Sklaven von den Antillen für den Bau der Panama-Eisenbahn, die auf kürzestem Wege, einem alten Maultierpfad der Conquistadoren folgend, Güter vom Pazifik zum Atlantik befördern sollte. Und ebensolche Slavennachfahren kamen hierher in Scharen für den Bau des Panama-Kanals Ende des 19. Jahrhunderts unter Leitung des Suez-Kanals Erbauers Lesseps, der allerdings aufgab, und schließlich Anfang des 20. Jahrhunderts unter den Amerikanern. Und während in Colón auch heute noch überwiegend Schwarze leben, wohnt in der Landeshauptstadt Panama City auf der anderen Seite des Isthmus, am anderen Ende des Kanals, die weiße Oberschicht. Dorthin gelangt also erst einmal alles Geld, das im Lande erwirtschaftet wird, auch das aus der riesigen Freihandelszone Colóns, und bei der Verteilung scheint dann traditionell reichlich Zaster in der Hauptstadt kleben zu bleiben. Jüngster Beweis: eine nagelneue Autobahn von Panama City endet wenige Kilometer vor Colón (nach heftigen Protesten soll aber demnächst zumindest bis zur Freihandelszone verlängert werden…).

Mit dem Bus erreichen wir nach etwa einer Stunde Balboa am Pazifik, Hauptstadt der einstigen Panamakanal-Zone, die de facto Teil der USA war. Als die Franzosen unter Lesseps mit dem Kanalbau scheiterten, war Panama noch Teil von Kolumbien. Und da die Amis mit den Kolumbianern partout nicht handelseinig über die Fortführung des Kanalprojektes werden konnten, beförderten sie heftig die Unabhängigkeitsbestrebungen der Panamaer im kolumbianischen Bürgerkrieg. Und 1903 wurde so aus der kolumbianischen Provinz Panama ratzbatz der neue Staat Panama. Und dessen Regierung unterschrieb nun schnurstracks den von den Amis erwünschten und diktierten Vertrag, und darin enthalten eben auch, dass eine kilometerbreite Zone an beiden Kanalufern künftig und auf ewig an die USA zum Schutze der Kanalsicherheit übergeht. Und erst diverse Unruhen und folgende politische Entwicklungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten letztlich dazu, dass die Panamakanalzone zum 31.12.1999 aufgelöst wurde, dass die Amis abzogen. Heute erkennt man den einstigen Staat im Staate ebenso wenig wie den Übergang Ost- nach West-Berlin.

Und Panama City beeindruckt: man sieht allein schon an der modernen Wolkenkratzer-Skyline, dass mit dem Panama-Kanal Geld zu machen ist. Zudem gilt Panama City neuerdings als Steuer- und Finanzparadies, siedelten sich hier diverse Banken an.

Schon Simon Bolivar aber hatte offenkundig ein Faible für diese Stadt: „Wenn die Welt eine einzige Hauptstadt wählen müsste, dann wäre der Isthmus von Panama der beste Platz (…) im Zentrum der Welt, wo eine Hand nach Asien, die andere nach Amerika und Europa reichen würde…“.

Wir durchschlendern die Altstadt (Caso Viejo), durchfahren die Neustadt und gelangen schließlich zum Kanal, erleben an den Miraflores-Schleusen, wie ein Frachter durch die Staustufen gelangt. Beeindruckendes Schauspiel in tropischer Umgebung. Etwa 40 Schiffe passieren täglich den Kanal, mehr geht nicht, noch nicht. Die Preise für die Passage steigen (seit der Übernahme durch den Staat Panama) ständig, betragen je nach Tonnage mittlerweile wohl bis zu 400.000 $. Und entsprechend einer Volksabstimmung baut man derzeit an einem weiteren Schleusensystem, so dass die Kapazität erhöht und die Durchfahrt auch für Super-Schiffe möglich wird.

Wie auch immer: dieser Kanal ist eine große Errungenschaft für die Menschheit, verkürzt er Seewege doch um tausende Kilometer. Und nicht zu vergessen: bei seinem Bau ließen 25.000 der 75.000 Arbeiter „in der grünen Hölle Panama“ ihr Leben, Nachfahren von Sklaven von den westindischen Inseln zumeist…

 

 

 

René Schickele

* 4.8.1883 in Oberehnheim, Elsaß, † 31.1.1940 in Vence, deutscher-französischer Schriftsteller

 

Die Germanistin Ruth Greuner urteilte über die Erzählungen René Schickeles: „Sicher scheint, dass gerade die Erzählungen und erzählerischen Skizzen, mehr oder weniger in sich geschlossen, formvollendet bis formlos, am ehesten geeignet sind, umfassend fasslich mit der ethischen und ästhetischen Welt des frühen wie des reifen Schriftstellers bekannt zu werden. Unverkennbar tragen die Texte das Stigma eines sensiblen, seismographisch empfindlich reagierenden, romantischen Künstlertyps, der aus Rausch und Ekstase, aus Abenteuern des Gefühls und des Verstandes immer wieder emportauchte und aus reiner, gesammelter Weltfreudigkeit Anschluss fand an die politischen und gesellschaftskritischen Aufgaben realistischer Kunst.“

Spätestens seit dem Ersten Weltkrieg hatte sich der Elsässer René Schickele immer wieder für eine Verständigung zwischen Franzosen und Deutschen eingesetzt. Nicht von ungefähr hatte Goebbels getönt, Schickeles Werke ein für allemal tilgen zu wollen. Nach dem sein Freund aus gemeinsamen Straßburger Tagen Ernst Stadler gefallen war, schrieb er Anfang Oktober 1914: Ernst Stadler ist tot. Ein Mann von dreißig Jahren. Ein Deutscher von heute und morgen. Ein Dichter. Erinnert ihr Euch? Es war ein unvergleichlicher Sommer – der Sommer 1914 – voll glasheller Tage, ein langer Satz schöner Stunden, von der Interpunktion kurzer, kräftiger Gewitter unterbrochen. Manchmal lasen wir ein neues Buch, zwischen zwei Segelpartien, unter den Kirschen, die schon ganz rot waren, oder unter dem gefährliche, fallsüchtigem Apfelbaum…

In seinem letzten Brief an Thomas Mann hatte René Schickele wenige Monate vor der Besetzung Frankreichs durch die Nazis und seinem Tod geschrieben: Die Welt teilt sich in zwei Lager, und das ist gut. Sie werden immer deutlicher, immer kräftiger hervortreten, und da es nicht mehr zu leben lohnte, wenn der Ungeist siegte, so mag es denn der furchtbarste Kampf auf Tod und Leben werden ‚über alle Begriffe hinaus’, die wir uns bisher von derartigen historischen Entscheidungskämpfen zu machen pflegten. Der Kampf wird ‚extra muros et intra’ auszufechten sein- Es ist der ‚Weltbürgerkrieg’. […] Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich Konformist und fühle mich ganz und gar auf der richtigen Seite. Ich bin gläubig, wie der große Pasteur es zu sein wünschte: mit der Kraft und Ausdauer eines bretonischen Bauern. Ich glaube an unser Recht und unsern Sieg.

René Schickele starb im Alter von 56 Jahren an Herzversagen.

 

 

 

Konrad Wolf

* 20.10.1925 in Hechingen, † 7.3.1982 in Berlin, deutscher Regisseur

 

Ich war fünfzehn als Konrad Wolfs „Ich war neunzehn“ in die Kinos und rasch auch ins Fernsehen kam und beeindruckt von den Erlebnissen seines Protagonisten, der Wolfs autobiografische Erfahrungen verarbeitete - immerhin war Konrad Wolf mit siebzehn in die Rote Armee eingetreten, hatte als Neunzehnjähriger Berlin mit befreit und dann als Stadtkommandant in Bernau gewirkt.

Und ich war siebenundzwanzig als Konrad Wolfs „Solo Sunny“ in die Kinos und rasch auch ins Fernsehen  kam, doch konnte mit den Erfahrungen, die seine Protagonisten, eine Rock-Sängerin in der DDR, zu vermitteln suchte, nichts anfangen – das waren nicht meine Erlebnisse, die ich als Rockmusiker in der DDR gemacht hatte, die hatten mit dem, was meinen Musiker-Alltag bestimmte, so gut wie nichts zu tun.

Zwei Jahre später starb Konrad Wolf im Alter von 56 Jahren an Krebs, und ich empfand seinen Tod schmerzlich als Verlust.

 

 

 

Robert Victor Felix Delaunay

* 12.4.1885 in Paris, † 25.10.1941 in Montpellier, französischer Maler

 

Robert Delauney gilt als Hauptvertreter des Orphismus, ein Begriff, der von Guillaume Apollinaire angesichts Delaunays Fensterbilder „Fenêtre“ geprägt, Ansichten des durch ein Fenster gesehenen Eiffelturms.

Delaunay selbst wollte seine Gemälde besser als „Cubisme écartelé“ bezeichnet wissen, als „zerteilter Kubismus“. Er verfasste aber auch kunsttheoretische Werke, so den Aufsatz „La Lumière – Über das Licht“, der Maler wie Franz Marc oder Paul Klee beeinflusste. Befreundet war er u.a. mit Wassily Kandinsky, stellte gelegentlich auch mit der Redaktionsgemeinschaft „Blauer Reiter“ aus. Und für Sergei Djagilevs „Ballets Russes“ entwarf er ein Dekor.

Während des Ersten Weltkriegs hielt er sich mit seiner Frau, der Malerin Sonia Delaunay, in Spanien auf und nahm nach seiner Rückkehr nach Paris Kontakt zu den Dadaisten und Surrealisten um André Breton, Louis Aragon und Tristan Tzara auf. Für die Pariser Weltausstellung 1937 schuf er ein 10 x 15 m großes Leinwandbild, das mittlerweile zur Sammlung des Centre Georges-Pompidou gehört.

Um der deutschen Besatzung zu entkommen, zog das Ehepaar Delaunay 1940 nach Südfrankreich, wo Robert Delaunay im folgenden Jahr an Krebs starb.

 

 

 

Stéphane Mallarmé

* 18.3.1842 als Étienne Mallarmé in Paris, † 9.9.1898 in Valvins, französischer Dichter

 

Stéphane Mallarmé zählt neben Charles Baudelaire, Arthur Rimbaud und Paul Verlaine als einer der Wegbereiter der modernen Lyrik. Seine Gedichte gelten als Hauptwerke des französischen Symbolismus.

 

In deine Vita einzudringen

Als aufgescheuchter Held vielleicht

Läßt ein Stück Rasen deines Reichs

Mit nackter Ferse sich bezwingen

 

Der Schweizer Romanis Peter Fröhlicher sagte: „Entgegen dem Ideal der Parnassiens wie Banville oder Gautier, wonach die Dichtung dem Flüchtigen einen dauerhaften Ausdruck verleihen und der Dichter als Bildhauer seinen Traum in Stein meißeln soll, postuliert Mallarmé – und die sich auf sein Werk berufenden Gruppe der Symbolisten – eine Poesie, die von den Dingen ausgehend andere Dimensionen erschließt, jene der ‚notion pue’, des reinen Begriffs, jenseits der konkreten Objekte.“

 

Naiv ein Sündchen sich vollbringen

Das sich vergeht an Gletschereis

Den Sieg herauszulachen weíßt

Du es gewiß nicht zu verhindern

 

Zeigt man die Dinge ganz, sagt Mallermé, berauben sie den Geist des köstlichen Genusses zu glauben, an der Schöpfung teilzuhaben. Ein Objekt benennen heißt: drei Viertel der Freude am Gedicht unterdrücken, denn es ist ja hemacht, um nach und nach erraten zu werden; es ‚suggieren’, das ist der Traum. Das ist der perfekte Gebrauch des zum Symbol konstituierten Geheimnisses: allmäglich ein Ding hervorzurufen, um einen Seelenzustand zu zeigen oder umgekehrt einen Gegenstand wählen und daraus eine Stimmung gestalten durch fortgesetztes Entziffern.

 

Fröhlicher resümiert: „eine Lektüre dieser Texte [hat] als einen wesentlichen Aspekt ihrer Selbstbezüglichkeit stets auch die Praxis des Schreibens und die Materialität des Geschriebenen mitzudenken. Die Lektüre vollzieht sich in der Spannung zwischen dem in der Faltung des Buches verborgenen Geheimnisses und dem weißen Flug der Verse über das Weiß der Seite.“ Aha.

 

Seh ich nicht freudetrunken sag

An Naben Donner und Rubin

Dies Feuerwerk die Luft durchlöchern

 

Paul Valéry sagte: „Mallarmé lebte für einen ganz bestimmten Gedanken: Er war besessen von der Vorstellung eines absoluten Werkes, das für ihn das höchste Ziel, die Rechtfertigung seines Daseins, den einzigen Zweck und den einzigen Sinn des Weltalls bedeutete.“ Ach so.

 

Mit Königreichen die erglühn

Als stürbe zwischen Purpurfächern

Nun meines Abendwagens Rad

 

„Nicht zuletzt die klangliche, musikalische Qualität der Sprache Mallarmés inspirierte bedeutende Komponisten zu Vertonungen seiner Werke“, weiß Wikipedia. „Ein Hauptwerk des musikalischen Impressonismus ist Claude Debussys frei nach Mallarmé komponiertes ‚Prélude à l'aprés-midi d'un faune für Orchester (1894), von dem Mallarmé begeistert war und in einem Brief an Debussy schrieb: Ihre Illustrierung des „Après-midi d’un Faune“ bildet keine Dissonanz zu meinem Text, sie übertrifft ihn wahrlich eher an Sehnsucht, und an Licht, mit ihrer Feinheit, ihrer Schwermut, ihrem Reichtum. 1912 verwendete das Werk auch Vaslav Nijinsky als Grundlage seines für die Ballets Russes choreografierten Balletts ‚l'aprés-midi d'un faune. Claude Debussy, Maurice Ravel, Darius Milhaus, Pierre Boulez, Paul Hindemith und weitere Komponisten vertonten Gedichte Mallarmés als Lieder. Zu späten Werken, wie dem als eine Wortpartitur angelegten Poem ‚Un coup de dés’  und dem Fragment gebliebenen ‚Igitur’, gibt es musikalische Annäherungen von Michael Denhoff.

 

 

 

Max Pallenberg

* 18.12.1877 in Wien, † 26.6.1934 bei Karlsbad, österreichischer Schauspieler

 

Max Pallenberg galt als „einer der bedeutendsten Charakterkomiker seiner Zeit“. Kurt Tucholsky sagte über ihn: „ein Teufel, ein entgleister Gott, ein großer Künstler“. Und der Regisseur Herbert Ihering schrieb: „Schauspielerisch ist Pallenberg die verwegenste Konsequenz des Improvisationskünstlers der commedia dell’arte.“

Er erste Film, in dem Max Pallenberg 1912 mitwirkte hieß bezeichnend: „Pampulik als Affe“, ein späterer “Der brave Sünder“. 1914 wurde er von Max Reinhardt an das Deutsche Theater in Berlin verpflichtet, unternahm aber häufig internationale Gastspielreisen, nicht zuletzt nach Wien, wo Hugo von Hofmannsthal für ihn die Titelrolle in „Der Unbestechliche“ geschrieben hatte.

Weitere große Erfolge feierte Max Pallenberg mit seinen Rollen in Pirandellos „Sechs Personen suchen einen Autor“, Max Brods Bühnenadaption von „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“, Molières „Der eingebildete Kranke“ oder der Mephisto im „Faust“.

Nach der Machtergreifung der Nazis ging er mit seiner Frau, der Schauspielerin Fritz Massary“ nach Österreich ins Exil. 1934 kam Max Pallenberg bei einem Flugzeugabsturz in der Tschechoslowakei ums Leben.

 

 

 

Thomas Crofton Crocker

* 15.1.1798 in Cork, † 8.8.1854 in London, irischer Altertumsforscher

 

John Crofton Crocker sammelte „Irische Elfenmärchen“. Und in seinem Nachwort einer Neuauflage bei „Rütten & Loenig“ betonte der Herausgeber Jürgen Jahn, wann Crocker geboren wurde: „1798 […], in jenem denkwürdigen Jahr, das den Iren als der Auftakt ihres modernen Unabhängigkeitskampfes gilt: In diesem Jahr brach ein bewaffneter Aufstand gegen die britische Oberherrschaft los, der zwar wie viele Rebellionen zuvor blutig niedergeschlagen wurde, aber doch die nicht mehr umkehrbare Entwicklung Irlands zu staatlicher Selbständigkeit einleitete – ein Vorgang, der noch über hundert Jahre dauern sollte. Dieses Ereignis hat auch den jungen Literaten mächtig angezogen und spielt in seinem Werk eine nicht unbedeutende Rolle.“ John Crofton Crocker gehört mit seinen Arbeiten in den Kreis jener irischen Romantiker, die – wie Maria Edgeworth und Thomas Moore, mit denen er befreundet war – mit ihrem Werk den Unabhängigkeitskampf der irischen Nation unterstützten.“

Den ersten Band seiner Märchensammlung hatten immerhin die Brüder Grimm ins Deutsche übertragen, und in ihrer Vorrede betont: „Wer noch Sinn hat für schuldlose und einfache Poesie, wird sich von diesen Märchen angezogen fühlen, sie haben einen eigentümlichen Beigeschmack, der nicht ohne Reiz ist, und kommen aus einem Lande, an das wir gewöhnlich nur in wenigen und gerade nicht erfreuliche Beziehungen erinnert werden. Gleichwohl wird es von einem Volke bewohnt, dessen Altertum und frühe Bildung die Geschichte bezeugt und das, wie es zum Teil noch in der eigenen Sprache redet, auch lebendige Spuren seiner Vorzeit wird aufzuweisen haben, wovon der hier dargestellte Glaube an überirdische Wesen vielleicht eins der besten Beispiele abgibt.“

Selbstredend führte Crocker dann dieses Lob im Vorwort zum 2. Band seiner Elfensagen und Feensagen an: Der literarische Verkehr der europäischen Nationen ist jetzt so groß und eine Übersetzung etwas so Selbstverständliches, daß ein Schriftsteller tatsächlich nur wenig Grund hat, sich etwas darauf einzubilden, wenn sein Werk in französischem oder deutschem Gewand erschienen ist. Aber die Persönlichkeit der Übersetzer kann diesem sonst gleichgültigen Umstand Gewicht verleihen; und ich kann nicht umhin, beträchtliche Genugtuung zu fühlen und angesichts der Feststellung zum Ausdruck zu bringen, daß mein vorangegangener Band von solch bedeutenden Gelehrten wir den Brüdern Grimm ins Deutsche übersetzt worden ist, deren Freundschaft und schätzenswerte Korrespondenz er mir verschafft hat.

 

 

 

Georg Christoph Lichtenberg

* 1.7.1742 in Ober-Ramstadt, † 24.2.1799 in Göttingen, deutscher Schriftsteller und Naturforscher

 

Georg Christoph Lichtenbergs Aphorismus

Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen, und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?

scheint an Aktualität nicht zu verlieren, im Gegenteil… Und Lichtenberg äußerte sich beileibe nicht nur einmal über diese Thematik:

Dummköpfe in Genies zu verwandeln oder Buchen in Eichen ist wohl schwerer als Blei in Gold.

Oder:

Ein Buch ist ein Spiegel: wenn ein Affe hineinguckt, so kann freilich kein Apostel heraussehen.

Oder:

Viele Spötter meinen, reich an Geist zu sein, und sind nur arm an Takt.

Der Germanist Ulrich Joost urteilte über Lichtenberg Gesamtwerk: „Es ist die Summe eines 33- oder 35jährigen Nachdenkens, die uns da vorliegt – wirklich hochkarätiges Nachdenken über alle Bereiche des Lebens, der Wissenschaft, der Welt.

Es gibt manche Leute, die nicht eher hören, bis man ihnen die Ohren abschneidet.

„Damit stellt er sich in die kleine Reihe der großen Aufklärer, und zwar der populären Aufklärer…“

Sagt, ist noch ein Land außer Deutschland, wo man die Nase eher rümpfen lernt als putzen?

Der Historiker Hans Jürgen Friederici meinte: „Die gesellschaftsverändernden Möglichkeiten der Literatur hat Lichtenberg nie überschätzt, denn er war sich der Priorität des Ökonomischen mit einer für seine Zeit erstaunlichen Klarheit bewusst. Vor allem der deutschen Modeliteratur sprach er jede humanisierende Bedeutung ab, da es ihr an überzeugenden Charakteren fehle, deren Entwicklung sozial begründet und folgerichtig dargestellt sein müsse. Solche Gestalten fand er bei Hogart, jede einzelne in ihrer sozialen Determiniertheit durch eine Fülle realistischer Details gekennzeichnet, die Lichtenberg in seinen Erläuterungen sorgfältig nachzeichnete.“

Die buntesten Vögel singen am schlechtesten. Das gilt auch bei den Menschen.

„Lichtenberg sah, dass die Kriege eine der wesentlichsten Ursachen für die Leiden der einfachen Menschen waren und dass allein die herrschenden Kreise für diese Geißel der Völker die Verantwortung trugen.“ (Friederici) „Mit bissigem Humor erzählte er im letzten seiner Sudelbücher von einem Lande, das keine Kriege mehr führe, seit der Regent und seine Räte für die Dauer des Krieges über einer Pulvertonnen schlafen müssten.“

Ich kann freilich nicht sagen ,ob  es besser werden wird, wenn es anders wird, aber so viel kann ich sagen, es muss anders werden, wenn es gut werden soll.

 

 

 

Ernest Tidyman

* 1.1.1928 in Cleveland, Ohio, † 14.7.1984 in London, amerikanischer Autor

 

Bevor 1970 sein erster Roman „Shaft“ erschien, arbeitete Ernest Tidyman als Journalist für die „New York Post“ und die „New York Times“.

Nach seinem Drehbuch wurde „Shaft“ (und dessen Fortsetzungen) auch verfilmt und zum Welterfolg. Nicht minder erfolgreich war sein Drehbuch für „French Connection – Brennpunkt Brooklyn“ für das er mehrfach ausgezeichnet wurde, so mit dem Oscar und dem Golden Globe. Insgesamt verfasste Ernest Tidyman mehr als 15 Drehbücher und literarische Filmvorlagen, zudem Hörspiele und wirkte auch als Produzent.

In einem Interview sagte er einmal: Dramatik, in der Regel im Ereignis selbst, die Klarheit des Erzählens und vor allem die Energie: die Energie, die ich in die gleichen Worte einfließen lassen kann, die jedem zur Verfügung stehen, der die Sprache und ihre Struktur kennt. Wenn ich eine Geschichte auf eine Art und Weise erzählen kann, die Energie – eine Kraft – enthält, denke ich, dass es ziemlich sicher ist, dass sie auf interessante Weise erzählt wird

Ernest Tidyman starb im Alter von 56 Jahren infolge seiner Alkoholerkrankung im Londoner Westminster Hospital.

 

  

 

 Antonio Maria Valsalva

* 17.6.1666 in Imola, † 2.2.1723 in Bologna, italienischer Anatom und Chirurg

 

Antonio Maria Valsalva studierte an der Universität Bologna, promovierte im Alter von 23 Jahren zum Doktor der Medizin und Philosophie und wurde zehn Jahre später Lehrstuhlinhaber für Anatomie und schließlich weitere acht Jahre darauf zum „anatomischen Lehrer und Demonstrator“ ernannt. Ein Amt, das er bis zu seinem Lebensende inne hatte. Er wirkte zudem als Chirurg im Bologneser Krankenhaus Sant’Orsola.

Valsalvia forschte vor allem über das menschliche Hörorgan und als sein Hauptwerk gilt „De aure humana tractatus…“. Er setzte sich auch für eine menschliche Behandlung Geisteskranker ein, forderte eine analoge Behandlung von psychischen und physischen Erkrankungen. Nach ihm sind zahlreiche medizinische Begriffe und Methoden benannt, so der Valsalva-Versuch oder die Valsalva-Falte.

 

 

 

Victor Bailey

* 27.3.1960 in Philadelphia, † 11.11.2016 ebd., amerikanischer Jazz-Bassist

 

Weltberühmt wurde Victor Bailey im Alter 32 Jahren, als er nach dem frühen Tod von Jaco Pactorius Bassist von “Weather Report” wurde.

Zuvor hatte er schon Don Alias, Larry Coryell, Miriam Makeba, Hugh Masekela, Sonny Rollins und Lenny White begleitet.

Nach seiner Weather-Report-Zeit jammte und tourte und er mit Michael Brecker, Bill Evans, David Gilmore, Madonna Lady Gaga oder Sting,

Victor Bailay starb im Alter von 56 Jahren an einer ererbten neuromuskulären Erkrankung.

 

 

 

Bill Haley

* 6.6.1925 als William John Crifton Haley Jr.  in Highland Park, Michigan, † 9.2.1981 in Harlington, Texas, amerikanischer Sänger

 

One, two, three o'clock, four o'clock rock

Five, six, seven o'clock, eight o'clock rock

Nine, ten, eleven o'clock, twelve o'clock rock

We're gonna rock around the clock tonight…

 

Die australische Musik-Journalistin bezeichnete Bill Haleys „Rock around the clock“ als die „Marseillaise einer weltweiten Teenager-Revolution“. Und der Musik-Wissenschaftler Craig Morrison meinte, Bill Haley habe das musikalische Zeitalter des Rock ‚n’ Roll katalysiert und somit die Geburtsstunde der modernen Popmusik markiert. Bis 2004, dem 50. Jahrestag des Erscheinens von „Rock around the clock“ war die Single mehr als 200 Millionen Mal verkauft und zählt damit zu den meist verbreitesten Songs schlechthin.

In den 1960er Jahren tourte er erfolgreich mit den Beatles und den Rolling Stone, und hatte Ende der 1960er ein Comeback mit seinem Welthit. Im August 1972 hatte Bill Haleys Abschied dann vor knapp 83.000 Zuschauern im Londoner Wembley-Stadion beim großen „Rock ’n’ Roll-Revival“, gemeinsam mit Little Richard, Chuck Berry, Jerry Lee Lewis und Bo Diddley, seinen letzten Auftritt.

Bill Haley starb im Alter von 56 Jahren an einem Hirntumor

 

We're gonna rock, gonna rock around the clock tonight

When the clock strikes twelve we'll cool off then

Start rockin' 'round the clock again

We're gonna rock around the clock tonight

We're gonna rock, rock, rock, 'till broad daylight

We're gonna rock, gonna rock around the clock tonight

 

 

 

Steven „Steve“ Paul Jobs

* 24.2.1955 in San Franzisko, † 5.10.2011 in Palo Alto, Kalifornien, amerikanischer Unternehmer

 

Im Alter von 21 Jahren gründete Steve Jobs „Apple“, trieb die Entwicklungen von Heimcomputern, iPods, Smartphones und Tablets entscheidend voran und galt als einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der Computerindustrie. Der Name des Weltkonzerns Apple soll ihm eingefallen sein, da Jobs sich in den 1970er als Frutarier ernährte, also vor allem Früchte aß, aber auch das Plattenlabel der Beatles könnte inspiriert haben. Immerhin nannte er die Beatles als Vorbild für sein Geschäftsmodell: Das waren vier Typen, die gegenseitig ihre negativen Tendenzen in Schach hielten, sie balancierten sich gegenseitig aus, so dass das Gesamte viel mehr als die Summe der Einzelteile wurde. Große Dinge in der Geschäftswelt werden nicht von einer Person gemacht, sondern von einem Team.

Auf seiner Homnepage „Macworld“ erklärter er: Viele Leute denken, dass sie verrückt sind. Aber in dieser Verrücktheit sehen wir das Genie. Und für diese Menschen machen wir Werkzeuge.

Und alsbald investierte Steve Jobs seine Gewinne auch in die Filmindustrie, leitete die Pixar Animation Studios, die mit „Toy Story“ den ersten Welterfolg hatte, „Findet Nemo“ brachte den ersten Oscar ein. Und nach der Fusion mit der Walt Disney Company wurde Steve Jobs deren größer Einzelaktionär. Sein Vermögen wurde in seinem Todesjahr auf 8,3 Milliarden $ geschätzt.

In einer TV-Dokumentation sagte er einmal: Ich hatte etwas über eine Million Dollar, als ich 23 war, über 10 Millionen mit 24 und mehr als 100 Millionen mit 25 und es war egal, weil ich es nicht fürs Geld gemacht habe.

Am 31. Juli 2004 unterzog sich Steve Jobs einer Operation, bei der ein Inselzell-Tumor entfernt wurde“, berichtet Wikipedia. „Laut der von Steve Jobs autorisierten Biografie von Walter Isaacson verweigerte sich Jobs nach der Diagnose im Oktober 2003 monatelang einer Operation. Vielmehr griff er auf alternative Behandlungsversuche zurück, deren Wirksamkeit nie wissenschaftlich bewiesen worden war. Spätere Behandlungen schlossen eine individualisierte Therapie auf Basis einer Genomanalyse von Tumor- und Körperzellen ein. […] Im Juni 2009 wurde bekannt, dass sich Steve Jobs im April einer Lebertransplantation im Methodist University Hospital in Memphis (Tennessee) unterzogen hatte. Der Grund für die Lebertransplantation wurde nicht bekannt, jedoch wurde angenommen, dass der Tumor Lebermetastasen gebildet hatte.“

Im Alter von 56 Jahren starb Steve Jobs an den Folgen seiner Krebserkrankung.

Eure Arbeit wird einen großen Teil eures Lebens ausmachen und der einzige Weg, wirklich zufrieden zu sein, ist etwas zu tun, das ihr für großartiges Schaffen haltet. Und der einzige Weg, Großartiges zu leisten, ist, wenn ihr liebt, was ihr tut. Und falls ihr es noch nicht gefunden habt, haltet Ausschau. Gebt euch nicht zufrieden. Genau wie bei allen Herzensangelegenheiten werdet ihr merken, wenn ihr es gefunden habt.

 

 

 

Lloyd Allayre Loar

* 9.1.1886 in Cropsey, Illinois † 14.9.1943 in Chicago, amerikanischer Instrumentenbauer

 

Seit 1919, seit seinem 33. Lebensjahr, arbeitete der Musiker und Instrumentenbauer Lloyd Allayre Loar als Akustikingenieur und Leiter der Entwicklungsabteilung bei der renommierten Musikfirma Gibson. Im Alter von 38 Jahren spielte er dann bei Bühnenauftritten einen selbst konstruierten elektrisch verstärkten Kontrabass sowie eine elektrische Viola, die in der Lage war die lauteste Trompete zu übertönen.

Doch daraufhin trennte sich Gibson von Loar; vermutlich, da Loars Entwicklungen als „zu modern“ angesehen wurden.

Danach lehrte Loar an der Northwestern University Gesangskomposition, Musiktheorie und „The Physics of Music“ und setzte seine Forschungen und Versuche in eigener Regie fort. Im Alter von 47 Jahren hatte er ein erstes elektromagnetisches Tonabnehmer-Modell bis zur Produktionsreife weiterentwickelt. Seine Versuche, eigene Firmen zu gründen und seine Ideen auch kommerziell zu nutzen, scheiterten allerdings. Die erste in Serie gefertigte E-Gitarre, die ES-150, die ohne die Leistungen Loars nicht denkbar wäre, brachte Gibson 1936 auf den Markt.

Sieben Jahre später starb Lloyd Allayre Loar im Alter von 56 Jahren.

 

 

 

Kumuratunga Munidasa

* 25.7.1887 in Dickwella, † 2.3.1944 in Panadura, sri lankischer Autor

 

Munidasa schrieb die Romane: „Hathpana“, „Heenseraya“, „Kiyawana Nuwana“, „Magul Keema“, „Magier Pasala“, „Piya Samara“, „Shiksha Margaya“, „Sirimath“, „Nalavilla“ und „Pahan Katuweki", gründete die Zeitschriften „Subasa“ und „Helio“ , um den korrekten Gebrauch von Singhalesisch zu lehren und zu fördern.

Munidasa vertrat die Ansicht, dass von Sprache, Nation und Land ein dreifacher Juwel sei, und „verband diese Einheiten mit dem buddhistischen Konzept der Zuflucht“, weiß Wikipedia, „Um diesen Zufluchtsquellen nachzugehen, gründete er die Hela Havula, die aus Menschen bestand, die seine Ansichten über die singhalesische Sprache und sein literarisches Interesse teilten. Mitglieder der Gruppe beteiligten sich oft an Debatten und Diskussionen über empfohlene Literatur. Es war der Ausgangspunkt für viele srilankische Gelehrte und Künstler und die Organisation.“

Nachdem Munidasa 1941 zum Vorsitzenden der Hela-Havula-Bewegung gewählt worden war, versuchten Schlägertrupps im Auftrag der britischen Kolonialverwaltung ihn zu ermorden. Drei Jahre später starb Kumuratunga Munidasa hochangesehen und friedlich im Alter von 56 Jahren.

 

 

 

Thomas Brasch

* 19.2.1945 in Westow, North Yorkshire † 13.11.2001 in Berlin, deutscher Schriftsteller

 

Wie viele sind wir eigentlich noch.

Der dort an der Kreuzung stand,

war das nicht von uns einer.

Jetzt trägt er eine Brille ohne Rand.

Wir hätten ihn fast nicht erkannt.

 

Wie viele sind wir eigentlich noch.

War das nicht der mit der Jimi-Hendrix-Schallplatte.

Jetzt soll er Ingenieur sein.

Jetzt trägt er einen Anzug und Krawatte.

Wir sind die Aufgeregten. Er ist der Satte.

 

Wer sind wir eigentlich noch.

Wollen wir gehen. Was wollen wir finden.

Welchen Namen hat dieses Loch,

in dem wir, einer nach dem anderen,

verschwinden.

 

In ihrer Laudatio anlässlich der Verleihung des Kleist-Preises 1987 in Frankfurt am Main, 11 Jahre nachdem Brasch infolge der „Biermann-Affäre“ aus der DDR weggegangen war, sagte Christa Wolf: „Er ist in England geboren, seine Eltern, Kommunisten, Juden, lebten dort im Exil, der Sohn wächst in der DDR auf, von seinem zehnten Lebensjahr an eine Zeitlang in der später aufgelösten Kadettenanstalt. Wie Kleist. Merkwürdiger Zufall. Eine herrschende Klasse, an Erhaltung und Zementierung des von ihr geführten Staates arbeitend, entledigt sich ihrer Kinder und überantworte deren Erziehung der von ihr bestellten und bezahlten Bürokratie: Brasch über „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“, von Robert Musil. Der eigene Sohn, fährt er fort, im Internat zum blutig geräderten Ödipus heruntergekommen und aufgestiegen, werde im nächsten Krieg als Offizierswerkzeug … zerbrechen, oder er werde den väterlichen Staat – beschrieben. – Unbillige, allzu billige Schlüsse scheuend, kann ich doch diese harsche und genauer Äußerung über gerade diesen Gegenstand nicht zufällig nennen. – Wie der junge Kleist widmet sich der junge Brasch einer Philosophie, wie jener erleidet dieser den Erkenntnis- und Ernüchterungsschock, mit einem freilich entscheidenden Unterschied: Kleist verzweifelt, in das unendliche Spiegel-Spiel des subjektiven Idealismus geraten, an Erkenntnismöglichkeit überhaupt. Brasch will die Veränderung der Verhältnisse nach den Vorschlägen der marxistischen Philosophie konsequenter, kompromissloser, auch anarchischer.“

 

Vorm Schaufenster in Amsterdam: Die nackte Hure

Hinterm Glas. Zwischen zwei Käufern macht sie Pause

Auf dem Hocker. Auf ihrem Knie ihr Tagebuch. Die Männer

Neben mit recken die Hälse. Was

Schreibt sie da. Sie hebt den Kopf und lächelt:

Mich könnt ihr kaufen. Was ich denke nicht.

Ich gehe weiter: dankbar für den kostenlosen Unterricht.

 

Thomas Brasch starb im Alter von 56 Jahren infolge seiner langjährigen Alkohol- und Drogenabhängigkeit an Herz- und Lungenversagen.

 

Die Wetter schlagen um:

Sie werden kälter.

Wer gestern noch Aufstand rief,

ist heute zwei Tage älter.

 

 

 

Matthäus Merian d.Ä.

* 22.9.1593 in Basel, † 19.6.1650 in Langenschwalbach, schweizerisch-deutscher Kupferstecher

 

Als Hauptwerk des Kupferstechers und Verlegers Matthäus Merian gilt die „Topographia Germaniae“, die von 1642 bis 1654 erschien, „zunächst in 16 Bänden, denen (nach seinem Tod fortgesetzt) bis 1688 noch weitere folgten mit Beschreibungen anderer europäischer Gebiete, insbesondere Frankreich, Italien und Kreta. Das Gesamtwerk enthielt schließlich in 30 Bänden insgesamt 92 Karten und 1486 Kupferstiche mit 2142 Einzelansichten von Städten, Ortschaften, Schlössern, Burgen und Klöstern. Darin enthalten sind auch zahlreiche Stadtpläne und Landkarten sowie eine Weltkarte“, weiß Wikipedia. „Die ‚Topographia’ war damit eines der größten Verlagswerke der Zeit. Die von Merian nach der Natur aufgenommenen Ansichten sind in der Perspektive meisterhaft und stellen oftmals die ältesten zuverlässig dokumentierten Ansichten der jeweiligen Orte als Kupferstich oder Radierung dar.“

Matthäus Merian gestaltete auch sein Wappen mit einem Storch als Wappentier wie das Signet seines Verlages mit dem Leitsatz „Pietas contenta lucratur - Frömmigkeit zahlt sich“ aus selbst. Und seine Maxime war: Der natürliche Mensch versteht nicht den Geist Gottes, es ist ihm eine Thorheit und große Kezerey, unnd obschon er der grösste Doctor were, unnd auf allen Schulen der Welt gelehret hette unnd alle Bücher sambt der Bibel ausswendig könnte, so hielffe und diene es doch alles zur Seligkeit nichts, wo nicht der Heilige Geist selbsten inwendigk in der Seelen lehret. Matthäus Merian d. Ä. war zweimal verheiratet. Aus seiner ersten Ehe gingen drei Töchter und drei Söhne, von denen zwei sein Werk fortsetzten, hervor. Seiner zweiten Ehe entstammt die berühmte Naturforscherin und Künstlerin Maria Sibylla Merian. Er starb nach langer schwerer Krankheit im Alter von 56 Jahren.

 

 

 

Charles Mingus

* 22.4.1922 in Nogales, Arizona, † 5.1.1979 in Cuernavaca, Mexiko, amerikanischer Jazz-Bassist

 

In seinem letzten Lebensjahr war der großartige Bassist Charles Mingus nicht mehr in der Lage, selbst Bass zu spielen und engagierte für die Aufnahme seines letzten Albums „Me, Myself and Eye“ Eddie Gomez und George Mraz. Er litt an amyotropher Laterialsklerose, die zu einem Muskelschwund führte und ihn in den Rollstuhl zwang.

Und Charles Mingus steuerte sogar noch Komposition für das Hommage-Album „Mingus“ von Joni Mitchell bei, das dann in seinem Todesjahr erschien: „A Chair In The Sky“, „Sweet Sucker Dance“, „The Dry Cleaner From Des Moines“ sowie das legendäre, immer wieder gecoverte „Goodbye Prok Pie Hat“. Und Charles Mingus  ist auf „Mingus“ sogar zu hören: mit Joni Mitchell singend und scherzend: I never had it too, too hard, u, you know. All my life, uh you know, just everything I touched, turned to gold. I’m not, I’m not rich, you know. I’ve always had a few, some dollars in my pockets!

Und Joni Mitchell komponierte und sang für Charles Mingus: „God Must Be A Boogie Man”!

 

 

 

Irmtraud Morgner

* 22.8.1933 als Irmtraud Elfriede Schreck in Chemnitz, † 6.5.1990 in Berlin, deutsche Schriftstellerin

 

Im Alter von 35 Jahren veröffentlichte Irmtraud Morgner ihre „Hochzeit in Konstantinopel“ beginnt und endet mit dem Satz: Eigentlich hatten sie nach Prag reisen wollen. Und der vier Jahre später erschienene „Lügenhafte Roman mit Kommentaren“: - „Die wundersamen Reisen Gustavs des Weltfahrers“ schließt mit dem Satz: Gustav der Schrofelfahrer bedankte sich und kündigte an, demnächst erzählen zu wollen, was er mit seinem hydraulischen Fahrzeug in den Straßen Bagdads erlebte.

Wiederum zwei Jahr später sorgte ihr „Roman in dreizehn Büchern und sieben Intermezzos“: „Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura“ für Diskussionen. Hier zu guter Letzt: Denn die Menschen glauben große Wahrheiten eher in unwahrscheinlichen Gewändern. Bestünde Aussicht, dass ich die Mehrheit der Frauen für eine vorübergehende Verwandlung gewinnen könnte, falls ich mich ans Kreuz schlagen ließe, wäre mir vielleicht aus dieses Mittel recht. Die Gefahr einer Selbstvernichtung der Menschheit durch Kriege lässt mir jedes friedenserpresserische Mittel recht erscheinen.

Und neun Jahr darauf legte Irmtraud Morgner ihren „Hexenroman“: „Amanda“ vor. Der endet: Dann versammelten sich Girgana und die Hexen mit mir vor dem Kellerfenster und sahen zu, wie der Himmel Berlins von Pyrotechnik zerschossen wurde. Als der Austreibungskrach sich zu infernalischem Lärm steigerte, brachen meine Besucherinnen in Gelächter aus. Am unflätigsten lachte Girgana. Und sie hörte nicht auf, bis sie sich totgelacht hatte.

Weitere sieben Jahr später starb Irmtraud Morgner im Alter von 56 Jahren an Krebs.

 

 

 

Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen

* 11.5.1720 in Bodenwerder, † 22.2.1797 ebd., deutscher Geschichtenerzähler

 

Eigentlich wollte ich nie wieder auf Reisen gehen. Warum sollte ich? Wer in so vielen Büchern seinen Platz gefunden hat wie ich, muss gewiss nicht mehr nach Abenteuern gieren. In der ganzen Welt sind meine Geschichten bekannt und in unzählige Sprachen übersetzt. Wunderschön illustriert sind sie meist und sogar des Öfteren eindrucksvoll verfilmt. Ach so, ich muss mich natürlich erst einmal vorstellen: Gestatten – von Münchhausen, Baron von Münchhausen!

Begonnen hatte alles im Geburtshaus des Mannes, dem ich meine Beliebtheit verdanke, im Geburtshaus des Dichters Gottfried August Bürger in Molmerswende, im Mansfeldischen. In diesem Fachwerkhaus wurde ein Museum eingerichtet, und selbstredend fühle ich mich in den hier ausgestellten Münchhausen-Büchern am wohlsten.

Eines Nachmittags wollte ich mich gerade ein wenig zur Ruhe legen, da stürmte eine Schulklasse herein. Was für ein Gedrängel und Geschrei! Kaum vermochte die Lehrerin die Wildesten zu bändigen. Ein Mädchen aber, das ihre Mitschülerinnen Kati riefen, schien ganz anders. Mit großen Augen las Kati die Erläuterungstafeln, staunte in die Schaukästen und zog schließlich ein Notizbüchlein aus ihrer Umhängetasche. Doch schon blickte ihr ein anderes Mädchen neugierig über die Schulter. So begann Kati ihr vorzuschwärmen, was für ein toller Abenteurer ich doch gewesen sein müsse, so phantasievoll, so besessen und so kühn! Viele Jungen hätten nur die große Klappe. Und auch so mancher Lehrer erzähle viel, wenn der Schultag lang sei. Wer jedoch würde es wagen, auf einer Kanonenkugel zu reiten! Ja, weit und breit könne es niemand mit dem Baron von Münchhausen aufnehmen.

Wahrlich, im Laufe meiner Reisen zu Lande, zu Wasser und in der Luft, während all meiner Feldzüge und Abenteuer hatte ich gewiss nicht wenige Verehrerinnen, aber beim besten Willen vermochte ich mich an keine zu erinnern, deren Augen beim Nennen meines Namens so hoffnungsvoll gestrahlt hätten wie die Katis. Ich gestehe es gern, ich fühlte mich geschmeichelt, außerordentlich geschmeichelt. Schon überlegte ich, wie ich ihr unauffällig ein Geschmeide aus dem Schatz zustecken könnte, den ich einst dem Sultan von Konstantinopel abgejagt hatte, da klatschte die Lehrerin in die Hände und rief alle Schüler zum Ausgang. Und ehe ich mich versah, was auch Kati verschwunden.

Doch oh Schreck, was entdeckte ich da: Kati hatte ihr Notizbüchlein vergessen! Einen Augenblick lang hoffte ich, sie würde den Verlust bemerken und zurückkommen, aber schon dröhnte vor dem Museum ein Motor auf. Ich hörte, wie sich der Bus, mit dem die Klasse gekommen war, immer weiter aus Molmerswende entfernte, Was sollte ich tun?

Leider hatte Kati in ihrem Büchlein weder Adresse noch Nachnamen notiert, dafür jedoch etliche Namen von Städten und Dörfern. Sollte sie etwa in einem dieser Orte zu Hause sein? Manche Ortsnamen hatte Kati unterstrichen und Bemerkungen zu Sehenswürdigkeiten hingekritzelt. Zuweilen schien sie sich auch mit Sagen und Legenden beschäftigt zu haben – so genau konnte ich das beim eiligen Durchblättern nicht feststellen. Kurzum – ich fasste den Entschluss, mein bequemes Dasein aufzugeben und mich noch einmal zu einer Reise aufzuraffen. Kati wiederzufinden, um ihr, meiner augenscheinlichen Verehrerin, dieses wichtige Notizbüchlein zurückzugeben, war mein Ziel.

Mansfeld hieß der erste Ort, den sie unterstrichen hatte. Aber ich wählte die falsche Richtung, statt schnurstracks aus dem Harz hinaus, gelangte ich von Molmerswende tiefer in den Ostharz hinein, kam ins Selketal. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass meine letzte Reise mehr als zweihundert Jahre zurücklag, da kann es schon mal vorkommen, dass man ein wenig die Orientierung verliert. Ich bemerkte meinen Irrtum jedoch erst, als die Burg Falkenstein vor mir aufragte. Dieses stolze Gemäuer war mir nicht unbekannt, hier hatte ich sogar mit meinem Freund Eike von Repgow, dem Verfasser des berühmten „Sachsenspiegel“ gesessen und am Kamin geplaudert.

Glücklicherweise schwebte ein bunter Heißluftballon an der Burg Falkenstein vorbei. Die Ballonfahrer waren so freundlich, mich mitzunehmen. Ebenso flink, wie ich einst an türkischem Bohnenkraut auf den Mond geklettert war, erklomm ich nun an einem mir aus luftiger Höhe zugeworfenen Seil die Gondel. Schon schwebten wir über der Harzhochstraße, der Klaus, in Richtung Schloss Rammelburg und von da wipperabwärts bis Mansfeld.

Als wir schließlich über das dortige Schloss drifteten, sprang ich kurzentschlossen auf den Turm der Schlosskirche. Von hier hatte ich einen phantastischen Ausblick auf die sich tief unten im Tal und über einen gegenüberliegenden Hügel erstreckende Stadt, ja über das ganze, weite Mansfelder Land. So manches Mal hatte ich mit den Herren der Mansfelder Stammburg, mit den Mansfelder Grafen, hier gezecht. Was für illustre Tafelrunden!

Kati hatte notiert, dass Mansfeld einst als reiche Stadt galt. Dieser Reichtum gründete sich vor allem auf den Kupfer- und Silberbergbau. Immerhin war das Mansfelder Revier, oder das Mansfeld, wie man einfach sagte, im 15. Jahrhundert das einzige europäische Bergbaugebiet mit bedeutsamer Kupferförderung. Damals fand auch der kleine, im nahen Eisleben geborene Martin Luther, hier sein Zuhause. Sein Vater hatte in der Stadt Mansfeld eine Anstellung als Hüttenmeister gefunden.

Ich glitt am Blitzableiter der Schlosskirche zu Boden und rutschte mit Schwung vom Schlossberg zur Stadt hinunter. Wäre ich auf der Suche nach Spuren des großen Kirchenreformers und Bibelübersetzers Martin Luther gewesen, hätte ich hier einiges finden können. Von Kati jedoch weit und breit keine Spur.

In der Luther-Apotheke wollte ich mir ein Mittel gegen meine Enttäuschung holen, da hörte ich, wie zwei Mütterchen miteinander tratschten. Und während die eine dabei stets von Tal-Mansfeld sprach, womit sie offensichtlich die Stadt Mansfeld meinte, wusste die andere über Klatsch aus Klostermannsfeld zu berichten. Auf meine höfliche Anfrage, ob sie vielleicht eine Schülerin namens Kati kennen würden, schüttelten sie die Köpfe. „Nee!“ So erkundigte ich mich, wie ich am besten nach Klostermannsfeld käme. Die eine empfahl mir eine Fahrt mit der Wipper-Liese, der hiesigen Schmalspurbahn, die andere riet mir, einen Marsch am Mansfelder Brocken vorbei zu unternehmen. Damit meinte sie jene hier wahrzeichenhaft aufragende Hochhalde.

Ich bedankte mich bei den Damen und lief zum Bahnhof. Die Wipper-Liese ließ jedoch über Gebühr auf sich warten. Also stiefelte ich zum Mansfelder Brocken. Und ich bereute es nicht. Wirklich, solche eine gewaltige Schieferhalde sollte man aus der Nähe betrachtet haben! Ein bisschen fühlte ich mich sogar an den Vulkan Ätna erinnert, in dessen Krater ich bekanntlich einst wagemutig hineinsprang. So gelangte ich damals durch den Mittelpunkt der Erde zur Südsee.

Wenn ich mir’s recht überlegte, war diese Leistung, von der ich gern stolz berichtete, eigentlich leicht vollbracht. Wie lange aber mussten Scharen von Bergleuten schuften, bis genug Kupferschiefer zu Tage gefördert war, um aus dem Abfallgestein solch eine Halde aufzuschütten! Und wohin man auch blickte – überall ragten im Mansfelder Land diese künstliche Bergkegel auf. Respekt!

Ich klaubte mir eine ansehnliche Schieferplatte von der Halde und schleuderte sie, so wie man einen flachen Kiesel übers Wasser schießt, in die Luft. Flink sprang ich auf die davonfliegende Scheibe und surfte über die Häuser Klostermannsfelds. Ich sauste in der Luft um die einstige Klosterkirche, der dieser Ort seinen Namen verdankte.

Zu guter Letzt landete ich vor einer unter Volldampf stehenden kleinen Lok. Kati hatte in ihrem Notizbüchlein hinter dem Begriff „Mansfelder Bergwerksbahn“ ein dickes Ausrufezeichen gesetzt. Sicherheitshalber fragte ich den Lokführer, ob es sich hier tatsächlich um diese Bergwerksbahn und nicht wieder um die bummlige Wipper-Liese handelte. Und als er mir das bestätigte, stieg ich erfreut in den anhängenden Personenwagen ein. Augenblicklich rumpelte der kleine Zug los. Ich befragte die Fahrgäste nach Kati, bekam jedoch wieder keinen brauchbaren Hinweis. Niemand kannte sie. So genoss ich wie all die anderen Leute die geruhsame Bahnfahrt. Nach gut einer dreiviertel Stunde hielt der Zug an der Endstation Eduard-Schacht.

Alle Mitreisenden stiegen aus und gingen zielstrebig in eine Richtung. Ich schloss mich ihnen an und gelangte so zum Mansfeld-Museum in Hettstedt-Großörner. Unter diesem Stichwort standen in Katis Büchlein die Namen Nappian und Neuke.

„Entschuldigen Sie“, sprach ich die Museumsführerin an, „wo finde ich diese Herren?“ Ich glaubte natürlich, dass diese Beiden Kati kennen oder eine Verabredung mit ihr haben mussten. Oder warum sollte sie deren Namen notiert haben? Nappian und Neuke.

Die Museumsführerin schmunzelte und führte mich zum Portal des Barockschlosses, das der Mittelpunkt des weitläufigen Museumsgeländes war. Hier zeigte sie mir zwei, links und rechts der Eingangstür aus Steinquadern gehauene Figuren.

„Darf ich vorstellen“, sagte die freundliche Frau: „Die Herren Nappian und Neuke!“ Und dann erzählte sie mir diese Sage:

Einst zogen zwei Goslaer Bergknappen aus, um andernorts ihr Glück zu suchen. Bei Hettstedt fielen sie Räubern in die Hände. Der eine Knappe wurde verletzt und fand bei einem Köhler Unterschlupf. Der andere aber half daraufhin dem Köhler bei der Arbeit. Als sie eines Tages einen Meiler aufbrachen, entdeckten sie geschmolzenes Erz. So kamen die Knappen Nappian und Neuke auf die Spur des Mansfelder Kupferschiefers. Sie blieben am Fundort, der fortan Kupferberg hieß, schürften und verhütteten das Erz und begründeten somit den Mansfelder Kupferbergbau.

„Eine feien Sache, der Bergbau!“ sagte ich und berichtete der Museumsdame, wie ich mich vom Mond abseilte: Oberhalb der Wolken riss damals die Liane und durch die Schwere meines Körpers bohrte ich mich beim Aufprall so tief in die Erde, dass ich glaubte, in dem dabei entstandenen Loch umkommen zu müssen. Glücklicherweise war mir aber die Bergbaukunst nicht unbekannt, und so grub ich mich schließlich mit Hilfe meiner langen Fingernägel wieder an die Erdoberfläche.

„Na, sie sind mir ja ein Lügenbaron!“ kicherte die Damen und vergaß dann sogar, mir das Eintrittsgeld abzufordern. Stattdessen zeigte sie mir eine weitere Sehenswürdigkeit dieses Museums: das Lichtloch des Schlüsselstollens. Sie dozierte: „Dieser Schlüsselstollen gehört zu einem Gangsystem, das unterirdisch das ganze Gebiet zwischen Hettstedt, Großörner und Klostermansfeld, Gerbstedt und Friedeburg, Helbra und Eisleben verbindet!“

„Halle“, rief ich in das Lichtloch des Stollens, „ich grüße die fleißigen Mansfelder Bergleute!“

Die Museumsdame winkte ab und erklärte mir, dass man den hier vor etwa 800 Jahren begonnenen Bergbau im Jahr der deutschen Einheit, 1990 also, eingestellt habe. Die Schächte seien zu unergiebig geworden. Um ein paar Gramm Kupfer auszuschmelzen, mussten letztens Unmengen Gestein zu Tage gefördert werden. Der ganze Aufwand lohnte nicht mehr.

„Schade“, sagte ich.

„Ja“, sagte die Führerin, zeigte mir aber noch einige interessante Ausstellungsstücke: einen originalgetreuen und funktionstüchtigen Nachbau der ersten deutschen Dampfmaschine Wattscher Bauart beispielsweise, der sogenannten Feuermaschine. Was für ein Monstrum! Und eine andere hiesige Eisenbahnstrecke hieß sogar Kanonenbahn. Leider transportierte die längst keine Kanonenkugeln mehr, so dass ich meinen weltberühmten Ritt auf einer solchen nicht wiederholen konnte.

Und selbst diese schier allwissende Museumsdame konnte mir nicht sagen, wo ich Kati finde. Dennoch bedankte ich mich artig und steuerte schnurstracks das nächste, von Kati notierte Ziel an: Wiederstedt.

Hier sei im Schloss ein berühmter deutscher Dichter geworden worden, hatte Kati vermerkt: der Romantiker Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, der sich Novalis nannte. Obwohl er nur 28 Jahre alt wurde, hinterließ er unsterbliche Verse:

Himmlisches Leben im blauen Gewande,/ Stiller Wunsch in blassen Schein…“

Zwar ging mir auch hier mein größter Wunsch, nämlich Kati zu finden, einmal mehr nicht in Erfüllung, diese Verse mischten sich jedoch auf so wunderbare Weise mit dem betörenden Blumenduft der Wiederstädter Schlosswiese, dass ich mich plötzlich federleicht fühlte und davon schwebte.

Nach einer wahrhaft romantischen Luftfahrt landete ich inmitten einer Baumgruppe sanft neben einem wuchtigen, durchlöcherten Stein. Ja, den hatte Kati auch vermerkt. Hier, im Welfesholz bei Gerbstedt, hatte im Jahre 1115 ein Schlacht stattgefunden. Und der Sage nach habe hier der am Ende siegreiche Mansfelder Graf Hoyer zuvor geschworen: So wahr ich greif’ in diesen Stein./ Auch diese Schlacht muß meine sein!

Neugierig steckte ich meine rechte Hand in das Loch des Hoyer-Steins. Doch so glatt sie hineinging, bekam ich sie beim besten Willen nicht wieder heraus. Obwohl ich bekanntlich selbst schon aus so mancher Schlacht als Sieger hervorging, durchzuckte mich ein gewaltiger Schreck, denn ich war hier mutterseelenallein auf weiter Flur! Sollte mir dieser verflixte Schlachtstein zum Verhängnis werden? Ich konzentrierte mich gewaltig und schwitzte mir ruckzuck etliche Liter Wasser ab. Dadurch wurde meine Hand so schlank, dass sie endlich wie von selbst aus dem Stein flutschte. Allerdings schlotterte mir nun meine Hose derart um den Leib, dass ich befürchtete, sie zu verlieren. So kam ich in Gerbstedt an

Im Rathaus entdeckte ich den Ratskeller. Ich setzte mich und bestellte einen Eimer Limonade. Und als der Wirt mit daraufhin mit biertrinkenden Stammtischlern tuschelte, da er offenbar annahm, ich wollte ihn verkohlen und sich dann sogar demonstrativ inmitten der Biertrinker Platz nahm, Rücken zu mir, sprang ich wütend auf und rief: „En garde!“ Ja, mein Arm würde ähnlich zucken wie damals, als er nach siegreicher Schlacht noch tagelang automatisch weiterfocht und ich ihn festbinden musste, um meine Kameraden nicht zu gefährden. Während ich mit der einen Hand meine rutschende Hose festhielt, bot ich dem Wirt und seinen Stammgästen mit einem schnell ergriffenen Regenschirm eine Kostprobe meiner Fechtkunst. Und siehe da: Sofort brachte mir der Wirt die erwünschte Limonade. Ich setzte den Eimer an und trank ihn leer, auf einem Zuge! Das tat gut!

Auf dem Gerbstedter Markt musste ich dann aber so urgewaltig rülpsen, dass ich in hohem Bogen durch ein offenstehendes Fenster in einen gerade vorbeifahrenden Wohnmobils flog. Hart schlug ich auf und verlor das Bewusstsein.

Als ich wieder zu mir kam, sah ich eine schimmernde Wasserfläche vor mir. Sollte es mich wieder in die Südsee verschlagen haben? Aber nein, von badenden Kindern erfuhr ich, dass diese nicht die Südsee, sondern der Süße See war: das Blaue Auge des Mansfelder Landes. Blaues Auge- schlagartig wurde ich mir wieder meines schmerzenden Kopfes bewusst. Dank des geradenwegs paradiesischen Ufers erholte ich mich jedoch rasant – wo sonst gab es einen von Apfelplantagen gesäumten Strand! Genüsslich streckte ich mich aus. Mit Kieseln schoss ich von einem nahen Apfelbaum prallreife Früchte herunter. In dem sanft zum See abfallenden Gelände kullerten mir die Äpfel bis vor den Mund. Ich brauchte nur noch hineinzubeißen. Und mein Glück wäre zweifelsohne perfekt gewesen, wenn ich unter den Badegästen Kati entdeckt hätte.

Hilfreich erschien mir allerdings Katis Notiz, dass in mehreren Sagen über den Süßen See ein rotgekleideter Nix vorkomme. Und ja, ich glaubte einen solchen Nix auf dem See zu entdecken. Er klammerte sich, auf einem Brett stehend, an einen Segelmast und raste übers Wasser. Ich lief umgehend zum Ufer und fuchtelte mit den Armen, versuchte, den roten Nix auf mich aufmerksam zu machen. Keine Frage, eine leibhaftige Sagenfigur müsste mir bei meiner Suche nach Kati doch helfen können. Der Nix segelte aber weiter auf den See hinaus. Kurz entschlossen lieh ich mir auch so ein Surfbrett, wie ich dieses Nixgefährt dem Hören nach hieß, und jagte dem Roten hinterdrein. Bald war ich ihm so nahe gekommen, dass ich seinen glattanliegenden Anzug zu bewundern vermochte.

„Hallo, Herr Nix, so warten sie doch!“ rief ich laut. Er zuckte aber nur die Schultern und rief zurück: „Nix versteh!“

Schließlich war ich fast gleichauf mit ihm, doch da prallte ich so unglücklich auf eine Welle, dass ich samt meinem Surfbrett hoch in die Luft geschleudert wurde. „Verdammt“, stöhnte ich, als ich bemerkte, wie mich der gewaltige Schwung nicht nur vom Nix und der Wasserfläche weg, sondern sogar über einen Uferhügel trug. Südlich des Süßen See fiel ich in morastigen Grund und drohte zu versinken.

Glücklicherweise hatte ich auf einer meiner früheren Reisen Erfahrungen mit derlei Untergrund sammeln können. Ohne Mühe zog ich mich an meinem eigenen Schopf aus dem Sumpf, säuberte meine Sachen und machte mich auf den Weg zum nächsten Ort, den Kati notiert hatte: Röblingen. Hier fand ich zwar eine  spitztürmige Kirche mit sehenswerter Wirbelrosette und Steinblume über dem Portal, jedoch wiederum keine Spur von Kati.

Nächster Ort: Holzzelle. Soeben fuhr ein Pferdegespann an mir vorbei und als der kutschierende Bauer hörte, wohin ich wollte, brummte er: „Hopp, dann steije uff!“

Auf dem Hornburger Sattel entdeckte ich vor backsteinroten, mitten im Wald aufragenden wuchtigen Pfeilern eine Tafel mit dieser Sage:

Ein reiches Holzzeller Fräulein und ein armer Bursche liebten einander sehr. Ihre Väter aber waren verfeindet. Und als der Vater des Mädchens von dieser Liebschaft erfuhr, zwang er sie, als Nonne ins Kloster Holzzelle einzutreten. Als der junge Mann davon erfuhr, wurde er aus Verzweiflung Mönch im nahen Kloster Sittichenbach. Schon schien es also, als würden die beiden sich nie wieder sehen können, da ergab sich an einem hohen kirchlichen Feiertag, als all die anderen Mönche und Nonnen im Gebet versunken waren, die Möglichkeit, einander zu treffen. Und fortan ergab sich noch an so manchem Feiertag die Möglichkeit für ein heimliches Rendezvous auf einer Waldwiese. Eines Tages aber wurden die beiden Liebenden verraten und zur Strafe bei lebendigem Leibe eingemauert. Seitdem geistern um die beiden Steinpfeiler im Nonnengrunde Irrlichter, und die Einheimischen meinen, das seien die Seelen der Liebenden von Holzzelle, die auch weiterhin versuchten zueinander zu kommen.

Es war noch viel zu hell, um Irrlichter zu beobachten, also rief ich in den Wald hinein: „Kati, bist du hier, Kati?“ Leider schallte keine Antwort heraus. Über ein Kloster Sittichenbach hatte Kati nichts notiert, wahrscheinlich war davon noch weniger erhalten als vom einstigen Kloster Holzzelle. Es gab aber einen Eintrag übers Kloster Helfta, wo es einst schreibenden Nonnen gegeben haben sollte. Vielleicht erschien das Kati nachforschens-, sogar nachahmenswert? Ja, ich hoffte, meine Verehrerin in Helfta aufspüren zu können.

Auf dem Wege dorthin verlief ich mich jedoch und geriet in einem der Mansfelder Grunddörfer, in Hergisdorf, in ein höchst eigenartiges Fest.

Niemand wird wohl bezweifeln, dass ich auf meinen Reisen rund um die Welt allerlei merkwürdige Sitten und Gebräuche kennengelernt habe. Etwas wie das Hergisdorfer Dreckschweinfest hatte ich allerdings noch nie erlebt.

Zuerst liefen weißgekleidete und mit buntbebänderten Blumenhüten geschmückte Burschen peitschenknallend durch die Dorfstraßen. Dazu gesellte sich eine Menge verkleideten Volks, das nicht selten auf seltsamen Vehikeln daherkam. Schließlich zogen all diese Figuren mit Blasmusike in den Wald oberhalb des Dorfes, und die wildesten Burschen begannen sich gegenseitig in eine große Schlammpfütze zu stoßen. Fiel einer in den Dreck, so versuchte er keineswegs rasch wieder rauszukommen. Nein, er wälzte sich darin so lange genüsslich hin und her, bis er weißgott wie ein Dreckschwein aussah. „Warum macht ihr das?“ fragte ich begeisterte Zuschauer. Einer meinte, das sei in Hergisdorf, Ahlsdorf und Kreisfeld zu Pfingsten schon immer so gewesen. Ein anderer sagte, durch diese ganz speziellen Rituale solle alles Böse abgewaschen werden. „Interessant“, dachte ich mir, „hier kannst selbst ein Lügenbaron noch was lernen!“

Doch dann wurde es Zeit für mich, nach Eisleben aufzubrechen, dem letzten Ort, den Kati in ihrem Notizbüchlein vermerkt hatte, korrekt: Lutherstadt Eisleben. Und hier wimmelte es nur so von Luther-Gedenkstätten: Luthers Geburtshaus und Luthers Sterbehaus, Luthers Taufkirche und Luthers letzte-Predigt-Kirche, Lutherdenkmal, Lutherbüsten und so weiter und so fort. Wo beginnen? Eine Schülergruppe verschwand im Heimatmuseum. Ich stieg ihnen bis ins oberste Stockwerk nach. Doch Kati war wieder nicht zu finden.

Notiert hatte sie jedoch, dass man entlang der Bösen Sieben in die Neustadt gelangen könne. Die Böse Sieben, was war das? Aha – die Böse Sieben war kein siebenköpfiger Drache, der Kati entführt hatte, sondern ein von sieben Quellen gespeister Bach, der einst üble Hochwasser verursachte. Und in der Eislebener Neustadt stand ich plötzlich in der Katharinenstraße. Katharinenstraße? Sollte Kati hier wohnen? Und ich hörte von einem Katharinenstift. Doch wo war dieses Stift? Ich gelangte auf einen pittoresken Gottesacker, der mich an malerische italienische Friedhöfe erinnerte. Schau an. Zum Katharinenstift gehörte er aber nicht. Eine alte Frau, die ich nach dem Weg fragte, schickte mich zurück in die Altstadt. Aber hatte ich mich dort nicht schon gründlich umgesehen?

Bevor ich ins Heimatmuseum stiefelte war der Markt noch voller Buden gewesen, Händler priesen alles Mögliche an. Nun war der Markt leer. Mitten auf dem Platz ragte jedoch das Lutherdenkmal auf. Und mir fiel nichts Besseres mehr ein, als den großen Reformator anzusprechen.

„Entschuldigung, Herr Luther, könnten sie mir sagen, wie ich zum Katharinenstift finde?“

„Wer will denn das wissen?“

„Münchhausen, Freiherr von Münchhausen. Manche nennen mich auch den Lügenbaron.“

„Lügenbaron? Ich habe mein ganzes Leben der Wahrheitsfindung gewidmet!“

„Respekt, Herr Luther“, sagte ich, „Aber meine Abenteuerbücher sind mindestens in eben so viele Sprachen übersetzt wie ihre Bücher – wenn nicht sogar in einige Sprachen mehr. Sie verstehen – gelogen wird eben überall auf der Welt!“

„Hm“, Luther räusperte sich und musterte mich von oben herab. Ich erklärte ihm, dass ich unbedingt zum Katharinenstift müsse, um meine Verehrerin Kati wiederzufinden. Immerhin trage sie den gleichen Vornamen wie seine auch seine größte Verehrerin, wie Katharina von Bora.

Daraufhin disputierte er nicht länger mit mir, sondern erklärte mir, dass ich an seinem Sterbehaus vorbei zum Katharinenstift finden könne. Und tatsächlich, ich fand eine Tafel mit der Aufschrift: Katharinenstift. Ältestes Bergmannshospital. Erwähnt 1229… Und da entdeckte ich auch Kati!

Aufmerksam betrachtete sie die Figuren des vor dem Katharinenstift stehenden Brunnens. Fast schien es mir, als spreche sie mit ihnen. Ich blickte die Brunnenfiguren genauer an und erkannte, dass sie einigen der Leute, die ich auf meiner Mansfelder Reise kennengelernt hatte, verblüffend ähnlich sahen: die Ballonfahrer, dem Lokführer der Grubenbahn, dem Gerbstedter Wirt, dem Nix vom Süßen See sowie dem Hornburger Kutscher.

„Ihr könnt es mir ruhig glauben“, raunte Kati, „ich werde eine neue Münchhausen Geschichte schreiben, ja! Diese Lügengeschichte beginnt im Bürger-Museum in Molmerswende und endet genau hier, am Eislebener Knappenbrunnen!“

Kati suchte in ihrer Umhängetasche nach ihrem Notizbuch. Offenbar wollte sie beweisen, was sie soeben behauptet hatte. Eine neue Münchhausen-Geschichte wollte sie schreiben? Deswegen also…? Verdammt, da wurde es allerhöchste Zeit, ihr das Notizbüchlein wieder zuzuspielen. Wer weiß, was geschah, wenn sie bemerkte, dass all ihre Vorarbeiten für diese Geschichte verloren waren. Vielleicht bekam sie einen Schock und verlor alle Lust meine neuesten Abenteuer aufzuschreiben. Oh weh, dann würde niemand außer mir von meiner Mansfelder Reise erfahren! Nein, leise und unauffällig schob ich Kati das kostbare Notizbüchlein in die Jackentasche, wo sie es schließlich auch fand und froh hochhielt.

Na, das werde ich ja beruhigt in meine Bücher zurückkehren können. Sicherlich wird in Molmerswende alsbald ein ganz neues zu bewundern sein, ja, gewiss. Bis zur nächsten Reise also, nicht wahr!

Es grüßt sehr herzlich der Lügenbaron

 

 

 

Sabina Naftulowna Spielrein

* 7.11.1885 in Rostow am Don, † 12.8.1942 ebd., russische Psychoanalytikerin

 

Sabina Spielrein war Schülerin von Carl Gustav Jung und die erste Frau, die mit der psychoanalytischen Arbeit, Titel:  Über den psychologischen Inhalt eines Falles von Schizophrenie“, promoviert wurde.

Studiert hatte sie in Zürich, lebte dann in München und Wien, wo sie auch Siegmund Freud kennenlernte, in Berlin. Lausanne und Genf, bevor sie im Alter von 28 Jahren in ihre Heimatstadt Rostow am Don zurück.

Sechs Jahre später wurde in der Sowjetunion die Psychoanalyse als „idealistisch“ und „subjektivistisch“ verboten. Nun versuchte Sabina Spielrein ihren Lebensunterhalt als Pädologin zu sichern.

„Nachdem am 24. Juli 1942 im Rahmen des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion die Stadt Rostow zum zweiten Mal eingenommen worden war, mussten sich die etwa 25.000 in Rostow lebenden Juden am 11. und 12. August 1942 in einem Schulgebäude versammeln und wurden dann zur Smijowskaja Balka (Schlangenschlucht) getrieben“, weiß Wikipedia. „Dort wurden sie – darunter auch die 56-jährige Sabina Spielrein und ihre 29- und 16-jährigen Töchter Irma Renata und Eva – von einem Teilkommando der Einsatzgruppe D erschossen.“

 

 

 

Matthias Beltz

* 31.5.1945 in Wohnfeld/Vogelsberg, † 27.3.2002 in Frankfurt/Main, deutscher Kabarettist

 

„Liberté, Égalité, Varieté“, überschrieb Heinrich Pachl seinen Nachruf auf Matthias Beltz. „Matthias Beltz ist tot. Wieso? Wieso starb er so plötzlich? Wie? Wodurch? Unfall? Schicksal? Viele weitere Fragen, die sich jeder von uns im Schock dieser Nachricht gestellt hat. Der verlautbare Grund heißt Herzversagen. Aber daran stirbt letzten Endes jeder. Also werden die medizinischen Begründungen der Erklärungsnot nicht gerecht. Beltz ist einfach verschwunden – ein Verschwinden fast im Sinne seines ‚Freispruch für alle - Gnade für niemand’-Paradoxes. Nix ist schuld, keiner war’s gewesen, und trotzdem ist er tot.“

Bevor Matthias Beltz Kabarettist wurde, hatte er gehofft, die Gesellschaft auf anderen Wegen verändern zu können, gehörte er wie Daniel Cohn-Bendit, Joschka Fischer und Johnny Klinke zur Frankfurter Spontiszene.

„Liberté, Égalité, Varieté: Damit wird nicht nur der saturierten Premierenmischpoke der sattsam bekannte Spiegel vorgehalten. Vielmehr kommt damit die prägnante Stimme seiner eigenen Lebenskomik zur Sprache: daß es nicht so geklappt hat, wie man mal wollte.

Denn mit Liberté und Égalité hatte sich Beltz Anfang der 70er Jahre schließlich auch mal eine Idee von dem gemacht und übernommen, was die radikale linke Vorstellung von der Zukunft der Arbeiterklasse war, und danach hat er dann im Verbund der Frankfurter Spontis, der Gruppe Revolutionärer Kampf, versucht, kompetent sich zu verhalten und zu handeln. Man hat sich bei Opel in Rüsselsheim als Fabrikarbeiter verdingt, um die Revolution (oder so) vorzubereiten  und sich dafür die eigene Grundausbildung zu verschaffen. Das ist dann zwar nicht gelungen, war aber nicht frei von Tragikomik und Klamotte.“

Im Film „Der Komiker“ sagte Matthias Beltz zu seinen Kabarettauftritten: „Komik ist wie ein fernöstlicher Lehrgang in der Kunst des Liebens. Diese zwei Stunden sind eine Vorbereitung auf die Tatsache, daß der Mensch mal sterben muß und daß das lustig ist. Ich möchte ein Erlaubnis bei den Leuten erzeugen, daß sie Gefühl haben, sie sind tot und gucken auf die Erde.“

Als Hesse beschäftigten ihn selbstredend besonders die Hessen: „Die Hessen sind umzingelt von lauter Deutschen, haben keinen Zugang zum Meer, zu den Alpen und zum Ausland und daher keinen direkten Kontakt zur Freiheit. Wer Hessen besuchen will, muß vorher durchs Fegefeuer der deutschen Autobahn-, Eisenbahn- oder Flughafenkultur. Nur wenige, die hierherkommen, werden hier sesshaft. Das war schon während der Völkerwanderung so. Alle Völker der Welt sind durch Hessen getrampelt, keins wollte bleiben, was ich verstehen kann, aber die silbernen Löffel haben sie immer gern mitgenommen. Darum ist der Hesse misstrauisch von alters her, er weiß, er kommt grundsätzlich zu kurz. Schon der hessische Fötus weiß genau: Das wird noch ganz eng für mich.“

Und da er sich sein kabarettistisches Rüstzeug ja bei Opel in Rüsselheim geholt hatte, hatte seine „Zukunftsvision“ natürlich auch mit Autos zu tun: „Erst kam der Mensch und dann der Fußweg. Erst kam der Elefant und dann der Trampelpfad. Erst kam das Auto und dann der Straßenverkehr. Die Vollautomatisierung des Autobaus führt also zur Vollautomatisierung des Straßenverkehrs. Denn die Herstellung der Bewegungsmittel bestimmt die Bewegungsziele, als den Verkehr. Der Mensch verschwindet aus den Kraftfahrzeugen, wie er verschwindet aus den Montagehallen der Automobilfabriken…“

Kalauern mochte Matthias Beltz gern und oft. Kein Wunder also, dass er eines seiner Gedichte „Ein uralter Witz“ betitelte:

 

Es war einmal ein uralter Witz

der hatte einen ganz langen Bart

Als wieder einmal niemand über ihn lachen wollte

da setzte er sich hin und schuf Himmel und Erde

In sechs Tagen war er fertig

und freute sich, daß endlich was Neues da war

das über ihn lachen würde

Aber es lachte niemand

 

Da war der alte Witz sehr böse

und beschloß, es den humorlosen Gesellen heimzuzahlen

Die Schöpfungsgeschichte als misslungener Witz

 

Und so sind wir heute in einer Zeit,

in der die gesamte Schöpfung sich totzulachen scheint

Da freut sich der alte Witz

streicht sich durch seinen langen Bart

und sagt: Was wirklich gut ist, das setzt sich am Ende durch

Mag es auch noch so lange dauern

Amen…

 

Liberté, Égalité, Varieté!

 

 

 

George Herbert

* 26.6.1866 als George Edward Stanhope Molyneaux Herbert, 5. Earl of Carnarvon, in Highclere Castle, Hampshire, genannt: Lord Carnavon, † 5.4.1923 in Kairo, britischer Aristokrat

 

George Herbert wurde vor allem als Finanzier für die Ausgrabung des altägyptischen Grabes von Pharao Tutanchamun im Tal der Könige bekannt.

Am 24. November 1922 stand er erstmals vor vermauerten Öffnung des Tutanchamun-Grabes, fünf Tage später ließ er nach dem Lunch das Grab öffnen. Welt-Sensation“

Im Jahr 2005 fühlte dann auch ich mich angelockt:

 

Luxor I

Die Rampe des Hatschepsut-Tempels hinaufsteigend flimmern mir Bilder des Massakers von 1997 (über das ich natürlich kurz vorm Urlaub noch irgendwo was gelesen hatte) auf, und mir scheint als beobachteten mich Vollbärtigen nicht wenige der hier nun zahllos herumwimmelnden Uniformierten verdammt misstrauisch. Nein, es ist zu heiß, einfach zu heiß in Theben-West, der Stadt der Toten, und alles bleibt greifbar fern, Fata Morganen gleich.

 

Luxor II

Freundlicher als all die anderen geleitete mich der Fährmann auf seine Feluke, strich wie entschuldigend über sein glatt rasiertes Kinn, berührte sacht meinen Bart, zwinkerte mir während der Fahrt über den Nil immer wieder verschwörerisch zu, wollte schließlich beim Ausstieg doch nur das Übliche: Bakschisch, Euro-Bakschisch, Chef! – Lala, nee, Mohammed, diesen Obolus zahle ich nicht.

 

Luxor III

Auf dem Weg vom Tal der Könige zum Karnak-Tempel einen Happen essen, etwas Trinken, und weiter, schnell weiter, nur nichts verpassen hier, wo einen schier Ewigkeit anweht, heiß. In der airconditioned Lobby lümmeln Teens und starren auf ihre Handy-Displays.

 

Luxor IV

Eine Überraschung hatte uns Hani, der Guide, zum Abschluss der Tour versprochen. Eine Überraschung nach all der Pracht altägyptischer Dynastien? Ja, ein kleines Geschenk für jeden. Keine Frage, das klang verheißungsvoll. Ein Alabaster-Nofretetchen vielleicht? Oder einen kleinen Skarabäus aus Malachit? Oder zumindest ein Fitzelchen Hieroglyphen-Papyrus? Nein, stolz öffnet Hani Tüten mit McDonald’s-Insignien und verteilt Hamburger. Was für eine Überraschung!

 

Luxor V

Noch nie war ich auf den Gedanken gekommen, Bier mit irgendetwas mischen zu wollen. Wer weiß, was ich mir ausgeschwitzt hatte heute, in den Gräbern Ramses IV., VI. und IX. und Tut-ench-Amuns. Meine Bestellung: one beer, one sprite, please, bringt den Kellner jedoch in Verlegenheit. Sorry, der Brauseautomat funktioniert nicht mehr, seit eben, wirklich, Sir, das ist noch nie passiert, sorryAnyway, sage ich, und deute es als Fluch und Segen der Pharaonen zugleich.

 

 

 

Karl Wilhelm Friedrich Schlegel

* 10.3.1772 in Hannover, ab 1814 von Schlegel, † 12.1.1829 in Dresden, deutscher Philosoph

 

Friedrich Schlegel war einer der wichtigsten Vertreter der „Jenaer Frühromantik“. Er wirkte als Historiker und Altphilologe, Kulturphilosoph, Literatur- und Kunstkritiker sowie als Schriftsteller.

Schlegels Ziel war nach eigenem Bekunden die verbindende Darstellung von Philosophie, Prosa, Poesie, Genialität und Kritik. Wichtige Motive dieses Strebens waren die Konzeptionen einer ‚progressiven Universalpoesie’, der romantischen Ironie und einer „neuen Mythologie“, weiß Wikipedia. „Schlegel gilt als Pionier der Sprachtypologie und bahnbrechender Indologe, ohne dass er jemals in Indien war.“

Seine Monographie "Über die Sprache und Weisheit der Indier lenkte große Aufmerksamkeit auf Indien. Der Aphoristiker Schlegel, „gemeinhin als ein genialischer Chaot mit sprunghaften Einfällen betrachtet“, inspirierte unter anderen den Historiker Leopold von Ranke. Sein essayistisches Werk wurde von Marcel Reich-Ranicki in seinen „Kanon“ aufgenommen.

Der Schriftsteller Karl Hein-Ott meinte: „Friedrich Schlegel sprengt mit seiner romantischen Ironie alles in die Luft. Sofern er noch an eine Logik glaubt, kann es nur eine assoziative sein. Ginge es nach ihm, müsste man alle Systeme zerschlagen, echtes Denken kann für ihn nur mehr in fragmentarischer Form stattfinden.“

Friedrich Schlegel starb am 12. Januar 1829 im Alter von 56 Jahren nach einem schweren Schlaganfall. Der Literaturwissenschaftler Wolfgang Hecht berichtet: „Das Vorlesungsmanuskript, an dem Schlegel am 11. Januar noch gearbeitet hatte, bricht mitten im Satz ab. Das Thema, das er hier behandeln wollte, hat ihn zeit seines Lebens beschäftigt: das ‚ganz vollendete und vollkommene Verstehen’; das letzte Wort jedoch, das er schrieb, heißt aber.

 

 

 

Richard Horatio Edgar Wallace

* 1.4.1875 als Richard Horatio Edgar Freeman in Greenwich, † 10.2.1932 in Hollywood, Kalifornien, englischer Autor und Regisseur

 

Zu Schreiben begann Edgar Wallace als Soldat während des Zweiten Burenkrieges in Südafrika. 1905 erschien dann sein erster Kriminalroman „Die vier Gerechten“. Dem sollten 175 Romane, eine 10-bändige Sachbuchreihe über den Ersten Weltkrieg, 15 Theaterstücke, zahlreiche Essays, Short Stories, Gedichte, Artikel und Rezensionen folgen.

Sein erster Bestseller war 1911 „Sanders of the River“. Bei der Verfilmung seines Thrillers „Der Zinker“ führte er 1930 sogar selbst Regie. Und erst kurz vor seinem Tod stellte er das Drehbuch für den Hollywood-Klassiker „King Kong und die weiße Frau“ fertig.

Seine Bücher wurden in 45 Sprachen übersetzt. In Westdeutschland gab es in den 1960er- und 1970er-Jahren einen regelrechten Edgar-Wallace-Boom: 38 seiner Kriminalromane wurden allein hier verfilmt! Im Vorspann waren meist Schüsse und der Spruch: „Hallo, hier spricht Edgar Wallace“ zu hören.

Edgar Wallace starb im Alter von 56 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Auf einer Gedenktafel am Londoner Ludgate Circus nahe der Fleet Street, wo er in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen war, steht zu lesen: „Er lernte Reichtum und Armut kennen – er verkehrte mit Königen und doch blieb er sich selbst treu. Seine Talente widmete er der Literatur, doch sein Herz gehörte der Fleet Street“.

 

 

 

Donald Oskar „Don“ Banks

* 25.10.1923 in Melbourne, † 5.9.1980 in Sydney, australischer Komponist

 

Don Banks starb an Krebs und ihm zu Ehren wurde 1984, vier Jahre nach Tode, der „Don Banks Music Award“ ins Leben gerufen, mit dem seitdem außergewöhnliche australische Musiker und Komponisten geehrt werden.

Zu seinen Lehren zählte Luigi Nono, sein Geld verdiente sich Don Banks jedoch zuerst mit Musiken für Horrorfilme. Ende der 1960er komponierte er dann aber Jazz und experimentierte mit elektronischen Möglichkeiten. Und sein klassisches Horn-Concerto, sein Trio für Horn, Violine und Klavier, sein Geigenkonzert oder seine „Sonata da Camera“ sollten auch in Sydney zu Gehör gekommen sein.

Im Jahr 2015 spazierten Jeanny und ich durch Sydney und bewunderten auch das weltberühmte Opernhaus:

Mein erster bewusster Berührungspunkt zu Australien dürften die Easybeats gewesen sein: yeah „Friday on my mind“! Dann auch die frühen Bee-Gees. Und auf jeden Fall hatte ich Marcus Clarks „Lebenslänglich“ gelesen, wusste also seit langem um die Anfänge des heutigen Staats Australien als englische Sträflingskolonie. Auf die Kultur der australischen Ureinwohner, der Aborigines, machte mich wohl mein Dessauer Schriftstellerkollege Joachim Specht neugierig, der als junger Mann viele Jahre in downunder gelebt und gearbeitet hatte und in der DDR dafür bekannt war, bei Lesungen Bumerangs und Didgeridoos zu präsentieren. Später dann Peter Weirs „Picknick am Valentinstag“, Bruce Chatwins „Traumpfade“ und Bahumir Wongars Aborigine-Erzählungen. Und zu guter Letzt waren die (Fernseh)Eindrücke von den Olympischen Sommerspielen 2000 in der Stadt, die wir nun ansteuern, ein wichtiger Puzzlestein für mein Australien-Bild.

Hafeneinfahrt Sydney morgens gegen sechs: stockfinster ist es noch, schade – die weltberühmte Oper nur in Schemen zu erahnen, wird nicht mal angestrahlt. Nach dem Frühstück spazieren wir dann aber am Fährhafen vorbei zu diesem futuristischen Bauwerk. Bemerkenswert, dass in die Promenade Bronzetafeln eingelassen sind, die Zitate von Autoren bieten, die über Sydney schreiben, The Walk of Writers. Dazu in Bronze ein Satz des Kunstministers von New South Wales Peter Collins, der 1991 diesen Walk ermöglichte: „What we are and how we see ourselves evolves fundamentally from the written and spoken word. The Writers Walk demonstrates that this evolutionary process continues to channel the thoughts and perceptions, the hopes und the fears of writers who have known this great city and its people.”

Und als bemerkenswert fällt mir noch dies auf: auf einem Hafengebäude weht nicht nur die Staatsflagge Australiens und die des Bundesstaates New South Wales (dessen Hauptstadt Sydney ist), sondern auch die der Aborigines, rot-schwarz mit gelber Mittelsonne.

Im Royal Botanical Garden Scharen von Kakadus, auch Loris, Rallen, Sichler. Und vom Mrs Macquarie Point haben wir dann endlich den weltberühmten Blick auf die Sydney-Oper samt Hafenbrücke (auch wenn’s hier nur so von Chinesen wimmelt, es gar nicht so einfach ist, vorzeigenswerte Fotos zu schießen).

Zurück zum Hafen – ein wunderbar kühles Ale im ältesten Pub Sydneys The Fortune of War, und nach einem Rundgang durch das liebevoll restaurierte Hafenviertel The Rocks, gleich noch eins. Wohlsein! Immerhin sind es hier und heute 29°C.

Schlendern durch downtown, kurze Rundfahrt mit der U-Bahn und zurück aufs Schiff. Und die Hafenausfahrt, punkt 22.00 Uhr, bietet dann alles, was man sich schon für die Einfahrt erhofft hatte: die voll illuminierte Skyline der Weltstadt Sydney hinter der Kulisse der kühnen Opernhaus-Dachsegel. Bye, Sydney!

 

 

 

Rachel Carson

* 27.5.1907 in Springdale, Pennsylvania, † 14.4.1964 in Silver Spring, Maryland, amerikanische Zoologin und Schriftstellerin

 

Rachel Carson gilt als eine der größten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Ich gestehe – ich habe sie erst entdeckt, als ich an diesem Buch zu arbeiten begann. Mein Unwissen beschämte mich, beschämte mich immer stärker, umso mehr ich über diese viel zu früh verstorbene, grandiose, mutige Frau erfuhr.

Doch wie konnte es sein, dass ich bis dahin noch nie von ihr gehört hatte? Wie sehr disqualifiziert dies die allgegenwärtigen Massenmedien, das weltweite Informationsgeschehen, die Informationsstrategien schlechthin? Wie kann jemand wie Rachel Carson - und nicht zuletzt angesichts des nicht mehr zu verleugnenden Klimawandels, keine Rolle in unseren Alltagen spielen? Oder sollte ich wirklich zu blind, zu blöd…

Schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Rachel Carson geschrieben: Das Bewahren wilder Lebewesen und ihrer Lebensräume bedeutet auch eine Bewahrung der natürlichen Ressourcen, auf die der Mensch nicht weniger als Tiere angewiesen ist, um überleben zu können.

Und in den 1950er sagte sie in ihrem (erst postum erschienenen) kleinen Meisterwerk „Magie des Staunens“ zu ihrem Großneffen Roger, der im Alter von vier Jahren zur Waise geworden war und den sie voller Verantwortung adoptiert hatte, Roger, mit dem sie gern an der Küste Maines auf Endeckungstour ging: Ich bin mir sicher, dass da etwas ist, das viel tiefer geht, etwas Bleibendes und Bedeutsames. Wer sich, als Wissenschaftler oder Laie, mit der Schönheit und den Geheimnissen der Erde befasst, ist nie allein oder des Lebens leid. Was immer ihm persönlich Verdruss und Kummer macht, seine Gedanken können Wege finden, die zu innerer Zufriedenheit führen und zu einer neuen Begeisterung für das Leben. Wer die Schönheiten der Erde betrachtet, findet Kraftreserven, die reichen, so lange das Leben währt… Wenn Fakten Samen sind, aus denen später Wissen und Weisheit wachsen, dann sind Gefühle und Sinneseindrücke der Nährboden, in dem die Samen reifen müssen.

Berühmt wurde sie jedoch Anfang der 1960er Jahre durch ihr Buch „Silent Spring – Der Stumme Frühling“. Jill Lepore urteilte im Vorwort einer Nachauflage: „Die Anzahl der Bücher, die so viel Gutes in der Welt bewirkt haben, kann man an den Armen eines Seesterns abzählen.“ Ja, „Silent Spring“ löste die wohl erste große Umweltdebatte aus, führte zum Verbot des Pflanzengiftes DDT (gegen erbitterten Widerstand von Chemiekonzernen, versteht sich), und führte beispielsweise 1970 zur Gründung der US-Umweltbehörde, der Environmental Protection Agency. Und: „Silent Spring“ (Rachel Carsons Arbeitstitel war einige Zeit sogar: „Menschheit gegen Erde“) erschien zehn Jahre vor „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome!

Nach Erscheinen von „Silent Spring“ und der einsetzenden DDT-Debatte soll einem Gerücht zufolge der frühere amerikanische Landwirtschaftminister Ezra Taft Benson in einem Brief an Dwight D. Eisenhower behauptet haben, Rachel Carson sei Kommunistin, weil sie als eigentlich attraktive Frau unverheiratet sei. Klar. Kennedy hingegen äußerte sich positiv.

Wir stehen nun an einem Scheideweg. Doch es ist nicht, wie in Robert Frosts bekanntem Gedicht, gleich gut, wohin wir uns wenden. Der Weg, den wir seit langem eingeschlagen haben, ist trügerisch bequem, eine glatte moderne Autobahn, auf der wir mit großer Geschwindigkeit vorankommen. Doch an ihrem Ende liegt Unheil. Der andere Weg, der abzweigt, ist weniger befahren, doch er bietet uns die letzte und einzige Möglichkeit, ein Ziel zu erreichen, das die Erhaltung unserer Erde sichert.

Die anfangs durch Bücher über das Meer bekannt gewordene Autorin Rachel Carson plante als nächstes ein Buch über Meeresspiegel zu schreiben, ja, über den Klimawandel – 1963! Doch sie starb leidvoll an Krebs, bevor sie dieses Buch hätte realisieren können, mahnte aber noch: Wir leben in einer Zeit steigender Meeresspiegel. Wir werden in unserer Lebenszeit Zeugen eines bestürzenden Klimawandels…

 

 

 

Albrecht Dürer

* 21.5.1471 in Nürnberg, † 6.4.1528 ebd., deutscher Maler

 

Albrecht Dürer gilt als einer der herausragenden Künstler der Renaissance. Er schuf Gemälde, Zeichnungen, Kupferstiche, Holzschnitte – wer hätte noch nie „einen Dürer“ gesehen? Die „Betenden Hände“, den „Feldhasen“, das „Rhinoceros“, das „Bildnis der Mutter“, „Adam und Eva“… Wer aber weiß, dass Albrecht Dürer auch als Kunsttheoretiker und Mathematiker wirkte?

„Dürer hat für die Entwicklung des Holzschnittes und des Kupferstiches Bedeutendes geleistet. Den Holzschnitt hat er aus dem ‚Dienst der Buchillustration’ befreit und ihm den Rang eines eigenständigen Kunstwerks verliehen, das dem gemalten Bild an die Seite gestellt werden konnte. Dürer schuf durch Verfeinerung der Linien und eine Erweiterung des künstlerischen Vokabulars eine reichere Tonigkeit bzw. feinere Farbabstufungen und führte den Holzschnitt so formal in die Nähe des Kupferstichs“, weiß Wikipedia. „Wie den Holzschnitt, so perfektionierte und revolutionierte Dürer auch die Techniken des Kupferstichs. Durch Blätter wie Ritter, Tod und Teufel und Melencolia I wurde er in ganz Europa bekannt. Dürer hat genau wie Tizian, Michelangelo und Raffael die Bedeutung der Druckgrafik darin gesehen, den eigenen künstlerischen Ruf zu verbreiten und durch den Vertrieb zu Einnahmen zu kommen. Benutzten die Italiener die Grafik zur Verbreitung ihrer Gemälde, so erhebt Dürer den Holzschnitt selbst zum Kunstwerk. In diesem Zusammenhang spricht man von Reproduktionsgrafik und Originalgrafik. Dürer hat seine druckgrafischen Zyklen im eigenen Verlag verlegt und über den Buchhandel vertrieben. Der Vertrieb druckgrafischer Blätter hatte zur Folge, dass neue künstlerische Entwicklungen schnell und gleichmäßig in ganz Europa Verbreitung fanden.“

Auf einer undatierten Skizze in einem Brief an seinen Arzt zeigt Dürer auf seine Milz-Region und schreibt: Do der gelb fleck ist und mit dem finger drawff dewt do ist mir we. Woran er letztlich genau starb, ist nach wie vor umstritten, eine Malaria-Erkrankung, die er sich auf seiner Reise in die Niederlande zugezogen haben könnte, wurde vermutet, ebenso eine eitrige Lungenentzündung und sogar „Auszehrung“ aufgrund des Geizes seiner Frau. Albrecht Dürer starb sechs Wochen vor seinem 57. Geburtstag.

 

 

 

Paul Éluard

* 14.12.1895 als Eugène-Émile-Paul Grindel in Saint-Denis, † 18.11.1952 in Charenton-le-Pont, französischer Lyriker

 

Der oscargekrönte Autor Jean-Claude Carrière sagte in seinem Vorwort zu Paul Éluards „Liebesbriefe an Gala“: „Wie in jedem anderen Briefwechsel geht es auch in diesen Briefen um die ewigen Alltagssorgen, um die Gesundheit, ums fehlende Geld; und es ist von Kaufgeschäften die Rede, von weiterverkauften Kunstgegenständen und Gemälden, von den Konflikten innerhalb der Surrealistengruppe. Man erfährt, dass Éluard, ungeachtet seiner Trennung von Gala, auf Dalís Meinung – er nennt ihn die Denkmaschine – großen Wert legt, dass er ihn um seine Kritik bitte und sich sehr besorgt zeigt, als dieser eine gewissen Faszination für Hitler zeigt. Dalí musste für seine Phantastereien unbedingt ein anderes Thema finden… Man wird sehen, wie er selbst die Gefahren klar erkennt, die auf ihn lauern, als er die Befürchtungen äußert, er selbst könnte wohl ein grässlicher Romantiker sein oder als ein solcher erscheinen. Man erhält Kenntnis von seinen Beziehungen zu André Breton bis zum endgültigen Bruch (den er mit diesem sonderbaren Satz kommentiert: Mögen andere sich etablieren); man erhält Einblick in all die kleinen Momente, die ein Leben ausmachen, begreift den ungeheuren Zorn, den die Bombardierung von Guerníca in Éluard hervorrruft, und die Gemütsverfassung, die nach Éluards Mobilisierung in der Vorphase des Zweiten Weltkriegs (er sagte von sich, er sei der älteste Oberleutnant Frankreis) in dieser Bemerkung zum Ausdruck kommt: Ich werde zu einem komischen Kauz. Schritt für Schritt verfolgt der beharrliche Leser die Suche des Dichters nach dem, was die Poesie nicht entehrt.“

Während einer Tuberkulose-Kur lernte Paul Éluard seine spätere Frau Gala kennen, auf die sich viele der Gedichte des Surrealisten Éluard beziehen. Nach ihrer Scheidung wurde Gala die Frau des Surrealisten Salvador Dalí, Éluard schrieb Gala aber immer weiter Briefe.

Der letzte im Band abgedruckte Brief von Gala an Éluard endet: „Du sagst, dass Du bitter und traurig bist. Dann stelle Dir vor, wie bitter und traurig ich bin, denn ich bereite Dir keinen (wirklichen, ernsten) Kummer. Und die Umgebung hat nicht viel zu sagen, das wirst Du schon verstehen… Wenn Du traurig bist – dann ist der Hauptgrund unsere Trennung und nicht die Umgebung. Und diese Trennung wird der Krieg sein.“

In Paul Éluards letzten Brief an Gala steht: Es ist alles sehr schwer. Niemand mehr bezahlt mich, ich bin immer mehr allein. Und jetzt schneit es auch noch, und es ist sehr kalt. Ich habe nur ein lächerliches Heizöfchen, um meine 4 Zimmer zu beheizen. Das Essenmachen ist ein Problem…

Paul Éluard, der den Schriftsteller für das Gewissen der Welt hielt, starb im Alter von 56 Jahren an einem Herzanfall. Gala wurde 87 Jahre alt.

 

 

 

Horaz

* 8.12.65 v. Chr. als Quintus Horatius Flaccus in Venusia, † 27.11.8 v. Chr. in Rom, römischer Dichter

 

Horaz gilt als einer der wichtigsten römischen Dichter und seine philosophischen Ansichten gehören zu den bekanntesten des Altertums und erfuhren reichhaltige Rezeption in Humanismus und Klassizismus.

„Die künstlerische Entwicklung des Horaz kann in drei Stufen unterteilt werden“, weiß Wikipedia: „das temperamentvolle und angriffslustige Frühwerk, mit den Satiren und Epoden (42 bis ca. 30 v. Chr.), die klassische Reife, mit den Oden I-III und den Episteln I (ca. 31 v. Chr. bis Ende der 20er Jahre), die Abgeklärtheit des späten Werkes, mit dem Carmen saeculare, den Oden IV und den Episteln II, darunter die Ars Poetica, (18 bis 13 oder 10 v. Chr.).“

Immanuel Kant schrieb seinen Schülern gern Horaz-Zitate in die Stammbücher.

Horaz war“ laut Wikipedia. „stets um das Wesentliche und Straffheit bemüht. So lautete sein Kunstprinzip: Vielfalt in der Beschränktheit. Zentrales Thema ist die rechte Lebensgestaltung. Die meisten Gedichte geißeln Laster, die sozialen Unfrieden stiften oder zumindest die menschlichen Beziehungen beeinträchtigen, wie zum Beispiel Habgier, Ehebruch, Aberglaube, Schlemmerei, … Im Gegensatz zu Lucilius, der hochgestellte Zeitgenossen schonungslos anprangerte, musste sich Horaz in dieser Beziehung zurückhalten. Seine Ausfälle beschränkten sich auf verstorbene Personen, einflusslose Leute und stadtbekannte Außenseiter. Nicht selten stellte er stellvertretend für den Normalbürger auch sich selbst und seine Schwächen dar.“

Der Cognomen, der Namenszusatz, von Horaz war Flaccus – Schlappohr. Er selbst beschrieb sich  als von kurzer Statur, dick, wohlgenährt und von glänzender, gepflegter Haut, früh ergraut und schnell zu erzürnen wie zu beruhigen. Horaz starb wenige Tage vor seinem 57. Geburtstag.

 

 

 

Adam Bernard Mickiewicz

* 24.12.1798 in Zaosie, Weißrussland, † 26.11.1855 in Konstantinopel, polnischer Dichter

 

Das wichtigstes Buch von Adam Mickiewicz, des Hauptvertreters der polnischen Romantik,  dürfte „Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen“ sein, das die Geschichte des Dorfes Soplicowo, gelegen im zwischen Russland, Preußen und Österreich geteilten Polen. Im Streit um ein Schloss verfeinden sich zwei Adelsgeschlechter und Pan Tadeusz handelt. So wie Adam Mickiewicz als polnischer Nationaldichter gilt, wird sein Buch als Nationalepos bezeichnet, das Pflichtlektüre in polnischen Schulen ist und nach der Bibel das meistgelesene Buch dieses Landes.

Adam Mickiewicz engagierte sich in der polnischen Befreiungsbewegung, wurde inhaftiert und verbannt. Er reiste durch Westeuropa, begegnete Goethe in Weimar und lehrte Slawistik in Paris. Als er mit französischer Unterstützung in Konstantinopel polnische Soldaten für den Krimkrieg gegen Russland anwirbt, stirbt er einen Monat vor seinem 57. Geburtstag an der Cholera.

 

 

 

Liam Patrick Davison

* 29.7.1957 in Melbourne, † 17.7.2014 bei Hrabowe, Ukraine, australischer Schriftsteller

 

Liam Davison lehrte kreatives Schreiben am veröffentlichte am Chisholm Institut im australischen Frankston und veröffentlichte selbst acht Bücher: ‚Das Velodrom’ (1988), ‚The Shipwreck Party’, (1989), ‚Sondierungen’ (1993), ‚Die weiße Frau’ (1994), ‚Der Verrat’ (1999), ‚Der Geist Australiens’ (1999), ‚Das Florilegium’ (2001), ‚Gesammelte Geschichten’ (1999, 2001, 2003, 2011, 2012, 2013).

Liam Davison war mit seiner Frau Frankie an Bord der Boeing 777 des Malaysia-Airlines-Fluges 17, der am 17. April 2014, offenbar von russischen Separatisten, abgeschossen wurde und bei dem alle Flugzeuginsassen ums Leben kamen

 

 

Carl Christian Krayl

* 17.4.1890 in Weinsberg, † 1.4.1947 in Werder/Havel, deutscher Architekt

 

Nach seinem Studium begann die Architekten-Karriere Carl Krayls im Jahre 1912 in Freiberg im Breisgau, zwei Jahre später ging er nach Nürnberg und 1921 berief Bruno Taut ihn zum Leiter des Entwurfsbüros im Hochbauamt Magdeburg. Drei Jahre später gründete er in Magdeburg ein eigenes Architektenbüro. Ab 1927 war er für die Magdeburger Siedlungsbauprojekte verantwortlich. Seine Projekte Siedlung Fermersleben, Wohnsiedlung Cracau, und Curie-Siedlung brachten Magdeburg das Prädikat „Stadt des Neuen Bauens“ ein.

Die Nazis hielten Carl Krayl für einen „Kulturbolschewisten“, er wurde arbeitslos und ging 1938 nach Werder, wo er als technischer Angestellter in der Bauabteilung der Reichbahndirektion Berlin tätig sein konnte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Carl Krayl noch kurz mit dem bekannten Architekten Hans Scharoun zusammen und starb kurz vor seinem 57. Geburtstag.

 

  

 

Clarice Lispector

* 10.12.1920 als Chaja Pinkussowa Lispektor in Tschetschelnyk, Ukraine, † 9.12.1977 in Rio de Janeiro, brasilianische Autorin

 

Angesichts immer wieder aufflammender Pogrome flohen die russisch-jüdischen Eltern von Clarice Lispector mit ihren Kindern aus der Ukraine, zuerst nach Hamburg, dann nach Maceió in Brasilien und schließlich nach Rio de Janeiro.

Im Alter von 23 Jahren begann sie zu schreiben und gleich ihr erster Roman „Perto do coração selvagem  - Nahe dem wilden Herzen“ wurde rege diskutiert. Als ihr Mann Botschafter Brasiliens wurde, lebte sie mit ihm in Neapel, Bern und Washington. Nach der Scheidung schrieb sie wieder in Rio des Janeiro, Kolumnen für verschiedene Zeitschriften, Kurzgeschichten, Drehbücher und weitere Romane wie „Der Apfel blüht im Dunkeln“, der sie in Brasilien berühmt machte.

Clarice Lispector starb am Tag vor ihrem 57. Geburtstag an Krebs.

 

 

 

António Augustinho Neto

* 17.9.1922 in Calete, † 10.9.1979 in Moskau, angolanischer Dichter und Politiker

 

Meine Mutter

                 (wie alle schwarzen Mütter

                 deren Söhne aufbrachen)

du lehrtest mich hoffen

wie du gehofft hast in schweren Stunden

 

Aber das Leben

Tötete in mir dies dunkle Hoffen

 

Ich hoffe nicht mehr

Bin einer auf den man hofft

 

Ich bin meine Mutter

Die Hoffnung sind wir

Deine Söhne

Aufgebrochen nach einem Glauben der Leben nährt

 

Augustinho Neto, erster Staatspräsident Angolas nach der Unabhängigkeit, war auch Arzt und vor allem: ein Dichter.

Die Afrikanistin Anne-Sophie Arnold urteilte: „Seine Gedichte sind die Stimme seines unter dem Kolonialjoch stöhnenden, Anklage erhebenden Volkes, sind Schreie der Geschlagenen, sind Preislieder auf die Heimat und ihre Menschen, mit denen er sich identifizierte, sind der nächtliche Rhythmus der Musseques, sind Hoffnung und Zuversicht der Gefangenen – sie sind eindringlicher Appell, die Fesseln aufzuwerfen und eine menschliche Ordnung zu schaffen.“

 

Heute

sind wir die nackten Kinder der Sklavenhütten im Busch

die Jungen ohne Schule die mit Lumpenbällen spielen

auf sandigen Plätzen in Mittagsglut

sind wir

Zwangsarbeiter die auf Kaffeeplantagen Leben verbrennen

schwarze Menschen ohne Wissen

verpflichtet den weißen Mann zu respektieren

und zu fürchten den Reichen

sind deine Söhne

aus den Vierteln der Eingeborenen

bis wohin das elektrische Licht nicht kommt

sind Männer betrunken zum Umfallen

dem Rhythmus eines Todesbataillons verloren

deine Söhne

hungernd

dürstend

voller Scham dich Mutter zu heißen

voller Furcht die Straßen zu durchqueren

voller Furcht vor den Menschen

sind wir

 

Die Übersetzerin Marga Holness schrieb: „Netos Lyrik dringt bis Mark des Leidens, der Erniedrigung und des Schmerze, aber sie ist nie sentimental. Die  Qual, die der Dichter empfindet, ist auf seine leidenschaftliche Identifizierung mit den Qualen seines Volkes zurückzuführen. Da ist kein Platz für Selbstmitleid und Tränen, Zeichen der Unterwürfigkeit. Die Zukunft muß mit ‚trockenen’ Augen’ errichtet werden. Bitter macht allein die Unmöglichkeit zu handeln, sich zusammenzufinden. Es ist kein Zufall, daß frühere Ausgaben dieser Gedichte unter dem Titel ‚Mit trockenen Augen’ veröffentlicht wurden, denn diese leitmotivische Wendung gibt der Haltung des Dichters markant Ausdruck.“

 

Morgen

stimmen wir Hymnen an auf die Freiheit

wenn wir feiern

den Triumph über die Sklaverei

 

Wir sind auf der Suche nach Licht

deine Söhne Mutter

                 (wie aller schwarzen Mütter

                 deren Söhne aufbrachen)

sind auf der Suche des Lebens.

 

 

 

Nhất Linh

* 25.7.1906 als Nguyȇn Tuòng Tam in Câm Giàng, † 7.7.1963 in Saigon, vietnamesischer Schriftsteller

 

Nhất Linh veröffentlichte von 1924 bis 1961 insgesamt 18 Bücher, zuerst die Kurzgeschichtensammlung „Nho phong“, zuletzt  die Kurzgeschichtensammlung „Thương chồng“. Er schrieb aber auch Reiseberichte, Essays und Romane.

Im Alter von 27 Jahren wurde er zur Leitfigur, der von ihm mit gegründeten literarischen Bewegung Bewegung Tu Lurc Van Doan, die eine klare, einfache Quoc-ngu-Sprache ohne chinesische Lehnwörter und Anlehnungen propagierte und eine Modernisierung in der Literatur Vietnams hervorrief. Als Plattform dieser, die Literaturszene Vietnams in den 1930er Jahren dominierende Bewegung, fungierten die von Nhất Linh herausgegebenen Zeitschriften „Phong Hóa“ und „Ngày Na“.

Im Alter von 33 Jahren betätigte sich Nhất Linh in Opposition zu der französischen Kolonialmacht wie den Kommunisten dann auch politisch, gründete die Partei Đại Việt Dân Chính und wurde später Generalsekretär der Partei Viet Nam Quoc dan Dang, was ihn von 1942 bis 1951 ins Exil nach Hongkong und Shanghai mit einer kurzzeitigen Unterbrechung im Jahr 1946, wo er sich als Außenminister Ho Chi Minhs versuchte, zwang.

Als 1963 im Rahmen des Prozesses infolge eines Militärputsches in Südvietmam vor Gericht erscheinen sollte, schluckte er wenige Tage vor seinem 57. Geburtstag Cyanid, um einer Verurteilung zu entgehen. In seinem Abschiedbrief schrieb Nhất Linh: Ich nehme mir das Leben auch als Warnung an jene, die auf allen Freiheiten herumtrampeln

 

 

 

Mustafa Kemal Atatürk

* 19.5.1881 als Mustafa Kemal in Selânik, † 10.11.1938 in Istanbul, türkischer Politiker

 

Schon zu Lebzeiten wurde Mustafa Kemal der Ehrenname „Atatürk“ zuteil – „Vater der Türken“. Er reformierte die Türkei, schaffte das Sultanat und das Kalifat ab und schuf einen eigenständigen modernen Staat.

Bereits im Juni 1918 hatte er als Offizier in sein Tagebuch notiert: Sollte ich eines Tages großen Einfluss oder Macht besitzen, halte ich es für das Beste, unsere Gesellschaft schlagartig  – sofort und in kürzester Zeit – zu verändern. Denn im Gegensatz zu anderen glaube ich nicht, dass sich diese Veränderung erreichen lässt, indem die Ungebildeten nur schrittweise auf ein höheres Niveau geführt werden. Mein Innerstes sträubt sich gegen eine solche Auffassung. Aus welchem Grund sollte ich mich auf den niedrigeren Stand der allgemeinen Bevölkerung zurückbegeben, nachdem ich viele Jahre lang ausgebildet worden bin, Zivilisations- und Sozialgeschichte studiert und in allen Phasen meines Lebens Befriedigung durch Freiheit erfahren habe? Ich werde dafür sorgen, dass sie auch dahin kommen. Nicht ich darf mich ihnen, sondern sie müssen sich mir annähern

Zum Thema Religion sagte er elf Jahre später als Staatschef in einem Interview: Sie wundern sich, dass die Moscheen sich so schnell leeren, obwohl sie niemand schließt? Der Türke war von Hause aus kein Muslim, die Hirten kennen nur die Sonne, Wolken und Sterne; das verstehen die Bauern auf der ganzen Erde gleich, denn die Ernte hängt vom Wetter ab. Der Türke verehrt nichts als die Natur. […] Ich lasse jetzt auch den Koran zum ersten Mal auf Türkisch erscheinen, ferner ein Leben Muhammads übersetzen. Das Volk soll wissen, dass überall ziemlich das Gleiche steht und dass es den Pfaffen nur darauf ankommt zu essen.

Und bei allem Nationalismus bekannte er sich auch zu einer weltweiten Zusammenarbeit:

Heute sind alle Nationen der Erde fast Verwandte geworden oder bemühen sich, es noch zu werden. Infolgedessen muss der Mensch nicht nur an die Existenz und das Glück derjenigen Nation denken, der er angehört, sondern auch an das Vorhandensein und Wohlbefinden aller Nationen der Welt … Wir wissen nicht, ob uns nicht ein Ereignis, das wir weit entfernt glauben, eines Tages erreicht. Aus diesem Grund muss man die gesamte Menschheit als einen Körper und eine Nation als sein Glied betrachten.

Fünf Jahre vor seinem Tod, im Oktober 1933, äußerte er sich beim Festakt zum 10. Jahrestag des von ihm geschaffenen Staates sogar visionär:

Meiner Meinung nach wird das Schicksal Europas wie gestern auch morgen von der Haltung Deutschlands abhängig sein. Diese außergewöhnlich dynamische und disziplinierte Nation von 70 Millionen wird, sobald sie sich einer politischen Strömung hingibt, die ihre nationalen Begierden aufpeitscht, früher oder später den Vertrag von Versailles zu beseitigen suchen. Deutschland wird in kürzester Zeit eine Armee aufstellen können, die imstande sein wird, ganz Europa, mit Ausnahme von England und Russland, zu besetzen … der Krieg wird in den Jahren 1940/45 ausbrechen … Frankreich hat keine Möglichkeit mehr, eine starke Armee aufzustellen. England kann sich bei der Verteidigung seiner Insel nicht mehr auf Frankreich verlassen. Amerika wird in diesem Krieg genau wie im Ersten Weltkrieg nicht neutral bleiben können. Und Deutschland wird wegen des amerikanischen Kriegseintritts diesen Krieg verlieren…

 

 

 

Avicenna

* wohl kurz vor 980 als Abū Ali al-Husain ibn Allāh ibn Sīnā in Afschana bei Buchara, † Juni 1037 in Hamadan, persischer Gelehrter

 

Weit schweifte Avicennas Geist aus. Er wirkte als Philosoph, Naturwissenschaftler, Dichter, Erzähler, Sprachforscher, Jurist, Mathematiker, Astronom, Alchemist, Metaphysiker, Musiktheoretiker, Politiker, war eine zeitlang (um 1015) sogar Wesir, und nicht zuletzt hochangesehen als Arzt.

Beredt die Titel allein seiner wissenschaftlichen seiner Werke: „Kanon der Medizin“, „Natürlich Ursachen von Krankheiten und Missbildungen“, „Medikamente über das Herz“, „Lehrgedicht über die Heilkunde“, „Traktat zur sexuellen Potenz“, „Richtmaß der Vernunft“, „Grabesbrief“ (nach Hippokrates), „Kompendium über die Seele“, „Philosophie über den Prosodisten“, „Die östliche Philosophie“, „Buch der Ratschläge und Erinnerungen“, „Traktat der Leitung des Haushalts“, „Buch der Heilung“, „Buch des ausgewogen Urteils“, „Buch der Errettung“…

Er entwickelte eine Methode zur Längengradbestimmung und erfand eine Art Jakobsstab. Er beschrieb die Wasserdampfdestillation und den Regenbogen und den Flug von Geschossen. Er beobachtete die Sterne und fügte seinen Beobachtungen astronomische Tabellen zu. Er verwendete Thermometer und bereicherte die Geologie durch die Erkenntnis: Entweder entstehen Berge durch das Aufbäumen von Erdschichten, wie es bei schweren Erdbeben geschieht oder sie sind die Folge von Wasser, das neue Wege suchte und Täler herausgewaschen hat, wo weichere Gesteinsschichten zu finden sind… Dies muss jedoch eine große Zeit in Anspruch nehmen, in der die Berge selbst geringer werden können.

Dante imaginierte Avicenna in seinem „Gastmahl“ wie in der „Göttlichen Komödie“. Zudem taucht er in den „Canterbury Tales“ auf. Thomas von Aquin und Roger Bacon beeindruckte er. Avicennas (Phantasie)Porträts schmücken die Sorbonne, den Mailänder Dom und tadschikisches Geld. Avicenna-Denkmäler stehen in Duschanbe wie seinen Geburtsort Afschana, und in Hamadan, wo er starb, wurde ihm ein Mausoleum erbaut. In Deutschland wird seit kurzem ein Avicenna-Preis verliehen.

Aber nicht nur Avicennas Geistes-, sondern auch sein Liebesleben war offenbar ausschweifend, Gelage etc.pp. Sein treuer Gefährte al-Ğzūğānī deutete an: „Bei dem Meister waren alle Kräfte stark entwickelt, wobei unter den Kräften des begehrenden Seelenheils die sexuelle am stärksten und übermächtigste war. Er war oft davon in Anspruch genommen, was sich auf seine Konstitution auswirkte.“

Hätte er sich mäßigen, hätte er sich versagen können? Immerhin empfahl er in einem seiner Lehrgedichte: Hüte dich davor, immerzu betrunken zu sein. Und wenn es sich so ergibt, dann einmal im Monat… Und er hatte sogar das „Buch der Errettung“ geschrieben. Avicenna starb jedoch, bevor er weitere Gipfel hätte erstürmen und genießen können, wohl an Krebs, Darmkrebs.

 

 

 

Jan Brueghel d. Ä.

* 1568 in Brüssel, † 13.1.1625 in Antwerpen, flämischer Maler

 

Für die Vielseitigkeit wie Qualität der Arbeit Jan Brueghels d. Ä. spricht zweifelsohne, wo heutzutage seine Gemälde ausgestellt sind: mehr als 50 allein im Madrider Prado, mehr als 20 jeweils in der Münchner Alten Pinakothek sowie der Dresdner Galerie Alte Meister, und weitere in der Eremitage in Sankt Petersburg, im Kunsthistorischen Museum in Wien, im Pariser Louvre, im Mauritshuies in Den Haag, in der Pinacotheka Ambrosiana in Mailand oder im Rijksmuseum in Amsterdam: Landschaften, biblische und historische Szenen, Stillleben, Nachtstücke und nicht zuletzt, seine im Zusammenwirken mit anderen Malern entstandenen Bilder, besonders beeindruckend hierbei, was er mit Peter Paul Rubens auf die Leinwand bannte, „Das Irdische Paradies“ und die Serie „Die fünf Sinne“.

Jan Brueghel d. Ä. starb an der Cholera. Für sein Grabmal malte sein Freund Peter Paul Rubens ein Porträt, das aber als verschollen gilt.

 

 

 

Geoffrey Chaucer

* 1342/1343 wohl in London, † 25.10.1400 ebd., englischer Dichter

 

Geoffrey Chaucer gilt als „Vater der englischen Literatur“. Seine Canterbury Tales „gehören zu den unvergänglichsten und köstlichsten Geschichten der Weltliteratur. Sie erhellen das Denken und Fühlen der Zeitgenossen Chaucers und vermitteln in eindrucksvollen, unvergesslichen Versen Kenntnisse, Einsichten und Genuss zugleich“, sagt der Anglist Martin Lehnert. „Was Chaucer vor allen anderen Dichtern der Welt als ersten auszeichnet, ist sein liebenswürdiger Humor und seine ganz modern anmutenden realistische Darstellung alltäglicher Personen, Sachen und Geschehnisse. Er besaß die Fähigkeit, die Widersprüche, Verschrobenheiten, Fehler und menschliche Unzulänglichkeiten deutlich zu erkennen und sie mit verständnisvollem, oft geradezu liebevollem Humor zu behandeln. In den Fällen aber, wo seine Mitmenschen und die Zustände seiner Zeit das Gemeinwohl gefährden, greift er zur Satire. Chaucer beherrscht alle Mittel der komischen Darstellung, besonders des Verhältnisses beider Geschlechter, nie schlüpfrig, obszön oder morbid.“

Wikipedia weiß: „Die Begeisterung für Chaucer hielt im gesamten 15. Jahrhundert unvermindert an, und so waren die Canterbury Tales auch eines der ersten Bücher, die in England gedruckt wurden. Die von William Caxton gedruckte erste Ausgabe erschien 1478, die zweite im Jahre 1483. Zwei Dramen Shakespeares gehen zumindest mittelbar auf Chaucer zurück: Troilus und Cressida sowie die an die Erzählung des Ritters angelehnte apokryphe Tragikomödie Two Noble Kinsmen (Zwei edle Vettern).“

Und das wohl berühmteste Gedicht der englischsprachigen Moderne, T. S. Eliots „The Waste Land“, beginnt als Reverenz an Chaucer:

Anfang der „Canterbury Tales:

Whan that Aprill with his shoures soote

The droghte of March hath perced to the roote,

And bathed every veyne in swich licour

Of which vertu engendred is the flour;

Whan zephirus eek with his sweete breeth

Inspired hath in every holt and heeth

The tendre croppes, and the yonge sonne

Hath in the ram his half cours yronne…

Anfang von „The Waste Land”:

April is the cruellest month, breeding

Lilacs out of the dead land, mixing

Memory and desire, stirring

Dull roots with spring rain.

Winter kept us warm, covering

Earth in forgetful snow, feeding

A little life with dried tubers…

Geoffrey Chaucer starb wohl im Alter von 57 Jahren und wurde in der „Poet’s Corner“ der Westminster Abbey beigesetzt.

In seinem „House of Fame – Haus der Gerüchte“ finden sich sogar einige offenbar autobiografische Zeilen:

Du gehst nach Haus und bleibst allein

Und sitzest stumm da wie ein Stein

Vor einem andren Buch dann hier,

Bis müd und schwer die Augen dir.

Als Eremit wohl lebtest du,

Wärst du enthaltsam noch dazu.

 

 

 

Zayd Mutee’ Dammaj

* 1943 im Distrikt As Sayyani, † 20.3.2000 in London, jemenitischer Autor und Politiker

 

Bekannt wurde Zayd Mutee’ Dammaj durch seinen Kurzroman „Al-Rabinah – Die Geisel“, der von der Arab Writers Union zu einem der besten 100 arabischen Romane des 20. Jahrhunderts gekürt wurde. Und er schrieb fünf Erzählungsbände, und veröffentlichte unter dem Titel „Al-Inbihar wa Al-Dahshah“ seine Memoiren.

Im Alter von 27 Jahren wurde Zayd Mutee’ Dammaj in den Shura-Rat gewählt, das erste gewählte Parlament des Nordjemen, mit Dreiunddreißig fungierte er als Gouverneur von Mahweet, mit Siebenunddreißig als Botschafter des Nordjemen in Kuwait und mit Neununddreißig wirkte er auch im Ständigen Ausschuss des Allgemeinen Volkskongresses der Regierungspartei.

Im Alter von 57 Jahren starb Zayd Mutee’ Dammaj in einem Londoner Krankenhaus.

 

 

 

Jeremias Gotthelf

* 4.10.1797 als Albert Bitzius in Murten, † 22.10.1854 in Lützelflüh, Schweizer Schriftsteller

 

Gotthelf – da hatte sich der schreibende Pfarrer Albert Bitzius ein passendes Pseudonym gewählt – Gotthelf, Jeremias (sic!).

Im Alter von 39 Jahren hatte er mit der Schreiberei begonnen, der Herr Pfarrer Bitzius, sein erster Roman hieß „Der Bauern-Spiegel“, und die Hauptfigur hieß, wie sich Albert Bitzius als Autor fortan nennen sollte: Jeremias Gotthelf.

Folgende Bücher, Romane und Erzählungen zumeist, trugen Titel wie: „Die Wassernoth im Emmental“, „Wie fünf Mädchen im Branttwein jämmerlich umkommen“, „Dursli der Branntweinsäufer oder der heilige Weihnachtsabend“, „Wie Anne Bäbi Jowäger haushaltet und wie es ihm mit dem Doktern geht“, Käthi, die Grossmutter, oder: der wahre Weg durch jede Noth, oder „Das Erdbeeri-Mareili“.

Etliche seiner Geschichten wurden jedoch verfilmt, so: „Uli der Knecht“, „Die Käserei in der Vehfreude“ oder „Die schwarze Spinne“.

Und Thomas Mann hatte sogar gesagt, dass er „Die schwarze Spinne“ „wie kaum ein zweites Stück Weltliteratur bewundere.“ Und Walter Muschg meinte: „dieser Aussenseiter“ sei „fraglos nicht nur der grösste, sondern der einzige Erzähler ersten Ranges in der deutschen Literatur, der einzige, der sich mit Dickens, Balzac oder Dostojewskij vergleichen lässt. […] „Trotzdem ist er vielen hervorragenden Kennern unbekannt. Sein Name entlockt ihnen unfehlbar ein Lächeln, und es scheint ausgeschlossen, dass er jemals in die Weltliteratur eingehen wird. Nicht nur deshalb, weil nur ein Schweizer die Fülle seiner barbarischen Sprache ermessen kann.“ Und Gottfried Keller resümierte: „Man nennt ihn bald einen derben niederländischen Maler, bald einen Dorfgeschichtenschreiber, bald einen ausführlichen guten Kopisten der Natur, bald dieß, bald das, immer in einem günstigen beschränkten Sinne; aber die Wahrheit ist, daß er ein großes episches Genie ist. Wohl mögen Dickens und andere glänzender an Formbegabung, schlagender, gewandter im Schreiben, bewußter und zweckmäßiger im ganzen Thun sein: die tiefe und großartige Einfachheit Gotthelf’s […] erreicht keiner. In jeder Erzählung Gotthelf’s liegt an Dichte und Innigkeit das Zeug zu einem „Hermann und Dorothea“; aber in keiner nimmt er auch nur den leisesten Anlauf, seinem Gedichte die Schönheit und Vollendung zu verschaffen, welche der künstlerische, gewissenhafte und ökonomische Goethe seinem einen, so zierlich und begrenzt gebauten Epos zu geben wußte.“

Albert Bitzius alias Jeremias Gotthelf starb im Alter von 57 Jahren an einer Lungenembolie infolge einer Lungenentzündung.

 

 

 

Georg Greflinger

* um 1620 in Neunburg vorm Wald, † 1677 in Hamburg, deutscher Zeitungsredakteur

 

Günter Grass bringt in seinem „Treffen in Telgte“ Georg Greflinger mit den bedeutendsten deutschen Autoren und Komponisten zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges zusammen, um über „die Not und das Glück der Poeterei“ zu streiten, Texte zu hören und zu beurteilen. Greflinger kommt dabei nicht allzu gut weg: „Ganz dem Irdischen verhaftet, trug Greflinger zwei Buhlliedchen vor, die, weil witzig die Untreue feiernd wie das erste – ‚Als Flora eyefrte…’ – oder deftig die lose Buhlerei rühmend wie das zweite – ‚Hylas wil kein Weib nicht haben…’ -, zum lauten Vortrag geeignet waren. Noch während der junge Mann, sich und sein soldatisches Gehabe parodierend, seine Scherze deklamierte, kam Vergnügen bei der Versammlung auf. Den Versen: ‚Ich wil kein’ alleine lieben, Buhlen, buhlen ist mein Sinn…’ folgte kleines Gelächter. Nur Schütz’ wegen hielt man sich zurück. Dach und Albert, die beide ihren Spaß hatten, widersprachen dennoch Gerhardt nicht, als jener bei der anschließenden kritischen Aussprache gegen Moscherosch und Weckherlins Lob sprach: Sudelreime wie diese könne man nur in der Gosse singen. Ob man vorhabe, Gottes Zorn auf die versammelten Häupter zu lenken. Heinrich Schütz schwieg…“

Tatsächlich wurde Georg Greflinger 5 Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges von seinem Förderer, dem Dichter und Prediger Johann Rist in Hamburg zum „Poeta laureatus“ gekrönt und in den Elbschwanenorden aufgenommen. Weitere 4 Jahre später erlangte er mit seiner großen Reimchronik „Der Deutschen Dreyßig-Jähriger Krieg“ Anerkennung.

Im Alter von 43 Jahren begann Georg Greflinger sich dann auch als Journalist zu betätigen, gab die Wochenzeitung „Norddeutscher Mercurius“ heraus, gilt als erster deutschsprachiger Zeitungsredakteur im heutigen Sinne. Er führte die Ressorts ein und veröffentlichte erstmals einen Roman in Fortsetzungen: „Die Insel der Fruchtbarkeit“ von Henry Neville.

Achim von Arnim und Clemens Brentano nahmen Georg Greflingers Lied „Lasset uns scherzen“ in „Des Knaben Wunderhorn“ auf:

Lasset uns scherzen,

Blühende Herzen,

Lasset uns lieben

Ohne Verschieben

Lauten und Geigen

Sollen nicht schweigen,

Kommet zum Tanze,

Pflücket vom Kranze.

 

 

 

Reesom Haile

* 1946 in Eritrea, † 2003 in Brüssel, eritreischer Dichter

 

Reesom Haile veröffentlichte vier Gedichtbände: „Waza Ms Qumneger Ntnsa“ (1997), „Bahlna Bahlbana“ (1999), „We Have Our Voice“ (2000) und „We Invented the Wheel” (2002). Gleich für seinen ersten Band wurde der auf Tigrinya schreibende Dichter mit dem Ramok-Preis, dem höchsten Literaturpreis Eritreas, geehrt.

„Reesom Haile gehört zu einer Reihe von Autoren, die ab den 1990er Jahren begannen afrikanische Poesie in afrikanischen und nicht vormals kolonialen Sprachen zu schaffen. Das Schreiben auf Tigrinya sah Haile als die stärkste Verkörperung eritreischer Kultur an, sowohl auf individueller wie gemeinschaftlicher Ebene“, weiß Wikipedia. „Thematisch war Haile bei seinen Gedichten sehr vielfältig, er deckte traditionelle wie moderne Themen ab. Auch Sprache selbst war für ein wichtiges Thema in seiner Poesie.“

Reesom Haile starb im Alter von 57 Jahren an Lungenkrebs.

 

 

 

Peter Henlein

* 1485 in Nürnberg, † August 1542 ebd., deutscher Erfinder

 

Peter Henlein gilt als der Erfinder der Taschenuhr. Etwa im Alter von 25 Jahren stellte der Schlossermeister schon Kleinuhren aus Eisen her, „die überall hin mit genommen werden können“, berichtet Thomas Eser. Und Wikipedia weiß: „1512 wurde Peter Henlein von dem Humanisten Johannes Cochläus in dessen „Kurzer Beschreibung Deutschlands (Brevis Germaniae descriptio)“ als Hersteller kleiner, tragbarer Räderuhren erwähnt; diese sollen 40 Stunden laufen, „auch wenn sie in einer Tasche in den Falten des Gewandes getragen werden“. Der Cochläus-Stelle nach galt Henlein als Erster in Deutschland, der am Körper tragbare Uhren realisierte.“

Peter Henlein, der auch diverse Großuhren herstellte und instand hielt, brachte es zu Wohlstand und war dreimal verheiratet. 300 Jahre nach seinem Tod wurde er mit einer Gedenktafel in der bayerischen Walhalla geehrt.

 

 

 

Hannah Augusta Jawara

* Mai 1924 als Hannah Augusta Mahoney in Bathurst, Pseudonym: Ramatoulie Kinteh, † 21.1.1981 in London, gambische Autorin

 

Hannah Augusta Jawara war Hebamme und wurde, nachdem ihr Ehemann, der Arzt Dawda Jawara zum Staatspräsidenten avancierte, zur ersten First Lady Gambias.

Und sie schrieb auch Theaterstücke, so „Master Brain – The African King“, das 1966 auf dem Black Arts Festival in Dakar aufgeführt wurde, und „Rebellion“.

Nach der Scheidung lebte Hannah Augusta Jawara in London, wo sie im Alter von 57 Jahren starb.

 

 

 

Abdullah bin Abdul Kadir

* 1795 in Malakka, † 1852 in Jeddah, singapurischer Schriftsteller

 

Abdullah bin Abdul Kadir wirkte als Schreiber und Übersetzer für Sir Stamford Raffles, den Gründer des modernen Singapur. Seine Autobiographie „Hikayat Abdullah“ gilt als eine der wichtigsten Quellen für die Geschichte dieses Stadtstaates. Er starb während einer Pilgerfahrt nach Mekka.

Jeanny und ich bestaunten erstmals Anfang 2009 die Modernität, die Zukunftsträchtigkeit Singapurs und im Jahr 2018 erneut:

Hier waren wir vor 9 Jahren schon mal. Allerdings hatte Jeanny damals der Klimawechsel geschockt – vom tiefsten deutschen Winter in tropischste Schwüle – und eine leise Erkältung wuchs sich aggressiv zu einer schweren Angina aus. Sie erinnert sich also bestenfalls an ein Hotelzimmer, und dass ich ihr von kleinen Erkundungen Leckeres mitbrachte: Blätterteigtaschen, Durian-Saft… Manches erkennen wir sogleich wieder hier, anderes gab es bei unserem ersten Besuch noch gar nicht. So die Sehenswürdigkeiten, die wir nun vor allem besichtigen, die Super Trees, der Flower Dome – das größte Gewächshaus der Welt immerhin - und der Cloud Forest der Gardens by the bay. Damals gab’s das Land, auf dem diese Attraktionen errichtet wurden, noch gar nicht. Da war nur Meer. Singapur schüttet fleißig Land auf, vergrößert sich ständig.

Die Super Trees stehen in einem bestens gepflegten Parkteil (wobei nach wie vor die ganze Millionenstadt wie geleckt erscheint), ragen etwa zwischen 25 und 50 Meter hoch auf - ihre Betonstämme von exotischen Pflanzen berankt – ihr Stahlgeäst bietet des Nachts eine imposante Lichtshow. Und zwischen zwei Supertrees spannt sich auf Asthöhe ein Skywalk. Schön, einfach schön.

Und nachgerade fantastisch erscheinen uns die beiden gigantischen Glashallen des Flowers Domes und des Cloud Forest. Was für eine Fülle von Pflanzen aus allen Regionen der Welt – nicht wenige haben wir noch nie gesehen – was für eine kluge Anordnung und Gestaltung der Ausstellung – die multimedialen Bestandteile natürlich auf dem aktuellsten Stand der Technik… Das Cloud-Forest-House erweist sich als ein gewaltiger künstlicher Felsen samt Wasserfall, Höhlen und Serpentinenwegen voller Überraschungen: diese Farbenpracht durchschwebt von feinen künstlichen Nebeln und hie und da tauchen Kultgegenstände und Masken indigener Völker auf. Und in den Museumsräumen behutsam Didaktisches zur Bedeutung und zur unbedingten Erhaltung, zur Rettung der Regenwälder…

Eine Milliarde Dollar soll diese Anlage gekostet haben. Keine Frage, weise angelegtes Geld. Und die Besucherströme (gut, dass wir frühmorgens, sogleich bei der Öffnung hier waren) dürften gutes Geld in die Stadtkasse bringen. Das sollte sich so mancher deutsche Kämmerer mal ansehen, genau ansehen.

Zum Abschluss ins mittlerweile (obwohl ebenso jung wie die Gardens by the bay) weltberühmte Marina Bay Sands Hotel, ja, wo man auf dem Dach, im 57. Stock im Pool schwimmend die Skyline vor Augen hat. Baden dürfen wir nicht, das ist Hotelgästen vorbehalten, aber immerhin im 56. Stock den Rundumblick genießen.

Bei unserem ersten Besuch Singapurs hatten wir das andere weltberühmte Hotel dieser Stadt besichtigt, das altehrwürdige Raffles, benannt nach dem Gründer der Stadt, wo auch Joseph Conrad abgestiegen war und sein Bildporträt mit „Lord Jim“ unterschrieben hatte. Hier wurde angeblich der Singapure Sling erfunden. Klar, dass wir uns am Abend einen solchen genehmigen.

 

 

 

William Langland

* um 1330, † 1387, englischer Dichter

 

William Langland gilt als einer der bedeutendsten mittelenglischen Dichter.

Im Manuskript seines Werks „Piers Plowman“ findet sich die älteste namentliche Erwähnung von Robin Hood.

 

 

 

Joachim Rähmer

* 17.4.1933 in Dessau, † 28.4.1990 in Halle, deutscher Schriftsteller

 

In einer Rezension zu Jochen Rähmers Roman-Debüt „Bekenntnisse eines Einfältigen war u lesen: „Gegen den Strich will dieses Buch gelesen sein, das Buch eines Philosophen, der anteilnehmend, freundlich und kritischlistig einen Lebensweg durch alle auch heute noch möglichen ideologischen Irrtümer beschreibt. Zum Denken fordert auch der letzte Satz noch heraus, mit dem sich unser unbenannter Einfältiger im Frühling 1945 von einem Sowjetsoldaten verabschiedet, um seinen Weg fortzusetzen: ‚Ich, ich habe nur mich.’“

In einem Interview nach Erscheinen seines Romans „Bekenntnisse eines Einfältigen“ sagte Jochen Rähmer: Bei den Vorarbeiten bin ich auf einen anderen Stoff gestoßen, der mich nicht losläßt. Ich arbeite jetzt an einem historisch-biografischen Roman mit dem Titel „Berenhorst oder Das Ende der Kriege“. Er erzählt über Georg Heinrich von Berenhorst, der Adjutant bei Friedrich II. war und ein Buch „Betrachtungen über die Kriegskunst“ geschrieben hat. Er war einer der ersten Kritiker des preußischen Militarismus. Deshalb wurde er lange Zeit totgeschwiegen. Mich fasziniert, wie dieser Mann, der in strengen preußischen militaristischen Traditionen stand, innere Kämpfe ausfocht und sein Buch schrieb, „um allen Herrschenden künftig das Kriegsführen zu verleiden’.

Bevor Jochen Rähmer seinen Berenhorst-Roman, aus dem er bei Veranstaltungen gern las, vollenden konnte, starb er im Alter von 57 Jahren infolge eines Herzinfarkts.

 

 

 

Humphrey DeForest Bogart

* 25.12.1899 in New York, † 14.1.1957 in Los Angeles, amerikanischer Schauspieler

 

Das American Film Institute wählte Humphrey Bogart anlässlich seines 100. Geburtstages zum „größten männlichen amerikanischen Filmstar aller Zeiten“. Unvergessen seine Rolle als Café-Besitzer Rick Blane in „Casablanca“ – jenem Kultwerk also, das vom selben Institut 2002 (60 Jahre nach Uraufführung) als „bester US-Liebesfilm aller Zeiten“ geadelt wurde -, unvergesslich, wie er mit schmachtendem Blick zu Ingrid Bergmann sagt: „Ich seh dir in die Augen, Kleines“.

Berühmt geworden war Humphrey Bogart bereits 1941 als Detektiv Sam Spade in „Der Malteser Falke“, den „Oscar“ als „Bester Hauptdarsteller“ erhielt er 1951 für seine Verkörperung des Kapitäns Charles Allnut in „African Queen“.

Weitere prägende Rollen spielte er in „Haben und Nichthaben“, „Tote schlafen fest“, „Der Schatz der Sierra Madre“, „Die Caine war ihr Schicksal“ oder „Gangster in Key Largo“. Letztmals stand Humphrey Bogart im Jahr vor seinem Tod in „Schmutziger Lorbeer“ vor der Kamera.

Und der Name Bogart ging sogar in den amerikanischen Sprachgebrauch ein: Durch den Film „Easy Rider“ wurde die Textzeile „Don’t Bogart That Joint, My Friend“ (die sich auf Bogarts verächtliches Ausspucken halbgerauchter Zigaretten bezieht) Anfang der 1970er Jahre zum Ohrwurm - „to bogart“ bedeutet im US-Englisch mittlerweile so viel wie „etwas ohne zu teilen verbrauchen“.

Humphrey Bogart starb im Alter von 57 Jahren an Speiseröhrenkrebs.

 

 

 

Jan Neruda

* 9.7.1834 in Prag, † 22.8.1891 ebd., tschechischer Autor

 

Der chilenische Literatur-Nobelpreisträger Neftali Ricardo Reyes Basualto wählte den Nachnamen seines Pseudonyms Pablo Neruda in Erinnerung an den böhmischen Journalisten und Schriftsteller Jan Neruda, den Verfasser der hochgerühmten „Kleinseitner Geschichten“.

 

Als ich klein war, verlebte ich einmal einen Wintermonat bei einem meiner Prager Onkel. Der Onkel war Fischer und hatte auch die Sandgewinnung aus dem Fluß gepachtet. Er und die Tante teilten sich in die Arbeit: Der Onkel kümmerte sich um die Fische, die Tante um den Sand. Nicht ein Abend, an dem sie, bevor sie zu Bett gingen, nicht zu Gott gebetet hätten: Der Onkel, es möge frieren, damit die Fische bis Weihnachten teurer würden, die Tante, es möge kein Frist kommen, damit man im Fluß auf den Grund können. Auch ich mußte , wenn sie mich zu Bett brachten, niederknien und beten. Nun gut – aber wem von beiden soll ich mit meinem Gebet beistehen? Mein Leckermaul wies mich auf die Tante und ihre Töpfe hin, und ich hätte durch mein Gebet mit dem größten Vergnügen Wärme bis zur Siedehitze für sie erbeten; aber das Herz zog mich wieder zum Onkel, will sagen zu Eis und Schnee: Was tun? Nun so betetet ich gleich zwei Vaterunser hintereinander und sagte mit einem tiefen Seufzer:

„Lieber Gott, weißt du was – mach, was du willst!“

 

Egon Erwin Kisch urteilte: „An Reichtum seiner Themen ist Neruda, der große Feuilletonist der Tschechen, nur mit Mercier zu vergleichen, aber die Tiefe des Gemüts stellt ihn an die Seite von Dickens.“

„Jan Neruda schrieb im Lauf seines Lebens über 2000 Feuilletons, veröffentlichte Gedichte, Dramen, Reisebeschreibungen, Kunstkritiken, sympathisierte mit der Künstlergruppe Májovci, fühlte sich der Aufgabe der tschechischen nationalen Wiedergeburt verbunden und schätzte die Romane seines Zeitgenossen Jules Verne, 1871 wurde er von nicht näher bekannten Institutionen als Verräter der Nation bezeichnet, verließ Prag und reiste durch andere Länder der Monarchie Österreich-Ungarn, kam nach Wien und Graz und war in Deutschland, Frankreich, Ungarn, Italien, Griechenland und Ägypten, wie seinen Reiseberichten aus dieser Zeit zu entnehmen ist, die ein interessantes Zeugnis über sein Leben und die zeitgenössische Gesellschaft darstellen“, weiß Wikipedia. „Da sich Neruda zeit seines Lebens verkannt fühlte, entwickelte sich bei ihm eine ablehnende Haltung gegenüber seinen Mitmenschen, die durch eine schwere Erkrankung verstärkt wurde. Er hatte Alkoholprobleme und lebte sein ganzes Leben lang in wirtschaftlich bedrängten Verhältnissen.“

Der tschechische Literaturkritiker Antonin Mestan sagte: „Nicht viele Erzählungen halten sich in der Gunst der Leser hundert Jahre lang oder noch länger. Den Erzählungen Nerudas aus dem alten Prag wie auch seinen Reportagen und Feuilletons ist es gelungen.“

 

 

 

Gianbatista Basile

* 1575 in Guigliano, † 23.2.1632 ebd., italienischer Märchenerzähler

 

Es ist ein bewährtes Sprichwort von altem Schrot und Korn, dass, wer da sucht, was er nicht soll, findet, was er nicht will und gleichermaßen das, wer andern eine Grube gräbt, selbst hineinfällt… beginnt Ginabatista Basiles „Pentameron“, das erstmals zwei Jahren nach seinem Tode unter dem Pseudonym Gian Alesio Abbattutis erschien und da noch „Lo cunto de li cunti, overo Lo trattenemiento de peccerille ( La fiaba delle fiabe come intrattenere i bambini) – Das Märchen der Märchen oder Unterhaltung für Kinder“ hieß. Auf jeden Fall gilt Gianbatista Basile dank dieses Werkes als Europas erster großer Märchenerzähler.

In Neapel wirkte Basile als Hofpoet und gründete die „Accademia degli Oziosi – Die Akademie der Müßiggänger“, der sogar Francisco de Quevedo angehörte. Er verfasste auch Idyllen, Oden, Madrigale und Theaterstücke.

Im „Pentameron“ lässt Basile an fünf Tage zehn Frauen im neapolitanischen Dialekt 50 Märchen erzählen, so die Urfassungen von „Aschenputtel“, „Der gestiefelte Kater“, „Der Froschkönig“, „Die Schöne und das Biest“, „Rapunzel“ oder „Schneewittchen“. Es wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt, ins Deutsche erstmals vollständig 1846, und diente Clemens Brentano, den Brüdern Grimm, Charles Perrault oder Ludwig Tieck als Vorlage.

2015 wurde das „Pentameron“ als „Märchen der Märchen“ von Matteo Garrone verfilmt.

Es endet: …ich wünsche nur, dass euch diese [Märchen] wohl bekommen mögen, denn was mich betrifft, so verlasse ich sie nur ungern, da sie mir gar zu gut geschmeckt haben.

 

 

 

Stanisław Jerzy Lec

*6.3.1909 als Stanisław de Tusch-Letz in Lemberg, † 7.5.1966 in Warschau, polnischer Aphoristiker

 

Gern und immer mal wieder zitierte ich aus gegebenem Anlass Stanisław Lec, der eine Einladung zu einer Tagung von Literaturwissenschaftlern mit der Begründung ablehnte, er würde sich dort sicher nicht wohlfühlen – nur Ornithologen, keine Vögel.

 

 

 

Scholem Alejchem

* 2.3.1859 in Perejaslaw, † 13.5.1916 in New York, jiddischsprachiger Schriftsteller

 

Mit meinem Freund Axel fahre ich im September 2013 bei Dauerregen im Mietwagen von Kiew nach Perejaslaw-Chmelnyzkyj, uralte Stadt aus Zeiten der Kiewer Rus (ersterwähnt 907). Scholem Alejchim, der weltberühmte jüdische Autor stammte von hier!

Mein Reiseführer schwärmt von einem fantastischen Museumspark zur Geschichte der Stadt und der Region samt Scholem-Alejchem-Gedenkstätte. Unser Navi führt uns unter der an- und eingegebenen Adresse jedoch auf einen tristen Lenin-Platz. Zwei Männer, die vor einer Wellblechbude Räder von einem Auto abmontieren (besser nicht zu nahe kommen…), scheinen allein schon das Wort „Museij“ noch nie gehört zu haben. Dann entdecken wir jedoch zwei Touristen, Russen womöglich, die ebenso irritiert wie wir scheinen, ja, die uns nach „Museij“ fragen. Schulterzucken… Doch fragen die weiter und weiter und laufen schließlich, zielsicher wie’s scheint, eine Dorfstraße hinunter. Wir also hinterdrein.

Aus der Dorfstraße wird ein matschiger Weg: über wacklige Bretterbrückchen, durch verfilzte Wäldchen, schmieriger und schmieriger (zum Glück regnet’s wenigstens nicht mehr). Den Russen hat sich inzwischen eine junge Frau mit Baby zugesellt (woher die auch immer kam) und dieses Grüppchen marschiert und marschiert zielsicher weiter, und wir ergo unverdrossen hinterdrein (so seltsam es mir auch mit jedem Schritt mehr vorkommt, dass auf solch ein touristisches Highlight der Ukraine (zwei von drei möglichen Sternchen in meinem Reiseführer!) nicht mit einem einzigen Schild hingewiesen wird. Und dieser Weg…

Wie durch ein Wunder stehen wir mitten in der Taiga jedoch plötzlich vor einem Tor – das aber verschlossen scheint. Ein Russe tippt dagegen – das Tor quietscht auf… Und schon betreten wir das Freilichtmuseum von Perejaslaw-Chmelnytzkyj!

Und siehe da: tatsächlich alte Bauernhäuser in einem weitläufig-lichten Waldgebiet, eine alte Schule, alte Grabsteine, sogar angeblich skythischen Figuren, doch ebenso alte Mähdrescher, Lastwagen und Traktoren aus Budjonnys Zeiten. Und endlich, nach endlosem Nachfragen (mangels Beschilderung…) das Scholem-Alejchim-Haus samt Scholem-Alejchim-Gedenkbüste.

Überrascht werden wir jedoch nochmals – und zwar in der blaukuppligen Kirche, die statt Ikonen ein Kosmos-Museum birgt. Ja, eine Sojus-Kapsel, ein Sputnik, ein Lunochod-Mondmobil im Altarraum. Da staunt man (und vor allem der Wessi) nicht schlecht… das kann man nicht googeln… das muss man gesehen haben!

Irgendwie erfahren wir bei Soljanka, Pelmeni und Blini schließlich noch, dass an der hiesigen Sporthochschule die Klitschko-Brüder studiert und promoviert haben. Darauf ein Kwas vom Fass – was’n Spaß!

 

 

 

C. W. Ceram

* 20.1.1915 als Kurt Wilhelm Marek in Berlin, † 12.4.1972 in Hamburg, deutscher Autor

 

Im Klappentext von Cerams Welt-Bestseller „Götter, Gräber und Gelehrte“ steht: „Folgt man – wie es Cerams Roman der Archäologie unternommen hat – den Spuren Schliemanns nach Troja, Carters an den Nil oder Thompsons nach Mexiko, so nimmt man teil an mutigen Spekulationen und sensationellen Entdeckungen. Die Schicksale der Gelehrten, in deren Arbeit sich die Abenteuer der Vergangenheit mit den Abenteuern der Gegenwart verbinden, erregen nicht weniger als die Legenden um Götter und Gräber.“

Er selbst sagte in seinem Vorwort: Alles, was hier erzählt wird, ist nicht etwa nur an Tatsachen geknüpft, sondern ist im einwandfreiesten Sinne allein aus Tatsachen zusammengefügt.“

Das Buch wurde in 28 Sprachen übersetzt und etwa fünf Millionen Mal verkauft. Weitere erfolgreiche Bücher Cerams waren: „Enge Schlucht und schwarzer Berg – Die Entdeckung des Hethiterreiches“, „Eine Archäologie des Kinos“ und „Der erste Amerikaner“. Das Rheinische Landesmuseum Bonn stiftete zwei Jahre 1974 einen nach ihm benannten archäologischen Sachbuchpreis.

 

 

 

Kasimir Sewerinowitsch Malewitsch

* 23.2.1878 in Kiew, † 15.5.1935 in Leningrad, Avantgardist

 

Kasimir Malewitschs Gemälde „Das Schwarze Quadrat auf weißem Grund“ gilt als „Ikone der Moderne“, als Meilenstein der modernen Malerei. Malewitsch war der Begründer des Suprematismus, Wegbereiter des Konstruktivismus und einer der Hauptvertreter der Russischen Avantgarde. Und er verfasste 1915 – im selben Jahr als er auch „Das Schwarze Quadrat“ malte - auch das Manifest „Vom Kubismus zum Suprematismus. Der neue malerische Realismus“.

„Nach der Oktoberrevolution 1917 wurde Malewitsch mit der Aufsicht über die nationalen Kunstsammlungen des Kreml betraut. So wurde er Vorsitzender der Kunstabteilung des Moskauer Stadtsowjets und Meister an der zweiten „Freien staatlichen Kunstwerkstätte“ (SWOMAS) sowie Professor an den ‚Freien staatlichen Kunstwerkstätten’ in Petrograd“, weiß Wikipedia, „Im engeren Sinn war er weder ein engagierter Funktionär noch Revolutionär, er nutzte nur die neuen Machthaber für die Durchsetzung seiner künstlerischen Ambitionen. Seine Malerei hatte sich in der Kunstszene durchgesetzt, er erhielt beispielsweise im Herbst 1918 mit Matjuschin den Auftrag, die Dekoration für einen Kongress über die Dorfarmut im Winterpalais zu schaffen.“

Dann wirkte er mit Chagall in Witebsk, arbeitete zusammen mit El Lissitzky, ging wieder nach Petrograd, fiel in Ungnade, reiste nach Berlin, dann nach Dessau, verfasste für das Bauhaus die Schrift „Die gegenstandlose Welt“, ging zurück nach Petrograd, das nun Leningrad hieß, nahm seine Tätigkeit am Staatlichen Institut für Kunstgeschichte wieder auf, entwarf Pläne für Satellitenstädte in Moskau und beschäftigte sich mit Entwürfen für Porzellan. Nachdem sein Institut geschlossen worden war, arbeitete er in Kiew weiter, und wurde 1932 schließlich mit der Leitung eines Forschungslabors des Russischen Museums in Leningrad beauftragt.

Wikipedia: In seiner letzten künstlerischen Phase, kurz vor seinem Tod, kehrte er zur Malweise ‚realer’ Porträts zurück, diese entsprechen jedoch nicht dem Stil des ‚Sozialistischen Realismus’, sondern ähneln Werken der Renaissance, die sich in der Bekleidung der Porträtierten ausdrückt. Charakteristisch an diesen Gemälden sind die ausdrucksvollen Gesten der dargestellten Personen.“

Acht Jahre vor seinem Tod sagte er: Erst, wenn die Gewohnheit und das Bewusstsein verschwunden sein werden, in Bildern, die Darstellung kleiner Ecken der Natur, Madonnen oder Venusdarstellungen zu sehen, werden wir das malerische Werk erkennen.

Im Alter von 57 Jahren starb Kasimir Malewitsch an Krebs.

 

 

 

Jacobo Árbenz Guzmán

* 14.9.1913 in Quetzaltenango, † 27.1.1971 in Mexiko-Stadt, guatemaltekischer Politiker

 

Im Klappentext des Romans „Harte Jahre“ des Nobelpreisträgers Mario Vargas Llosa steht: „’Haben Sie vergessen, dass Guatemala ein souveränes Land ist und Sie nur ein Botschafter sind, kein Vizekönig und kein Statthalter?’, fragt Jacobo Arbenz, der Präsident des mittelamerikanischen Landes, den Entsandten der Vereinigten Staaten. Es ist das Jahr 1954 und die Frage offensichtlich rhetorisch gemeint. Die Antwort des Diplomaten: schallendes Gelächter. Denn kurze Zeit später bringt ein Militärputsch die Regierung Arbenz zu Fall, mit freundlicher Unterstützung der CIA. Und zwar vermittels einer üblen Lüge, die als Wahrheit durchgeht: In den USA hatte der Bananenkonzern United Freit in Umlauf gebracht, Arbenz billige und unterstütze die Ausbreitung des sowjetischen Kommunismus auf dem Kontinent. Es ist eine Lüge, die ganz Lateinamerika verändern wird…“

Jacobo Árbenz floh mit seiner Familie aus Guatemala, suchte Exil unter anderem in der Schweiz, in Frankreich, in der Tschechoslowakeii, in der Sowjetunion, Uruguay und Kuba, bis ihm 1970 Mexiko dauerhaft Asyl gewährte. Im Jahr darauf kam Jacobo Árbenz er unter nie geklärten Umständen in seiner Badewanne in Mexiko-Stadt ums Leben.

 

 

 

James Hargreaves

* 13.12.1720 in Oswaldtwistle, † 22.4.1778 in Nottingham, englischer Erfinder

 

James Hargreaves erfand die „Spinning Jenny“, patentiert im Jahre 1779, die die Produktivität der britischen Spinnereien bedeutend steigerte. Im Deutschen Museum wird die Arbeitsweise seiner Erfindung wir folgt beschrieben: „Das Prinzip der Spinning Jenny beruht darauf, dass von einer Vorgarnspule (mit grob gesponnenem Material) ein Faden über eine Spindel gezogen wird, der weiter über einen Pressbalken auf einem beweglichen Wagen läuft. Zuerst bewegt sich der Wagen mit geöffneter Presse von der Spindel weg, wodurch er das Vorgarn von der Vorgarnspule wickelt und durch die Presse zieht. Das Vorgarn wird verstreckt, indem sich kurz vor Ende der Ausfahrt die Presse schließt und der Wagen bis zum Anschlag weiterfährt. Gleichzeitig wird durch Drehen der Spindel das Vorgarn leicht gefestigt. Bei geschlossener Presse wird die Spindel nun gedreht, bis der Faden durch Verdrillung die gewünschte Festigkeit erreicht. Durch eine kurze Drehung in entgegengesetzter Richtung lockert sich der Faden etwas und gleitet von der Spindelspitze auf die Spule. Der Wagen fährt langsam zurück, währenddessen dreht sich die Spindel, und der Faden wird unter gleichzeitigem Heben und Senken eines Aufwinders Lage für Lage aufgespult. Der Aufwinder sorgt auch für den notwendigen Wechsel des Winkels zwischen Spinnphase und Aufwickelphase (beim Spinnen muss der Winkel zwischen Spindelspitze und Faden > 90° sein). Hat der Wagen die Spindel erreicht, öffnet sich die Presse, und der Spinnvorgang beginnt von neuem. Mit der linken Hand wird dabei der Wagen hin- und herbewegt, mit der rechten das Antriebsrad.“

Wohl an!

 

 

 

Thomas Morus

* 7.2.1478 als Thomas More in London, † 6.7.1535 ebd., englischer Politiker und Autor

 

Der volle Titel der weltberühmten „Utopia“ von Thomas Morus lautete:

EIN WAHRHAFT GOLDENES UND EBEN-

SO HEILSAMES WIE ERHEITERNDES

BÜCHLEIN ÜBER DEN BESTEN STAATSZU-

STAND UND ÜBER DIE NEUE INSEL UTOPIA;

VERFASST VON DEM HOCHBERÜHMTEN

THOMAS MORUS;

BÜRGER UND VICECOMES DER RÜHM-

LICH BEKANNTEN STADT LONDON;

MIT HILFE DES MAGISTERS PETRUS

ÄGIDIUS VON ANTWERPEN

UND DANK DER KUSNT DES

THEODURUS MARTINUS

VON AELST; UNIVER-

SITÄTSBUCHDRUK

KERS VON LÖWEN;

JETZT ZUM ER-

STEN MAL AUFS

SORGFÄLTIGSTE

HERAUSGE

GEBEN

MIT GENEHMIGUNG UND PRIVILEG

Der Klappentext einer Reclam-Ausgabe der „Utopia“ teilt mit: „Thomas Morus, Humanist der englischen Renaissance, Lordkanzler unter Heinrich VIII. dessen Opfer auf dem Schafott, nachmals Heiliger der Papstkirche, gab mit seinem Büchlein vom besten Staat einer ganzen Gattung den Namen. Utopia (auf der 2. Silbe zu betonen), zu deutsch: Nirgendwo, heißt eine Insel, von der ein weitgereister Seefahrer schwärmt. Kühne Kritik an den damaligen frühkapitalistischen Ausbeutern macht die Schwärmerei politisch akut: ‚Selber müßig, leben sie wie die Drohen von der Arbeit anderer… die sie bis aufs Blut aussaugen.’ Das Nirgendwo aber liegt in einer künftigen, besseren Welt. Wurzel aller Übel ist das Privateigentum – die Utopier haben es aufgegeben. Plackerei und Hunger, Müßiggang, Geldgier und Glaubenshass lassen die Menschen böse werden – in Utopia gibt’s es kein Geld, dafür Arbeitspflicht für alle, Sechsstundentag auf der Basis familiärer Wirtschaft, polytechnischen Unterricht und religiöse Toleranz. Diesem Entwurf einer Gesellschaft in Freiheit und Glück verdankt die ‚Utopia’ den Ruhm eines der edelsten Werke des utopischen Sozialismus.“

Allerdings hatte Thomas Morus keine Chance, seine Fiktionen weiter auszuspinnen, geschweige denn in Taten umzusetzen: Im Alter von 57 Jahren wurde er auf dem Londoner Tower Hill hingerichtet, nachdem sich Heinrich VIII. selbstherrlich zum Oberhaupt der englischen Kirche ernannt hatte und der Katholik Morus dies letztlich nicht anerkennen wollte. Seinem Henker soll Thomas Morus noch zugeflüstert haben, beim Zuschlagen mit dem Beil auf seinen Bart zu achten, da dieser nicht Hochverrat begangen habe. Sein Kopf wurde danach einen Monat lang auf der Tower Bridge zur Schau gestellt.

What An End of Utopia…

 

 

 

Ludwik Lejzer Zamenhof

* 15.12.1859 als Eliezer Levi Samenhof in Białistok, Pseudonym: Doktoro Esperanto, † 14.4.1917 in Warschau, polnischer Arzt

 

Im Alter von 28 Jahren veröffentlichte der Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof, dass er eine Sprache erfunden habe. Und da er auf eine weltweit bessere Verständigung zwischen den Völkern hoffte und er sich als „Doktor Hoffender“ verstand, was in dieser Sprache „Doktoro Esperanto“ heißt, wurde schließlich diese Sprache schließlich Esperanto genannt.

Bekannt machte Zamenhof die Welt mit seiner Erfindung in der 40-seitigen Broschüre „Unua Libra“. Darin formulierte er seine Ziele so:

1.   „Die Sprache muss sehr leicht sein, so dass sie jeder so zu sagen spielend erlernen kann.“

2.   „Jeder, der diese Sprache erlernt hat, muss sie sofort zum Verkehr mit anderen Nationalitäten benutzen können, ganz abgesehen davon, in wie fern diese Sprache von der Welt anerkannt wird, ob sie viele, wenige oder gar keine Anhänger hat, d. h. dass die Sprache gleich von Vorne herein, in Folge ihres besonderen Baues, als Mittel zum internationalen Verkehr dienen kann.“

3.   „Ein Mittel zu finden, die Gleichgültigkeit der Welt zu überwinden, und dieselbe zu ermuntern, sofort und ‚en masse‘ von dieser Sprache, als von einer lebenden Sprache, Gebrauch zu machen, nicht aber nur mit einem Schlüssel dazu in der Hand, oder nur im äussersten Nothfalle.“

Und das erste Ziel sollte erreicht werden durch:

·      Die Schreibweise ist phonematisch. Jeder Buchstabe hat nur eine Aussprache.

·      Es gibt kein grammatikalisches Geschlecht (Nicht so wie im Deutschen: Der Löffel, die Gabel, das Messer).

·      Es gibt nur eine Deklination.

·      Es gibt nur eine Konjugation.

·      Die Sprache ist agglutinierend, d. h. alle Wortstämme bleiben bei Konjugation und Deklination unverändert.

·      Es gibt nur sehr wenige grammatische Regeln und diese gelten ohne Ausnahmen.

Und Zamenhof versuchte auch nicht nur einer einheitliche Weltsprache das Wort zu reden, sondern propagierte auch eine neutrale Weltanschauung, ein Bekenntnis zur Völkerverständigung und zur religiösen Toleranz auf der Basis gemeinsamer Grundsätze – im Alter von 47 Jahren und natürlich auf Esperanto. „Homaranismo“ hieß dieses Veröffentlichung – „Lehre von der Menschheit“.

Ludwik Lejzer Zamenhof – in Esperanto: Ludoviko Lazaro Zamenhof - litt an Herz- und Atemwegserkrankungen und starb im Alter von 57 Jahren.

 

 

 

Sergei Pawlowitsch Djagilew

* 31.3.1872 in Selischtschi, † 19.8.1929 in Venedig, russischer Impresario

 

Der große Impressario Djagilew gründete das legendäre Ballets Russe und trug mit dazu bei, die russische Kunst seinerzeit auch im westlichen Ausland bekannt zu machen.

Im Zusammenwirken mit Avantgardisten der Musik, Choreographie und szenischen Kunst, war seine neoklassizistische Aufführungspraxis choreographisch und szenisch eine vollkommen neue Form, die die Ballettkunst im 20. Jahrhundert prägte. Djagilew weigerte sich stets, bewährte Konzepte zu wiederholen und setzte auf neue, spektakuläre, oft als skandalös empfundene, so die Premiere von Igor Strawinskys „Feuervogel“ in Paris.

Namen von Persönlichkeiten mit denen er zusammenarbeitete, lesen sich wie ein „Who is Who“ jener Zeit: Léon Bakst, George Balanchine, Alexander Benois , Georges Braque, Gabrielle Coco Chanel, Jean Cocteau, Ninette de Valois, Claude Debussy, Michel Fokine, Léonide Massine, Henri Matisse, Vaslav Nijinsky, Anna Pawlowa, Pablo Picasso, Francis Poilenc, Maurice Ravel, Eric Satie, Alexander Skrjabin, Maurice Utrillo…

Sergei Pawlowitsch Djagilew starb im Alter von 57 Jahren im Exil im Venediger Grand Hotel des Bains und fand seine letzte Ruhe im orthodoxen Teil der Friedhofsinsel San Michele. Auf seiner Grabplatte wurden zum Gedenken gern Ballettschuhe, Briefe, Steine und Blumen niedergelegt.

 

 

 

Noel Redding

* 25.12.1945 in Folkestone, † 11.5.2003 in Clonakilty, Irland, britischer Rock-Bassist

 

In den frühen 1960er Jahren agierte Noel Redding als Gitarrist der Band „Neil Landon and the Burnettes“. Und als er im „Melody Maker“ las, dass Eric Burdon und die „Animals“ einen neuen Gitarristen suchten, meldete er sich umgehend. Während der Session fragte ihn dann aber Chas Chandler, der Bassist der „Animals“, der auch als Produzent und Manager wirkte und gerade auf der Suche für einen Bassisten nach einem soeben in England aufgetauchten erfolgversprechenden amerikanischen Gitarristen war, ob er sich vorstellen könnte, Bass zu spielen. Zwar hatte er bis dahin noch nie Bass gespielt, doch als Noel Redding Jimi Hendrix Gitarrenspiel hörte und sah und Hendrix auf den ersten Blick Reddings Wuschelkopf gefiel, wurde Noel Redding Bassist der „Jimi Hendrix Experience“, wohl einer der innovativsten Bands aller Zeiten.

Im September 1966 wurde die „Jimi Hendrix Experience“ in London gegründet, im Oktober traten sie erstmals auf – als Vorband von Johnny Halliday in Paris. Dem folgten Gigs in München und beim Auftritt im Londoner Club „Bag O’Nails“ saßen dann schon „The Who“ und die Beatles im Publikum. Und dann stürmte ihr erste Single „Hey Joe“ die Hitparaden, Fernsehen, Tourneen, Monterey… Den letzten Gig spielte die „Experience“ im Juni 1969 in Denver. Und in Woodstock trat Jimi Hendrix dann schon mit neuen Begleitern auf.

Chas Chandler spielte danach wieder Gitarre, bei „Fat Matress“ nicht zuletzt, und schrieb über seine Zusammenarbeit mit Jimi Hendrix im Alter von 50 Jahren die Autobiographie „Are you Experienced?“. Im Alter von 57 Jahren starb Noel Redding an einem Aneurysma.

 

 

 

Johann Heinrich Schulze

* 12.5.1687 in Colbitz, † 10.10.1744 in Halle, Saale, deutscher Gelehrter

 

Johann Heinrich Schulze gilt als Urvater der Fotografie, entdeckte er doch gut 100 Jahre bevor Joseph Nicéphore Niepcé ein erster Schnappschuss aus seinem Arbeitszimmer über die Dächer von Saint-Loup-de-Varennes gelang, dass Licht in silberhaltiges Papier verfärbt.

Hans-Dieter Zimmermann berichtet: „Der sächsische Jurist und Hobbychemiker Christian Adolf Balduin […] hatte 1674 die Fluoreszens entdeckt und durch Glühen von salpetersaurem Kalk […] einen Stoff hergestellt, der in der Lage war, das Licht aufzunehmen und danach zu leuchten. Diesen nannte er Phosphorus (Lichtbringer). Schulze, der sich sehr für die Chemie interessierte und gern Experimente machte, wollte diesen Versuch nachmachen. Zufällig hatte er aber keine reine Salpetersäure zur Hand, sondern diese war vorher schon mal als Scheidewasser von Gold und Silber verwendet worden und enthielt daher kleinste Silberteilchen. Diese Salpetersäure goss er auf Kreide, um diese zu salpetersaurem Kalk zu verarbeiten. Da er diesen Versuch am offenen Fenster bei hellem Sonnenschein machte, stellte er fest, dass die Oberfläche des Kreidebreis nach einigen Minuten eine dunkelrote bis veilchenblaue Färbung annahm.“ Und nach einem weiteren Versuch nahe seines Herds „kam er zu dem Ergebnis, dass nicht die Wärme, sondern allein das Licht die Verfärbung verursacht hatte. Statt eines Lichtträgers hatte er einen Dunkelträger entdeckt, den er Scotophorus nannte.“ - im Laboratorium des Arztes Friedrich Hoffmann, Erfinder der Hoffmannstropfen, in Halle an der Saale, Große Ulrichstraße 2.

 

 

 

János Székely

* 7.7.1901 in Budapest, Pseudonym: John Pen, † 16.12.1958 in Berlin, ungarischer Schriftsteller

 

Der Theaterwissenschaftler Armin-Gerd Kuckhoff schrieb in seinem Nachwort zum Roman „Kisértés - Verlockung“ von János Székely: „Für János Szekely war das Leben der Menschen stets gespannt zwischen den äußersten Polen. Einerseits war da die stärkste Intensität des Gefühls und des Willens; der andere Pol war die Kraft der Einsicht, der scharfen, klaren, zusammenfassenden Überlegung. Nichts haßte Székely so sehr, nicht hielt er für so verderblich wie ‚Verworrenheit’.“

János Székely sagte: Kunst entsteht nicht im luftleeren Raum; das „Ewig-Menschliche“, um diesen etwas unklaren Ausdruck zu gebrauchen, ist nur dann ‚ewig-menschlich“, wenn es in der Zeit und in dem Ort, wo es entsteht, seine Wurzeln hat. Womit ich nur sagen will, daß ich schreiben möchte, was zeitlich und örtlich wichtig ist.

Und János Székely wechselte nicht nur einmal den Ort seines Schaffens: „Er floh nach dem Ersten Weltkrieg mit 18 Jahren vor dem Horthy-Regime aus Ungarn nach Deutschland. In Berlin schrieb er zahlreiche Drehbücher für Stummfilmstars wie Brigtte Helm, Willy Fritsch, Marlene Dietrich und Emil Jannings“, weiß Wikipedia. „1934 lud Ernst Lubitsch ihn zur Arbeit nach Hollywood ein. 1938 wanderte Székely endgültig in die Vereinigten Staaten aus und avancierte zum gesuchten Drehbuchautor für Stummfilme und Tonfilme. 1940 wurde er mit einem Oscar für die Buchvorlage zu dem Film Arise, my Love ausgezeichnet. In der McCarthy-Ära verließ er die USA, zog nach Meiko und 1957 nachOst-Berlin, um mit der DEFA zu arbeiten.“

Zeit seines Lebens verfasste János Székely 19 Drehbücher und zwei Romane. Kurz vor seinem Tod in Berlin vervollständigte er noch den Gedichtband „Auf dem Wege nach Hause“, den er auf Ungarisch geschrieben hatte.

 

 

 

Bernard Verlhac

* 21.8.1957 in Paris, Pseudonym: Tignous, † 7.1.2015 ebd., französischer Cartoonist

 

Im Februar 2006 druckte das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ Mohammedkarikaturen, die in einer dänischen Zeitschrift erschienenen waren, nach. Nach dem Wahlerfolg der Islamisten in Tunesien veröffentliche „Charlie Hebdo“ im November 2011 ein Sonderheft, dessen Chefredakteur sich Mohammed nannte und der drohte: „100 Peitschenhiebe, wenn Sie sich nicht totlachen!“ Und nachdem in „Charlie Hebdo“ weitere Mohammedkarikaturen erschienen, ergingen Morddrohungen an den Herausgeber Stéphane Charbonnier.

Am 7. Januar 2015 thematisierte „Charlie Hebdo“ den soeben erschienenen Roman „Soumission“ von Michel Houellebecq, der ein islamisiertes Frankreich beschreibt, in dem die Scharia eingeführt wird. Stéphane Charbonnier steuerte einen Cartoon mit der Überschrift „Noch keine Attentate in Frankreich“ bei.

Gegen Mittag des am 7. Januar 2015 drangen schwer bewaffnete Islamisten in die Redaktionsräume von „Charlie Hebdo“ ein und erschossen zehn, zur Redaktionskonferenz erschienene Menschen, auch Stéphane Charbonnier, genannt Charb, auch den Cartoonisten Bernard Verlhac, genannt Tignous.

 

 

Erik Bruhn

* 3.10.1928 in Kopenhagen, † 1.4.1986 in Toronto, dänischer Ballett-Tänzer

 

Erik Bruhn war von 1967 bis 1972 Direktor des königlichen schwedischen Balletts, ab 1983 künstlerischer Direktor des Nationalen Balletts von Kanada.

Erik Bruhn, langjähriger Lebensgefährte Rudolf Nurejews, starb im Alter von 57 Jahren an Lungenkrebs.

 

 

 

 

 

Claus-Jürgen Kämmerer

* 14.7.1951 in Halle, † 20.2.2009 ebd., deutscher Galerist

 

Mit der Industrialisierung startete in der Merseburger Region ein wahrer Boom im Umgang mit der bildenden Kunst. Schon mit Beginn des Aufbaues des Ammoniakwerkes Merseburg auf Leunaer Flur wurden Kunstmaler beauftragt, Bauphasen und fertige Werksteile darzustellen. Dies war ein Zeichen der Zeit, denn der technischen Entwicklung folgend, entstand für die Kunst ein vollkommen neues Aufgabengebiet, welches sehr reizvoll insbesondere für Maler war, schrieb Claus-Jürgen Kämmerer in einem Artikel über die Kunstsammlung der Leuna-Werke. Claus-Jürgen Kämmerer, der Galerist, dem sehr wohl bewusst war, dass das Malen und Zeichnen die eine und das Sammeln und Bewahren und Ausstellen von Gemälden und Zeichnungen und Grafiken die andere notwendige Seite der Medaille ist, der sich das Sammeln und Bewahren und Ausstellen in seinen letzten Lebensjahren mit Elan und Geschick und hoher Sachkenntnis zur Lebensaufgabe gemacht hatte und dafür von zahlreichen bildenden Künstlern weit und breit geschätzt wurde.

Als im November 2008 der 10. Geburtstag der cce-Galerie des Kulturhauses Leuna gefeiert wurde, eine Galerie, die ohne das Wirken Claus-Jürgen Kämmerers wohl nicht entstanden und schon gar nicht zum Besuchermagnet geworden wäre, konnte bilanziert werden, dass seit 1998 hier 65 Ausstellungen, zehn Grafikmärkte und zehn Buchpremieren stattgefunden hatten. Zu einer seiner repräsentativsten Veranstaltungen schrieb Claus-Jürgen Kämmerer: Die im Mai 2003 eröffnete Ausstellung des Carl Bosch Museums Heidelberg zeigte die Veränderlichkeit sowohl der Motivwahl als auch der Motivgestaltung chemischer Artefakte, Prozesse und der Werksanlagen der chemischen Industrie in der Bildenden Kunst der letzten einhundert Jahre. Dabei nahmen die Werke der Künstler der mitteldeutschen Industrieregion in und um Leuna, Merseburg und Schkopau eine herausragende Rolle ein. Sie verdeutlichten die Veränderungen, die das Gebiet des mitteldeutschen Wirtschaftszentrums während der letzten einhundert Jahre erlebt hat und die letztlich den Ausgangspunkt für die umfangreiche Sammlung der Bilder zum Thema „Die Chemie in der Bildenden Kunst“ aus eben dieser Region zustande kommen ließ.

Wer weiß, was ohne das Wirken Claus-Jürgen Kämmerers aus der (allein schon historisch wertvollen) Kunstsammlung der Leuna-Werke nach der Wende geworden wäre… Wer weiß, ob die traditionsreiche künstlerische Breitenarbeit nach der Wende ohne ihn wieder ihren Platz im Kulturhaus gefunden hätten…,

ob der einzigartige Leunaer Plastik-Park bewahrt worden…, ob das überregionale Ausstellungsprojekt „Trienale“ zustande gekommen…, ob die (Kunst)Beziehung zur Leunaer Partnerstadt Wesseling für eine feinsinnige Ost-West-Verständigung auf- und ausgebaut worden wäre…

Und kaum vorstellbar, dass das letzte Auftragswerk der Leuna-Werke anlässlich des 75-jährigen Werksjubiläums im Jahre 1991 ohne Claus-Jürgen Kämmerer auf den Weg gebracht worden wäre. Hierzu formulierte er: Unter dem Titel „Walter Bauer – Stimmen aus dem Leuna-Werk“ gestalteten 11 Künstler Grafiken zu diesem Thema. Der Schriftsteller Walter Bauer legte mit seinem Werk „Stimme aus dem Leunawerk“ die Grundlage für die thematische Gestaltung. Die Nummer eins der in einer dreißiger Auflage erschienenen Mappe erhielt der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Mit dieser Mappe endete die Ankaufs- und Auftragspolitik der Leuna-Werke. Seitdem wurde ein neuer Weg der Kunstpräsentation in der Chemieregion beschritten. (sic!) – und wie gesagt: wer weiß, was ohne ihn geworden wäre…

In ihrem Nachruf auf Claus-Jürgen Kämmerer schrieb die Leunaer Bürgermeisterin Dr. Dietlind Hagenau: „Wir wussten alle, er ist krank, schwer krank, aber eigentlich hat er es selbst immer vertuschen und überspielen wollen. Dennoch, wir sind alle erschüttert, dass er nun nicht mehr da ist. Unser Kennenlernen war eigentlich eher beiläufig. Er war der, der die Kunstobjekte der Leuna-Werke verwaltete. In den Wendejahren für mich nicht die wichtigste Aufgabe. Aber so schnell kann und muss man sich korrigieren… Wenn nicht dieser Claus-Jürgen Kämmerer, damals noch ein eher stämmiger Typ, diese nicht wie sein Eigentum betrachtet hätte, da ließe sich trefflich spekulieren… Dank auch seiner Kompetenz und Hartnäckigkeit ist dieser Schatz zusammengehalten worden. Er hat unablässig und stets mit Freude und seinem ihm eigenen Humor selbst ein Stück Kunstgeschichte, ja in der Region geschrieben. Es war für viele anfänglich fast eine ‚Schnapsidee’ im Kulturhaus Leuna, das Mitte der 90er Jahre geschlossen war, in der ehemaligen Bibliothek eine Galerie einzurichten. Er hat alle Zweifler eines besseren belehrt, es ist eine wunderbare Galerie geworden, der er 10 Jahre Inhalt und Leben gegeben hat. Manchmal hatte ich den Verdacht, dass zu den Eröffnungen der eine oder andere eigentlich nur kam, um die Einführungen von Claus-Jürgen Kämmerer zu hören. Sie waren immer etwas Besonderes. Seine bescheidene Art, sein Humor, seine Interpretation - er würde sagen: ‚meine Sicht auf die Dinge – aber schauen Sie selbst’ – hat jede Eröffnung auf eine ganz eigene Weise zu etwas Besonderem, Einzigartigem gemacht. Seine Sicht auf die Dinge wird mir fehlen! Wir haben, danke seiner Hilfe und Unterstützung, wunderbare Ausstellungen in unserer Partnerstadt Wesseling zeigen können, die im kunstverwöhnten Kölner Raum durchaus Anerkennung fanden… Sein Engagement, seine Liebe zur Kunst, sein Talent, Menschen auf diesem Wege mitzureißen, zu begleiten, zu beraten, ja auch zu unterhalten, hat ihn zu einem Botschafter der Kunst… gemacht. Es gab ein einstimmiges Votum im Stadtrat Leuna, Claus-Jürgen Kämmerer dafür in diesem Jahr mit der Ehrennadel der Stadt Leuna zu ehren. Ich habe dies gern getan und auch im Angesicht seines schlechten Gesundheitszustandes mit der großen Hoffnung verbunden, ihn lange an unserer Seite zu haben. – Leider wurde dieser Wunsch nicht erfüllt“.

Claus-Jürgen Kämmerer (der auch Filmkenner und –vorführer, Freund, Hobbymusiker und Musikliebhaber, Ehemann, Vater und Großvater war), Galerist.

 

 

 

Curtis Lee Mayfield

* 3.6.1942 in Chicago, † 26.12.1999 in Roswell, Georgia, amerikanischer Soul-Musiker

 

People get ready” dürfte einer der bekanntesten und meist gecoverten Songs Curtis Mayfields sein.

 

People get ready

There’s a train a-coming

There’s a train a-coming

You just get on board

 

Seine Komposition „For Your Precious Love“, gilt sogar als erste Soulsingle überhaupt.

 

All you need is faith

To hear diesels humming

You don't need no ticket

You don't need no ticket

 

„Am 13. August 1990, während eines Open-Air-Auftritts im New Yorker Stadtteil Brooklyn, traf ihn eine von einem Sturm losgerissene Lichttraverse“, weiß Wikipedia, „Er war danach vom Hals abwärts gelähmt, begab sich aber zumindest für kurze Zeitabschnitte noch ins Studio oder komponierte im Krankenbett.

 

There's room for all

Among the loved and lost

Now there ain't no room

For the hopeless sinner

Whom would hurt all mankind

Just to save his own

Have pity on those

Whose chances are thinner

'Cause there's no hiding place…

Ohh people get ready…

 

Curtis Mayfield starb im Alter von 57 Jahren an Diabetes.

 

 

 

Einar Schleef

* 17.1.1944 als Einar Wilhelm Heinrich Schleef in Sangerhausen, † 21.7.2001 in Berlin, deutscher Autor und Künstler

 

Was Kunst werden soll, muss brennen.

 

„Was war das Außerordentliche an Einar Schleef?“, fragte der Kritiker Günther Rühle in einem Artikel 14 Tage nach Schleefs Tod und antwortete: „Dass sich in seiner Energie und seinem Willen alle Künste versammelten. Die des Theaters, die der Literatur, die der Malerei und der Grafik, die der Musik, die der Choreographie, die der Kostümbildnerei und der Fotografie. Alle beherrschte er, in der Theorie war er so stark wie im Tun.“

Und Elfriede Jelinek urteilte in ihrem Nachruf: „Es hat nur zwei Genies in Deutschland nach dem Krieg gegeben, im Westen Fassbinder, im Osten Schleef. Sie waren beide unersättlich, aber nur, um umso mehr geben zu können. Am Schluss haben sie sich selbst gegeben.“

Erste Erfolge feierte Schleef in der DDR, so beim Berliner Ensemble als Bühnenbildner wie dann auch als Co-Regisseur von B. K. Tragelehn. Heiner Müller sagte über deren Zusammenarbeit: „Das war die einzige Zeit nach Brecht, in der das Berliner Ensemble lebendig war.“ Als Tragelehn und Schleef 1976 das Angebot bekamen, am Burgtheater Wien zu inszenieren, reisten beide zu Vorarbeiten nach Österreich und Schleef kehrte (im Gegensatz zu Traglehn) nicht in die DDR zurück.

Nach einer Übergangszeit wirkte Schleef dann in Frankfurt am Main und kehrte nach der Wende nach Berlin zurück, arbeitete nach Reibereien aber auch in Düsseldorf sowie erneut in Wien.

Einar Schleef schrieb zahlreiche Theaterstück, Romane, Erzählungen, Hörbücher, Tagebücher, schuf diverse Illustrationen und stellte sein malerisches, grafisches und fotografisches Schaffen vielenorts aus. Er erhielt zahlreiche Preise und namhafte andere Regisseure brachten seine Stücke in etlichen Theatern bundesweit auf die Bühne.

Im Alter von 57 Jahren starb Einar Schleef an Herzversagen.

 

 

 

Nellie Bly

* 5.5.1864 als Elizabeth Jane Cochrane in Cochran’s Mills, Pennsylvania, † 27.1.1922 in New York City, amerikanische Journalistin

 

Nelly Bly hat eine Stimme

Wie die Turteltaube,

ich hörte sie auf der Wiese

und ich hörte sie im Hain.

Nelly Bly hat ein Herz,

warm wie eine Tasse Tee,

und eine größere Süßkartoffel

unten in Tennessee.

Hehe! Nelly, Ho!

 

Stephen Foster, dem wir Songs wie „Oh! Susanna“ oder „Old Folks at Home“ zu verdanken haben, schrieb 14 Jahre vor Elizabeth Cochranes Geburt das Lied „Nelly Bly“. Und nachdem sich Elizabeth Cochrane als eine der ersten investigativen Journalistinnen Aufsehen erregt hatte, legte sie sich das Pseudonym Nellie Bly zu.

Unter diesem Namen kam auf die Idee, zu prüfen, ob es möglich sei, was Jules Verne geschrieben hatte, nämlich in 80 Tagen um die Welt zu reisen. Und tatsächlich schickte Joseph Pulitzer sie für die „New York World“ schließlich los: Am 14. November 1889, um 9.40 Uhr ging Nellie Bly in Hoboken an Bord der „Augusta Victoria“ eines Schiffes der Hamburg America Line, und ihre 40.070 Kilometer langer Trip begann. Zeitgleich startete für den New Yorker „Cosmopolitan“ die Reporterin Elizabeth Bird in selber Mission, jedoch in entgegengesetzter Richtung, es begann also ein öffentlichkeitswirksamer Wettbewerb.

Nellie Bly fuhr durch England nach Frankreich, wo sie in Amens Jules Vernes traf, weiter nach Brindisi, durch den Suez-Kanal nach Colombo, Penang und Singapur, Hongkong und Japan, wo sie die „Oceanic“ der White Star Line gen San Francisco bestieg. Dort traf sie allerdings mit zwei Tagen Verspätung aufgrund pazifischer Stürme ein. Joseph Pulitzer organisierte jedoch einen Privatzug, und so kam Nellie Bly am 25. Januar 1890, um 15.51 Uhr in New Jersey an – nach nur 72 Tagen! Ihre Konkurrentin schipperte da noch über den Atlantik und traf erst viereinhalb Tage später  in New York ein.

Ihre Biografin Brooke Kroeger urteilte: „Der Einsatz von ‚Stuntgirls’ wurde oft als auflagensteigernde Spielerei der Sensationspresse abgetan. Das Genre bot Frauen jedoch auch die erste kollektive Gelegenheit, zu zeigen, dass sie als Klasse über die Fähigkeiten verfügten, die für die allgemeine Berichterstattung auf hohem Niveau erforderlich waren. Die Stuntgirls, mit Bly als Vorbild, waren die ersten Frauen, die in den journalistischen Mainstream eintraten.“

Nellie Bly starb im Alter von 57 Jahren an einer Lungenentzündung.

 

 

 

Adelbert von Chamisso

* 30.1.1781 als Louis Charles Adélaide de Chamissot de Boncourt in Châlons-en-Champaggne, † 21.8.1838 in Berlin, deutscher Naturforscher und Dichter

 

In der Vorrede zu Adelbert von Chamissos „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ steht zu lesen: „Man hat Chamisso oft mit der Frage gequält, was er mit dem ‚Schlemihl’ so recht gemeint habe? Oft ergötzte ihn diese Frage, oft ärgerte sie ihn. Die Wahrheit ist, daß er wohl eigentlich keine spezielle Absicht, deren er sich so bewußt gewesen, um davon eine philiströse Rechenschaft zu geben, dabei gehabt. Das Märchen entstand, wie jedes echt poetische Werk, in ihm mit zwingender Notwendigkeit, um seiner selbst willen.“ Peter Schlemihl, der seinen Schatten für einen nie versiegenden Sack Gold verkaufte und, statt glücklich zu werden, aus der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen wird.

Chamisso selbst sagte im Vorwort zu einer französischen Ausgabe des „Schlemihl“: Gegenwärtige Geschichte ist in Hände von besonnenen Leuten gefallen, die, gewohnt nur zu ihrer Belehrung zu lesen, sich darüber beunruhigt haben, was denn wohl der Schatten bedeute. Mehrere haben darüber curiose Hypothesen aufgestellt; andere, indem sie mir die Ehre erwiesen, mich für gelehrte zu halten als ich es bin, haben sich an mich gewandt, um durch mich die Lösung ihrer Zweifel bewirkt zu sehen. Die Frage, mit welcher sie mich bestürmten, hat mich über meine Unwissenheit erröten lassen. […] Die Finanzwissenschaft belehrt uns hinlänglich über die Wichtigkeit des Geldes; die des Schattens ist minder allgemein anerkannt. Mein unbesonnener Freund hat sich nach dem Gelde gelüsten lassen, dessen Wert er kannte, und nicht an das Solide gedacht. Die Lektion, die er teuer bezahlen müssen, soll, so wünscht er, uns zu Nutze kommen, und seine Erfahrung ruft uns zu: Denket an das Solide!

Und Adalbert von Chamisso hat uns solide weit mehr als einen Schatten hinterlassen: Von 1815 bis 1818 nahm er als Naturwissenschaftler an einer Weltumseglung teil, erforschte Polynesien, Mikronesien und Hawaii, fand die legendäre Nordwestpassage, kartografierte große Teile der Küste Alaskas, erfasste die Flora Alaskas und beschrieb die Lebensgewohnheiten der Eskimos und Aleuten. Er war Mitglied der Leopoldina und ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften.

Adelbert von Chamisso starb im Alter von 57 Jahren an Lungenkrebs. Seine testamentarischen Bestimmungen für Beisetzung und Grab lauteten: Ich will ganz ohne Prunk und in der Stille in die Erde versenket werden. Es mögen nur ein paar Freunde sehen, wo meine Asche bleibet, und sich niemand sonst bemühen. Soll die Stelle bezeichnet werden, mag ein Baum es thun, höchstens eine kleine Steinplatte. Ich verbiete auf jeden Fall jegliche andere Grabinschrift als meinen Namen, nebst Datum der Geburt und des Hinscheidens.

Dem wurde entsprochen.

 

 

 

Hans Grundig

* 19.2.1901 in Dresden, † 11.9.1958 ebd., deutscher Maler

 

Im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ konfiszierten die Nazis im Jahr 1937 acht Werke von Hans Grundig: die Ölgemälde „Heideschonung im Mondschein“,Knabe mit gebrochenem Arm“ ,„Knabenbildnis“, zweimal „Landschaft“ und „Mutter“, die Radierung „Pferde und Hund“ sowie die Zeichnung „Mädchen“. Fünf davon wurden zerstört.

Und im Jahr darauf wurde Hans Grundig zusammen mit seiner Frau Lea sogar inhaftiert. Während er nach einem halben Jahr wieder frei kam, blieb Lea Grundig bis Ende 1939 in Haft, emigrierte dann. Hans Grundig musste in einem Strafbataillon der Wehrmacht dienen und lief 1944 zur Roten Armee über. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte er als Rektor er Rektor der Hochschule für Bildende Kunst in Dresden.

Im Alter von 56 Jahren wandte er sich sogar noch der Literatur zu, schrieb den autobiografischen Roman „Zwischen Karneval und Aschermittwoch“, für den er in seinem Todesjahr mit dem Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR geehrt wurde.

 

 

 

Niccolò Paganini

* 27.10.1782 in Genua, † 27.5.1840 in Nizza, italienischer Geiger

 

Goethe urteilte über den „Teufelsgeiger“ Niccolò Pagini: „… der Mephistopheles ist ein viel zu negatives Wesen, das Dämonische aber äußert sich in einer durchaus positiven Tatkraft. Unter den Künstlern findet es sich mehr bei Musikern, weniger bei Malern. Bei Paganini zeigt es sich im hohen Grade, wodurch er denn auch so große Wirkungen hervorbringt.“

„Carl Guhr schrieb 1829 ein Traktat, das sich systematisch mit der Ästhetik von Paganinis Violinspiel und mit dessen Techniken beschäftigt. Es zeigt, dass Paganinis Eigenheiten fast gänzlich auf dem traditionellen italienischen Violinspiel insbesondere Tartinis und Locatellis fußten. Was ihn davon unterschied, sind der exzessive Gebrauch der besonders schwierigen tradierten Techniken und die damit auf der Bühne erzeugte Aura des Persönlichen und Genialen. Längst bevor Paganini Europa bereiste, konnten seine Fähigkeiten anhand der 1820 als Opus 1 veröffentlichten, den ‚Artisti’ zu Studienzwecken gewidmeten ‚24 Capricci’ für Violine solo erahnt werden. Sie enthalten fast all seine für ihn typischen technischen Anforderungen“, weiß Wikipedia. „Aus Carl Guhrs Traktat lässt sich zusammenfassen: Paganini bespannte seine Violine mit dünneren Saiten als üblich u.a. wegen des leichteren Umstimmens, der Ansprechbarkeit der höchsten Lagen und des Flageoletts sowie des Mischens von Bogenstrich und Pizzicato der linken Hand. Der Steg war flacher gestaltet. - Das rechte Bein wurde vorgestellt, die Oberarme blieben dicht am Körper, der linke Ellenbogen wurde weit nach rechts gedreht, die Violine wurde ohne Halter unter dem Kinn gehalten und nach unten geneigt. Das ermöglichte Paganini eine entspannte Haltung und eine freie Beweglichkeit der Finger auf dem Griffbrett. - Beim ausschließlichen Spiel auf der G-Saite war diese auf b hinauf gestimmt. In vom Orchester begleiteten Stücken in B-Tonarten wurde die Violine um einen Halbton höher gestimmt. Dadurch konnten auf der Violine die klangvollen Kreuztonarten gegriffen werden, während die begleitenden Streichinstrumente die matteren B-Tonarten griffen, so setzte sich die Solostimme vom Orchester ab. - Paganinis Bogen war sehr lang und in der höchsten Spannung nahezu gerade, also weder nach der einen noch der anderen Richtung gebogen. Die starke Spannung begünstigte das Springbogenspiel. Auftakte strich Paganini oft mit Abstrich, Betonungen mit Aufstrich. - Höchst virtuos beherrschte Paganini die Mischung von Bogenstrich und Pizzicato mit der linken Hand, eine Technik, die in der früheren italienischen Schule zu Zeiten Niccolò Mestrinos bereits häufig angewendet worden war. Er setzte sie u.a. ein, um eine gestrichene Melodie mehrstimmig im Pizzicato zu begleiten. Das Doppelfalegolett über lange Passagen war ein besonderer klanglicher Effekt. Berühmt war er für rasante Geschwindigkeiten und eine große Bandbreite der Dynamik vom quasi gehauchten Ton bis zum weit tragenden Fortissimo.“

Im Alter klagte Paganini über zahlreiche Beschwerden. Als er  Linderung im milden Klima Nizzas suchte, schrieb er an Berlioz:  „Wenn der Himmel es erlaubt, werde ich Sie im Frühjahr wiedersehen. Ich hoffe, daß mein Zustand sich hier bessern wird. Diese Hoffnung ist die letzte, die mir noch übrigbleibt.“

Doch Anfang Mai zwang ihn ein schwerer Anfall ins Bett und wenige Woche später starb er im Alter von 57 Jahren. Über die Ursachen seines Todes wurde gerätselt, und letztlich zwei Gutachten aus den Jahren 1831 und 1846 seines Freundes, des Arztes Francesco Bennati zugrunde gelegt. Danach litt der geniale Geiger an den Folgen einer Masernenzephalitis aus früheren Jahren und an syphillisch-tuberkulösen Beschwerden aus mittleren Jahren, die sich in einer Kehlkopftuberkulose mit Aphonie und einer großflächigen Knochennekrose des Unterkiefers mit Zahnverlust manifestierten und mit einem Blutsturz zu seinem Tod führten. Teuflisch.

 

 

 

Wilfried Georg (W. G.) Sebald

* 18.5.1944 in Wertach, † 14.12.2001 in Norfolk, deutscher Schriftsteller

 

Susan Sontag sagte: „Gibt es das noch große Literatur? Zu den wenigen Antworten gehört das Werk W. G. Sebalds.“

Der Literatur-Nobelpreisträger J. M. Coetzee urteilte: „Sebald Bücher heben sich vom Prosaischen im alltäglichen Sinn des Wortes ab. Die geheimnisvolle Leichtigkeit, mit der er ein solches Abheben erreicht, ist der klarste Beweis für sein Genie.“

Der Literaturwissenschaftler Heinrich Detering schrieb: „Schon lange ist W. G. Sebalds Erzählkunst in der gegenwärtigen deutschen Literatur etwas Einzigartiges. In dieser beunruhigend formvollendeten Geschichte hat sie eine Art Vollkommenheit erreicht.“

„Niemand schreib so betörende Prosa wie W. G. Sebald. Seine lang ausgreifenden rhythmisch schwingenden Satzlandschaften umgreifen die Gegenstände voller Zuneigung und Diskretion“, meinte der Literaturkritiker Jörg Plath und der Dichter der Dichter und Übersetzer William Simone Di Piero: „Sebald erzählt nicht einfach Geschichten. Sein Erzählen selbst bietet ein Modell des Bewusstseins, das uns zeigt: Sich seiner selbst ganz bewusst zu sein bedeutet, an unheilbaren Schwindelanfällen zu leiden.“

W. G. Sebald (der seine Vornamen nicht mochte, da er „Wilfried“ beispielsweise für einen richtigen Nazi-Namen hielt, insofern stets unter W. G. Sebald publizierte und sich von Freunde Max nennen ließ) schrieb Prosa, Lyrik und Essays, am bekanntesten vielleicht: „Die Ausgewanderten“, „Die Ringe des Saturn“, „Nach der Natur. Ein Elementargedicht“, „Schwindel. Gefühle“, „Austerlitz“, „Unerzählt“, oder „Luftkrieg und Literatur“.

W. G. Sebald starb im Alter von 57 Jahren bei einem Autounfall infolge eines Herzinfarktes und wurde auf einem kleinen Friedhof südlich von Norwich, wo er seit seinem 32. Lebensjahr lebte, beigesetzt. Auf dem Gelände der Norwicher University of East Anglia, wo er seit seinem 26. Lebensjahr lehrte, pflanzte seine Familie zur Erinnerung an den Autor eine Blutbuche und umstellten diese mit einer kreisförmigen Sitzbank, deren Form „Die Ringe des Saturn“ assoziiert und die ein Zitat aus „Unerzählt“ ziert: „Unerzählt bleibt die Geschichte der abgewandten Gesichter.“

 

 

 

Charles Dickens

* 7.2.1812 als Charles John Huffam Dickens in Landport, Pseudonym: Boz, † 9.6.1870 auf Gad’s Hill Place in Higham, englischer Schriftsteller

 

Im Jahr 2015 wählten internationale Literaturkritiker vier der Romane von Charles Dickens zu den bedeutendsten Großbritanniens: „Bleak Hause“, „David Copperfield“, „Dombey & Sohn“ und „Große Erwartungen“. Weiterhin zählen zu seinen weithin bekannten Werken „A Christma Carol“, Eine Geschichte aus zwei Städten“ und „Oliver Twist“.

Der Kritiker Ralph Fox urteilte: „Dickens war ein Genie, das dem Roman seinen vollen epischen Charakter wiedergab, dessen fruchtbarer Geist Geschichten, Gedichte und Menschen schuf, die für immer in das Leben der englisch sprechenden Welt eingingen. Einige seiner Gestalten haben ein fast sprichwörtliches Leben erlangt, sie sind zu einem Teil unseres modernen literarischen Volksguts geworden, und das ist bestimmt das Höchste, was ein Autor erreichen kann: er kann es nur mit Hilfe von Genie, Menschlichkeit und einem Gefühl für die Poesie des Lebens. Seine Phantasie, die Gewalt seiner dichterischen Beschwörung, dazu seine Fähigkeit, immer wieder neue Vorfälle zu erfinden, seine Menschen als Spiegelbilder aller möglichen alltäglichen und liebenswerten menschlichen Schwächen und Tugenden zu schildern, eroberten ihm sein Publikum.“

Der Anglist Georg Seehase schrieb: „In seinen Romangestalten hat Dickens die Erfahrungen seines bewegten Lebens verarbeitet. Schon las Elfjähriger war der 1812 geborene Charles gezwungen, die Schulbank mit einem Platz in einer Schuhwichsfabrik zu vertauschen, wo er täglich mehr als zehn Stunden arbeiten musste, um die bittere Not der Familie zu lindern. Die Gläubiger verklagten seinen Vater und brachten ihn ins Schuldgefängnis. Das waren zwei Tiefpunkte im Leben von Charles Dickens, die er nie ganz verwinden konnte. Später als Parlamentsberichterstatter gelang ihm mancher Blick hinter die Kulissen des ‚wohlanständigen’ Lebens. In dieser Zeit wurzelt Dickens’ Abneigung gegen das Parlament und viele politische Institutionen des damaligen Englands. Auch als er sich bereits auf der Höhe seines Erfolges als Schriftsteller befand, blieb er seinen Ideen treu, und wir finden die Behandlung sozialer Probleme in allen seinen Werken.“

Charles Dickens starb im Alter von 57 Jahren infolge eines Schlaganfalls und wurde in der Westminster Abbey beigesetzt.

 

 

 

Friedrich Wilhelm Adam Sertürner

* 19.6.1783 in Neuhaus, † 20.2.1841 in Hameln, deutscher Apotheker

 

Im Alter von 22 Jahren gelang es Friedrich Wilhelm Adam Sertürner aus getrocknetem Milchsaft des Schlafmohns ein Alkoloid zu isolieren, das er nach Morpheus, dem griechischen Gott des Traumes benannte: Morphin.

Friedrich Wilhelm Adam Sertürner arbeitet als Apotheker in Einbeck und Hameln, wurde Ehrenmitglied des norddeutschen Apothekervereins und starb im Alter von 57 Jahren an der Gicht, die er vergeblich mit Morphium zu lindern versucht hatte.

 

 

 

Friedrich Bödecker

* 22.7.1896 in Bockenem, † 30.4.1954 in Hannover, deutscher Pädagoge

 

Friedrich Bödecker begann eine Ausbildung zum Volksschullehrer, an der Präparandenanstalt in Hannover, die er jedoch erst nach dem Westen Weltkrieg anschließen konnte. 1920 wurde er Lehrer einer einklassigen Dorfschule in Borwede, später in Rüssen.

Seit jeher galt sein Interesse dem Lesen. Als engagierter Lehrer bemühte er sich, seine Begeisterung für Bücher auch auf seine Schüler zu übertragen. Er baute eine Schulbücherei auf und besprach in diversen Ausschüssen mit anderen Lehrern empfehlenswerte Kinder- und Jugendbücher.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er durch sein Engagement Vorsitzender der Vereinigten Jugendschriften-Ausschüsse in Niedersachsen und berief bis zu seinem Tode 23 Jugendschriften-Ausschüsse in ganz Niedersachsen ein. Sie reichten von Norden in Ostfriesland bis nach Göttingen und verfassten Beurteilungen zu Kinder- und Jugendbücher, von Neuerscheinungen nicht zuletzt.

Von 1950 bis 1952 wurde er dann an das niedersächsische Kultusministerium abgeordnet mit der Aufgabe, in den acht Regierungsbezirken des Landes jeweils eine Wanderausstellung für die Schulbüchereien zu organisieren mit begleitenden Fachtagungen durchzuführen sowie neue Ideen zur Leseförderung zu entwickeln. So lud er erstmals Autoren zu Lesungen und Diskussionen an Schulen ein

Nach dem plötzlichen Tod Friedrich Bödeckers, wurde die kurz vorher gegründete „Arbeitsgemeinschaft Buch, Film und Fernsehen“, in Friedrich-Bödecker-Kreis umbenannt, der dann sukzessive auch bundesweit zu agierte.

 

 

 

Prince

* 7.6.1958 als Prince Rogers Nelson in Minneapolis, Minnesota, † 21.4.2016 in Chanhassen, Minnesota, amerikanischer Musiker

 

Der Sänger, Songwriter, Komponist, Multiinstrumentalist, Musikproduzent und Schauspieler Prince erhielt zu Lebzeiten unter anderem einen Oscar und sieben Grammys. Postum wurde er bei den Grammy Award 2022 in der Kategorie „Best Historical Album“ für das Album „Sign o' the Times Super Deluxe Edition erneut für einen Grammy nominiert.

Weltberühmt wurde Prince im Alter von 26 Jahren durch seinen Film und Song „Purple Rain“. Das zugehörige Album belegte 26 Wochen lang ununterbrochen Platz 1 der US-Charts.

Puple rain, purple rain

Puple rain, purple rain

Puple rain, purple rain

On only wanted to see you

Bathing in the purple rain

Und offenbar „badete” Prince in Geld: sein Nachlass wurde auf 156,4 Millionen Dollar fixiert. Als Prince 1987 in Stuttgart gastierte, berichtete die „Stuttgarter Zeitung“: „Er belegt im Hotel ‚Graf Zeppelin‘ 27 Einzel-, zehn Doppelzimmer und drei Suiten, weil er ja allein schon fünf Leibwächter dabei hat. Vom Koch ganz zu schweigen, der den Zeppelin-Kollegen über die Schulter schauen soll, damit sie dem Prinzle nicht das Frühstücksei versalzen. Hoheit selbst geruhen zwei Suiten mit ihrer Anwesenheit zu adeln, weil ein Bechsteinflügel und das ganze Body-Building Gerät einfach Platz brauchen. Die eigene Bettwäsche hat er auch einfliegen lassen: weißer Satin mit gelben und rosa Blümchen drauf, als Garnitur zwei Schaffelle.“

Doch am Ende wurde der medikamentenabhängige Star im Fahrstuhl seines Paisley Park Studios leblos aufgefunden. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Laut Obduktionsbericht war eine Überdosis des Schmerzmittels Fentanyl, die sich Prince – möglicherweise unabsichtlich - selbst verabreicht hatte, die Ursache seines Todes.

 

 

 

Babur

* 14.2.1483 als Zahir ad-Din Muhammad Babur in Andischon, Ferghanatal, † 26.12.1530 in Agra, erster Mogul

 

Babur begründete das indische Mogulreich. Er verfasste aber auch eine Autobiografie, das „Baburnama“ sowie zahlreiche Gedichte. Neben der chronologischen Darstellung historischer Abläufe widmet sich das „Banurnameh“ auch der Flora und Fauna Hindustans. Wikipedia weiß: „Ausführlich beschreibt er etwa den jasun (Hibiscus rosa sinensis) mit seiner Blüte, die die Größe einer Rosenblüte hat und intensiver gefärbt als die eines Granatapfels ist. Er vergleicht die gefüllte Blüte mit einem von den Sprossachsen der Blütenblätter umgebenen Herzen. Sie verblühen an einem Tag. Ferner beschreibt er den Oleander, der wie der Pfirsich fünf Blütenblätter besitzt, die rot oder weiß sein können, die wohlriechenden Pandanusblüten (Pandanus odoratissimus)[und den Jamsin.“

Und Babur beschreibt auch die Gärten Timurs in Samarkand. In Kabul ließ Babur Gärten anlegen, darunter den Bāgh-e Bābur. „Für den Bāgh-i-wafa in Adinapur ließ Babur im Jahr 1523 Kochbananen aus Indien importieren. Später führte er Pflanzen aus Zentralasien nach Indien ein und war erfreut, dass sie hier gediehen. So baute ein Belutsche im Jahr 1528 in Agra Melonen an, auch Trauben gediehen“, setzt Wikipedia fort. „Auch Gärten in Delhi und Agra gehen auf Baburs Pläne zurück. Der Char-Bāgh in Agra liegt am Ufer des Jumna auf sehr schlechten und unattraktiven Gelände. ‚Wir überquerten es mit hundertfachem Abscheu und Schauder...’ – es stand aber kein anderes Land zur Verfügung.[Als erstes wurde ein Brunnen gegraben, um die Badehäuser zu versorgen. Dann wurde das zentrale Becken (haud) und dessen Einhegung angelegt. Der Garten enthielt auch ein achteckiges Becken und Tamarisken. Es wurden Beete angelegt, in denen Rosen und Narzissen „in perfekter Anordnung“ wuchsen. Babur betont, wie er im „unschönen und unordentlichen Indien“ Ordnung und Symmetrie einführt, und wie er seinen Garten durch Beete, Rabatten und Parterres gliedert. Nimla liegt ca. 40 km von Dschalalabad entfernt. Der Bāgh-i-Wafa, „Garten der Treue“, ist bisher nicht lokalisiert, wird aber in der Nähe von Dschalalabad vermutet. Hier bedeckte Klee den Boden; es wuchsen unter anderem Kochbananen, Granatäpfel, Apfelbäume, Zuckerrohr und Pappeln. Eine Miniatur aus dem Babur-nameh aus der Zeit von Akbar I. zeigt, wie Babur persönlich die Anlage des Gartens überwacht. Babur sammelte wildwachsende Tulpen für seine Gärten und ließ Stecklinge von orientalischer Platane, Efeu und Sauerkirschen anlegen.“

Im Alter von 57 Jahren starb Babur in Agra. Sein Mausoleum steht jedoch sich in seiner Lieblingsstadt Kabul, inmitten der Gartenanlage Bāgh-e Bābur.

 

 

 

John Logie Baird

* 13.8.1888 in Helensburgh, † 14.6.1946 in Bexhill-on-Sea, schottischer Erfinder

 

John Logie Baird gilt als Pionier des Fernsehens, präsentiert am 26. Januar 1926 das weltweit erste live funktionierende Fernsehsystem. Und „am 8. Februar 1928 gelang Baird die transatlantische Übertragung eines Fernsehbildes von London nach New York“, weiß Wikipedia.. „Das Bild lief zunächst über Telefonleitungen zu einem Kurzwellensender in Coulsdon, von wo aus es über den Atlantik gestrahlt wurde. Im selben Jahr folgte mit dem ersten Farb-Fernseher (mit synchron rotierenden Farbfiltern vor Kamera und Empfänger) ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Fernsehens“, weiß Wikipedia. „Die BBC sendete von 1930 bis 1935 in dem von Baird eingeführten Verfahren mit 30 Zeilen und 12,5 Bildern/s, nachdem 1929 bereits Versuchssendungen ausgestrahlt worden waren; letzteres – in Zusammenarbeit mit der Berliner Fernseh-AG – parallel auch in Deutschland.“

Als er in London beim „Daily Express“ versuchte für seine Erfindung zu werben, soll der einen Angestellten zugerufen haben: „Um Himmelswillen, gehen Sie runter zur Rezeption und beruhigen Sie einen Verrückten, der dort unten ist. Er sagt, er hat eine Maschine, um per Funk zu sehen! Er hat vielleich ein Rasiermesser bei sich!“

Während des Zweiten Weltkriegs experimentierte John Logie Baird sogar schon mit farbigem 3D-Fernsehen. Wikipedia weiß weiter: „Als größtes Verdienst Bairds dürfte neben seinen zweifellos beachtlichen Erfindungen (siehe auch: Narrow Bandwidth Television) vor allem sein, dass er publikumswirksam die Möglichkeiten des Fernsehens vorführte, es so populär machte und somit auch die technische Entwicklung insgesamt sehr beschleunigte.“

John Logie Baird starb im Alter von 57 Jahren infolge eines Schlaganfalls.

 

 

 

Michael Brecker

* 29.3.1949 in Philadelphia, † 13.1.2007 in New York City, amerikanischer Saxophonist

 

Michael Brecker sagte einmal: Ich versuche eine Platte mit etwas Geheimnisvollen zu machen, eine, die mehr als ein Zuhören aushält. Und das gelang ihm mit den fast 20 Alben, die er zeitlebens herausbrachte, eindrucksvoll.

Die „New York Times“  urteilte: „Sein Ton war stark und fokussiert, und manches seiner erkennbaren Sprache erinnerte an Coltrane. Aber er konnte auch Pop, wo ein Solo schnell auf den Punkt kommen muss, daher war Mr. Brecker vor allem ein Experte für spannende kurze Solos. Er konnte den ganzen Tonumfang des Saxophons in einem kurzen Solo nutzen, von Altissimo bis zu tiefsten Tönen, und das mit den reichen, gefühlvollen Phrasierungen von Saxophonisten wie Junior Walker verbinden.“

Oft wirkte Michael Brecker mit seinem Bruder Randy zusammen, aber auch mit Chet Baker, George Benson, Dave Brubeck, Gary Burton, Don Cherry, Chick Corea, Herbie Hancock, Freddie Hubbard, Quinc Jones, Pat Metheny, Charles Mingus, Joni Mitchell, Jaco Pastorius, Horace Silver, Tony Williams, John Lennon, Melanie Safka, Frank Sinatra, Bruce Springsteen, Frank Zappa oder Steely Dan. Insgesamt wirkte er auf 900 Alben mit und wurde mit 11 Grammys geehrt.

Michael Brecker starb im Alter von 57 Jahren an Leukämie.

 

 

 

Hans Conrad Dietrich Ekhof

* 12.8.1720 in Hamburg, † 16.6.1778 in Gotha, deutscher Schauspieler

 

Conrad Ekhof gilt als einer der besten deutschen Schauspieler des 18. Jahrhunderts und wurde schon zu Lebzeiten als „Vater der deutschen Schauspielkunst“ bezeichnet.

Bekannt wurde er in 1760/1770er Jahren als führender Akteur der „Hamburgischen Enterprise“ und der „Seylerschen Schauspielgesellschaft“. Seim Debüt hatte er als Mitglied der „Schönemannschen Gesellschaft“ am 15. Januar 1740 in Lüneburg. Im April 1753 gründete er in Schwerin die erste „deutsche Schauspielakademie“. Weitere wichtige Stationen seines Schauspielerlebens neben Hamburg waren Danzig, Hannover, Wetzlar und Weimar.

In Gotha gründete Herzog Ernst II im Oktober 1775 das erste deutsche Hoftheater mit festen Ensemble, dem Conrad Ekhof als einer von zwei Direktoren vorstand. Das Gothaer Hoftheater entwickelte sich rasch zum Mittelpunkt des deutschen Theaterlebens. Nicht von ungefähr begann August Wilhelm Ifflands Karriere hier. Zum letzten Mal stand Conrad Ekhof am 11. Februar 1778 als Geist von Hamlets Vater auf der Bühne.

Goethe sagte: „Ekhof durch seine edle Persönlichkeit, die dem Schauspielerstand eine gewissen Würde mitteilte, deren er bisher entbehrte, hob die […] Figuren […] ungemein, indem der Ausdruck von Rechtlichkeit ihm, als einem rechtlichen Manne, vollkommen gelang.“

 

 

 

August Friedrich Ferdinand von Kotzebue

* 3.5.1761 in Weimar † 23.3.1819 in Mannheim, deutscher Autor

 

August von Kotzebue war ein ungemein produktiver Autor. Er verfasste mehr als 220 Lustspiele und Dramen, dazu autobiografische und historiografische Schriften. Allein Goethe inszenierte 87 Kotzebue-Stücke für etwa 600 Vorstellungen.

Kotzebues Popularität war beispiellos, nicht bloß in Deutschland, sondern auch auf den Bühnen des europäischen Kulturraums. Neben August Wilhelm Iffland war Kotzebue der produktivste und erfolgreichste Bühnenautor seiner Zeit. Sein Erfolg basierte auf seinem Gespür für populäres Theater in Stoff und Gestaltung. Beispiele dafür sind seine Komödien Der Wildfang, Die beiden Klingsberg und Die deutschen Kleinstädter, die eindrückliche Genreschilderungen deutschen Lebens enthalten. Berühmte Komponisten der Zeit vertonten seine Texte: Ludwig van Beethoven komponierte die Musik zu Kotzebues Die Ruinen von Athen (op. 113) sowie zu König Stephan (op. 117) anlässlich der Eröffnung des neuen Opernhauses in Pest im Jahre 1812; Antonio Salieri schrieb die Schauspielmusik zur Wiener Aufführung der Hussiten vor Naumburg (1802/03); und auch der junge Franz Schubert vertonte einige Libretti des Dichters, darunter das Singspiel Der Spiegelritter D 11 (1813) und die „natürliche Zauberoper“ Des Teufels Lustschloss D 84 (1813/14). Albert Lortzing schrieb 1843 sein Libretto zur Oper Der Wildschütz nach Kotzebues Lustspiel Der Rehbock oder Die schuldlos Schuldbewußten“, weiß Wikipedia. „Kotzebue galt als ein Vater der dramatischen Trivialliteratur, womit ihm zugleich ein Anteil an der Schaffung einer bürgerlichen Öffentlichkeit im Deutschland des 19. Jahrhunderts als Verdienst verblieb.

Dann griff er in seinem „Literarischen Wochenblatt“ jedoch er die deutschen Burschenschaften und Turnerbünde als Brutstätten der Revolution an, geißelte den Liberalismus und verspotteten den Turnvater Jahn wie die Ideale der deutschen Nationalbewegung in der nachnapoleonischen Zeit.

Daraufhin wurde auf dem Wartburgfest 1817 Kotzebues „Geschichte des deutschen Reichs“ symbolisch verbrannt, und zwei Jahre darauf erstach ein Burschenschaftler August von Kotzebue in seinem Wohnhaus vor den Augen seines vierjährigen Sohnes.

 

 

 

Carl Schorlemmer

* 30.9.1834 in Darmstadt, † 27.6.1892 in Manchester, deutscher Chemiker

 

Im September 1954 wurde die Technische Hochschule für Chemie Leuna-Merseburg gegründet und erhielt anlässlich ihres 10. Geburtstages den Namenszusatz „Carl Schorlemmer“. Acht Jahre darauf dürfte ich dort als Chemie-Student während der Einführungsvorlesung Biografisches über Carl Schorlemmer erfahren haben: Sohn eines Schreiners, Apothekerlehrer, Chemiestudium in Gießen, Assistenzstelle dann Professor in Manchester, Entdeckung neuer Isomerieverhältnisse zwischen verschiedenen Halogeniden der Kohlewasserstoffe und der dazugehörigen Alkohole, Wegbereiter der Petrolchemie, Mitglied der Philosophical Society, der Royal Society, der American Philosophical Society sowie der Leopoldina, und nicht zuletzt: Freund von Friedrich Engels und Karl Marx.

So recht schien mich das allerdings ebenso wenig interessiert zu haben wie das Chemiestudium als solches, das ich eigentlich nur begonnen hatte, da ich Berufsmusiker werden wollte, man das in der DDR zu jener Zeit als Rocker jedoch noch nicht sein durfte. Zu erwartende Reaktion also, dass ich bereits nach zwei Semestern mangels Studieneifer geext wurde.

Ende März 1993 wurde dann im Zuge der Neuordnung der Hochschullandschaft des neuen Bundeslandes Sachsen-Anhalt die Technische Hochschule für Chemie Leuna-Merseburg „Carl Schorlemmer“ aufgelöst und es entstand nach und nach die Hochschule Merseburg – University of Applied Sciences. An einem Löschwasserteich auf dem Campus erinnert noch ein Denkmal an den einstigen Patron.

Friedrich Schorlemmer, von 1971 bis 1978 Studentenpfarrer an der nach seinem Namensvetter benannten Hochschule und namhafter Wende-Aktivist betonte stets, dass er mit Carl Schorlemmer nicht verwandt sei.

 

 

 

Ernst Weiß

* 28.8.1882 in Brünn, † 15.6.1940 in Paris, österreichischer Schriftsteller

 

Im Klappentext des vom Literaturwissenschaftler Dieter Kliche herausgegebenen Essayband „Die Ruhe in der Kunst“ von Ernst Weiß steht zu lesen: „Nahezu unbemerkt blieb bislang, was der Romancier Ernst Weiß im Laufe von zwanzig Jahren scheinbar ganz nebenher als Essayist und Rezensent geleistet hat. Bereits 1923 hatte sein Freund Franz Kafka auf die in Prager Zeitungen veröffentlichten Bemerkungen zur ‚Ruhe in der Kunst’, zur ‚Kunst des Erzählens’, über den ‚Genius der Grammatik’ aufmerksam gemacht und eine Sammlung dieser gedankentiefen Aufsätze empfohlen. Aber erst anlässlich des hundertsten Geburtstages erschien eine umfassende Ausgabe der publizistischen Arbeiten. Allein die lange Namensliste, die den weiten literarischen Horizont des Literaturkritikers aufreißt, vermag die Neugier zu wecken. Ob Weiß nun ein Wort zu Macbeth verliert, ob er sich zur klassischen chinesischen Denkdichtung, zu Cervantes, Rousseau oder Casanova äußert, ob er über Goethe, Kleist, Heine oder Stifter nachdenkt, ob er sich zu Balsac und Dostojewski als zwei ihm sehr nahestehenden Vorbildern ins Verhältnis setzt, ob er sich nahezu hymnisch zu Joseph Conrad und Jack London bekennt, ob er die Werke von Kafka oder Italo Svevo analysiert – in jeder Äußerung zu einem Autor oder zu einem Buch besticht die sprachliche Prägnanz und gedankliche Schärfe. Mit imponierender Treffsicherheit werden die ideellen Grundlinien nachgezeichnet und sichtbar gemacht.“

Und das tragische Schicksal von Ernst Weiß verarbeitete Anna Seghers in ihrem Roman „Transit“: Vor den Nazis nach Paris geflohen, nahm Ernst Weiß, als er den Einmarsch der Wehrmacht in Paris miterleben musste, in seinem Hotelzimmer Gift und schnitt sich die Pulsadern auf. Seit seinem Selbstmord gilt ein großer Koffer mit unveröffentlichten Manuskripten als verschwunden.

 

 

 

Wiglaf Droste

* 27.6.1961 in Herford, † 15.5.2019 in Pottenstein, deutscher Autor

 

Im Alter von 44 Jahren wurde Wiglaf Droste mit dem Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis ausgezeichnet. Die Jury begründete dies mit dem Satz: "Vergleiche zu Autoren wie Kurt Tucholsky sind angebracht und begründbar. Seine Satiren und Glossen sind sprachliche Kabinettstücke von hohem literarischem Rang." Und dpa teilte mit: „Droste ist immer dann am besten. Wenn er gegen Sprechblasen stichelt und die heiße Luft rauslässt.“

Seine Glosse „Rot lackiert. Eine Begriffsverteidigung“ endet beispielsweise: Bis heute denke ich bei den Wort „rot lackiert“ nicht an blöde Faschisten, sondern an etwas Schönes, Aufregende und noch immer Verheißungsvolles. Und an einen Jungen, dessen Gefühlslage ich heute so beschrieben würde:

So steht man da, fünfjährig unschuldig,

in seiner Unterhose einen Steifen,

und lernt, nicht ohne Seelenschmerz:

Zum Manne muss man erst reifen.

Der Schriftsteller Carsten Otto sagte nach dem Tod von Wiglaf Droste: „Im Grunde erfand er eine neue Textform, nämlich die der satirischen Polemik beziehungsweise polemischen Satire. Etiketten interessierten ihn aber ohnehin nicht. Und wer immer ihn auf eine Meinung oder gar politische Position festlegen wollte, wurde überrascht. Er legte sich mit so gut wie allen Leuten aus dem Feuilleton an, mit berühmten Schriftstellern und fast so berühmten Literaturkritikern, er pöbelte gegen Esoterik und Geschwurbel im linksalternativen Milieu genauso wie gegen neue und alte Nazis.“

Und Arno Frank schrieb im „Spiegel“: „Um politische Kolumnisten von vergleichbarer Wucht zu finden, müsste man die Fahndung bis weit in das vorige Jahrhundert hinaus ausdehnen. Peter Hacks, Hans Fallada, Kurt Tucholsky, Karl Kraus - mit dem es sich Droste, wäre er Kolumnist bei der ‚Fackel’ gewesen, aber sicher auch irgendwann verdorben hätte.“

Wiglaf Drostes Glosse „Draußen nur Kännchen. Eine Erinnerung“ endet so: Und so fiel mir doch ein sentimentales Sehnen an nach den Schrecken des „Draußen nur Kännchen!“, das ich, in Anlehnung an Marlene Dietrich, in einem alten Lied verarbeitete:

Wo sind all die Kännchen hin,

wo sind sie geblieben?

Wo sind all die Kännchen hin,

was ist geschehn?

Mit den Kännchen ist es so:

Kaffee gibt’s nur noch to go.

Wann wird man je verstehn,

wann wird man je verstehn?

Wiglaf Droste, der alkoholkrank war, starb im Alter von 57 Jahren an den Folgen einer Leberzirrhose.

 

 

 

Christine Lavant

* 4.7.1915 als Christine Thonhauser, in Großeding, verheiratet Habernig, † 7.6.1973 in Wolfsberg, österreichische Schriftstellerin

 

Christine Lavant kränkelte seit ihrer Kindheit, im Alter von 4 Jahren wurde sie als nicht mehr lebensfähig angesehen. Im Alter von 27 Jahren hatte sie dann jedoch ihren ersten Roman vollendet, der allerdings nie gedruckt wurde. Nun wurde sie auch noch depressiv und wies sich selbst in die Nervenheilanstalt Klagenfurt ein. Über die hier gemachten Erfahrungen schrieb sie den Text „Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus“, der aber erst postum erschien.

Im Alter von 30 Jahren begann sie Gedichte zu verfassen, dann auch Erzählungen. 1949 erschienen der Gedichtband „Die unvollendete Liebe“ und die Erzählung „Das Krüglein“. Weitere Bücher sollten kontinuierlich folgen. Einen Sammelband gab sogar Thomas Bernhard heraus und sagte dazu: „Diese Buch dokumentiert die Chronologie der Christine Lavant, die bis zu ihrem Tod weder Ruhe noch Frieden gefunden hat und die in ihrer Existenz durch sich selbst gepeinigt und in ihrem christlich-katholischen Glauben zerstört und verraten war; es ist das elementare Zeugnis eines von allen guten Geistern missbrauchten Menschen als große Dichtung, die in der Welt noch nicht so, wie sie es verdient, bekannt ist.“

 

Ich will das Brot mit den Irren teilen,

täglich ein Stück von dem großen Entsetzen,

auch die Glocke im Herzen,

dort, wo die Taube nistet

und ihre winzige Zuflucht hat

in der Wildnis über den Wassern.

Lange hab ich als Stein gehaust

am Grunde der Dinge.

Aber ich habe die Glocke gehört

leise von deinem Geheimnis reden

in den fliegenden Fischen.

Ich werde fliegen und schwimmen lernen

Und das Steinerne unter den Steinen lassen,

die Schwermut betten in Perlmutter,

doch der Zorn und das Elend erheben.

Meine Flügel sind älter als deine Geduld,

meine Flügel flogen dem Mut voraus,

der das Irren auf sich nahm.

Ich will das Brot mit den Irren teilen

dort in der furchtbaren Wildnis der Taube,

wo die Glocke das große Entsetzen drittelt

zum dreifachen Lau deines Namens.

 

Während einer Lesung bei den St. Veiter Kulturtagen lernte Christine Lavant 1950 den Maler Werner Berg kennen. „Eine tiefe gegenseitige Zuneigung erfasst die beiden Künstler“, berichtet die Werner-Berg-Monografie der Galerie Bleiburg.

Christine Lavant starb im Alter von 57 Jahren im Kärntner Landeskrankenheim Wolfsberg nach einem Schlaganfall.

 

Mein Schlaf ist ins Wasser gegangen.

Seinen Mantel und seine Schuhe

Hat mir die Nacht durch das Fenster geworfen,

gebunden an einen Stein.

Nun muß ich schlafwandeln gehen,

auf und nieder in meiner Stube,

und meine Augen sich füllen sehen

mit dem Bildnis des Wassers.

Mein Schlag ist vorausgegangen.

Ich muß noch seinen bleiernen Mantel

Und seine glühenden Schuhe abtragen,

muß den Stein seines letzten Traumes zerkauen,

dann darf ich ihm folgen.

 

 

 

Vítěslav Nezval

* 26.5.1900 in Biskoupky, † 6.4.1958 in Prag, tschechischer Dichter

 

Damit der Mensch lang lebt,

dass froh der Hirt den Krug voll Milch genieße,

den Fischen nicht der Fluss ausfließe,

 in meinem Dorf und anderswo,

sing ich den Frieden.

 

Vítězslav Nezval gilt als führende Persönlichkeit des tschechischen Surrealismus. Im Alter von 53 Jahren wurde er in seiner Heimat zum Nationalkünstler ernannt und erhielt für sein in viele Sprachen übersetztes Gedicht „Ich singe den Frieden“ die goldene Medaille des Weltrats für Frieden.

Ludvík Kundera sagte: „Das Ideal der allumfassenden Harmonie in der Antike war Nezval gewiß nicht fremd; ihm ging es jedoch nicht um Wiedergeburt, um Neugeburt eines bereits Dagewesenen, sondern um die Entstehung eines ganz Neuen. Das ist das Ziel, so lange utopisch, das sich nun über seinem Vers wölbt, das ist der Sinn der Poesie:

Ich gebe den Dingen neue Namen,

um ihre menschliche Gleichung zu definieren…

Vítězslav Nezval starb im Alter von 57 Jahren während einer Scharlacherkrankung infolge eines Herzinfarkts.

 

Ich sing den Frieden, schweige nicht,

hilf mir, mein Lied, die Welt behüten,

 Mensch und Maschine, Apfelblüten,

 die sich ins Haar das Mädchen flicht.

 

 

 

Amerigo Vespucci

* 9.3.1454 in Florenz, † 22.2.1512 in Sevilla, italienischer Entdecker

 

Als der Kartograf Martin Waldseemüller eine neue Weltkarte samt einer „Einführung in die Kosmografie“ schaffen und dabei den von Kolumbus neu entdeckten Kontinent mit berücksichtigen wollte, schlug ihm der humanistische Philologe Matthais Riemann vor, diesen nach Amerigo Vespucci zu benennen – da er irrigerweise der Meinung war, nicht Kolumbus, sondern Vespucci sei der Entdecker. Und so kam der Name „Amerika“ in die Welt.

Tatsächlich hatte Vespucci als Vertreter des Bankhauses Medici in Sevilla die Kolumbus-Expedition mit finanziert, und in den Jahren 1497, 1499 und 1501 segelte er auch selbst in die Neue Welt. Er erforschte große Teile der Ostküste Südamerikas, gab beispielsweise Venezuela den Namen.

Und er der erste Europäer, der erkannte, dass diese Neue Welt nicht nur eine Anhäufung von Inseln, sondern ein Kontinent ist, und publizierte das in seinen Schriften, von denen „Mundus Novus“ wohl die am weitesten verbreitete war und so auch den Herren Waldseemüller und Riemann untergekommen sein könnte.

 

 

 

Gertrude Bell

*14.7.1868 als Gertrude Margaret Lowthian Bell in Washington Hall, County Durham, † 12.7.1926 in Bagdad, britische Historikerin und Autorin

 

Im Alter von 24 Jahren reiste Gertrude Bell erstmals in den Nahen Osten, hielt sich sechs Monate in Teheran auf und war fasziniert von land und Leuten: Ich habe nie gewusst, was eine Wüste ist, bis ich hierher kam. Es ist etwas ganz Wunderbares! Und plötzlich, aus dem Nichts, aus einem bisschen kalten Wasser bricht ein Garten hervor. Und was für ein Garten! Bäume, Brunnen, Becken, Rosen und ein Haus darin, Häuser, wie in unseren Kindermärchen! Besetzt mit winzigen Spiegeln in zauberhaften Mustern, blaue Fliesen, Teppich, das Plätschern fließenden Wassers, und der Brunnen. Hier sitzt der verzauberte Prinz – feierlich, würdevoll, in lange Gewänder gekleidet. Er schreitet Dir entgegen, wenn Du eintrittst, sein Haus ist Deines, sein Garten ist Deiner, sein Tee und seine Früchte – alles ist Dein. Euer Sklave von Gottes Gnaden hofft, dass die Gesundheit Eurer Hoheit gut ist? Sie ist sehr gut, dank Seiner großen Güte. Würden sich Eure Herrlichkeit zu diesem Kissen begeben? Eure Herrlichkeit setzt sich und verbringt zehn Minuten damit, mit ihrem Gastgeber blumige Komplimente auszutauschen, die ein Dolmetscher übersetzt, während Eis und Kaffee serviert werden; und danach reitest Du erfrischt, verzaubert und mit vielen Segnungen auf Deinem glücklichen Haupt nach Hause. Ach, wir kennen keine Gastfreundschaft im Westen und keine Manieren.

Zurück aus dem Nahen Osten schrieb Gertrude Bell ihren Riesebericht „Persian Pictures“ und übersetzte Gedichte von Hafis ins Englische, reiste um die Welt und versuchte sich als Bergsteigerin. Eines der Schweizer Engelhörner, das sie als erste bestieg, heißt seitdem „Gertrudspitze“.

Zurück im Nahen Osten widmete sie sich auch der Archäologie, bereiste vor allem das Stammesgebiet der Beni Sakr, die ihr den Ehrentitel „Tochter der Wüste“ verliehen, und verfasste das Buch „Am Ende des Lavastroms. Durch die Wüsten und Kulturstätten Syriens“.

Während des Ersten Weltkrieges spielte sie ebenso wie der berühmte „Lawrence von Arabien“ eine große Rolle bei der politischen Neuordnung des Nahen Ostens, war als Verbindungsoffizierin des Britischen Geheimdienstes an der Gründung des heutigen Irak beteiligt und eine Vertraute des irakischen Königs Faisal I. Gertrude Bell wirkte auch maßgeblich an der Aufrichtung des Irakischen Nationalmuseums in Bagdad mit.

Zwei Tage vor ihrem 58. Geburtstag starb Gertrude Bell infolge einer Überdosis Schlaftabletten.

 

 

 

Pierre de Fermat

* Ende 1607 in Beaumont-de-Lomagne, † 12.1.1665 in Castres, französischer Jurist und Mathematiker

 

Pierre de Fermats große Entdeckungen in der Zahlentheorie, die seinen Ruhm bis heute begründet haben, fallen in die Jahre 1638 bis 1643. Zwischen Juli und Oktober 1654 wechselten Blaise Pascal und Pierre de Fermat Briefe über die gerechte Aufteilung des Einsatzes eines Glücksspiels bei vorzeitigem Abbruch des Spiels. Diese Korrespondenz gilt als Markstein in der Frühgeschichte der Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Der französische Mathematiker Jean Alexandre Eugène Dieudonné urteilte: „Fermat, unzweifelhaft der tiefgründigste Mathematiker des siebzehnten Jahrhunderts, schuf mit Pascal die Anfangsgründe der Wahrscheinlichkeitstheorie und entdeckte, vor Descartes, die Koordinatenmethode. Er war der Erste, der eine allgemeine Methode zur Bestimmung der Tangenten an ebene Kurven vorstellte; aber es war vor allem die Zahlentheorie, in der sich sein Genie offenbarte.“

Und der englische Mathematiker Keith Devlin sagte: „Als Pierre de Fermat am 12. Januar 1665 starb, war er einer der berühmtesten Mathematiker in Europa. Obwohl sein Name heutzutage ausnahmslos mit der Zahlentheorie verbunden wird, war vieles von seinem Werk in diesem Gebiet seiner Zeit so weit voraus, daß er seinen Zeitgenossen besser vertraut war durch seine Forschung in der Koordinatengeometrie […], durch die Infinitesimalrechnung (die Newton und Leibniz vollendeten) und durch die Wahrscheinlichkeitstheorie.“

In seinem letzten Brief an Christiaan Huygens schrieb Pierre de Fermat: …vielleicht wird mir die Nachwelt zu danken wissen, daß ich ihr gesagt habe, daß die Alten nicht alles gewußt haben. Diese Mitteilung wird im Geist derjenigen, die nach mir kommen, als Fackelübergabe an die Jungen gelten, wie der Großkanzler von England es ausdrückte, und ich füge, indem ich dessen Meinung und Wahlspruch folge, hinzu: Multi pertransibunt et augebitur scientia (Viele werden dahingehen, aber die Wissenschaft wächst).

 

 

 

Helmut Gustav Friedrich Qualtinger

* 8.10.1928 in Wien, † 29.9.1986 ebd., österreichischer Kabarettist

 

„Man hat dem österreichischen Schriftsteller und Schauspieler Helmut Qualtinger nachgesagt, seine Stücke, Sketche, Satiren, Geschichten und Feuilletons wären ‚böse’ Sachen, und Kundige erzählen, in Wien würde Kindern mit seiner berühmten Figur, dem Herrn Karl, gedroht“, steht im Klappentext der von Werner Liersch im Verlag Volk und Welt herausgegeben Textsammlung „Im Prater blühn wieder die Bäume“ zu lesen. „Dabei malt Qualtinger keineswegs den Teufel an die Wand. Er ist kein Schwarzseher. Aber genau sieht er schon hin: Der schlampige Charme von Figuren wie dem Travnicek oder eben jenes Herrn Karl, des Delikatessenhändlers, enthüllt sich als die gemütlich-gemeine Maskierung der Kleinbürgerei. Wo es um Heuchelei und Gesinnungslosigkeit, um versteckte Selbstgerechtigkeit und zur Schau getragene Anpassung geht, macht Qualtinger Augen und Ohren auf. Da entgeht ihm nichts. Was die entsprechenden Typen verbergen möchten, spürt er auf, kehrt er nach außen, meist ohne etwas direkt zu sagen. Die Texte sind voller hintergründiger Gesten und Töne. Manchmal wird die ganze Ehrlosigkeit einer korrupten Bürgerwelt dadurch entlarvt, wie einer ‚Habe die Ehre’ sagt. ‚Ich nehme die Gesellschaft selbst aufs Korn – nicht den einzelnen Anlaß…’ meint der Autor zu seinen Texten, die in der literarischen Tradition von Nestroy, Karl Kraus oder Ödön von Horvath stehen und mancherlei mit den schaurigen Enthüllungen eines Elias Canette gemeinsam haben. Echter Wiener Satiriker ist Helmut Qualtinger auch in seiner Wirkung; das Lachen bleibt meist im Halse stecken.“

Als Schauspieler wirkte Helmut Qualtinger in zahlreichen Filmen mit. Bei den Dreharbeiten zu „Der Name der Rose“ erkrankte er schwer und starb dann kurz vor seinem 58. Geburtstag an alkoholbedingter Leberzirrhose.

 

 

 

Zalman „Zal“ Yanovsky

* 19.12.1944 in Toronto, † 13.12.2002 in Kingston, Ontario, kanadischer Gitarrist

 

Auf den Spuren Walter Bauers gelangten Jeanny und ich im Sommer 1998 auch nach Kingston. Wenn ich gewusst hätte, dass Zal Yanovsky, der in meiner Jugendzeit mit „The Lovin’ Spooful“ den Welthit „Summer in the City“ gelandet hatte, hier lebte, hätte ich vielleicht versucht, ihn zu besuchen – allein unserer Namen wegen: Yanovski – Jankofsky, da hätte’s doch was zu Lachen gegeben, oder?

Von Cornwall erreichen Jeanny und ich den Sankt-Lorenz und fahren stromaufwärts durch malerische Flusslandschaften, altes Irokesen-Gebiet, bis Kingston. Während der Fahrt resümieren wir, dass Kanada zweifelsohne ein grandioses Urlaubsland ist, für uns aber als alternative Lebensform nicht in Frage käme. Keine der hier angetroffenen Lebensformen könnte uns länger als zwei, drei Tage begeistern, wenn überhaupt. Die allgemeine Kontaktscheu (die sich durchaus auch in oberflächlicher Freundlichkeit äußern kann) scheint uns daraus zu resultieren, dass die Leute hier (zumal wenn sie Auswanderer sind) jeweils an einem Point of no return ankamen und sich, wie Walter Bauer in der Fremde, die hier durch die Weite des Landes allgegenwärtig ist, so eingerichtet haben, dass kleine Alltage in beschränkter, überschaubarer Umgebung Nähe schaffen, neue Heimat. So erscheint denn auch nicht verwunderlich, dass eine Kellnerin in Kingston beim Smalltalk (alles sehr nett, keine Frage) nicht mal das nahe und relativ große Cornwell kennt - wie gesagt, alles nur 100, 200 Kilometer entfernt - ein Nichts für kanadische Verhältnisse. Kein Einzelfall, beileibe nicht, solche Erfahrungen haben wir Dutzende gemacht. Und wahrscheinlich kommt auch die miserable Ausschilderung der hiesigen Verkehrswege (die uns heute mal wieder etliche Male in die Irre schickt) aus diesem Geist: hiesige Verkehrsplaner können sich wahrscheinlich nicht vorstellen, dass jemand entlang fährt, der nicht gleich um die Ecke wohnt. Diese sogenannte Freiheit eines jeden einzelnen wird so natürlich bizarr, denn gepaart mit dem selfmademan-Denken führt dies zweifellos in Isolation. Je nach Charakterstärke dürfte die wiederum recht unterschiedlich wirken (Henry beispielsweise könnte wohl selbst in den menschenleeren Northwest-Territories ein erfülltes Leben führen), aber einen Nachbar um einen Schraubenzieher zu bitten, und dabei nicht gegen irgendwelche Konventionen zu verstoßen, kann man hierzulande wohl kaum.

Was muss Walter Bauer hier in diesen geistigen Provinzen und ohne Chance zu normalen, will sagen: gewohnten nachbarschaftlichen Beziehungen wohl durchlitten haben! Der deutschen Provinzialität wollte er entkommen und geriet hier in ein hypertrophiertes Dorf, in dem jeder dem anderen tunlichst aus dem Wege geht, um sein Ich zu finden und auszuleben! Nun gut, wie man weiß, entstehen auch (oder gerade) aus Leidensdruck Gedichte.

Nichtsdestotrotz erleben wir noch einen herrlichen Tag, fahren von Kingston durch die Landschaft der Hundred Islands bis Picton. Hier hat uns Henry ein Quartier empfohlen und vorbestellt. Und wir sind überwältigt: ein hochherrschaftliches Haus altenglischen Stils mit riesigem Rasengarten, abfallend zur Picton Bay, riesiges Zimmer mit riesigem Seeblick-Balkon - und alles für 115 Can$  -inklusive Frühstück! (Ich hatte schon verstohlen nach unserer letzten Barschaft geschielt...) Unser Wirt ist Deutscher und bittet uns in Hamburger Dialekt auch sogleich ihn Dieter zu nennen. Nun gut: Dieter wanderte 1953 (in meinem Geburtsjahr also) nach Kanada aus und hat es hier offensichtlich vom Handwerker zum Millionär gebracht. Nachdem uns zur Erfrischung hausgemachter Ice-Tea auf dem Balkon serviert wurde, steigen wir nochmals ins Auto, fahren zum Sandbanks Provincial Park: Endlos weiter (Süßwasser)Sandstrand und in der gewitterschwülen Abendstimmung scheint das Wasser des Ontario Sees am Horizont nahtlos in den schweren Himmel überzugehen. Wir schwimmen wie ins Unendliche, wie ins Nirwana, meinen tatsächlich irgendwie bergauf zu schwimmen.

Und ohrwurmgleich: Hot town, summer in the city / Back of my neck getting’ dirt and gritty / Been down, isn’t it a pity? / Doesn’t seem to be a shadow in the city / All around people looking half-dead / Walking on the sidewalk, hotter than a matchhead/ …In the summer in the city / In the summer in the city…

 

 

 

al-Mutanabbi

* um 917 als Abū t-Tayyib Ahmad ibn al-Husain ibn al-Hasan bin ’Abd as-Samad al-Dschu ’fi al-Kindi al Kūfi al-Mutanabbi, † 965 bei Bagdad, arabischer Dichter

 

Al-Mutanabbi prägte durch seine Werke und seinen Umgang mit der Sprache alle nachfolgenden arabischen Dichter. Er wirkte als fahrender Poet in Aleppo, Bagdad, Damaskus, Kairo, Kufa, Latakia, sicherte sich die Gunst zahlreicher Gönner, saß aber auch zwei Jahre im Gefängnis.

Er soll mehr als 320 Gedichte in der Form der Kassiden verfasst haben und sein Diwan, die Sammlung seiner Gedichte, enthält zu drei Vierteln Lobgedichte sowie Klagen, Satiren, Werbungen und Weisheiten.

Zuweilen lobte er sich auch selbst:

Die Leute, die mit mir zusammensitzen, wissen,

Daß ich der Beste bin, der je auf Füßen ging.

Ich bin’s, auf dessen Bildung auch der Blinde schaut,

Und meine Worte dringen gar ins Ohr des Tauben ein.

Und gern nutzte er medizinische Begriffe für Beschreibungen:

Du hast ihm (dem Fieber) gefallen mit deinem adligen Wesen,
darum ist es lang geblieben, um (deine) Glieder zu betrachten,
nicht um sie zu quälen.

Al-Mutanabbi kam bei einem Beduinen-Überfall ums Leben.

 

 

 

Thomas Bernhard

* 9.2.1931 als Nicolaas Thomas Bernhard in Heerlen, Niederlande, † 12.2.1989 in Gmunden, österreichischer Schriftsteller

 

Erstmals geriet Thomas Bernhard in die Schlagzeilen, als er im Alter von 37 Jahren bei der Verleihung des Österreichischen Staatspreises statt eine Fest- oder Dankesrede zu halten sagte: Es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt […] Der Staat ist ein Gebilde, das fortwährend zum Scheitern, das Volk ein solches, das ununterbrochen zur Infamie und zur Geistesschwäche verurteilt ist. Das Leben Hoffnungslosigkeit, an die sich die Philosophien anlehnen, in welcher alles letzten Endes verrückt werden muss. Wir sind Österreicher, wir sind apathisch; wir sind das Leben als das gemeine Desinteresse am Leben, wir sind in dem Prozess der Natur der Größenwahn-Sinn der Zukunft.“

Weitere Skandale folgten: bei der Uraufführung seines Stückes „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ während der Salzburger Festspiele 1972 untersagte er nach der Premiere weitere Aufführungen, da seine Forderung nach absoluter Dunkelheit, einschließlich Löschung des Notlichts, bei Ende des Stücks nicht nachgekommen worden war. 1985 wurde sein Buch „Holzfällen“ beschlagnahmt. 1988 wurde sein Drama „Heldenplatz“, das er zum 50. Jahrestag des „Anschlusses“ Österreichs an Nazi-Deutschland geschrieben hatte heftig diskutiert, wurde dann aber zum triumphalen Erfolg am Wiener Burgtheater. Und in seinem Testament hatte Thomas Bernhard ein allgemeines Aufführungs- und Publikationsverbot aller seiner Werke innerhalb der Grenzen Österreichs verfügt… (Sein Bruder erlaubte zehn Jahre später Ausnahmen.)

Zeitlebens veröffentlichte Thomas Bernhard mehr als 60 Werke, Gedichte, Dramen, Drehbücher, Erzählungen, Kinderbücher, Libretti, Romane, Schauspiele. Eine 22-bändige Gesamtausgabe seiner Werke erschien 2003 bei Suhrkamp.

Der ukrainische Germanist Dmytro Satonskyj urteilte: In seien befremdenden, tragischen und überaus suggestiven Büchern räumt Bernhard die Moränen beiseite, die die Habsburger Gletscher im heutigen Leben hinterlassen haben, er rührt an die Ursachsen von Selbstmord und Wahnsinn bei den heutigen Österreichern. […] Die Bücher Bernhards zerstören um des Aufbaus willen, um der Läuterungen der Nationen willen.“

 Thomas Bernhard starb 3 Tage nach seinem 58. Geburtstag infolge einer Lungeninfektion an Herzversagen.

 

 

 

Outhine Bounyavong

* 1942 in der Provinz Sainyabuli, † 2000, laotischer Schriftsteller

 

Outhine Bounyavong wuchs in der laotischen Hauptstadt Vientiane auf, wo Pierre Somchine Nginn, der Verfasser einer der ersten in laotischer Sprache verfassten Romane, einer seiner Lehrer war.

In den 1960er Jahren begann er dann selbst zu schreiben, Erzählungen vor allem, die in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht wurden. In seinen Geschichten stellt er immer wieder traditionelle Aspekte  des ländlichen Lebens in seinem Heimatland dar. Eine Sammlung seiner Geschichten wurde ins Englische übersetzt und erschien ein Jahr vor seinem Tod unter dem Titel „Mother’s beloved“.

 

 

 

Johannes Buridan

* um 1300 in Béthune, † um 1358, französischer Philosoph

 

Wer kennt nicht Buridans Esel: Der steht genau in der Mitte zwischen zwei völlig gleichartigen Heuhaufen und verhungert letztlich, da er sich für keinen der beiden Haufen entscheiden kann. Allerdings findet sich dieses Gleichnis nicht in den Schriften Johannes Buridans, es wird ihm wahrscheinlich fälschlicherweise zugeordnet, geht möglicherweise auf Aristoteles, al-Ghāzalī oder Dante zurück. Doch immerhin vertrat Johannes Buridan die Ansicht, dass der Wille seine Wirkung verliert, wenn der Verstand gleichwertige Möglichkeiten vor sich hat.

Und als Legende gilt mittlerweile auch, dass Johannes Buridan der Geliebte der Königin Johanne von Auvergne gehabt und die Universität Wien begründet habe. Er war Professor an der Pariser Universität und von 1325 bis 1348 deren Rektor.

 

 

 

Du Fu

* 12.2.712 in Gongyi, † 770 Tanzhou, chinesischer Dichter

 

Sterben wollt ich, gäbe es euch, geleibte Blumen, nicht,

geht’s ans Welken, fürcht ich, trifft’s den Alten gleicherweis.

Üppig von den Zweigen fällt der Blütenregen,

zarte Knospen öffnen sich bedacht und leis.

 

Du Fu gilt als einer der wichtigsten Autor der Tang-Zeit und als erster weltlicher Dichter Chinas. Mehr 1.400 seiner Gedichte sind überliefert. Du Fu war mit Li Bai befreundet, doch „im Gegensatz zu den Gedichten Li Bais stellen seine Gedichte häufig einen politischen Protest dar“, weiß Wikipedia. Zum geflügelten Wort geworden ist ein Vers aus Du Fus „Gesang in fünfhundert Schriftzeichen über meine Gefühle während der Reise von der Hauptstadt in den Kreis Fengxian“, der am Vorabend der An-Lushan-Rebellion von 755 die Verschwendungssucht der Reichen mit dem Elend des einfachen Volks kontrastiert:

Hinter hohen Zinnobertoren stinken Fleisch und Wein

Die Straßen von den Knochen der Erfrorenen gesäumt.

„Selbst oft ruhelos und Not leidend, prangerte Du Fu politische Missstände und soziales Elend an. Er ließ feudale Geprägtheit und die Anmaßung konfuzianischer Gelehrsamkeit hinter sich und litt mit den Geschlagenen, Getriebenen und Verfolgten“, schreibt Helga Scherner im Nachwort zu Du Fus Auswahlband „Anblick eines Frühlings“. „Liebe zu allen Wesen führt ihm den Pinsel, er barmt um einen Leuchtkäfer, um kranke Bäume oder das alte Pferd, er dankt dem Diener, der treu die Wasserleitung repariert und fühlt mit den Frauen am Schamanenberg. Im Gegensatz zur Konvention lässt er in seinen Versen eine verlassene Soldatenfrau sprechen und preist die Anmut der eigenen Frau. Seine Sehnsucht:

O gäbe es ein großes Haus mit Zimmern ohne Zahl!

Das machte alle Armen froh, so weit der Himmel reicht…

Du Fu erkrankte schwer an Malaria und war halbseitig gelähmt als er im Alter von 58 Jahren heimat- und mittellos auf einem Boot starb

Li Bai widmete Du Fu ein Abschiedsgedicht:

Es ist des Herbstes Welle, die den Si-Fluss peitscht –

Sieh, wie er frisch wie Meeresblau erstrahlt!

Zwei Wollgrasbüschel, hergeweht von weit –

Wann halten wir aufs neu in Händen den Pokal?

 

 

 

Bruno Sebald Frank

* 13.6.1887 in Stuttgart † 20.6.1945 in Beverly Hills, Kalifornien, deutscher Schriftsteller

 

Klaus Mann urteilte: „Als Dramatiker hat Frank, was meist nur die Franzosen mitbringen, die luzide, spirituelle, präzise Führung des Dialogs, dem sicheren Instinkt für die theatralische Wirkung. […] Alle Bücher Bruno Franks haben gemeinsam: einen noblen und feinen Stil […], ein echtes menschliches Gefühl […], eine große Kraft zum Mitleid; eine große Kraft zur Empörung gegen das Unrecht, die rohe Gewalt. Dieses legitime moralische Pathos, diese leidenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Bösen im Menschen ist schon spürbar in vielen seiner früheren Arbeiten.“

Der Essayist Konrad Paul schrieb: „ Franks Weg ins Exil und seine Aktivitäten dort, sein Mühen, dank seiner Erfolge als Repräsentant für die deutsche Emigration zu wirken – vor allem nachdem er 1937 in die Vereinigten Staaten gegangen wart – sowie die materiellen Unterstützung, die er und seine Frau für viele notleidende Kollegen organisierten, sind häufig beschrieben worden. Weniger bekannt hingegen ist, dass Frank als Drehbuchautor in Hollywood erfolgreich war – er arbeitete zum Beispiel an der Verfilmung des ‚Glöckners von Notre Dame’ mit – und auch im Exil neben den bekannten und viel gelesenen Romane Erzählungen geschrieben hat.“

Im Klappentext Bruno Franks im Buchverlag Der Morgen erschienen Erzählungsbandes „Der Himmel der Enttäuschten“ steht zu lesen: „Vorgängen seelischer Verkrüppelung oder seelischer Revolte gehört die besondere Aufmerksamkeit des Autors. Starke Gefühle erfahren Umkehrungen in ihr Gegenteil: Zuneigung führt zu Enttäuschungen, Liebe zu Hass; Surrogate ersetzen das Echte, Genie wird Wahnsinn, Erwerbssinn – Verbrechen. Bruno Frank desillusioniert. Als Aufklärer und Moralist appellierte er gern an ‚Güte’ und ‚Einsicht’, erfuhr aber, dass solche ‚Güte’ nur schwer zu machen ist.“

Nach dem Reichstagsbrand ahnte Bruno Frank, was kommen würde und emigrierte. Die Reichsschrifttumskammer setzte dann „sämtlichen Schriften“ Bruno Franks auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“.

Bruno Frank starb eine Woche nach seinem 58. Geburtstag im Exil. Ludwig Marcuse berichtete: „Aus seinem besten Schlaf, den er in den Nachmittagsstunden hatte, ist er nicht mehr aufgewacht“, und Thomas Mann: „Der sanfteste, unbewußteste Tod, bequem, friedlich, mit Zeitschriften auf der Bettdecke.“

 

 

 

Abdullah Goran

* 1904 als ʿAbd-allāh Solaymān Gorān in Halabdscha, † 18.11.1962 in Sulaimaniyya, kurdischer Dichter

 

Abdullah Goran wird „Vater der modernen kurdischen Literatur“ genannt. Er bereinigte die kurdische Dichtung von fremden, vor allem von arabischen, Einflüssen und „gab ihr Form, Rhythmus, Sprache und Inhalt, welche auf der kurdischen Realität, Kultur, Natur und Folklore basierten. Das arabische Metrum Urûz, das in der muslimischen Dichtung im Orient oft benutzt wurde, wurde gegen das Metrum der alten kurdischen Volkslieder ausgetauscht. Die arabischen und anderen Fremdwörter wurden aus dem Vokabular entfernt“, weiß Wikipedia. „Die dominierenden Themen in Gorans Dichtung sind sein Freiheitsideal und seine Liebe zu Kurdistan, Frauen und zur Natur. Seine Art diese Themen darzustellen, sind einzigartig in der kurdischen Literatur. […] Goran machte drei Phasen in seiner literarischen Laufbahn durch. Dies wird sowohl durch den Inhalt als auch die Form seiner Dichtung deutlich. Am Anfang machte er eine klassische Periode durch, als er in die Fußstapfen seiner Vorgänger trat. Danach machte er eine romantische Periode durch, in der Frauen und Natur seine wichtigsten Themen waren. Er fing an, die traditionellen Muster der Dichtung zu ändern. Charakteristisch war, dass Goran in der Frau die Natur sah und in der Natur die Frau. Dies wird in seinem Gedicht ‚Die Schönheit und die Frau’ deutlich. […] Er stellte in seiner raffinierten und innovativen Dichtung die sexuelle Diskriminierung der Frauen und besonders die Ehrenmode bloß. Er verurteilte dies in seinem Gedicht ‚Berde-nûsêk - Ein Grabstein’ scharf und deutlich.

Zu Lebzeiten von Abdullah Goran erschienen zwei Gedichtbände: „Behest u yādgār - Paradies und Erinnerung und „Fir-mēsk u huner - Tränen und Kunst“, ein dritter „Divan-e Gorān“ postum.

 

 

 

Matthias Grünewald

* 1470 in Würzburg, † 31.8.1528 in Halle/Saale, deutscher Maler

 

Isenheimer Altar, Himmelfahrt 2010

Irre, dieses, den Antonius heimsuchende Gelichter, diese Fressen, diese Fratzen – Heiliges Feuer, Aussatz, Pest… Was meingott musst du gesehen haben, Mathis, was muss dich gequält haben? Und was würdest du heute malen – Banker statt bankerter Dämonen?

 

 

 

Karl Konrad Friedrich Wilhelm Lachmann

* 4.3.1793 in Braunschweig, † 13.3.1851 in Berlin, deutscher Mediävist

 

Bei Karl Lachmann, der Begründer der wissenschaftlichen Textkritik, war mit Jacob und Wilhelm Grimm befreundet. Georg Waitz, einer seiner ehemaligen Berliner Studenten. arbeitete an der „Monumenta Germaniae Historica“, der zentralen Sammlung mittelalterlicher deutscher Quellen, mit und entdeckte 1841 im Merseburger Domstiftsarchiv geheimnisvolle Sprüche, die er Jacob Grimm zur Prüfung vorlegte. Der wiederum erkannte sogleich die Bedeutung dieser Texte und schlug bei seiner Antrittsrede in der Preußischen Akademie der Wissenschaften (wo Karl Lachmann längst Mitglied war) vor, sie fortan „Merseburger Zaubersprüche“ zu nennen.

Und diese uralten Verse treiben mich ein Leben lang um:

Vielleicht täusche ich mich, aber von Zaubersprüchen hörte ich während meiner Schulzeit nichts. Dabei wuchs ich in Merseburg auf, der alten Stadt an der Saale, die einzigartigen Beschwörungsformeln den Namen gab: den Merseburger Zaubersprüchen.

Eiris sázun idisi   sázun héra duoder – so beginnt der erste der beiden. Germanische Schicksalsgöttinnen, Idisen, versuchen Gefangene zu befreien. Und dann die eigentliche Zauberzeile: insprinc haptbandun   inuar uîgandun - frei übersetzt: Löse deine Fesseln, entfliehe den Feinden!

Diese Zeile habe ich mittlerweile vielen anempfohlen, denn fühlen wir uns im Alltag nicht oftmals wie gefesselt – in der Schule, der Familie, der Gesellschaft? Gängeleien, Stumpfsinn und Langeweile? Da sollte uns insprinc haptbandun   inuar uîgandun doch einen Versuch wert sein!

Ich hatte während meiner letzten Schuljahre, Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre, angefangen Rockmusik zu spielen. Das war mein Versuch, den Konventionen, den Fesseln jener Zeit zu entkommen. In Merseburg mitten in der DDR also, wo Rockmusik noch verpönt war und der Direktor meiner Penne mich ob unangepasster Haarlänge ewig zum Frisör zwang, der Schule also, wo statt Heimatgeschichte nur das sozialistische Vaterland eine Rolle spielte und ich ergo nie etwas von den Merseburger Zaubersprüchen gehört hatte.

Doch vielleicht täusche ich mich, denn woher sonst hätte ich den Mut zum Ausbrechen gehabt?

 

 

 

Mechthild von Hackeborn

* 1241 auf Burg Helfta † 19.11.1299 im Kloster Helfta, deutsche Mystikerin

 

„Als ihre Stund gekommen war, sagte der allmächtige Gott, der einzige Trost der Seele, die ihn liebt, zu ihr: ‚Venite vos, benedict Patris mei… Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz’, und nahm sie in seine Herrlichkeit“, schrieben ihre Mitschwestern im „Liber specialis gratae“, dem „Buch der besonderen Gnade“, in dem Mechthilds Mitschwestern Erlebnisse ihrer Novizenmeisterin notierten. Auch die Gottesmutter habe Mechthild Beistand in der Todesstunde zugesichert, wenn sie täglich drei „Ave Maria“ zum Gedächtnis des Wirkens der allerheiligsten Dreifaltigkeit bete.

Mechthild versprach sich viel von Selbstkasteiungen und hörte dabei in einer Vision einmal einen gar süßen Ton am Himmel widerhallen von dem Schall der Disciplin, welche zu jener Stunde die Schwestern für das gemeinschaftliche Heil empfingen. Bei dem Laufe dieses Schalls jubelten die Engel Beifall, die Dämonen, welche die Seele peinigten, entflohen weithin, die Seelen wurden von ihren Strafen erlöst, und die Ketten der Schuld gebrochen.

Mechthild meinte, Gott einen Ersatz für das Ärgernis ihrer Lieder bieten zu müssen und wälzte sich in ihrem Bett in Glasscherben oft bis zur Bewegungsunfähigkeit.

Brautmystik war auch eines ihrer beliebten Themen: Sie fühle sich wie Wachs, das durch das Feuer der Liebe Jesu geschmolzen werde. Jesus schmiege sich an sie, drücke seinen rosafarbenen Mund ihrem Munde ein und vereinige sein Herz mit dem ihren. In anderen Texten, wiegte sie das Christkind und drückte es so fest an sich, dass sie dessen Pulsschlag hörte, legte sich mit Gott zu Bett und wurde einem Geschoss verwundet, das von einem Kreuze ausging.

Für seine „Göttliche Komödie“ inspirierte Mechthild Dante durch ihre Beschreibungen des Berges der Läuterungen. Ave!

 

 

 

Francisco de Peñalosa

* um 1470 in Talavera de la Reina, † 1.4.1528 in Sevilla, spanischer Sänger und Komponist

 

Francisco de Peñalosa war am spanischen Königshofe sehr geschätzt. 1506 verlieh ihm der König ein Kanonikat und ab 1511 wirkte er als Musiklehrer des Thronerben. Nachdem er zudem schon Jahre als Sänger in der Hofkapelle gedient hatte, berief ihn Papst Leo X. 1517 am die päpstliche Kapelle nach Rom. Nach dem Tod des Papstes kehrte er nach Sevilla zurück und wurde 1525 Schatzmeister der königlichen Kapelle.

Wahrscheinlich begann Francisco de Peñalosa erst nach seiner Rückkehr aus Rom ernsthaft zu komponieren. Seine Werke bilden einen Brückenschlag zwischen spanischer Klanglichkeit und dem franko-flämisch geprägten Musikstil jener Epoche. Als herausragende Komposition Peñalosas gilt die Motette „Deus qui manus tuas“.

Francisco de Peñalosa schuf liturgische und weltliche Werke, vor allem Messen, Hymnen und Motetten.

 

 

 

 

Dick Rowland

* 1902 als Jimmy Jones, † 1960 in Oregon?, afro-amerikanischer Arbeiter

 

Als Dick Rowland neunzehn war und seinen Lebensunterhalt als Schuhputzer in einem von Weißen geführten Glanzsalon in der Main Street von Tulsa bestritt. Da es Schwarzen dort nicht erlaubt war, die Toilette zu benutzen, lief Dick Rowland am 30. Mai 1921 zu einem nahe gelegenes Gebäude und stolperte, als er den Fahrstuhl betrat. Um nicht zu stürzen griff er das Erstbeste, was er erreichen konnte – den Arm der siebzehnjährigen, weißen Fahrstuhlführerin Sarah Page. Ein weißer Angestellter deutete das als Vergewaltigungsversuch und rief die Polizei.

Am nächsten Tag erschien die „Tulsa Tribune“ mit der Schlagzeile "Nab Negro for Attacking Girl in Elevator" und es wurde behauptete Rowland habe Page im Fahrstuhl angegriffen und ihre Kleidung zerrissen. Alsbald versammelten sich vor dem Gerichtsgebäude, in dem Rowland vorgeführt werden sollte, Weiße, und als sich das Gerücht verbreitete, Rowland solle gelyncht werden, erschienen Schwarze vor dem Gericht und es begann eine wilde Schießerei, bei der zehn Weiße und zwei Schwarze ums Leben kamen. Daraufhin kam es zum „Tulsa Race Massacre“: 16 Stunden lang wütete ein weißer Mob in Tulsas afro-american Quarters, 35 Blocks brannten ab, mehr als 1.250 Wohnungen wurden zerstört, mehr als 800 Menschen verletzt, mehr als 150 getötet.

Der Kommandant der Nationalgarde Oklahomas, Charles Franklin Barrett gab zu Protokoll: „Inmitten von blutwahnsinnigen Randalierern schien die gesamte farbige Abteilung in Flammen zu stehen, und Scharfschützen auf beiden Seiten feuerten ziellos weiter, während die Nationalgarde durch die überfüllten Straßen marschierte… Nach all meiner Erfahrung habe ich noch nie solche Szenen erlebt, die in dieser Stadt beim Höhepunkt dieser Unruhen herrschten - 25.000 Weiße, bis an die Zähne bewaffnet, durchstreiften die Stadt in völliger und rücksichtsloser Ignoranz von Gesetz und Ordnung. Vor Gewehren strotzende Autos kurvten durch die Stadt, ihre Insassen feuerten nach Belieben.“

Ruth Avery berichtete: „Es stand nie in den Geschichtsbüchern, aber es war der größte Aufruhr, den wir je in Amerika hatten… Ich habe mit dem Küster auf dem Oaklawn Cemetery gesprochen. Er sagte, dass Lastwagenladungen hereingebracht wurden und sie auf dem Armenfeld in der südwestlichen Ecke begraben wurden: Er sah zwei Lastwagenladungen mit Leichen. Sie waren Neger, deren Beine und Arme durch die Latten ragten. Ganz oben war ein kleiner Junge…, er sah aus, als hätte er Todesangst gehabt.“

Das Verfahren gegen Dick Rowland wurde im September 1921 eingestellt, nach seiner Freilassung verlieren sich seine Spuren.

 

 

  

 

 

 

Wang Xizhi

* 307 in der heutigen Provinz Shandong, † 365, chinesischer Kalligraph

 

Jeder waagerechte Strich ist ein Wolkenhaufen in Schlachtordnung, jedes Häkchen ist ein Bogen von großer Spannkraft, jeder Punkt ist ein Felsen, der vom Gipfel stürzt, jede Ausbiegung ist ein trockenes Weingerank von hohem Alter, jeder rasche, frei hingesetzte Strich ist ein Wettläufer am Start, sagte Wang Xizihi über seine Kalligraphien.

An einem Tag im Spätfrühling des Jahres 353 trafen sich Wang Xizhi und seine Freunde beim Orchideenpavillon in Kuaiji zum Dichten und Trinken. Sie ließen sich am nahen Flussufer nieder und setzten Weinschälchen ins Wasser. Derjenige, bei dem ein Schälchen anlandete, musste ein Gedicht verfassen. Am Abend sollte dann noch jeder Teilnehmer ein Gedicht zum Gedenken an diese Zusammenkunft verfassen. Sechzehn waren aber so betrunken, dass ihr Papier unbeschrieben blieb. Wang Xizhi aber schrieb ein Gedicht und fügte sogar noch ein Nachwort an, das Lanting Xu. Die 28 Zeilen dieses Epilogs gelten seitdem als ehrwürdiges Meisterwerk der chinesischen Kalligraphie. Kaiser Tang Taizong verfügte sogar, dass ihm eine Kopie des Lanting Xu mit ins Grab gegeben werde.

 

 

 

Francis Hagerup

* 22.1.1863 in Horten, † 8.2.1921 in Christiania,  norwegischer Politiker

 

Francis Hagerup wirkte als Professor für Rechtswissenschaft, norwegischer Justizminister und Ministerpräsident, sowie als Botschafter in Dänemark und Schweden und Vorsitzender des norwegischen Nobelkomitees.

Francis Hagerup war einer der wichtigsten Verfechter des Frauenwahlrechts in Norwegen. Er war Mitbegründer und später Ehrenmitglied der überparteilichen Frauenrechtsorganisation „Norsk Kvinnesaksforering“.

 

  

 

 

Ernst Ludwig Kirchner

* 6.5.1880 in Aschaffenburg, Pseudonym: Louis de Marsalle, † 15.6.1938 in Frauenkirch-Wildboden, Schweiz, deutscher Maler

 

Der berühmte Maler Ernst Ludwig Kirchner, Gründungsmitglied der Künstlergruppe „Brücke“ soll sich in der Nähe von Davos, wo er seit 1917 lebte, selbst getötet haben, nachdem die Nazis seine Werke gebrandmarkt und mehrere hunderte vernichtet hatten.

Der Journalist Frank Thadeusz recherchierte aber: „Drogen, Sex und Alkohol – sein Leben zelebrierte der Maler Ernst Ludwig Kirchner als Rockstar, lange bevor es Rock gab. Auch sein Tod verlief standesgemäß dramatisch: Der Künstler schoss sich im Jahr 1938 in die Brust. […] ‚Zwei Schüsse in die Herzgegend haben den Tod herbeigeführt’, hält der auffallend dürftige Obduktionsbericht vom 16. Juni 1938 fest. Doch ist es denkbar, dass sich ein Sterbewilliger zweimal hintereinander mit einer Pistole in die Brust schießt?“

Im Jahr 2021, anlässlich einer Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg wurde auch die Waffe gezeigt, mit der sich Ernst Ludwig Kirchner suizidert haben soll, eine „Browning FN 1910“, und der Waffenexperte Andreas Hartl führte mit einem baugleichen Modell Tests durch und meinte, dass es ‚so gut wie unvorstellbar’ sei, dass Kirchner den zweiten Schuss selbst abgefeuert habe.

Thadeuzs: „Um sich ein zweites Mal in die Brust zu schießen, hätte der bereits Schwerverletzte seinen Arm sehr stark anwinkeln, die Pistole gezielt neu ansetzen  und zudem die Sicherung an der Rückseite des Pistolengriffs drücken müssen – schier undenkbar für einen Menschen im Todeskampf. Hartls Schießstudien führten noch zu einer weiteren überraschenden Erkenntnis: Erst als er die Waffe aus mehreren Metern Entfernung abfeuerte, ergab sich auf einer Zielscheibe ein ähnliches Schussbild, wie es der Amtsarzt Georg Michel bei Kirchner diagnostizierte. Zwischen der sechsten und siebten Rippe machte der Mediziner seinerzeit ‚je eine kleine Einschussöffnung’ aus. Folglich weisen die Schießtests nicht auf einen Suizid hin, sondern darauf, dass eine von Kirchner stehende Person auf den Künstler gefeuert habe.“

Doch wer hat auf Ernst Ludwig Kirchner geschossen, wenn nicht er selbst?

Denkbar wäre, dass Kirchner Bergbauern durch Modelle, die nackt um seine Berghütte herumtanzten provoziert hatte. Oder dass seine Lebensgefährtin Erna Schilling, eine einstiges Nachtklubtänzerin, der er die Ehe versprochen hatte, sie aber ständig betrog und dann sein im Davoser Standesamt bestelltes Hochzeitsaufgebot drei Tage vor seinem Tod zurückzog?

Thadeusz mutmaßt: „Davos hatte sich zudem zur brauen Hochburg in der Schweiz entwickelt. Im Reich Hitlers gehörte Kirchner zu jenen verfemten Künstlern, deren Werke als ‚entartete Kunst’ diffamiert wurden. Nazis wäre ein Mord an ihm zuzutrauen.“

 

 

 

Nicolò Machiavelli

* 3.5.1469 als Niccolò di Bernardo die Machiavelli in Florenz, † 21.6.1527 ebd., italienischer Politiker und Autor

 

Der Romanist Werner Bahner schrieb: „Machiavellis Ideen hatten angesichts der historischen Konstellation keine Aussicht auf Realisierung, und das nicht nur, weil der ‚energische und mächtige Fürst’ sich nicht fand. Sie bleiben für seine Zeit ein Wunschgebilde, das allerdings auf einer sehr wirklichkeitsnahen kritischen Einschätzung der italienischen Politik seiner Zeit beruhte.“

Und der Politikwissenschaftler Rudolf Dadder (Pseudonym: Florian Russi) resümierte: „Machiavelli schrieb seine bekannten Werke in den Jahren 1513 bis 1521. […] Vieles, was er niederschrieb, ist nur aus seiner Zeit heraus zu verstehen, einiges lässt sich hingegen noch in der heutigen Zeit beherzigen. Dazu zählt sein Ratschlag, schmerzliche Dinge schnell und angenehme langsam zu tun, oder auch sein Hinweis, dass es sich nicht lohnt, denjenigen, den ich für mich gewinnen will, mit Wohltaten zu überhäufen. Auch seinen Rat, in Gebieten, in denen man Fuß fassen will, eigene Residenzen zu errichten, wird weltweit von den großen Unternehmen gefolgt. Sein Ansatz, dass Menschen zur Boshaftigkeit neigen, ähnelt dem Konfliktmodell in der modernen Politikwissenschaft, und auch heute gilt die Lehre, dass ein Saat sich nur halten kann, wenn er wehrhaft ist und sich auf verlässliche Verbündete stützt.“

Und in seinen „Discorsi“, wohl nicht minder bekannt als „Der Fürst“ sagt Nicolò Machiavelli selbst: „… die Mehrheit der Menschen läßt sich mit dem Schein so gut abspeisen wie mit der Wirklichkeit, ja, oft wird sie mehr durch den Schein als durch die Dinge selbst bewegt.“

Schau an.

 

 

 

Alice Esther Glen

* 26.12.1881 in Christchurch, † 9.2.1940 ebd., neuseeländische Kinderbuchautorin

 

Im Jahr 1917 schrieb Alice Esther Glen das erste neuseeländische Kinderbuch: „Six little New Zealanders“, das bis 1983 in sechs Auflagen erschien. Der Folgeband hieß: „Uncles three at Kamahi“. Für die Zeitung „Christchurch Sun“ betreute sie die Kinderseite und rief Schüler auf, selbst Geschichten und Gedichte zu schreiben. Und nicht zuletzt erwarb sie sich hohes Ansehen als Gründerin von Kinder- und Frauenhäusern. Sie selbst heiratete jedoch nie, hatte auch keine eigenen Kinder. Der älteste und renommierteste neuseeländische Literaturpreis ist nach ihr benannt, der Esther Glen Award.

Anfang 2015 besuchten Jeanny und ich die Stadt, in der sie gewirkt hatte: Vom Hafen Akaroa mit dem Bus nach Christchurch, der größten Stadt der neuseeländischen Südinsel. Fast genau vor vier Jahren wurde Christchurch durch ein Erdbeben schwer getroffen. Die Bilder gingen um die Welt: der eingestürzte Turm der Kathedrale, das zerstörte Fernsehgebäude, das verwüstete Zentrum. Fast 200 Tote.

Zwei Mal war ich bislang in Städten, die Erdbebenschäden erlitten hatten: im usbekischen Taschkent und im armenischen Spitak, je etwa 20 Jahre nach deren Beben. Im Vergleich dazu sind der Aufbauwille und erste Aufbauerfolge in Christchurch unübersehbar. In Taschkent stand ich mitten im Zentrum noch vor unkrautüberwucherten Gebäudetrümmern, in Spitak schien das Zentrum sogar völlig aufgegeben, standen Wohncontainer oberhalb der Stadt. Dennoch berührt und bedrückt hier in Christchurch die Großflächigkeit der Zerstörungen. Ganze Straßenblöcke sind abgerissen, Baugruben, Baukräne allenthalben, woanders scheinen erste und hochmoderne Gebäude bezugsfertig oder sogar schon bezogen. Das Einkaufszentrum, die Mall, besteht aber noch aus Containern, alles improvisiert, doch offensichtlich funktionierend.

Die Kathedrale mitten im Zentrum eine Ruine, über deren Wiederaufbau wohl noch nicht entschieden ist, zumal schon ein buntes Provisorium genutzt wird. Verwaist noch der Sockel des Scott-Denkmals. Seit langem gilt Christchurch als Tor zur Antarktis. So brach von hier auch der Amundsen-Kontrahent Robert Scott auf…

Hinterm figurenlosen Denkmal schlängelt sich der Avon durch die Stadt, mäandert durch den weiten botanischen Garten. Mit nur wenig Vorstellungskraft lässt sich bebildern, was für eine schöne, sehr englische Stadt, das einst war, aber auch, wie schön Christchurch bald wieder sein wird.

 

 

 

Christian Johann Heinrich Heine

* 13.12.1797 als Harry Heine in Düsseldorf, † 17.2.1856 in Paris, deutscher Dichter

 

„Seltsame Vögel gibt es auf Erden  - von Adam an bis auf Heinrich Heine. Adam wurde im Paradiese geboren und war ein Mensch, Heine sah das Licht der Welt in Düsseldorf und ist ein Gott – nämlich ein Dichter“, schreibt Georg Weerth in seinem „Ritter Schnapphahnski“, „Heine wohnt in Paris – dies wissen alle schönen Frauen. Viel artige poetische Kinder zeugte er. Sein jüngster Sohn ist aber ein Bär. Und dieser Bär heißt Atta Troll. Nächst dem Großen und Kleinen Bären dort oben am Himmel ist dieser Atta Troll der berühmteste Bär unserer Zeit.“ Und tatsächlich entnahm Weerth seine Titelfigur diesem Heineschen Versepos, verbeugte sich so gleichsam vor dem großen Kollegen.

Und die Bedeutung Heinrich Heines lässt durch Äußerungen weiterer Geistesgrößen erahnen:

Karl Kraus: „Wenn man einem deutschen Autor nachsagt, er müsse bei den Franzosen in die Schule gegangen sein, so ist es erst dann das höchste Lob, wenn es nicht wahr ist. Denn es will besagen: er verdankt der deutschen Sprache, was die französische jedem gibt. Hier ist man noch sprachschöpferisch, wenn man dort schon mit den Kindern spielt, die hereingeschneit kamen, man weiß nicht wie. Aber seit Heinrich Heine den Trick importiert hat, ist es eine pure Fleißaufgabe, wenn deutsche Feuilletonisten nach Paris gehen, um sich Talent zu holen. […] Esprit und Grazie, die gewiß dazu gehört haben, auf den Trick zu kommen und ihn zu handhaben, gibt er selbsttätig weiter. Mit leichter Hand hat Heine das Tor dieser furchtbaren Entwicklung aufgestoßen, und der Zauberer, der der Unbegabung zum Talent verhalf, steht gewiß nicht allzu hoch über der Entwicklung. (…) Ihren besten Vorteil dankt sie jenem Heinrich Heine, der der deutschen Sprache so sehr das Mieder gelockert hat, daß heute alle Kommis an ihren Brüsten fingern können.“

Alexandre Dumas: „Wenn Deutschland Heine nicht liebt, nehmen wir ihn gerne auf, aber leider liebt Heine Deutschland über Gebühr.“

George Sand: „Heine sagt sehr bissige Sachen, und seine Witze treffen ins Schwarze. Man hält ihn für von Grund auf böse, aber nichts ist falscher; sein Herz ist so gut wie seine Zunge schlecht ist. Er ist zärtlich, aufmerksam, aufopfernd, in der Liebe romantisch, ja schwach, und eine Frau kann ihn unbegrenzt beherrschen.“

Otto von Bismarck: „Vergessen die Herren denn ganz, daß Heine ein Liederdichter ist, neben dem nur noch Goethe genannt werden darf?“

Friedrich Nietzsche: „Den höchsten Begriff vom Lyriker hat mir Heinrich Heine gegeben. Ich suche umsonst in allen Reichen der Jahrtausende nach einer gleich süßen und leidenschaftlichen Musik. Er besaß eine göttliche Bosheit, ohne die ich mir das Vollkommene nicht zu denken vermag […]. – Und wie er das Deutsche handhabt! Man wird einmal sagen, dass Heine und ich bei weitem die ersten Artisten der deutschen Sprache gewesen sind.“

Arnold Zweig:  „Er ist der unsterbliche Vater der modernen deutschen Prosa, ob sie nun die Schönheit der Landschaft und des Lebens widerstrahlt oder die Kümmerlichkeit des deutschen Spießbürgertums verhöhnt. Von ihm aus gehen jene deutschen politischen Dichter, die von Frank Wedekind bis Bertolt Brecht, von Erich Mühsam bis Erich Weinert allen Leidenden, Gequälten, Verfolgten und Rebellen das Bürgerrecht in der Weltliteratur erworben haben.“

Kurt Tucholsky; „Die Zahl der deutschen Kriegerdenkmäler zur Zahl der deutschen Heine-Denkmäler verhält sich hierzulande wie die Macht zum Geist.“

Hermann Kesten: „Heine ist der amüsanteste deutsche Klassiker. Er hat alle Vorzüge eines genialen Journalisten, alle grimmigen Tugenden eines Humoristen. Er ist ein großer Lyriker. Mit dem ganzen Märchenglanz und Traumleben der Romantik blieb er der witzigste Realist der deutschen Literatur.“

Stefan Heym: „Heine riss die Poesie, riss das Wort, aus den dämmrigen Regionen der Klassik und der Romantik und pflanzte sie in die Mitte des Lebens. Ich glaube, er war der erste wahrhaft moderne deutsche Schriftsteller, verwurzelt in seiner Zeit und doch Jahrzehnte, Jahrhunderte, dieser voraus. Dies Leben, spürte er, kann nicht getrennt betrachtet werden von dem sozialen Kampf und den politischen Auseinandersetzungen. In seinem Werk schuf Heine, der Dichter des tiers état, eine Synthese zwischen Leben und Kunst, und er tat das unter den schwierigsten, quälendsten Bedingungen: der Metternich-Reaktion in Deutschland, den Zwängen des Exils, und seines Judentums, der Zugehörigkeit zu einer Minderheit, die damals so wie heute unterdrückt wurde. Die Zwänge, unter denen er arbeiten musste, waren aber auch der Ansporn seines schöpferischen Geistes, und da diese Zwänge, nur leicht verändert, bis heute gelten, tragen sie dazu bei, sein Werk so erschreckend aktuell zu halten und ihm Gültigkeit zu verleihen auch für jetzt.“

Jürgen Habermas: „Es war schon immer sehr schwierig, etwas über Heine zu sagen, was dieser nicht längst von sich selbst gesagt hätte. Heine hat sich – seine Rolle, seine Person und Arbeit – unermüdlich reflektiert, sowohl schonungslos selbstkritisch wie auch selbstverliebt, und was er über sich sagte, war trotz der Fallstricke narzisstischer Selbstbespiegelung selten ganz falsch.“

Marcel Reich-Ranicki: „Der Wohlklang, der Scharfsinn und der Stil – und damit ist schon charakterisiert, was Heines bahnbrechendes Werk von beinahe allen seinen Vorgängern und beinahe allen seinen Nachfolgern unterscheidet. Bahnbrechend? Ist das nicht ein gar zu großes Wort? Nein, ich nehme es nicht zurück, ich werde es auch nicht abmildern […]. Ihm ist geglückt, was Europa den Deutschen kaum mehr zutraute: ein Stück Weltliteratur in deutscher Sprache.“

 

 

 

Farrochru Parsa

* 22.3.1922 in Qom, † 8.5.1980 in Teheran, iranische Ärztin und Ministerin

 

Farrochru Parsa war die erste iranische Frau, die eine hohe politische Position erreichte.

Sie studierte Pädagogik und Medizin in Teheran, unterrichtete an Mädchengymnasien und wurde Schuldirektorin. In den 1960er Jahren errang sie einen Sitz im iranischen Parlament, und wirkte im Bildungs-Ausschuss. Schließlich berief man sie zur Bildungs-Staatssekretärin und 1968 sogar zur Bildungsministerin. Sechs Jahre hielt sie sich im Amt und setzte durch, dass Schüler im Lande täglich eine warme Mahlzeit bekommen und stritt mit dem Klerus über eine Modernisierung der Schulbücher.

Nach heftigen Anfeindungen trat sie zurück und engagierte sie in Bildungseinrichtungen wie der Farrah-Universität, gründete ein Institut für Krankenhausmanagement und schrieb Bücher sowie ihre Autobiographie, in der sie die Hoffnung auf ein besseres Leben nach der islamischen Revolution ausdrückte. Nachdem das Mullah-Regime dann aber an der Macht war, wurde sie verhaftet, angeklagt „Korruption auf Erden zu verbreiten“ und zum Tode verurteilt.

In ihrem letzten Brief aus dem Gefängnis schrieb sie an ihrer Kinder: Ich bin Ärztin, habe also keine Angst vor dem Tod. Der Tod ist nur ein Moment und nicht mehr. Ich bin bereit, den Tod mit offenen Armen zu empfangen, anstatt darin zu leben. Schade, dass ich gezwungen bin, mich verschleiern zu lassen. Ich werde mich nicht vor denen verneigen, die erwarten, dass ich meine fünfzig Jahre dauernden Bemühungen um die Gleichstellung von Männern und Frauen bereue. Ich bin nicht bereit, den Tschador zu tragen und einen Schritt zurück in der Geschichte zu machen.

Farrochru Parsa war die einzige Vertreterin des alten iranischen Systems, die nach der Islamischen Revolution hingerichtet wurde. Bei ihrer Hinrichtung riss das Seil, so dass man sie mit drei Schüssen tötete.

 

 

 

Donald Barthelme

* 7.4.1931 in Philadelphia, † 23.7.1989 in Houston, Texas, amerikanischer Autor

 

Donald Barthelme gilt als einer der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Postmoderne. Seine erste Short Story veröffentlichte er im Alter von 32 Jahren im „New Yorker“. Zeitlebens verfasste er etwa 200 Kurzgeschichten, von denen eine Auswahl in den Bänden „60 Stories“ und „40 Stories“ erschienen. Zudem schrieb Donald Barthelme vier Kurzromane: „Snow White“, „The Dead Father“, „Paradise“ und „The King.“ Für sein Kinderbuch „The Slightly Irregular Fire Engine or the Hithering Thithering Djinn” (ins Deutsche übersetzt von Harry Rowohlt:  „Mathilda und die Feuerwehr, die nicht ganz so war, wie sie sein sollte“) gewann er im Alter von 41 Jahren den National Book Award.

Der Klappentext einer bei Suhrkamp erschienenen Short-Story-Auswahl verkündet: „Barthelme ist kein Satiriker, er verwandelt nicht die Welt, auf dass sie ad absurdum geführt werde – wie es etwa Swift getan hat. Er betrachtet sie vielmehr wie einer, der als erwachsener, zum logischen Denken begabter Mensch auf die Erde gekommen ist und der nun aufschreibt, was ihm widerfahren ist.“

Donald Barthelme starb im Alter von 58 Jahren an Krebs.

 

 

 

Ferrucio Busoni

* 1.4.1866 als Dante Michelangelo Benvenuto Busoni in Empoli, † 27.7.1924 in Berlin, italienischer Pianist und Komponist

 

Im Alter von sieben Jahren begann Ferruccio Busoni Klavierstücke zu komponieren und er debütierte in Triest als Pianist. Mit Neun studierte er am Wiener Konservatorium, mit Fünfzehn wurde er Mitglied der „Accademia Filamonica“, mit Zwanzig unterrichtete er am Leipziger Konservatorium, mit Zweiundzwanzig am Konservatorium in Helsinki. Dann ging er nach Moskau und Boston und ließ sich schließlich im Alter von 28 Jahren in Berlin nieder und unterrichtete an der Berliner Akademie der Künste.

Seine Kompositionen sind im „Kindermannverzeichnis“ (KiV), das auch „Busoni-Verzeichnis“ (BV) genannt wird, gelistet: 15 Instrumentalmusiken und vier Opern. Zudem verfasste er diverse musiktheoretische Schriften, so einen „Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst“, und auch sein umfangreicher Briefwechsel, so mit Arnold Schönberg, wurde publiziert. Zu seinen Schülern gehörten Edgar Varèse und Kurt Weill.

Als sein Freund Jakob Wassermann den 56-jährigen Busoni ein letztes Mal besuchte, beschrieb er ihn als Greis mit „zerwühltem“ Gesicht und schneeweißem Haar. Ferruccio Busoni starb im Alter von 58 Jahren nachdem er durch die Inflation sein gesamtes Geldvermögen verloren hatte.

 

 

 

 

Jules Henri Poincaré

* 29.4.1854 in Nancy, † 17.7.1912 in Paris, französischer Mathematiker

 

Henri Poincaré galt in seiner Wirkungszeit als einer der bedeutendsten Mathematiker, führender theoretischer Physiker und Astronom.

Poincarés Werk zeichnet sich durch Vielfalt und hohe Originalität aus; seine außergewöhnliche mathematische Begabung war durch ein hohes Maß an Intuition gekennzeichnet. Auf mathematischem Gebiet entwickelte er die Theorie der automorphen Funktionen, die qualitative Theorie der Differentialgleichungen und gilt als Begründer der algebraischen Topologie. Weitere seiner Arbeitsgebiete in der Reinen Mathematik waren die algebraische Geometrie und die Zahlentheorie. Auch die Angewandte Mathematik profitierte von Poincarés Ideenreichtum. Auf dem Gebiet der Physik reichen seine Beiträge von Optik bis Elektrizität, von Quanten- bis Potentialtheorie, von Thermodynamik bis spezieller Relativitätstheorie, die er mitbegründete. Auf dem Gebiet der Erkenntnistheorie (Philosophie) leistete Poincaré u.a. mit seinem Werk ‚Wissenschaft und Hypothese’ bedeutende Beiträge zum Verständnis der relativen Gültigkeit von Theorien. In seinem Buch stellt Poincaré verschiedene geometrische Systeme vor, die allesamt logisch kohärent sind, einander aber widersprechen. Welche davon zuträfen, entscheide nicht die Mathematik, sondern die Naturwissenschaften“, weiß Wikipedia. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wandte sich Henri Poincaré mehr und mehr der mathematischen Physik zu. „Er hat im Rahmen der Elektrodynamik bewegter Körper die spezielle Relativitätstheorie (1900–1905) in vielen Punkten vorweggenommen. Poincaré erkannte die Schwierigkeiten der klassischen Physik, deren Aufhebung später in die spezielle Relativitätstheorie mündeten. Doch anders als Albert Einstein wollte der pragmatischere Poincaré die alte Mechanik nicht umstoßen, sondern umbauen.“

Henri Poincaré starb im Alter von 58 Jahren an den Folgen einer Prostata-Operation.

 

 

 

Ernst Thälmann

* 16.4.1886 als Ernst Johannes Fritz Thälmann in Hamburg, † 18.8.1944 im KZ Buchenwald, deutscher Politiker

 

Die Nazi-Zeitung „Völkischer Beobachter“ meldete am 16. September 1944: „Durch Terrorbomben getötet! - Bei einem Terrorangriff auf die Umgebung von Weimar am 28. August 1944 wurde auch das Konzentrationslager von zahlreichen Sprengbomben getroffen. Unter den dabei ums Leben gekommenen Häftlingen befinden sich unter anderem die ehemaligen Reichstagsabgeordneten Breitscheid und Thälmann.“

Blanke Lüge!

Tatsächlich wurde der ehemalige Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands Ernst Thälmann im KZ Buchenwald unter nie geklärten Umständen, jedoch wahrscheinlich auf direkten Befehls Hitlers, ermordet.

Bei der Reichstagswahl im November 1932 hatte Thälmanns KPD immerhin 16,9% der Stimmen gewinnen können, Hitlers NSDAP allerdings 33,1%.

Was wäre aus Deutschland, was aus der Welt geworden, hätte Thälmann diese Wahl gewonnen (oder sich mit der SPD, die 20,4% der Stimmen erzielte, verbündet)?

 

 

 

Canaletto

* 20.5.1722 als Bernardo Bellotto in Venedig, † 17.10.1780 in Warschau, italienischer Maler

 

Das Malerhandwerk erlernte Canaletto bei seinem Onkel, dem Vendutenmaler Giovanni Antonio Canal, der ebenfalls Canaletto genannt wurde. Keine Besonderheit in Venedig offenbar.

Im Alter von 24 Jahren verließ er ihre Heimatstadt jedoch für immer und versuchte sein Glück in Dresden zu finden. Hier residierte Kurfürst Friedrich August II., der als Kunstkenner galt und sogar eine Vorliebe für zeitgenössische venezianische Malerei hatte. Kein Wunder also, dass er sogleich als Hofmaler mit einem Jahresgehalt von 1.750 Talern ernannt und zudem mit einer goldenen Tabaksdose beschenkt wurde.

So machte sich denn Canaletto auch umgehend und fleißig ans Werk und malte seine berühmten Ansichten Dresdens, bildete auch Pirna und die Festung Königstein ab.

Dann brach jedoch der Siebenjährige Krieg aus, Dresden wie Pirna und die Festung Königstein wurden zu Kampfgebieten und der Kurfürst ging ins Exil nach Warschau. So verließ auch Canaletto im Alter von 36 Jahren Dresden, suchte neues Malerglück in Bayreuth, Wien und München, kehrte aber drei Jahre später zurück. Als dann Friedrich August II. starb, verlor Canaletto seinen größten Gönner, und sein Gehalt wurde auf 600 Taler gekürzt. Das Interesse an Rokokomalerei schwand und er erhielt immer weniger Aufträge. So beschloss er, nach Sankt Petersburg zu gehen, blieb aber in Warschau, am Hofe des neuen polnischen Königs Stanislaw II. August, der Italienisch sprach und die barocke italienische Malerei liebte. So erhielt er den Auftrag, bei der Modernisierung des königlichen Schlosses in Warschau und des Schlosses Ujazdów mitzuwirken. Hierzu steuerte Canaletto neben Ansichten Warschaus vor allem Ansichten von Rom bei, um eine Ebenbürtigkeit der beiden Städte Ausdruck zu geben. Zudem galt auch seine Heimatstadt Venedig als altera Roma, ja längst als zweites Rom…

Kein Wunder also, dass Canaletto bis an sein Lebensende in Warschau blieb und hier im Alter von 58 Jahren infolge eines Schlaganfalls starb.

 

 

 

Kan Bahlam I.

* 18.9.524, † 1.2.583 in Palenque, Maya-Herrscher

 

Im Alter von 49 Jahren bestieg Kan Bahlam I. den Thron von Palenque, und als erster Herrscher dieses mächtigen Maya-Reiches, als erster Ajaw, fügte er seinem Namen die Bezeichnung „k’inich“ („strahlend“) hinzu, also: K’inich Kan Bahlam I. Niemand weit und breit sollte daran zweifeln, dass er sonnengöttlicher Abstammung sei, niemand!

Zweimal beehrte er mit seiner Anwesenweit die großen Feierlichkeiten zum Ende von Kalenderperioden: am 3.12.573 und am 7.11.578. Doch als er im Alter von 58 Jahren starb, hinterließ er keinen männlichen Erben. So gelangte am 23.12.583 erstmals eine Frau auf den Thron von Palenque: Yohl Ik’nal.

 

 

 

Manfred Künne

* 6.8.1931 in Leipzig, † 18.1.1990 ebd., deutscher Schriftsteller

 

Im Klappentext Manfred Künnes Buch „Buna“ steht zu lesen: „Mit diesem Roman schließt der Leipziger Autor eine Trilogie ab, von der bereits die vielgelesenen Bände ‚Kautschuk’ und ‚Gummi’ vorliegen. Buna ist das Kurzwort für den auf der Grundlage von Butadien erzeugten künstlichen Kautschuk. Man übertreibt nicht, wenn man behauptet, daß das faschistische Deutschland den Zweiten Weltkrieg nicht hätte führen können, wenn es nicht zuvor in Schkopau ein leistungsfähiges Buna-Werk errichtet und diesem nach der Niederwerfung Polens einen Zweitbetrieb in Auschwitz an die Seite gestellt hätte. Und man sollte auch wissen, daß der Synthesekautschuk für die USA kriegswichtig wurde, als die Japaner die größten natürlichen Quellen des Rohstoffs in Südostasien an sich gerissen hatten. Das Ränkespiel des internationalen Großkapitals um Buna sucht Manfred Künne in seinem spannungsreichen Tatsachenroman zu erhellen.“

Nach dem Erscheinen seines Erstlingswerks „Stein auf Stein“ im Jahre 1952 hatte der Autor Arthur Koetz Manfred Künne bescheinigt ein „eigenwüchsiges Naturtalent“ zu sein, und er schrieb, Künne habe „eine gute Beobachtung für Natur und Mensch und weiß sie als Stimmungselement geschickt der Erzählung zugänglich zu machen.“

Im Jahre 1969 wurde Manfred Künne mit dem Kunstpreis seiner Heimatstadt Leipzig geehrt.

 

 

 

Gustav Benjamin Schwab

* 19.6.1792 in Stuttgart, † 4.11.1850 ebd., deutscher Schriftsteller

 

„Seit Gustav Schwabs ‚Schönste Sagen des klassischen Altertums’ in den Jahren 1838-1840 erstmals erschienen, sind sie nachgerade selbst zu einem klassischen Buch geworden“, urteilt der Germanist Manfred Lemmer. „Generationen haben in den Jugendjahren mit ebensolcher Begeisterung darin gelesen wie in Daniel Defoes unsterblichem ‚Robinson Crusoe’. Obwohl als Jugendbuch konzipiert, kommt Schwabs Werk eine weit darüberhinausgehende Bedeutung zu. Aus ihm haben sich nämlich über nunmehr fast anderthalb Jahrhunderte Leser, denen Kenntnisse der Antike nicht aus eigener Lektüre griechischer und lateinischer Schriftsteller und Dichter (sei es im Original oder in der Übersetzung) zuwuchsen, mit dem unvergänglichen Bildungsgut der antiken Mythen- und Sagenwelt vertraut gemacht.“

Hermann Hesse schrieb: „Hier können wir harmlos, und unbeirrt von den Händeln und Stänkereien der Philologen, im Land der Griechen und Trojer wandeln und vom Zorn Achills wie vom Unglück des Ikarus in gutem Deutsch ohne Noten und Kommentare lesen.“

Elias Canetti berichtet: „Odysseus bin ich erst in Wien begegnet, ein Zufall wollte es, dass die Geschichte der Odyssee sich nicht unter den Büchern befand, die mir der Vater in England als erste in die Hand gab. In jener Reihe von Büchern der Weltliteratur, für Kinder nacherzählt, muss sich auch die Odyssee befunden haben, aber sei es, dass sie dem Vater nicht aufgefallen war, sei es, dass er sie absichtlich für etwas später aufhob, ich bekam sie damals nicht zu Gesicht. So habe ich erst deutsch davon erfahren, als mir die Mutter, ich war in meinem zehnten Lebensjahr, Schwabs ‚Sagen des klassischen Altertums’ zum Geschenk machte.“

Und noch einmal Manfred Lemmer zu Schwab: „Es gelang ihm, den erhabenen Strom der Homerischen Gesänge, die Innerlichkeit Hesiods, die großartige tragische Monumentalität des Aischylos, die nervöse Erregung des Euripides, die brausende Sprache Pindars, die elegante, antithesenreiche Ovids, das Pathos des Horaz und die trockene Diktion eines Dares und Dyktis oder des Mythographen Hygin (fabulae) so miteinander zu verschmelzen, dass es schon gediegener klassischer Bildung bedarf, um mitunter noch die Sprache seiner Gewährsleute heraushören zu können. Trotz des Zuflusses aus so unterschiedlichen Quellen hat er zu einer Erzählkunst gefunden, die durch Schlichtheit und volkstümliche Unmittelbarkeit besticht. Unverkennbar ist sie vom Stil der deutschen Volksbücher beeinflusst, die Schwab wenige Jahre zuvor nachgestaltet hatte und die er nach Stoff und Form … in einer gewissen Beziehung zu seinen ‚Schönsten Sagen des klassischen Altertums’ sah.“

Gustav Schwab starb im Alter von 58 Jahren infolge fehlerhafter ärztlicher Behandlung.

 

 

 

Sonny Stitt

* 2.2.1924 als Edward Boatner jr. in Boston, Massachusetts, † 22.7.1982 in Washington D. C., amerikanischer Jazz-Saxophonist

 

Ab seinem siebten Lebensjahr hatte Sonny Stitt Klavier-, dann Klarinettenunterricht und wechselte, nachdem er Charlie Parker gehört hatte, zum Altsaxophon. Noch bevor er die Highschool abgeschlossen hatte, begann er mit diversen Bands zu touren. Und als er als Achtzehnjähriger mit Charlie Parker bei einer Session gejammt hatte, warf darf ihm vor: „you sound too much like me.“

Ab 1945 spielte Sonny mit Billy Eckstein, dann mit Dizzy Gillespie und Albert Ammons, dann mit Johnny Griffin und Miles Davis. 1947 wurde er vom „Esquire“ zum „New Star“ auf dem Altsaxophon gewählt.

Um sich von Parker zu unterscheiden, nicht als Imitator zu gelten, bevorzugte Sonny Stitt schließlich das Tenor- und Baritonsaxophon. 1949 debütierte er als Bandleader mit dem Album „All God’s Chillun Got Rhythm“. Zeit seines Lebens veröffentlichte er mit wechselnden Formationen mehr als 20 Alben. 1958 trat er bei Newport Jazzfestival auf, Anfang der 1970er Jahre mit den „Giants of Jazz“ auf den Berliner Jazztagen.

Ob seines unerbittlichen Tourens und seiner Hingabe an den Jazz gab ihm der Kritiker Dan Morgenstern den Spitznamen „Lone Wolf“. Sonny Stitt starb im Alter von 58 Jahren an Krebs.

 

 

 

 

 

Weldon Leo Jack” Teagarden

* 20.8.1905 in Vernon, Texas, † 15.1.1964 in New Orleans, amerikanischer Jazz-Posaunist

 

Seine Karriere als Profi-Jazzmsuiker begann Jack Teagarden im Alter von 16 Jahren in den Südstaaten.

Im Alter von 23 Jahren tauchte der virtuose Posaunist in New York auf und begeisterte die Szene, spielte auch diverse Schallplatten ein. Mit Neunundzwanzig begann er zudem zu singen, mit Dreiunddreißig gründete Jack Teagarden seine eigene Bigband und mit Zweiundvierzig schloss er sich Louis Armstrong und seinen All Stars an.

Ab seinem sechsundvierzigsten Lebensjahr leitete er wiederum eigene Gruppierungen, vor allem sein Sextett, tourte auch durch Europa und Asien und trat beim Monterey Jazz Festival auf.

Jack Teagarden starb im Alter von 58 Jahren an einer Lungenentzündung.

 

 

 

Ludwig Bechstein

* 24.11.1801 in Weimar, † 14.5.1860 in Meiningen, deutscher Schriftsteller

 

Der Germanist Klaus-Dieter Sommer schrieb: „Die Verbreitung der Bechsteinschen Märchen übertraf im 19. Jahrhundert sogar die der Grimmschen, und der Name Bechstein war der Leserschaft weit vertrauter als der Name jener Männer, die mit ihren ‚Kinder- und Hausmärchen’ (1812/15 erste Ausgabe) auf dem Gebiet der Sammlung und Bewahrung des deutschen Volksmärchens nicht nur ein Fundament gelegt, sondern zugleich ein dauerhaftes Werk geschaffen hatten. Heute steht Bechstein mit seinen Märchen allzu sehr im Schatten der von ihm bewunderten Brüder Grimm, obwohl es sich bei seinem ersten Märchenbuch von 1845 um eine Leistung von Rang handelt, die für immer mit der Geschichte des deutschen Volksmärchens verbunden bleiben wird.“

Ludwig Bechstein sagte: Das Märchen ist dem Kindesalter der Menschen vergleichbar; ihm sind alle Wunder möglich, es zeiht Mond und Sterne vom Himmel und versetzt Berge. Für das Märchen gibt es keine Nähe und keine Ferne, keine Jahrzahl und kein Datum. Nur allenfalls Namen, und dann entweder sehr gewöhnliche oder sehr sonderbare, wie sie Kinder erfinden.

„An vielen Märchen Bechsteins, die uns in ihrer lebendigen Frische, zarten Schönheit, humoristischen Deftigkeit und augenzwinkernder Ironie entgegentreten, finden wir bis auf den heutigen Tag unvermindert Ergötzen. Die Lust Bechsteins am Fabulieren, Schnurrenspinnen, seine liebevolle Suche nach der entsprechenden Form für den jeweiligen Märchenstoff geht auf uns über“, urteilte der Kritiker Peter Liebers. „Einige Märchen jedoch muten uns heute befremdlich an. Jene, die geprägt sind von einer unverblümt belehrenden Absicht, die sich formen zum Refugium rührseliger, bigotter Enge, philiströser Beschaulichkeit. Sie sind geschuldet dem Zeitgeist, dem Ludwig Bechstein verpflichtet war. Alle Märchen aber sprechen von seiner Sehnsucht und der des Volkes nach einer unzerstörten, friedlichen Welt. Sie beschwören den Traum eines menschlichen, versöhnten Lebens.“

Groß und reich ist das deutsche Märchengebiet und wert, daß es allseits angebaut werde mit reiner Hand, ein Eldorado der Poesie, die im Volke lebt, im Volke widerhallt und die in den jungen Geschlechtern ihren Kindheitsmorgen rosig verklärt und ihren Pfad mit Sternen und Blumen bestreut, an welche die Erinnerung unvergesslich bleibt durch das ganze Leben.

Ludwig Bechstein starb im Alter von 58 Jahren an Wassersucht.

 

 

 

Bertolt Brecht

* 10.2.1898 als Eugen Berthold Friedrich Brecht in Augsburg, † 14.8.1956 in Berlin, deutscher Dramatiker und Lyriker

 

Mein Herr Keuner, befragt, was ihm spontan zu Bert Brecht in den Sinn komme, antwortete: Karl Valentin habe mal, ähnlich angesprochen, gesagt: Brecht? das war doch so’n giftig-grüner, der neben mir beim „Oktoberfest“ die Klarinette blies! Und als 1981 in Halle und Umgebung ein „Brecht-Jahr“ grassierte, las Dirk Kowalski in der AJA (Arbeitsgruppe Junge Autoren): „In Jubel / Brecht / Aus“. Obwohl, der Film „Abschied. Brechts letzter Sommer“ hatte auch was, ja. Glotz nicht so blöd!

 

 

 

Gustave Courbet

* 10.6.1819 als Jean Désiré Gustave Courbet in Ornans, † 31.12.1877 in La-Tour-de-Peiltz, Schweiz, französischer Maler

 

Gustave Courbet, das war doch der – ja, der den „Ursprung der Welt“ malte. Wikipedia: „Das Bild zeigt eine Nahsicht der beharrten Vulva  einer liegenden, nackten Frau mit gespreizten Schenkeln. Der Rest des Körpers ist, mit Ausnahme des Bauches und einer Brust mit Brustwarze, nicht abgebildet. Die naturalistische Darstellung des unverhüllten weiblichen Geschlechts im Zentrum des Bildes wird durch die weichen Linien des seidenartigen Stoffes, der den Körper der Frau zum Teil verhüllt, noch unterstrichen. Der braune Bildhintergrund steht im Kontrast zu der hellen, glänzenden menschlichen Haut im Bildvordergrund.“ Was für ein Skandal!

Gustave Courbet handelte aber noch einmal skandalträchtiger: 1869 war er zum Präsidenten der Republikanischen Kunstkommission und im Jahr darauf zum Pariser Stadtrat gewählt wurden, zum Mitglied der Pariser Kommune somit. Und als solcher forderte er wiederholt die Entfernung der Siegessäule auf dem Place Vendôme - aus politischen wie aus ästhetischen Gründen. Tatsächlich ließ er dann am 16.5.1871 an der Spitze der Säule einen Napoleon schmähenden Spruch anbringen: „Könnte das von ihm vergossene Blut auf diesem Platz gesammelt werden, könnte er es trinken, ohne sich bücken zu müssen“ und die Säule einreißen.

Nach der blutigen Niederschlagung der Pariser Kommune wurde jedoch beschlossen, die Colonne Vendôme wieder aufzurichten – auf Kosten Gustave Courbets! 335.000 Francs sollte er zahlen, eine astronomische Summe – was für ein Skandal!

Gustave Courbet floh in die Schweiz, wo er im Alter von 58 Jahren an Wassersucht und Herzinsuffizienz starb.

 

 

 

Detlev Karsten Rohwedder

* 16.10.1932 in Gotha, † 1.4.1991 in Düsseldorf, deutscher Manager und Politiker

 

Detlev Karsten Rohwedder studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Hamburg und Mainz und wurde im Alter von 29 Jahren zum Dr. jur. promoviert. Nach seinem Assessorexamen im Jahr darauf wurde er Mitinhaber einer Treuhand- und Wirtschaftsprüfergesellschaft in Düsseldorf und wirkte von 1969 bis 1978 als Staatssekretär im Bundeswirtschaftministerium und ab 1979 als Vorstandsvorsitzender des Dortmunder Hoesch-Konzerns. Und schließlich bestimmte ihn die Volkskammer der DDR am 3. Juli 1990 zum Vorsitzenden der Treuhandanstalt, ein Amt, das er ab August 1990 kommissarisch und ab 1.1.1991 als Präsident innehatte.

Ein Vierteljahr später wurde Detlev Karsten Rohwedder im Alter von 58 Jahren von einem Heckschützen der RAF in seinem Düsseldorfer Wohnhaus ermordet.

Bundespräsident Richard von Weizsäcker sagte danach: „Kaum einer sah von Beginn an die Schwierigkeiten so deutlich wie Rohwedder. Ihm war das gewaltige Ausmaß  der notwendigen Umstellungen mit ihrem Zeitbedarf und ihren tief einschneidenden sozialen Wirkungen vollkommen bewusst. Umso kraftvoller bemühte er sich darum, die Menschen materiell und seelisch nicht unter die Räder kommen zu lassen.“

 

  

 

 

Rainer Schulze

* 20.4.1950 in Wolmirstedt, † 28.10.2008 in Magdeburg, deutscher Autor

 

Im Klappentext von Rainer Schulzes Buch „Katzenjammer und andere Ungereimtheiten“ steht zu lesen: „Rainer Schulze, Jahrgang 1950, Wolmirstedter, Eisenbahner, Handelskaufmann, Journalist, Pressesprecher der FDP-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt bis zu deren Auflösung, hat schon zeitig gewusst, dass er humoristische Texte schreiben will. Dem Erstklässler schenkte seine Oma ein Wilhelm-Busch-Buch, damit waren die Weichen gestellt. In den 60er Jahren nahm der ‚Eulenspiegel’ seine ersten Gedichte an, viele weitere folgten, darunter Texte für Kabaretts und Liedermacher. 1996 erschien die erste Auflage von „Katzenjammer“, illustriert von Karl-Heinz Klapprotz, dem Karikaturisten aus Haldensleben, und schnell wurden diese Texte und Zeichnungen über Liebe, Ehe. Gesundheit, Kinder, Nachbarn, Politik, das Schreiben und die Schreiber angenommen, so dass schon 1997 ein Band mit Erzählungen „Eigendorff oder der Mann, der nicht nein sagen konnte“ […] folgen konnte.“

Rainer Schulze starb mit 58 Jahren an Krebs.

 

 

 

Andy Warhol

* 6.8.1928 als Andrew Warhola in Pittsburgh, Pennsylvania, † 22.2.1987 in New York City, amerikanischer Künstler

 

Andy Warhol sagte: „Wer alles über Andy Warhol wissen will, braucht nur die Oberfläche anzusehen, die meiner Bilder und Filme und von mir, und das bin ich. Da ist nichts dahinter.“ Der Kunsthistoriker Philip Ursprung schrieb: „Warhols Werk wird als eine maschinelle Persiflage auf die Konsumgesellschaft interpretiert, die teilweise durchzogen ist von schwärmerischen und homoerotischen Anspielungen, so z.B. die frühen Grafiken und späteren Filme. Andererseits wird seine Selbstbezeichnung als ‚Business Artist’ durchaus kritisch rezipiert. Dem Bild des autonomen Künstlers, der seine Aufträge selbst bestimmt, setzte er das Bild eines Künstlers entgegen, der permanent zu Diensten steht.“ Warhol porträtiert beispielsweise  jeden, der bereit war, 25.000 Dollar zu zahlen. Eine Devise Warhols war: Gute Geschäfte sind die beste Kunst. „Der Künstler als kapitalistischer Unternehmer in eigener Sache inspirierte beispielsweise Künstler wie Jeff Koons, Takashi Murakami, Damien Hirst, Richard Prince und Keith Haring, die Warhols Strategien aufgriffen und weiterentwickelten“, weiß Wikipedia. „ Andy Warhol war eine introvertierte, scheue und undurchsichtige Persönlichkeit. Er lebte seine Homosexualität nicht öffentlich, obwohl er sie, darauf angesprochen, nicht abstritt. Indem er zeitlebens die (männliche) Homosexualität zu einem der zentralen Fixpunkte seines Schaffens erhob, förderte er die Auseinandersetzung mit dem Thema. […] Warhol gab nur wenig von sich preis, war wortkarg und stilisierte sich selbst zur […] Ikone der New Yorker Kunstszene. Der Schriftsteller Truman Capote nannte ihn eine ‚Sphinx ohne Geheimnis’. In Interviews und Gesprächen entzog er sich geschickt den Erwartungen zu seiner Person und übte sich konsequent darin, den Mythos ‚Andy Warhol’ aufzubauen. Einmal sandte er sogar einen Doppelgänger (Allen Midgette) zu öffentlichen Vorträgen an Universitäten und Presseterminen…“ Nach der Jahrtausendwende erzielten Warhol-Gemälde bei Auktionen zuweilen mehr als 100 Millionen Dollar.

Andy Warhol starb im Alter von 58 Jahren durch Komplikationen nach einer Gallenblasenoperation.

 

 

 

Albrecht Ludwig Berblinger

* 24.6.1770 in Ulm, der „Schneider von Ulm“, † 28.1.1829 ebd., deutscher Erfinder

 

Albrecht Berblinger wurde als „Schneider von Ulm“ berühmt. Nachdem er seinen Hanggleiter in einem Weinberg am Rande von Ulm erfolgreich ausprobiert hatte, trat er am 31. Mai 1811 zu einem Flugversuch mitten in der Stadt an. Ursprünglich hatte er vom Turm des Münsters springen wollen, doch die Ratsherren trauen seinen Künsten nicht und wiesen ihm als Startplatz die Mauer der Adlerbastei an der Donau zu. Wegen ungünstiger Windverhältnisse verzögerte Berblinger seine Vorführung mehrmals, bis ein Polizeidiener ihn schließlich ungeduldig anrempelte. „Aus diesem Überraschungsmoment heraus konnte er die erforderliche Anfangsgeschwindigkeit für den Gleitflug nicht erreichen und die Tragflächen seines Fluggerätes nicht in einem günstigen Anstellwinkel ausrichten. Die Fallwinde und der Start mit Rückenwind bescherten dem Traum vom Fliegen ein jähes Ende. Bereitstehende Fischer retteten ihn nach dem Absturz unter dem Gejohle der vielen Zuschauer aus den Fluten der Donau“, weiß Wikipedia. „Der Absturz mit seinem Flugapparat war auch mit einem sozialen Absturz verbunden. Man bezeichnete ihn nun als Lügner und Betrüger, was zur Folge hatte, dass auch die Kunden seiner Schneiderwerkstatt ausblieben. Mit 58 Jahren starb er im Hospital völlig verarmt und mittellos an Auszehrung.

Mittlerweile ist Albrecht Berblinger jedoch Namensgeber des jährlich verliehenen Wissenschaftspreises der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrtmedizin.

 

 

 

Nicolaus August Otto

* 10.6.1832 in Holzhausen an der Haide, † 26.1.1891 in Köln, deutscher Erfinder

 

Nicolaus Otto bescherte der Welt bekanntlich den Otto-Motor. Tatsächlich gelang es ihm im Jahre 1876 einen Viertaktgasmotor mit verdichteter Ladung zu entwickeln, der durch Wilhelm Maybach und Gottlieb Daimler die Serienreife erlangte –allerdings beruhte dieser Motor auf einer Erfindung von Étienne Lenoir. Bereits 1853 wollen Felice Matteucci und Eugenio Barsanti jedoch einen ähnlichen Motor erfunden haben, und 1860 hatte Christian Reithmann und 1862 Alphonse Beau unabhängig voneinander einen Viertaktmotor patentieren lassen. Immerhin erfand Nicolaus Otto 1884 für seine Gasmotoren die elektrische Zündung. Durch diese Neuerung wurde es möglich, flüssige Brennstoffe alternativ zum bisher ausschließlich verwendeten Gas zu benutzen.

Im Alter von 50 Jahren wurde dem Autodidakten Nicolaus Otto von der Philosophischen Fakultät der Universität Würzburg die Ehrendoktorwürde verliehen. Im Alter von 58 Jahren starb er infolge eines Herzleidens.

 

 

 

Władysław St. Reymont

* 7.5.1867 als Stanisław Władysław Rejment in Kobiele Wielkie, † 5.12.1925 in Warschau, polnischer Schriftsteller

 

„Władysław St. Reymont, Nobelpreisträger von 1924, wird zu Recht als ein führender Vertreter des neoromantischen ‚Jungen Polen’ bezeichnet“, erklärt der Cover-Text einer Reclam-Ausgabe seiner Novellen, „Nach unsteten Lehr- und Wanderjahren, in denen er das Schneiderhandwerk erlernte, sich einer Wanderbühne anschloss, ernsthaft ein Noviziat im Paulinerkloster zu Tschenstochau erwog und sich als spiritistisches Medium im Ausland verdingte, führte das Eruptive, Irrationale in Reymonds Charakter zu einer Talentexplosion von elementarer Gewalt. Reymonds Prosa – bekannt wurden vor allem die Romane ‚Die Bauern’ und ‚Das gelobte Land’ – ist charakterisiert durch schillernde Unmittelbarkeit, eine eindrucksvolle Plastizität bei der Gestaltung von Fabelabläufen und die Neigung zu kräftigen Symbolen.“

Der Literaturnobelpreis wurde ihm für seinen vierbändigen Roman „Chłopi - Die Bauern“ verliehen. Wikipedia weiß: „‚Die Bauern’ ist ein Roman in vier Teilen (Herbst – Winter – Frühling – Sommer), entstanden 1901–1908. Das Buch stellt das Leben der Bauerngemeinschaft dar. Es ist in einer volkstümlichen Sprache verfasst. Das Leben der Bauern, die in Lipce wohnen, wird von der Natur bestimmt. Das Bestellen des Ackers, Sitten und Bräuche, wie auch der sozial-ökonomische Wandel auf dem Lande und der damit verbundene Streit üben Einfluss auf das Leben der Bauern aus und bilden den Hintergrund des Romans. Im Vordergrund steht eine Liebesaffäre der jungen, schönen und leidenschaftlichen Jagna, der Ehefrau des reichen Landwirtes Maciej Boryna, mit seinem Sohn Antek. Nach dem Tod von Maciej Boryna, der an der Spitze des Bauernwiderstandes stand, wird Jagna angeprangert und von der Bauerngesellschaft vertrieben. Sie verfällt in Wahnsinn; Antek übernimmt den Bauernhof seines Vaters.“

Władysław St. Reymont starb im Alter von 58 Jahren. Sein Herz wurde in einem Pfeiler der Warschauer Heilig-Kreuz-Kirche neben dem Herz Chopins bestattet.

Der Schneidermeister, bei dem er nu wenige Meter entfernt in die Lehre ging, soll gesagt haben: „Für seine Schneiderei hätte er bestimmt keinen Nobelpreis gekriegt.“

 

 

 

Lokman Mohsen Slim

* 17.7.1962 in Haret Hreik, † 3.2.2021 bei Zharani, libanesischer Verleger

 

Weltweit bekannt wurde Lokman Slim, als sein Film über die Mörder beim Überfall auf die palästinensischen Flüchtlingslager Sabra und Chatila, als „Massaker“ auf zahlreichen Festival lief, und beispielweise auf der Berlinale 2006 einen Kritikerpreis erhielt. Im Jahre 2016 drehte er (wieder gemeinsam mit seiner Frau Monika Borgmann) den Dokumentarfilm „Tadmor“ über ein Foltergefängnis des syrischen Assad-Regimes. „Tadmor“ wurde beim Filmfest Hamburg mit dem Preis „Der Politische Film“ ausgezeichnet.

Bereits 1990 hatte Lokman Slim den Verlag „Dar Al Jadeed“ gegründet. Immer wieder führten Veröffentlichungen dieses Verlages zu kontroversen Diskussionen insbesondere durch die schiitische Gemeinschaft in der libanesischen Öffentlichkeit, manche wurden zensiert oder sogar verboten. 2004 war er einer der Mitbegründer des Forschungszentrum UMAM zur Aufzeichnung, Zusammenstellung, Erhaltung und Förderung der libanesischen Geschichte.

Ende 2019 erhielt Lokman Slim er dann wegen seiner Hisbollah-Kritik erstmals Todesdrohungen, er wurde als „Verräter“ beschimpft, sein Haus wurde belagert. Am Abend des 3.2.2021 verschwand Lokman Slim dann auf einer Rückfahrt nach Beirut. Seine Leiche fand man später in einer durch die Hisbollah kontrollierten Zone. Lokman Slim war einmal in den Rücken und viermal in den Kopf geschossen worden. Ein Sohn des Hisbollah-Generalsekretärs twitterte: „Was für manche Leute ein Verlust bedeutet, ist in Wirklichkeit ein Gewinn und eine unerwartete Güte #Keine Reue“.

Postum wurde Lokman Mohsen Slim mit dem renommierten Prix Voltaire der Internationalen Verleger-Union geehrt.

 

 

 

Bruno Taut

* 4.5.1880 als Bruno Julius Florian Taut in Königsberg, † 24.12.1938 in Istanbul, deutscher Architekt

 

Bruno Taut hatte gesagt: „Bei Genossenschaftsbauten muss der Wille einer Gesamtheit erspürt werden“ Und danach handelte der Architekt auch, gestaltete beispielsweise gemeinsam mit Franz Hoffmann in Magdeburg die Gartenstadt-Kolonie „Reform“, zeichnete in Berlin für die Siedlung Schillerpark in Wedding, die Hufeisensiedlung in Britz, Teile der Siedlung „Freie Scholle“ in Tegel, die „Wohnstadt Carl Legien“ und die Waldsiedlung „Onkel Toms Hütte“ in Zehlendorf verantwortlich.

Nach dem Machtantritt der Nazis ging Bruno Taut in die Schweiz und schließlich auf Einladung des Architekten Isaburo Ueno nach Japan erhielt hier aber so gut wie keine Aufträge.

1936 erhielt er dann das Angebot, die Professur für Architektur an der Akademie der Künste in Istanbul zu übernehmen und siedelte in die Türkei über, wo er neben seiner Lehrtätigkeit Pläne für den Bau der Universität Ankara entwarf und nicht zuletzt den Katafalk für Mustafa Kemal Atatürk gestaltete.

Bruno Taut starb im Alter von 58 Jahren infolge eines schweren Asthma-Anfalls und wurde als bislang einziger Ausländer und Nicht-Muslim auf dem Ehrenfriedhof des türkischen Staates in Edirnekapı bestattet.

 

 

 

Jacobus Henricus van’t Hoff

* 30.8.1852 in Rotterdam, † 1.3.1911 in Steglitz, niederländischer Chemiker

 

Wenn man jahrzehntelang in der van’t-Hoff-Straße wohnt, weiß man auf die Frage, wer denn der Herr van’t Hoff gewesen sei, selbstredend zu antworten.

Der Jazz-Musiker?

Nein, ein Chemiker natürlich, was sonst hier in Leuna, ein Chemiker, der die Chiralität von Kohlenstoffverbidnungen, die Änderung der physikalischen Eigenschaften in Abhängigkeit von der Zahl der Teilchen in einer Lösung, die Kinetik von chemischen Reaktionen und ihre Temperaturabhängigkeit erforschte und als erster mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt wurde.

Merci.

 

 

 

Leonid Alexejewitsch Kulik

* 19.8.1883 in Tartu, † 24.4.1942 bei Spas-Demensk, russischer Mineraloge

 

Leonid Alexejewitsch Kulik leitete im Alter von 44 Jahren die erste Forschungsexpedition zur Untersuchung des sogenannten Tunguska-Vorfalls vom 30. Juni 1908.

Nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion meldete er sich im Alter von 58 Jahren freiwillig zur Roten Armee, geriet in Gefangenschaft und starb in einem Kriegsgefangenlager an Typhus.

Nach Leonid Alexejewitsch Kulik wurde neben einem Mondkrater passenderweise auch ein Asteroid benannt: Kulik.

 

 

 

Claude McKay

* 15.9.1889 in Sunny Ville, † 22.5.1948 in Chicago, Illinois, jamaikanischer Dichter

 

Claude McKay war der erste Dichter, der seine Texte in jamaikanischem Kreolisch verfasste, auf Patois, eine Sprache, die nunmehr in den Hip-Hop-Slang mitformte.

Da Jeanny und ich eines Rosenmontags nach Montego Bay und Ochos Rios gelangten, hörten wir’s reichlich hiphoppen und rappen:

Glücklicherweise erreicht die Ausgelassenheit in diesen beiden Karnevalshochburgen der Insel erst zu Ostern ihren Höhepunkt. Schon die alltägliche Aufgedrehtheit unserer Busfahrerin Dorette lässt aber ahnen, wie Lebensfreude hier dann überbordet. Sie plappert beim Fahren unablässig, steigert Gags mit schrillem Juchzen, singt auch gleich mal den Banana-Song von Harry Belafonte als wir durch den Ort fahren, aus dem der Meister stammt. Und die Schule, in die Usain Bolt, der derzeit schnellste Sprinter der Welt, ging, wird bejubelt, als wir sie passieren. Und die Bucht, in der Columbus landete, ist dann sogar einen Stopp wert. Discovery Bay - heute geprägt von einer petersdomkuppelartigen Bauxitverladeanlage. Tourismus und Bauxitexport sind denn auch aktuell die Haupteinnahmequellen Jamaicas.

Nächster Halt: die Dunn’s River Falls. Etwa 300 Meter tief stürzt dieses Flüsschen in Kaskaden gen Meer. Und wir steigen diesen Wasserfall, der eigentlich eine langgezogene, von Becken durchsetzte Stromschnelle ist, vom Strand aus hinauf! Immer in 10er-Gruppen, alle schön den Nächsten beim Händchen fassen, der fall-guide (der sicherheitshalber völlig bekifft scheint) vornweg, Fotografen (wohl nicht minder bekifft) rechts und links. Und auf geht’s!

Dichter Urwald ringsum. Kolibris, riesige Schmetterlinge, und an einer ruhigeren Stelle weist der Guide auf ein beachtliches Spinnennetz aus dem uns ein entsprechend langbeiniges Getier anstarrt, grinsend, spöttisch offenbar. Auf jeden Fall (sic!) passend zu einem  weit verbreiteten Mythos der Insel, den die hierher verschleppten Sklaven einst aus ihrer westafrikanischen Heimat mitbrachten:

Anancy, der Spinnrich, wollte über das Wissen der ganzen Welt verfügen. Allerdings bediente er sich einer anderen Methode, als heute Google oder Facebook, nahm eine Kalebasse, fragte alle Leute aus und stopfte deren Wissen dort hinein. Schließlich wollte er seinen Schatz in Sicherheit bringen, versuchte dazu in den Wipfel des höchsten Baumes zu steigen. Die Kalebasse war jedoch so schwer und sperrig geworden, dass er im Geäst steckenblieb. Da riet ihm sein kleiner Sohn, sich die Kalebasse einfach auf den Rücken zu binden – und Anancy begriff, dass sein jüngster Spross schon klüger war, als er es trotz all des eingeheimsten Wissens jemals sein würde. Und so schüttete er zu guter Letzt all das Wissen weise über der Welt aus.

Danach haben wir uns ein köstliches Mittagessen reichlich verdient: Chicken Curry und Salsa-Pork und alles so scharf wie lecker. Und als wir dann in einer nahen Bar auch noch einen originalen Jamaica-Rum nippeln, scheint das Touristenglück für heute erreicht. Doch nein, zum Abschied singt uns Dorette (die, wie sie sagt, schon mal als Touristin in Hamburg war) ein deutsches Seemannslied. Und tröstet Jeanny auf Patois: „Nah woman, nuh cry!“

 

 

 

Wolfgang Ernst Pauli

* 25.4.1900 in Wien, † 15.12.1958 in Zürich, österreichischer Physiker

 

Wolfgang Pauli gilt als einer der bedeutendsten Physiker des 20. Jahrhunderts und wurde vor allem für seine Forschungen auf dem Gebiet der Quantenmechanik mit dem Nobelpreis geehrt.

Max Born sagte über Wolfgang Pauli: „„Ich wusste, dass er ein Genie war, nur vergleichbar mit Einstein. Als Wissenschaftler war er sogar größer als Einstein. Aber er war ein völlig anderer Typ Mensch, der in meinen Augen nicht Einsteins Größe erreichte.“

Wikipedia weiß: „Was Physik betrifft, war Pauli als Perfektionist bekannt. Dies beschränkte sich nicht nur auf seine eigene Arbeit, sondern er geißelte auch Fehler seiner Fachkollegen unerbittlich. So wurde er zum ‚Gewissen der Physik’, bezeichnete Arbeiten oft unverblümt als ‚ganz falsch’ oder steigerte seine Ablehnung etwa wie folgt: ‚Das ist nicht nur nicht richtig, es ist nicht einmal falsch!’ In Kollegenkreisen kursierten deshalb Witze wie etwa der folgende: ‚Nach Paulis Tod gewährte Gott ihm eine Audienz. Pauli fragte Gott, warum die Feinstrukturkonstante den Wert 1/137 habe. Gott nickte, ging zur Tafel und begann, Gleichung nach Gleichung in rasender Geschwindigkeit abzuleiten. Pauli sah zunächst mit großer Genugtuung zu, aber bald schon begann er heftig und entschieden, seinen Kopf zu schütteln…’ Bei einer Faust-Parodie, die die Physiker des Niels-Bohr-Instituts 1932 in Kopenhagen unter Leitung von dessen Autor Max Delbrück aufführten (das Skript hatte Illustrationen von George Gamow), standen Bohr für Gott (gespielt von Felix Bloch) und Pauli für Mephistopheles (gespielt von Léon Rosenfeld), das Neutrino war Gretchen.“

„Gott schuf das Volumen, der Teufel die Oberfläche“, sagte Wolfgang Pauli einmal. Er starb im Alter von 58 Jahren an Bauchspeicheldrüsen-Krebs.

 

 

 

Howard Pyle

* 5.3.1853 in Wilmington, Delaware, † 9.11.1911 in Florenz, amerikanischer Illustrator und Autor

 

Alexandre Dumas lässt seine Fassung von „Robin Hood“ im Jahre 1872 weitschweifig so beginnen:

„Früh am Morgen wanderte Robin Hood einsam auf einem schmalen Pfad im Wald von Sherwood. Es war ein schöner Augusttag, so konnte er es sich nicht verkeifen, fröhlich vor sich hin zu singen. Plötzlich ertönte eine laute Stimme, die Robin Hoods Leibesballade wiederholte. Diese Interpretation war von erschreckender Falschheit…“

Elf Jahre später setzt Howard Pyles „Robin Hood“ zielsicher so ein: Vor vielen hundert Jahren, als das englische Königreich von Kriegen und Hungersnöten erschüttert und König Richard Löwenherz in fremden Landen als Gefangener festgehalten wurde, hausten überall Räuberbanden in den undurchdringlichen Wäldern. Sie lauerten Kaufleuten, Pilgern und Rittern auf, raubten sie aus und zogen sich in ihre Verstecke zurück, wo die Hüter des Gesetzes sie nicht finden konnten. Auch in dem Wald bei Nottingham, den man den Sherwood-Wald nannte, trieben sich Gesetzlose herum. Der Sheriff von Nottingham, der stellvertretend für den König Recht und Ordnung aufrechterhalten sollte, jagte ihnen vergeblich nach. Denn diese Räuber waren anders als andere Banden: Sie schröpften nur die Reichen und halfen den Armen, die oft ihr Recht nicht bekommen konnten. So kam es, dass die einfachen Leute die Räuber aus dem Sherwood-Wald liebten und ihren Anführer wie einen Helden verehrten…

Wohlan!

 

 

 

Juliette Wytsman

* 14.7.1866 als Juliette Trullemans in Brüssel, † 8..3.1925 in Ixelles, belgische Malerin

 

Juliette Wytsmans erstes, in einem Kunstsalon ausgestelltes Bild war ein realistisches Blumenarrangement. Dann widmete sie sich der Freiluftmalerei und es entstanden zahlreiche Gemälde von Landschaften im Brabant, von Brügge und in der Umgebung von Knokke. 1905 wurde ihr Bild „Lilien in einem Garten eines Landhauses bei Brügge“ in das Buch „Women Painters of the World“ aufgenommen.

Juliette Wytsmans gründete mit anderen Künstlerinnen die Galerie „Lyceum“ in Brügge. Sie gilt als wichtige Vertreterin des belgischen „Luminismus“ und wirkte auch als Buchbinderin.

 

 

 

 

 

Richard Burton

* 10.11.1925 als Richard Walter Jenkins jr. in Pontrhydyfen, Wales, † 5.8.1984 in Genf, britischer Schauspieler

 

Richard Burton war siebenmal für einen Oscar nominiert, ohne je einen zu erhalten. Im Rampenlicht stand er jedoch vor allem durch seine Beziehung zu Elisabeth Taylor, die er während der Dreharbeiten zu „Cleopatra“ kennengelernt hatte und mit der er zweimal verheiratet war.

Das Ehepaar Taylor-Burton war in den 1960er Jahren das bestbezahlte Schauspielerpaar der Branche. Ihre Einnahmen wurden auf zusammen ca. 50 Millionen US-Dollar geschätzt“, weiß Wikipedia. „. Einen Großteil ihres Kassenerfolges verdankten diese Filme der Neugier des Publikums, die das Paar, das in der Boulevardpresse in den 1960er Jahren allgegenwärtig war, auf der Leinwand zusammen sehen wollte, auch wenn vielen dieser Filme in künstlerischer Hinsicht keine große Bedeutung zukam.“

Richard Burton war auch als Bühnenschauspieler präsent und wirkte in mehr als 50 Spielfilmen mit, so in: „Blick zurück im Zorn“, „Der Spion, der aus der Kälte kam“ „Wer hat Angst vor Virgina Woolf?“, „Der Widerspenstigen Zähmung“ oder „ Die Stunde der Komödianten“.

Richard Burton starb im Alter von 58 Jahren an einer Gehirnblutung.

 

 

 

George Harrison

* 25.2.1943 in Liverpool, † 29.11.2001 in Beverley Hills, Kalifornien, britischer Musiker

 

Zu Georges erstem Todestag kamen seine Freunde und Kollegen in der Royal Albert Hall zusammen und erwiesen dem „stillen Beatle“ ihre Reverenz mit einem großartigen Konzert, imaginierten musikalisch eine einzigartige Weltkarriere:

Zuerst Anoushka Shankar, Tochter Ravi Shankars, der ihm das Sitarspiel lehrte, mit ihrem indischen Ensemble, dann Monthy Python, für die er „Das Leben des Brian“ produziert hatte, und schließlich seine Sohn Dhani, Jeff Lynne, Gary Brooker, Eric Clapton, Joe Brown, Jools Holland an Sam Brown, Tom Petty and the Heartbreakers, Billy Preston, Ringo Starr, Paul McCartney.

Und natürlich spielten sie vor allem Harrison-Kompositionen: I Want To Tell You – If I Needed Someone, Old Brown Shoe, Gibe Me Love, Beware Of Darkness, That’s The Way It Goes, Horse To The Water, Taxman, I Need You, Isn’t It A Pity, Photograph, Honey Don’t, For Your Blue, Something, All Things Must Pass, While My Guitar Gentle Weeps, My Sweet Lord, I’ll See you in My Dreams…

Jeanny und ich legen Sylvester- für Silvesterabend die DVD des “Concert for George” ein, gelangen so ins neue Jahr.

Here Comes The Sun…

 

 

 

Audre Geraldine Lorde

* 18.2.1934 in Harlem, New York, † 17.11.1992 in Christiansted, Saint Croix, amerikanische Schriftstellerin

 

Ihr erstes Gedicht schrieb Audre Geraldine Lorde im Alter von acht Jahren. Sie studierte Bibliothekswissenschaften und arbeitete als Bibliothekarin. Ab den 1960er Jahren wurden ihre Gedichte regelmäßig veröffentlicht, so in Langston Hughes „New Negro Poets“. 1968 erschien ihr erster Lyrikband „The First Cities“ und das Tougaloo College ernannte sie zur „poet in residence“. Der Kritiker Dudley Randall urteilte: „Lorde schwenkt keine schwarze Fahne, aber ihr Schwarzsein ist spürbar und gegenwärtig, es ist im Mark“. Mit ihrem zweiten Buch „Cables to Rage“ begann sie sich für die Rechte von Lesben und Schwulen und für den Feminismus einzusetzen. Insgesamt publizierte sie 14 Bände.

 

Wo auch immer der Vogel ohne Füße flog,

fand sie Bäume ohne Gliedmaßen.

 

Ab den 1980er Jahren hielt sie sich häufig in Berlin auf und hatte zweitweise auch eine Gastprofessur am John-F.-Kennedy-Institute für Nordamerikastudien der FU Berlin. Ihre Zeit in Berlin, in der sie auch zur Entwicklung der hiesigen Schwarzen Community beitrug, wurden in der erfolgreichen, postum gedrehten Film „Audre Lorde – The Berlin Years 1984 to 1992“ dokumentiert. 1992 verfasste sie sie verfasste einen öffentlichen Protestbrief an Bundeskanzler  Helmut Kohl nachdem  in Rostock-Lichtenhagen Ausländerunterkünfte von Neonazis bestürmt wurden waren.

Audre Lorde starb im Alter von 58 Jahren infolge ihrer langjährigen Brustkrebserkrankung. Kurz zuvor hatte sie in einer afrikanischen Zeremonie noch den Namen „Gambda Adisa“ angenommen: „Sie, die ihre Bedeutung kundtut“. Sie selbst charakterisierte sich einmal als: black, lesbian, feminist, mother, poet, warrior.

 

 

 

Anton Pashku

* 8.1.1937 bei Prizren, † 31.10.1995 in Priština, kosovarischer Schriftsteller

 

Anton Pashku musste nicht mehr erleben, wie sein Land in einem blutigen Bürgerkrieg litt, eine Vorahnung, wie schlimm es kommen könnte, hat er aber vielleicht beim beginnenden Zerfall Jugoslawiens gehabt.

Mir flatterte im Jahr 2018, 23 Jahre nach dem Tod des großen kosovarischen Schriftstellers, eine Einladung ins Haus, beim Literaturfestival Priština, der Hauptstadt des Kosovo, in der er zuletzt wirkte, teilzunehmen. Und im Programm stand sogar eine Exkursion nach Prizren, nahebei Anton Pashku das Licht der Welt erblickte. Na, das sagte ich doch zu und machte mich auf den Weg, obwohl immer wieder Meldungen durch die Medien geisterten, dass hier die albanische Mafia regiere, und dem Ministerpräsidenten wohl sogar eine Anklage beim Kriegsverbrechertribunal in Den Haag drohe.

Wolfgang Petritsch, einst UNO-Sonderbeauftragter für den Kosovo, schrieb als solcher in seinem Buch „Kosovo – Mythen, Daten, Fakten“: „Die Überwindung antiquierter nationalstaatlicher Konzepte, wie sie immer noch in den Köpfen der politischen Klassen nicht nur in den Staaten Ex-Jugoslawiens festsitzen, könnte mit Hilfe einer fortschrittlichen Kosovo-Lösung befördert werden. Insofern kommt einem Erfolg der Internationalen Gemeinschaft im Kosovo enorme regionale, aber auch exemplarische Bedeutung zu. Das Scheitern eines multiethnischen Kosovo – ohne Serben, Muslime, Türken, Roma, Goranci – würde das Experiment Bosnien-Herzegowina – und ein solches ist es immer noch – auf Ernsteste gefährden. Mehr noch, es würde den Fortschritt der europäischen Einigung in Frage stellen. Eines aber ist sicher: Erst wenn Ost- und Südosteuropa, erst wenn die Krisenregion Balkan gleichberechtigte Teile einer demokratischen Union geworden sind, wird man von einem wirklich vereinten Europa sprechen können. Diese konkrete Vision aber verweist uns weit ins nächste Jahrhundert…“

Großzügig und modern erweist sich der Flughafen von Pristina, doch es landete heute gerade mal ein Flieger aus Luton hier und nach uns wohl nur noch zwei/drei. That’s all. (Was müssen Kosovaren denken, wenn sie derzeit in Berlin landeten?)

Um ins Zentrum der Hauptstadt zu gelangen, kurvt man endlos durch Gewerbegebiete, dann durch Siedlungen mit alten und neuen Betonblöcken, völlig gesichtslos, bis man urplötzlich in verstopften, basarähnlichen Straßen ankommt. Zumindest mein Hotel steht in einer solchen. Und zur Begrüßung jodelt auch gleich der Muezzin von einem nahen Minarett herunter. Seit gestern herrscht hier Ramadan.

Gulasch zum Mittag (mit Cola – Ramadan!): 2 Euro (ja, der Euro ist offizielles Zahlungsmittel im Kosovo, obwohl dieser Staat weder in der EU, geschweige denn zur Euro-Zone gehört). Doch freundlich wie die Preise scheinen auch die Menschen hier. Mit einem Händler beispielsweise komme ich sofort ins Gespräch, als er fragt, woher ich komme, und ich sage: near Leipzig und er darauf von Leipzig und Naumburg schwärmt (auf Deutsch), wo er ein Jahr lang als Asylbewerber lebte. Dann zwar abgeschoben wurde, aber immerhin. Und für ’nen Souvenirladen (wo ich ein wunderbares Kosovo-Basecape erhandele) hat’s allemal gereicht. Also gebe ich doch glatt noch ’n Trinkgeld – und bekomme postwendend ’nen Kugelschreiber geschenkt…

Stadtbummel: diverse Moscheen, Boulevard mit Rugova-, Skenderbeg- und Mutter-Theresa-Denkmal. Allenthalben bettelnde Kinder, Roma offenbar, die ihrer Forderung trommeln Nachdruck verleihen. Und noch menschenleerer als der Flughafen: die riesige, neue Mutter-Theresa.Kathedrale (deren Turm das höchste Minarett dieser moslemischen Stadt überragt…)

24 Stunden nachdem ich hier landete, erhalte ich im Hotel erstes Material zum Festival, das offiziell heute Abend beginnen soll. Und nach Telefonaten mit der Festivalleitung erreiche ich sogar, dass ich zur Eröffnung im Hotel abgeholt werde.

Aller Groll verfliegt jedoch schnell, als ich die Räumlichkeiten der Festivalorganisatoren sehe: einstige Wohnräume in einer Vorstadt-Blockbausiedlung, und alle Arbeit scheint hier ehrenamtlich geleistet zu werden. Umso erstaunlicher, dass zur Eröffnung sogar der österreichische Kulturattaché vorgefahren kommt, und dieser Auftakt überhaupt sehr gut besucht ist. Aus Deutschland Clemens Meyer und Peter Wawerzynek, aus Österreich Ann Cotton (der ich in Sachsen-Anhalt vor Jahren zum Klopstock-Preis gratulieren konnte). Gute Gespräche – nicht zuletzt mit dem Festivaldirektor Jeton Neziraj – interessanter Dramatiker: „Peer Gynt from Kosovo“… Gutes Musikprogramm auch – erstaunlich immer wieder, die hohe Professionalität balkanischer Musiker.

Am zweiten Festivalabend lese ich dann in einem Jazz-Club. Gute Atmosphäre, junge Leute vor allem. Nach der Lesung legt allerdings ein DJ auf. Und es wird gequalmt. Nix wie weg also.

Der Taxifahrer spricht deutsch, da er eine zeitlang in Duisburg lebte (wohin er auch versuchen wird, im nächsten Jahr zurückzukehren, wie er mir versicherte…). Und er hat erstaunliche Theorien, so hörte er von seinen Landsleuten immer wieder, dass Kanzlerin Merkel eine Tochter Hitlers sei – anders wären die meisten ihrer Entscheidungen doch nicht zu verstehen!...

Bei allen Gesprächen, die ich im Lauf des Festivals mit Kosovaren führen konnte, favorisierte niemand die (von Politkern immer wieder ins Verhandlungs-Spiel gebrachte) großalbanische Lösung des Kosovo-Problems (also Albanien plus Kosovo plus albanisch stämmige Gebiete in Mazedonien und Griechenland). Klar scheint: ohne Europa würde hier nichts gehen. Und denkbar sei eigentlich nur eine föderative Lösung, ein Europa der Regionen also, nicht von erstarkenden Nationalstaaten.

Auch der junge Mann, der mich am nächsten Morgen nach Prizren fährt, scheint diese Ansicht zu teilen. Ich habe eine Lesung in der deutschen Schule, dem Loyola-Gymnasium, betrieben von Jesuiten. Der Direktor also ein Padre (SJ). Freundlicher Empfang, interessante Erklärungen: die Matura dieser Schule sei beispielsweise seit diesem Jahr auch in Deutschland anerkannt. Absolventen könnten ergo sofort in Deutschland studieren.

Dass es eine deutsche Schule in Prizren gibt, dürfte kein Zufall sein. Seit Ende des Kosovo-Krieges ist hier das deutsche Kontingent der UNO-Friedenstruppe KFOR stationiert. Nun aber nur noch bis Jahresende, dann ziehen rund 400 Soldaten zurück nach Deutschland, das Feldlager soll als Industriepark nachgenutzt werden. Etwa 60 deutsche Soldaten führen die KFOR-Mission in Verwaltungen in Pristina weiter.

Gut 700 Kosovaren werden jedoch weiter die deutsche Schule in Prizren besuchen können (Schulgeld: 100 Euro pro Monat – das erscheint auf den ersten Blick erschwinglich, doch haben Kosovaren nach wie vor große Familien, viele Kinder also…)

Ich lese vor 100 Achtklässlern in der Aula. Verkehrssprache: Deutsch! Aber rasch merke ich, dass es besser ist, auch schnell mal ins Englische zu switchen. Und eine Lehrerin übersetzt auch gleich mal eine ganze Textpassage „zum besseren Verständnis“ ins Albanische.

Prizren, mehr als 2000 Jahre alt, hat eine schöne Altstadt, Festung, Moscheen, Flusspromenade und wunderbare Grill-Restaurants – ja, da schmecken kosovarische Kebap unvergesslich gut.

Rückfahrt übers Amselfeld, dem Kosovo Polje, Halt an Gazimestan, der Gedenkstätte der Serben für die legendäre Schlacht des Jahres 1389. Zwar verloren die Serben gegen die Osmanen, was deren fünfhundertjähriger Vorherrschaft auf dem Balkan den Weg ebnete, nichts desto Trotz wurde diese Schlacht immer wieder mystifiziert, zuletzt von Milosevic, der hier fast vor genau vor 20 Jahren die Rede hielt, die letztlich zu den schrecklichen Jugoslawien-Kriegen führte, bis hin zum Kosovo-Krieg und zu dem, was heute ist.

Verwahrlost das Denkmal heute, dennoch ist das Gelände abgesperrt. Pass-Kontrolle. Mein Fahrer meint, ohne dem wäre dieser Klotz längst von jungen Albanern in die Luft gesprengt.

Tja, dem ist dann wohl erstmal nichts hinzuzufügen.

 

 

 

Ariost

* 8.9.1474 als Ludovico Ariosto in Reggio nell’Emilia, † 6.7.1533 in Ferrara, italienischer Humanist

 

Ariosts Hauptwerk, das Versepos in elfsilbigen Stanzen „Orlando furiosa - Der rasende Roland“), gilt als einer der wichtigsten Texte der italienischen Literatur. In den 46 Gesängen der Endfassung geht es um die Kämpfe Rolands und der Paladine Karls des Großen mit den Heiden um die Liebe Rolands zu der flatterhaften Angelica sowie um die Liebe zwischen Ruggero und Bradamante, den angeblichen Begründern des Hauses Este. Allein im 16.Jahrhundert wurde der „Der rasende Roland“ fast zweihundert Male nachgedruckt, und auch Voltaire und Goethe schätzten das Werk.

Weiter verfasste Ariost vier Komödien und sieben Satiren sowie Oden, Sonette und Kanzonen.

Nach der Heimkehr von einer Reise nach Mantua zu Verhandlungen mit Kaiser Karl V. als Berater des Herzogs von Ferrara erkrankte er schwer und starb im Alter von 58 Jahren.

 

 

 

Fela Anikulapo Kuti

* 15.10.1938 als Olufela Olusegun Oludotun Ransome-Kuti in Abeokuta, † 2.8.1997 in Lagos, nigerianischer Musiker

 

Fela Kuti gilt als Begründer des Afro-Beat, spielet emhr als 50 Alben ein. Seine erste Band „Koola Lobitos“ gründete er 1961, die er Jahre später in „Afrika 70“ umbenannte. Diese Gruppe zählte bis zu 40 Mitglieder und trat nicht zuletzt in seinem „Shrine Club“, in der von ihm ausgerufenen „Kalakuta Republic“ auf, wo selbst James Brown, Hugh Masekela, Paul McCartney oder Stevie Wonder zu Gast waren.

Als Fela Kuti immer regimekritischer und populärer wurde, zerstörten 1000 Soldaten Kalakuta, seine Mutter starb bei diesem Angriff, er wurde schwer verletzt und floh nach Ghana. Als Nigeria dann nicht mehr von Militärs regiert war, kehrte er zurück, änderte seinen zweiten Namen Ransome in Anikulapoa, etwa: „der den Tod im Beutel trägt“, initiierte die Band „Egypt 70“ und heiratete in einer Massenzeremonie 27 seiner Background-Sängerinnen und Tänzerinnen.

Dann gründetet Fela Kuti eine eigenen Partei, wurde von einer neuen Militärregierung zu 10 Jahren Haft verurteilt, von Amnesty International freigepresst und von der Musikzeitschrift „Rolling Stone“ ob seiner anhaltenden Kritik an den Zuständen in Nigeria zum „gefährlichsten Musiker der Welt“ erklärt.

Im Alter von 58 Jahren starb Fela Kuti an AIDS.

 

 

 

Gary Moore

* 4.4.1952 in Belfast, Nordirland, † 6.2.2011 in Estepona, Spanien, britischer Gitarrist

 

Am Ende seiner erfolgreichen Karriere bröckelte plötzlich der Ruhm Gary Moores: das Hauptthema seines Welthits „Still got the Blues“ soll er plagiiert haben. Immerhin gab ein deutsches Gericht einer Urheberrechtsklage eines Krautrock-Musikers 18 Jahre nach Erscheinen von „Still got the Blues“ Recht. Gary Moore schloss einen Kompromiss, zahlte und behielt die Rechte an seinem Hit.

Begonnen hatte er seine Karriere im Alter von 17 Jahren in Dublin, mit 19 gründete er seine erste eigene Band, spielte dann bei Thin Lizzy, Colosseum II und weiteren Formationen und wirkte als Studiomusiker. 2009 wurde sein Album „Bad for You, Baby” in der Kategorie „Best Rock Blues Album of the Year“ des „Blues Music Awards“ nominiert.

Zwei Jahre später starb Gary Moore in einem spanischen Urlaubshotel im Schlaf an einem Herzinfarkt. Mich Box, der Gitarrist von Uriah Heep sagte nach Moores plötzlichem Tod: „Ich war sehr traurig, da ich Gary seit vielen Jahren kenne und er ein wunderbarer Gitarrist und Freund war. Er wird schmerzlich vermisst werden, aber er hinterlässt uns ein wunderbares musikalisches Vermächtnis, und mein Herz ist bei seiner Familie. Ruhe in Frieden, mein Freund!“

 

 

 

Fred Rodrian

* 14.7.1926 in Berlin, † 25.5.1985 ebd., deutscher Autor und Verleger

 

Fred Rodrian war der erste Verleger, der mein Schreiben ernst nahm, der mein erstes Buch herausbrachte. Nach seinem plötzlichen Krebstod vertonte ich einen seiner Texte für Kinder, als eine Art Nachruf wohl:

 

Der Hahn kräht sehr.

Das Leben ist schwer.

Die Maus sag: Piep!

Ich hab dich lieb.

 

Die Schule lärmt.

Die Mutter wärmt.

Die Bombe droht.

Ich bin in Not.

 

Die Sonne scheint.

Mein Bruder weint.

Der Krieg ist fern?

Ich leb’ so gern.

 

 

 

José María Arguedes Altamirano

* 18.1.1911 in Andahuaylas, † 2.12.1969 in Lima, peruanischer Schriftsteller

 

José María Arguedas zählt zu den bedeutendsten Autoren des Indigenismo, jener Bewegung Lateinamerikas, die eine Stärkung der kulturellen Identität der indigenen Völker des Kontinents anstrebt. Er wuchs unter Indios auf und lernte gleichzeitig Quechua und Spanisch. Im Alter von 55 Jahren veröffentlichte er beispielsweise das jahrhundertelang vergessene, auf Quechua verfasste und von ihm erstmals ins Spanische übersetzte Huarochiri-Manuskript vom Ende des 16. Jahrhunderts.

Sein bekanntestes Werk ist der Roman Die tiefen Flüsse (Los ríos profundos, 1958), der von einer tiefen Zuneigung zur Quechua-Kultur, den Sitten und Bräuchen der Indios, zeugt“, weiß Wikipedia. „Er beschreibt aber auch die belebte und unbelebte Natur Perus: die hohen Andengebirge, die Wüsten, die tiefen Flusstäler und dampfenden Dschungel. […] Die Erzählung Diamanten und Feuersteine erschien 2002 erstmals auf Deutsch.“

José María Arguedas nahm sich im Alter von 58 Jahren das Leben.

 

 

 

Mark Aurel

* 26.4.121 als Marcus Aelius Aurelius Verus in Rom, † 17.3.180 in Vindebona, römischer Kaiser

 

Hüte dich, dass du nicht ein tyrannischer Kaiser wirst! Nimm einen solchen Anstrich nicht an, denn es geschieht so leicht. […] Ringe danach, dass du der Mann bleibest, zu dem dich die Philosophie bilden wollte.

 

Mark Aurel war römischer Kaiser und als Gelehrter zugleich der letzte bedeutende Vertreter der von Zenon von Kition fast 500 Jahre zuvor begründeten stoischen Philosophie. Seine „Selbstbetrachtungen“ gelten als Weltliteratur.

 

Du kannst nicht im Schreiben und Lesen unterrichten, wenn du es nicht selber kannst; viel weniger lehren, wie man recht leben soll, wenn du es nicht selber tust.

 

„Seiner Selbstdarstellung als Stoiker auf dem Kaiserthron entsprechend, konzentrierte Mark Aurel sein Regierungshandeln, solange ihm dies möglich war, auf die inneren Strukturen des Reiches“, weiß Wikipedia. „Das besondere Augenmerk galt dabei den Schwachen und Benachteiligten der römischen Gesellschaft, den Sklaven, Frauen und Kindern, deren Situation er zu erleichtern suchte. Mehr als die Hälfte der überlieferten Gesetzgebungsakte des ‚Philosophen auf dem Kaiserthron’ zielten auf Verbesserung der Rechtsstellung und Freiheitsfähigkeit dieser Bevölkerungsgruppen. In gleicher Richtung hat er auch als oberstes Rechtsprechungsorgan des Reiches gewirkt, ein Amt, das er mit mustergültiger Sorgfalt und beispielloser Hingabe ausgeübt hat.“

 

Rührt ein Übel von dir selbst her, warum tust du’s? Kommt es von einem andern, wem machst du Vorwürfe? Etwa den Atomen oder den Göttern? Beides ist unsinnig. Hier ist niemand anzuklagen. Denn, kannst du, so bessere den Urheber; kannst du das aber nicht, so bessere wenigstens die Sache selbst; kannst du aber auch das nicht, wozu frommt dir das Anklagen? Denn ohne Zweck soll man nichts tun.

 

Mark Aurel starb im Alter von 58 Jahren während des zweiten Feldzuges gegen die Markomannen möglicherweise an der Pest oder an einem Krebsleiden.

 

Es kommt nicht darauf an, über die notwendigen Eigenschaften eines guten Mannes dich zu besprechen – vielmehr ein solcher zu sein.

 

 

 

Yvan Goll

* 29.3.1891 als Isaac Lang in Saint-Dié-de-Vosges, Pseudonyme: Iwan Lassang, Tristan Torsi, Tristan Thor, † 27.2.1950 in Neuilly-sur-Seine, deutsch-französischer Dichter

 

Durch Schicksal Jude, durch Zufall in Frankreich geboren, durch ein Stempelpapier als Deutscher bezeichnet, sagte Yvan Goll über sich selbst.

Er stammte aus dem Teil Lothringens, der nach dem Deutsch-Französischen Krieg1871 französisch geblieben war, ging jedoch in Metz, was seitdem zu Deutschland gehörte zur Schule, studierte in Straßburg, Freyburg und München und promovierte 1912 zum Doktor der Philosophie.

 

Schnee-Masken

Es hat der Schnee über Nacht

Meine Totenmaske gemacht

 

Weiß war das Lachen des Schnees

Und meinen Schatten verwandelt

Er in ein Fastnachtsgewand

Ein Sturm von goldenen Triangeln

Hat plötzlich die tönende Stadt

Gehoben aus all ihren Angeln

 

Im tausendjährigen Licht

Wurden die Türme der Zeit

Von ihren Ankern befreit

 

Der Schnee hat über Nacht

Mein Traumgesicht wahrgemacht

 

„Als Pazifist vor dem Wehrdienst fliehend, emigrierte er zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 in die Schweiz, wo er in Zürich, Lausanne und Ascona lebte. Dort setzte er sich auch in Schriften im Rahmen einer Gruppe um Romain Rolland und Henri Guilbeaux in pazifistischem Sinne ein und lernte die deutsche Journalistin Clara Aischmann, geschiedene Studer kennen. In Zürich pflegte er den Kontakt mit (dem Straßburger) (Jean-)Hans Arp, Tristan Tzara und Francis Picabia, Köpfen des Dada“, weiß Wikipedia. „Nach Kriegsende zog es Goll in die französische Hauptstadt Paris. Hier heiratete er Claire Aischmann. […] Mit seiner Frau (Claire Goll) floh Goll 1939 am Anfang des Zweiten Weltkriegs ins New Yorker Exil. Nach der Niederlage des Nationalsozialismus kehrten sie 1947 nach Frankreich zurück. Goll und Paul Celan begegneten sich im November 1949, und Celan übersetzte nach diesen Begegnungen und Golls frühem Tod drei französischsprachige Sammlungen Golls.

 

Stunden

Wasserträgerinnen

Hochgeschürzte Töchter

Schreiten schwer herab die Totenstraße

Auf den Köpfen wiegend

Einen Krug voll Zeit

Eine Ernte ungepflückter Tropfen

Die schon reifen auf dem Weg hinab

Wasserfälle Flüsse Tränen Nebel Dampf

Immer geheimere Tropfen immer kargere Zeit

Schattenträgerinnen

Schon vergangen schon verhangen

Ewigkeit

 

 

 

Johannes Kepler

* 27.12.1571 in Weil der Stadt, † 15.11.1630 in Regensburg, deutscher Astronom

 

Johannes Kepler zählt zu den Begründern der modernen Naturwissenschaften. Er entdeckte die Gesetzmäßigkeiten, nach denen sich Planeten um die Sonnen bewegen, machte die Optik zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung, führte das Rechnen mit Logarithmen ein, forschte über den Einfluss des Mondes auf die Gezeiten der Erde, untersuchte die menschliche Pulsfrequenz  und veröffentlichte neben zahlreichen anderen Werken sogar eine Monografie über die Entstehung der Schneeflocke. Zudem wirkte er als Landesmathematiker Graz und in Linz der Steiermark und als Astrologe Wallensteins.

Der Zukunftsforscher Robert Jungk schrieb: „Es ist gesagt worden, Kepler sei es ähnlich ergangen wie anderthalb Jahrhunderte vorher Kolumbus. Er sei ausgefahren, Indien zu finden, und habe dabei Amerika entdeckt. Wer weiß, ob Kepler, der so nahe daran war, die dann von Newton entdeckten Gesetze der Schwerkraft zu finden, nicht auch diesen letzten Schritt hätte tun können, wenn er nicht durch die Furcht vor einem Sakrileg daran gehindert worden wäre. Denn er wagte es nicht, trotz mancher Andeutung in seinen Schriften, die weltbewegende Kraft des Kosmos aus den Händen Gottes zu nehmen und einer Naturkraft, nämlich der Gravitation zuzuschreiben.“

Für sein Grab verfasste Johannes Kepler selbst diese Inschrift:  Mensus eram coelos, nunc terrae metior umbras.

Mens coelestis erat, corporis umbra iacet. 

Die Himmel hab ich gemessen, jetzt mess ich die Schatten der

                                                                                       Erde.

Himmelwärts strebte der Geist, des Körpers Schatten ruht hier.

Paul Hindemith setzte Johannes Kepler mit der Oper „Die Harmonie der Welt ein musikalisches Denkmal.

 

 

 

Ernst Theodor Amandus Litfaß

* 11.2.1816 in Berlin, † 27.12.1874 in Wiesbaden, deutscher Verleger

 

Am 5. Dezember 1854 erhielt der Verleger und Buchdrucker Ernst Theodor Amandus Litfaß vom Berliner Polizeipräsidenten Karl Ludwig Friedrich von Hinkeldey die Konzession zur „Errichtung einer Anzahl von Anschlagsäulen auf fiskalischem Straßenterrain zwecks unentgeltlicher Aufnahme der Plakate öffentlicher Behörden und gewerbsmäßiger Veröffentlichung von Privatanzeigen“. Gestattet wurden 150 „Annoncier-Säulen“. Die erste ließ Litfaß am 15. April 1855 an der „Ziegenbockswache“ in der Münzstraße errichten. Und am 1. Juni 1855 präsentierte er dann alle 100 neue Säulen sowie 50 ummantelte Brunnen und Pissoirs. Für diesen Festakt hatte er eigens eine „Annoncier-Polka“ komponieren lassen. Wohlan!

Und nachdem in den folgenden Jahren weitere Säulen folgten, wurde Ernst Litfaß reich und im Volksmund zum „Säulenheiligen“. Und alsbald standen in Deutschland allerorts Litfaßsäulen – 170 Jahren später immerhin noch fast 70.000! Welchem anderen Deutschen wurden je so viele „Denkmale“ gesetzt?

 

 

 

Thomas Valentin

* 13.1.1922 als Armin Gerold Valentin in Weilburg, † 22.12.1980 in Lippstadt, deutscher Schriftsteller

 

Nach dem Erfolg seines Romans „Hölle für Kinder“ wagte es Thomas Valentin 1961 fortan freischaffend zu arbeiten, im Alltag in Lippstadt, sommers oft am Gardasee oder auf Sizilien. Nicht von ungefähr also, spielen einige seiner weiteren Bücher in Italien, „Schnee vom Ätna“ beispielsweise.

In „Natura morta. Stilleben mit Schlangen“ beweist er, wie präzise er Entwicklungen im Piemont beobachtete, Menschen, Landschaften, Stimmungen ebenso feinfühlig wie ausdrucksstark zu beschrieben versteht. Die Häuser eines vom Aussterben bedrohten Bergdorfes charakterisiert er so: „Särge, überall Särge. Es sind Särge, in denen alte Leute hocken und aufs Sterben warten…“

Für die Verfilmung seinen Roman „Grabbes letzter Sommer“ verfasste er auch das Drehbuch und wurde postum mit dem Adolf-Grimme-Preis geehrt.

Lippstadt vergibt seit 1993 aller vier Jahre den Thomas-Valentin-Literaturpreis.

 

 

 

Ida Siekmann

* 23.8.1902 in Gorken, Westpreußen, † 22.8.1961 in Berlin, deutsche Krankenschwester

 

Ida Siekman war das erste Todesopfer an der Berliner Mauer.

Das Haus, in dem sie wohnte stand auf der südlichen Seite der Bernauer Straße, der seit 1945 zum sowjetischen Sektor Berlins gehörte, die Straße selbst wie die nördliche Seite lagen schon in der französischen Zone. Mit dem Mauerbau war es also unmöglich geworden ohne Kontrollen aus dem Haus zu gehen, und als die Haustüren verbarrikadiert und neue Zugänge über die Hinterhöfe geschaffen wurden, warf Ina Siekmann am Morgen des 22. August 1961 „Federbetten und Ähnliches aus einem ihrer Fenster im dritten Stock auf den zu West-Berlin gehörenden Bürgersteig Damit wollte sie ihren Fall abfangen. Wenig später sprang Siekmann aus dem Fenster, noch bevor die Westberliner Feuerwehr ein Sprungtuch bringen konnte. Beim Aufprall verletzte sie sich so schwer, dass sie auf dem Weg ins nahe Lazarus-Krankenhaus starb“, weiß Wikipedia.

Ein Jahr später legten Robert F. Kennedy und Willy Brandt an der Unglücksstelle einen Kranz nieder.

 

 

 

Dschamal ad-Din al-Afghani

* 1838 als Muhammed ibn Safdar al-Husaini in Asadabad, Iran, auch: Sayyed Dschamal ad-Din Asadabadi, † 9.3.1897 in Istanbul, islamischer Reformer

 

Nach einem abenteuerlichen Lebensweg mit Stationen in Indien, Afghanistan, Konstantinopel, Ägypten, Paris, den USA, London, Sankt Petersburg, Usbekistan und dem Iran, wobei er aufgrund seiner Lehren nicht selten ausgewiesen wurde, kam Dschamal ad-Din, der „Gründer der islamischen Modernen“  im Alter von 43 Jahren zum zweiten Mal nach Konstantinopel, „wo der osmanische Sultan Hamid ihm ein Haus zur Verfügung stellte und ihn in Lohn und Brot gewährte“, berichtet der Historiker Tamim Ansary. „Aus allen Teilen der muslimischen Welt kamen Intellektuelle und Aktivisten nach Istanbul, um ihn zu hören. Der große Reformer erklärte ihnen, dass Idschtihad, das freie Denken, das zentrale Prinzip des Islam sei. Doch dieses freie Denken müsse auf Grundprinzipien beruhen die fest im Koran und den Hadithen verwurzelt seien. Jeder Muslim habe das Recht, die Schrift und die Offenbarung selbst zu interpretieren, doch die muslimische Gemeinschaft müsse in diesen Grundprinzipen geschult werden. Der große Fehler der Muslime und der Grund für ihre Schwäche sei es, dass sie den westlichen Naturwissenschaften den Rücken gekehrt und gleichzeitig das westliche Bildungssystem und westliche Lebensformen übernommen hätten. Der umgekehrte Weg wäre der richtige gewesen: Sie hätten westliche Naturwissenschaften übernehmen und dem westlichen Bildungssystem und westlichen Lebensformen den Zugang verwehren sollen.“

Dschamal ad-Din starb im Alter von 59 Jahren infolge eines Krebsgeschwürs im Mund, wenige Tage nachdem der Leibarzt des Sultans ihm den Unterkiefer entfernt hatte.

 

 

 

Bogaletch „Bogo“ Gebre

* 1960 in Kembatta, † 2.11.2019 in Los Angeles, Kalifornien, äthiopische Mikrobiologin

 

Nachden Bogaletch Gebre im Alter von 12 Jahren Opfer der weiblichen Genitalverstümmelung geworden war, riss sie von zu haus aus und besuchte eine Missionsschule, studierte dann in Jerusalem Mikrobiologie und promovierte dank eines Fulbright-Stipendiums an der University of Massachusetts in Amherst.

Während ihres Studiums in den USA hatte sie die Hilfsorganisation „Development through Education“ gegründet, kehrte Anfang der 1990er Jahre nach Äthiopien zurück und setzte sich für Frauenrechte ein, gründete mit ihrer Schwester Fikirte Gebre die Organisation KGM, die an zahlreichen Orten Beratungsstellen betrieb. Sie hielt Vorträge über die in Äthiopien in jener Zeit tabuisierte HIV- und AIDS-Epidemie, führte eine Kampagne gegen Brautraub und kämpfte nicht zuletzt gegen die weibliche Genitalverstümmelung. Die britische Internetzeitung „Independent“ charakterisierte sie „als die Frau, die den Aufstand der äthiopischen Frauen anführte“.

Bogaletch Gebre war zudem auch die erste weibliche Dozentin an der Universität Addis Abeba und wurde mit zahlreichen renommierten Preisen geehrt, so dem „Nord-Süd-Preis“ des Europarates.

 

 

 

 

Wilhelm von Ockham

* um 1288 in Surrey, † 9.4.1347 in München, Philosoph

 

Ockhams Rasiermesser ist weltbekannt – allerdings nicht als Barbierwerkzeug, sondern als heurisisches Forschungsprinzip aus der Scholastik, das bei der Bildung von erklärenden Hypothesen und Theorien höchstmögliche Sparsamkeit gebietet und es besagt laut Wikipedia: „1. Von mehreren möglichen hinreichenden Erklärungen für ein und denselben Sachverhalt ist die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen. 2. Eine Theorie ist einfach, wenn sie möglichst wenige Variablen und Hypothesen enthält und wenn diese in klaren logischen Beziehungen zueinander stehen, aus denen der zu erklärende Sachverhalt logisch folgt. […] Die metaphorische Bezeichnung als Rasiermesser ergibt sich daraus, dass alle anderen Erklärungen eines Phänomens wie mit einem Rasiermesser einfach und auf einmal entfernt werden können.“

Wilhelm von Ockham war einer der bedeutendsten mittelalterlichen Philosophen und Theologen. Sein Werk umfasst: „1. Schriften zur Logik: Hierzu gehören Ockhams Kommentare zu antiken Werken, die im Spätmittelalter zur ‚alten’ (seit jeher bekannten) Logik (logica vetus) gezählt wurden (die Kategorien und De interpretatione aus dem aristotelischen Organon sowie die Isagoge des Prophyrios), und sein Kommentar zu den Sophistischen Widerlegungen des Aristoteles, die zur ‚neuen’ (erst später bekannt gewordenen) Logik (logica nova) gehörten. Neben diesen kommentierenden Schriften verfasste Ockham auch die systematisch aufgebaute Summa logicae, eine umfassende Gesamtdarstellung des Kenntnisstands seiner Zeit – sowohl der antiken Tradition als auch der mittelalterlichen Neuerungen – auf dem Gebiet der Logik, sowie kleinere Schriften. 2: Naturphilosophische Schriften, in denen sich Ockham mit der Physik des Aristoteles auseinandersetzt. 3. Theologische Werke: Das weitaus größte und wichtigste von ihnen ist der Sentenzenkommentar, Ockhams Kommentar zu den vier Büchern Sententiae des Petrus Lombardus, einer aus dem 12. Jahrhundert stammenden systematischen Darstellung der gesamten Theologie. Von den vier Büchern dieses Kommentars liegt nur das erste in einer vom Verfasser autorisierten Fassung vor; bei den anderen handelt es sich um Vorlesungsnachschriften. 4. Politische Schriften: Während die Werke der drei anderen Gruppen fast alle vor Ockhams Bruch mit dem Papst und seiner Flucht aus Avignon entstanden sind, gehören die politischen Werke in die letzte Phase seines Lebens, die Münchener Zeit. Sie behandeln Fragen der Staatstheorie und Rechtsphilosophie und dienen insbesondere dem Kampf gegen die Kurie.“

Im Alter von 40 Jahren wurde Wilhelm von Ockham aufgrund seiner Lehren exkommuniziert, im Alter von 59 Jahren starb er.

Bertrand Russell beispielsweise schätzte Ockhams Rasiermesser, und der amerikanische Gelehrte Charles S. Peirce meinte sogar, dass die gesamte moderne Philosophie auf dem Ockhamismus gründe. Umberto Eco ließ ihn in „Der Name der Rose“ als William von Baskerville auftreten.

 

 

 

Tatanka Yotanka

* 1831 in South Dakota, bekannt als Sitting Bull, † 15.12.1890 in der Standing Rock Reservation, Häuptling und Medizinmann der Sioux

 

Als Kind rifene ihn die Lakota „Jumping Badger – Springender Dachs“, mit Zehn erlegte er seinen ersten Büffel und nachdem er sich mit Vierzehn auch als Krieger bewiesen hatte, wurde er Tȟatȟáŋka Íyotake genannte: Sitting Bull.

Er wurde schließlich ein wichtiger Anführer der Hunkpapa-Lakota-Sioux und forcierte deren Widerstand gegen die Landnahme amerikanischer Siedler. Weltberühmt wurde er im Alter von 45 Jahren durch die Schlacht am Little Bighorn, als seine vereinten Stammeskrieger die Truppen General Custers vernichtend schlugen, was als schwerste Niederlage der US-Army während der Indianerklriege gilt.

Im Zuge der daraufhin folgenden Strafexpeditionen musste Sitting Bull nach Kanada fliehen und nachdem er zurückgekehrt und sich ergeben hatte, in einem Reservat leben, wo er schließlich im Alter von 59 Jahren ermordet wurde. Der Lakota-Historiker John Okte Sica berichtet: „den raffinierten Plan hierfür“ habe „der Indianerbeauftragte McLaughlin ersonnen, der später das Buch ‚Mein Freund, der Indianer‘ schreiben sollte... Noch seltsamer ist, dass es ein Stammesgenosse war, der ihn ermordete.“ Dieser sei Leutnant Bull Head gewesen, der Chef der Stammespolizei. „Der Leutnant zog seinen Revolver, presste ihn Sitting Bull in die Seite und betätigte den Abzug. Der Häuptling sank zu Boden. Ein zweiter Schuss fiel. Dies geschah so schnell nach dem ersten, dass beide kaum auseinanderzuhalten waren. Der Leutnant stürzte tödlich getroffen zu Boden.“ Wahrscheinlich sei der Mörder von Sitting Bull gleich darauf von einem anderen Indianer erschossen wurden.“

 

 

 

Sergei Pawlowitsch Koroljow

* 12.1.1907 in Schytomyr, Wolhynien,  † 14.1.1966 in Moskau, sowjetischer Raketenkonstrukteur

 

Nach dem Start von „Sputnik 1“ sagte Sergei Pawlowitsch Koroljow: Heute sind wie Zeugen, wie der Traum in Erfüllung geht, der einige hervorragende Menschen, unter ihnen Ziolkowski, beschäftigte. Er hatte prophezeit, dass die Menschheit nicht ewig auf der Erde bleiben wird. Der Sputnik ist die erste Bestätigung seiner Vorhersagen. Die Erschließung des Alls hat begonnen.

Erst knapp fünf Monate zuvor, im April 1957, war Sergei Koroljow offiziell rehabilitiert worden, nachdem er unter Stalin 1938 für drei Jahre im Gulag landete und fast verhungert wäre.

Man hatte ihn verhaftet und verurteilt, obwohl er als Flugzeug- und Raketenkonstrukteur bereits Erstaunliches leistete und 1934 sein Buch „Der Raketenflug in die Stratosphäre“ erschienen war.

Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg Sergei Koroljow  zum Chefkonstrukteur des sowjetischen Raketenprogramms auf. Ihm sind vor allem die Wostok-, Woßchod-, Elektron- und Molnija-Raumflugkörper, und nicht zuletzt die Sojus-Rakete zu verdanken, ohne ihn wäre der Sputnik und auch Jury Gagarin nichts ins All geflogen.

Sergei Koroljow starb im Alter von 59 Jahren während einer Dickdarmoperation infolge der Spätfolgen seiner Gulag-Haft. Nach ihm wurde ein Asteroid, Mond- und ein Marskrater sowie eine Stadt benannt.

Je einfacher eine Konstruktion, desto genialer ist sie. Kompliziert bauen kann jeder.

 

 

 

Curzio Malaparte

* 9.6.1898 als Curt Erich Suckert in Prato, Toskana, † 19.7.1957 in Rom, italienischer Autor

 

Florian Illies schreibt über Curzio Malaparte und den Essayband „Die Technik des Staatsstreichs“: „Im Frühjahr 1931 erscheint sein Buch, nur auf Französisch – und er prophezeit darin, dass Hitler eben nicht in Form eines Staatsstreiches, sondern durch einen parlamentarischen Kompromiss an die Macht kommen würde, ein Diktator aus Versehen, wie er es nennt. Die Deutschen, mit denen er die These auf den warmen Caféterrassen von Paris diskutiert, halten ihn für verrückt. Sie verstehen nicht, dass es ein Buch über die Verteidigung der Freiheit ist. Und dass Malaparte durchschaut hat, dass es sich bei dem Verhältnis von Hitler zu den Deutschen um ein Problem der Geschlechterverwirrung handelt: Hitler hat in Wirklichkeit einen sehr weiblichen Charakter: seine Intelligent, seine Ambitionen, selbst sein Wille haben nichts Männliches an sich. Wie alle Diktatoren liebt Hitler nur die, die er verachten kann. Hitler ist der Diktator, die Frau, die Deutschland verdient. Als sie das lesen in Paris, die Deutschen wie die Franzosen, schütteln sie nur die Köpfe. Sie alle haben das Gefühl, dass Deutschland eine andre Frau verdient hat, als es sich dieser sonderbare Italiener in seinen Albträumen ausmalt.“

Weltberühmt werden sollte Curzio Malaparte jedoch durch seinen Roman „Die Haut“, der dann von Liliana Cavani mit Marcello Mastroianni, Claudia Cardinale und Burt Lancaster in den Hauptrollen auch verfilmt wurde.

Der Renzensent Hans-Jürgen Hartmann schrieb zum Buch: „Der Roman ‚Die Haut’ gilt als ein bedeutender Antikriegsroman der 40er und 50er Jahre. Sein Autor Curzio Malaparte bekräftigt darin eigene, schwer errungene politische Überzeugungen. […] Die Phase vom Volksaufstand in Neapel im September/Oktober jenes Jahres bis zur Kapitulation der faschistischen deutschen Truppen im April 1945 bildet den Hintergrund des Romans.“ Und im Klappentext einer Volk-und-Welt-Ausgabe von „Die Haut“ steht zu lesen: „Der reportagehafte Roman Malapartes mit seien grotesken und teilweise abstoßenden Schilderungen ist ein erschütterndes Dokument dafür, daß die Befreiung vom Faschismus in Westeuropa ein widersprüchlicher Prozeß war, in dem das Maß für Kultur und Menschlichkeit bisweilen tiefgehend verletzt wurde. Dem Text ist ein Gedanke von Aischylos als Leitmotiv vorangestellt: ‚Wenn die Sieger Tempel und Götter der Besiegten achten, dann vielleicht erliegen sie nicht dem eigenen Sieg’“.

Und zum Autor erfahren wir: „Der Lebensweg des italienischen Schriftstellers und Journalisten Curzio Malaparte […] verlief nicht geradlinig. Er begann seine literarische Laufbahn als Mitglied der italienischen faschistischen Partei und war Mitarbeiter führender Zeitungen jener Zeit. Aufgrund kritischer Haltungen gegenüber Hitler und Mussolini wurde er 1933 aus der Partei ausgeschlossen und auf die Liparischen Inseln verbannt. 1939 war er Kriegsberichterstatter für den ‚Corriere della Sera’, 1943-1945 Verbindungsoffizier der Italiener bei den Streitkräften der USA.“

Curzio Malaparte starb im Alter von 59 Jahren an Lungenkrebs. Kurz vor seinem Tod konvertierte er zum Katholizismus.

 

 

 

Sven Olof Joachim Palme

* 30.1.1927 in Ostermalm, † 28.2.1986 in Stockholm, schwedischer Politiker

 

Bis zu seiner Ermordung galt der schwedische Ministerpräsident Olof Palme international als Stimme für Abrüstung und Verständigung im Kalten Krieg, zudem setzte er sich für die Belange der Dritten Welt und eine zukunftsweisende Umweltpolitik ein.

Die genauen Hintergründe und Umstände seiner Ermordung wurden nie geklärt. Das Spektrum der Verdächtigen umfasst den auch die Lager seiner politischen Feinde. Ermittelt wurde gegen die PKK, die Arbeiterpartei Kurdistans, gegen Stay behind, eine geheime Nato-Gruppierung, der angeblich Palmes Auftreten gegenüber der Sowjetunion nicht geheuer war, der Geheimdienst Südafrikas, da er sich deutlich gegen die Apartheid-Politik positionierte sowie die RAF, weiter gegen einen Junkie, der sich möglicherweise für Palmes Steuerpolitik rächen wollte, ein Versicherungsangestellter mit Kontakten zu regierungskritischen Kreisen, sogar gegen den schwedischen Geheimdienst und die schwedische Polizei, die schlampig ermittelt hatte.

34 Jahren nach dem Attentat wurden die Ermittlungen eingestellt, nachdem mehr als 225 Regalmeter Akten produziert worden waren. In einer Netflix-Serie war 2021 Stig Engström, jener dubiose Versicherungsangestellte, der wahrscheinliche Mörder, der allerdings schon im Jahr 2000 verstarb, ergo nicht mehr belangt werden konnte.

 

 

 

Douglas Adams

* 11.3.1952 in Cambridge, † 11.5.2011 in Santa Barbara, Kalifornien, britischer Schriftsteller

 

Wer höbe nicht gern den Daumen, um mit Douglas Adams per Anhalter durch die Galaxis zu reisen, abenteuerlich durch Raum und Zeit, ja, um zum tieferen Sinn des Labenz zu gelangen?

Beginnen könnte alles so: „The idea for the title first cropped up, while I was lying drunk in a field in Innsbruck*, Austria, in 1971. Not particularly drunk, just the sort of drunk you get when you have a couple of stiff Gössers after not having eaten for two days straight.”

Auslöser könnte vielleicht eine Niegripp** sein, der man rasch und möglichst ein für alle mal entfliehen möchte.

Ein guter Tag für den Start dürfte der 25. Mai sein, der Towels-Day also, an dem man sich bekanntlich ein Handtuch turbanartig um den Kopf wickelt oder zumindest eines mit sich griffbereit herumträgt. So ausstaffiert bekäme man im Hamburger Planetarium sogar ermäßigten Einlass für eine Lesung, und in vielen Bars Bangalores kostenlos ein Getränk. Und ein Galaxis-Reisender kennt selbstredend den entsprechenden Reiseführer-Eintrag: „Ein Handtuch… ist so ziemlich das Nützlichste, was der interstellerare Anhalter besitzen kann. Einmal ist es von großem, praktischen Wert – man kann sich zum Wärmen darin einwickeln, wenn man

* Innsbruck, das: Ein nicht besonders schmackhafter Knorpelknoten, der sich in einem Happen Eintopf oder Kuchen verbirgt. Zuweilen sind Innsbrucks bloß das Ergebnis mangelnder Kochkünste, aber wesentlich häufiger werden sie einem absichtlich von Freimaurern eingebrockt – die sie beim Freimaurer-Metzger ihres Vertrauens bekommen, wenn sie ihre dubiose Freimaurer-Handtasche hochhalten. Einer der Innsbrucks wird dann in die Portion des Gastes geschmuggelt, um zu testen, ob er auf korrekte Freimaurerart damit umgehen kann. Was folgendermaßen aussieht: Man entfernt den Innsbruck vorsichtig, am besten mit einer Zuckerstange. Anschließend durchquert man, auf einem Bein hüpfend, den Raum, und rammt seinem Gastgeben den Innsbruck mit den Worten „Nimm das, du schmieriger Freimaurer-Arsch“ wuchtig ins Nasenloch.

** Niegripp, die: Eine zum siebenten Mal wiederholte Erklärung, von der der Angesprochene behauptet, er habe sie ganz genau verstanden, obwohl er ganz offensichtlich nicht den blassesten Schimmer hat, wovon man redet.

über die kalten Monde von Jaglan Beta hüpft; man kann an den leuchtenden Marmorsandstränden von Santraginus V darauf liegen, wenn man die berauschenden Dämpfe des Meeres einatmet; man kann unter den so rot glühenden Sternen in den Wüsten von Kakrafoon darunter schlafen; man kann es als Segel an einem Minifloß verwenden, wenn man den trägen, bedächtig strömenden Moth-Fluss hinuntersegelt, und nass ist es eine ausgezeichnete Nahkampfwaffe; man kann es sich vors Gesicht binden, um sich gegen schädliche Gase zu schützen oder dem Blick des Gefräßigen Plapperkäfers von Traal zu entgehen (ein zum Verrücktwerden dämliches Vieh, es nimmt an, wenn du es nicht siehst, kann es dich nicht sehen – bescheuert wie eine Bürste, aber sehr, sehr gefräßig); bei Gefahr kann man sein Handtuch als Notsignal schwenken und sich natürlich damit abtrocknen, wenn es dann noch sauber genug ist…“

Um das Erreichen des Reiseziels nicht in Frage zu stellen, würde man sich natürlich verpflichten, gern auch unterschriftlich, keineswegs die Bamme* zu betätigen, sowie niemals, wirklich niemals, bei keiner galaktischen Begegnung, und mit wem oder was auch immer, da komme was wolle, ja, da komme was wolle, ein Bolzum** zu begehen. Andererseits würde man sich bemühen, jedes, wirklich jedes Caputh***, nicht einfach zu belächeln oder zu verfluchen, sondern verstehen zu wollen, um von vornherein möglichst jedes Missverständnis in der Verständigung mit Außerirdischen auszuschließen.

* Bamme, die: Das unsichtbare Bremspedal im Fußraum vor dem Beifahrersitz.

** Bolzum, das: Wenn man z.B. ein Gespräch mit einem Einbeinigen völlig normal und unverfänglich zu führen versucht, dabei jedoch entsetzt feststellen muss, dass die eigenen Ausführungen regelrecht gespickt sind mit a.) Verweisen auf Long John Silver und Hopalong Cassidy, b.) Bemerkungen wie „Sich kein Bein ausreißen“ oder „Hand und Fuß haben“ und c.) Weisheiten wie „Auf einem Bein kann man nicht stehen“, muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, ein Bolzum begangen zu haben.

*** Caputh, das: Die einem billigen fernöstlichen Reisewecker beiliegende, angeblich ins Deutsche übersetzte Gebrauchsanweisung.

Weiterhin würde man durch entsprechende Maßnahmen konsequent verhindern, beispielsweise nie stulln* zu werden, dass einem ein Uppsala** in den Weg geriete.

Und sollte einem tatsächlich einmal auf dieser langen, langen Reise ein Radbruch*** widerfahren, würde man sich sehr, sehr bemühen, nicht zum Rumohr**** zu werden, nein, nie, selbst wenn einem ein Globig***** über den Weg liefe.

Und würde man eines Tages, so unwahrscheinlich das auch klingt, also sollte man eines Tages tatsächlich in ein Fitness-Studio geraten, wie und wo auch immer, und dabei sogar sein Handtuch vergessen haben, was natürlich noch unwahrscheinlicher anmutet, sollte man keinesfalls däniken†, nein Douglas, nie!.

* Stulln (Adj.): Das Gegenteil von „durstig“.

** Uppsala, das: Jeder Gegenstand, über den man nüchtern nie und nimmer gestolpert wäre.

*** Radbruch, das: Ein Menü, das man nicht bestellen wollte, aber offenbar bestellt hat, weil man seiner Begleiterin beweisen musste, wie gut man die Landessprache beherrscht, also z.B. gedünsteter Traktor.

**** Rumohr, der: Jemand, der Ausländer anbrüllt, weil er glaubt, so verstünden sie ihn besser.

***** Globig, der: Jemand, dessen unumstößliche Überzeugung betreffend das Universum, die Welt, das Leben und den ganzen Rest auf der Lektüre von Zeitungsartikeln basiert.

Däniken (V.): In allem, was man nicht versteht, ein Zeichen von höherer Intelligenz sehen.

 

 

 

John Donne

* 22.1.1572 in London, † 31.3.1631 ebd., englischer Dichter

 

     Zwei Narren bin ich doch,

Erst lieb ich und dann sag ichs noch

     In Versen, weinerlich.

Doch welcher Weise wär nicht gern wie ich,

     Ergäb die Dame sich?

Wie im Gewirre unterirdischer Gänge

Das Meerwasser sein bittres Salz verliert,

     So dacht ich, wenn mein Leid ich zwänge

Durch Irrwege des Reims, wär es kuriert.

Nicht mehr so wild ist der gezählte Gram,

Wer ihn in Verse fesselt, macht ihn zahm.

 

John Donne gilt als der bedeutendste der englischen metaphysischen Dichter. Sein Werk umfasst Predigten, religiöse Gedichte, Übersetzungen aus dem Lateinischen, Epigramme, Elegien, Lieder und Sonette.

Der Literaturnobelpreisträger Joseph Brodsky bezeichnete sich als „Schüler“ Donnes und nannte ihn „eine der größten Gestalten der Weltliteratur“. Virginia Woolf: sagte: „Die erste uns anziehende Qualität seiner Lyrik liegt nicht in ihrer Bedeutung, so aufgeladen sie auch ist mit ihr, sondern in etwas Unvermischtem und Unmittelbarem: Es ist die Explosion, mit der sie ins Sprechen platzt.“

Zwei Äußerungen John Donnes gingen sogar in die Umgangssprache ein: Niemand ist eine Insel, in sich ganz; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des Festlandes. Wenn eine Scholle ins Meer gespült wird, wird Europa weniger, genauso als wenn’s eine Landzunge wäre, oder ein Landgut deines Freundes oder dein eigenes. Jedes Menschen Tod ist mein Verlust, denn ich bin Teil der Menschheit; und darum verlange nie zu wissen, wem die Stunde schlägt; sie schlägt dir selbst.

Der Kritiker Theodor Spencer schrieb: „Donne hat seine Zeit genauer als jeder andere ausgedrückt, er hat ihren Zynismus, ihre Desillusionierung, das ganze Elend ihrer frühreifen Subjektivität empfunden und hat sich, gleich ihr, um Sicherheit und Autorität zu finden, auf einen Standpunkt zurückgezogen, der den Menschen nur in Beziehung zu etwas unbegreiflich Größerem betrachtete.“

Ingo Kraft berichtet in seinem Vorwort zu einer Reclam-Ausgabe mit Gedichten John Donnes: „Noch nicht dreißigjährig, genoß er unter seinen Mitmenschen eine Ruf als Dichter, ohne auch nur eine Zeile veröffentlicht zu haben. Zu Lebzeiten ließ er lediglich vier Gedichte – Gelegenheitshervorbringungen – drucken, dennoch galt er einer Generation von Lyrikern als Vorbild. Kurz nach seinem Tode erschien 1633 eine aus fliegenden Blättern zusammengestellt Gesamtausgabe seiner Dichtungen, und dreißig Jahre lang lief eine Auflage nach der anderen von der Presse in dichterer Folge als die Folioausgaben der Dramen Shakespeares.“

 

     Doch kaum hab ichs getan,

Kommt einer an, zeigt was er kann,

     Vertont und singt mein Leid,

Macht andern Freude, doch befreit

     Aus Vers-Haft Gram erneut.

Der Liebe und dem Gram dient ein Gedicht,

Doch jenes nicht, das zu gefällig klingt.

     Solch Lied vermehrt nur ihr Gewicht,

Weils ihren Sieg der Welt zu Ohren bringt.

Und ich, der ich zwei Narren war, bin nun drei:

Ein bißchen Geist macht tollste Narretei.

 

 

 

Marie-Madeleine de La Fayette

* 18.3.1634 als Marie-Madeleine Pioche de la Vergne, comtesse de La Fayette in Paris, † 25.5.1693 ebd., französischer Schriftstellerin

 

Marie-Madeleine de La Fayette verfasste den ersten historischen Roman Frankreichs, einen der ersten der europäischen Literaturgeschichte schlechthin: „La Princesse de Cléves“: „Die Handlung spielt um das Jahr 1560 am französischen Hof und schildert die Geschichte der großen Liebe der in einer Konventionalehe verheirateten Princesse zu einem anderen Mann, der sie ebenfalls liebt, den sie aber aus Sittenstrenge und Treue zu ihrem Gatten nicht erhört und selbst nach ihrer frühen Verwitwung nicht ehelicht, als Grund nennend, dass sie ihn liebe und daher nicht durch seine eventuelle spätere Untreue enttäuscht werden wolle, dass sie vor allem aber ihren inzwischen gefundenen Seelenfrieden nicht aufs Spiel zu setzen beabsichtige“, weiß Wikipedia.

Marie-Madeleine de La Fayette selbst ging am französischen Hufe ein und aus, war Ehrendame der Schwägerin Ludwigs XIV:, Vertraute des Ministers Louvois  und wohl auch durchaus mit dem König bekannt. Befreundet war sie mit dem einflussreichen Literaten Françoise de La Rochefoucauld.

„La Princesse de Cléves“ erschien im Jahre 1678 und wurde sofort lebhaft diskutiert. Das Kulturmagazine „Mercure Galant“ startete sogar eine Leserumfrage. Rasch war die erste Auflage vergriffen. Bereits drei Jahre später schrieb Nathanie Lee eine Fassung fürs Theater. Alsbald entstanden zahlreiche „Folgeromane“. Nicht zuletzt Stendhal und dann auch Raymond Radiguet schätzten „La Princesse de Cléves“ sehr. Mehrfach wurde der Roman verfilmt. Im Jahr 2009 kam es zu heftigen Protesten, als Präsident Sarkozy „La Princesse de Cléves“ von der Liste der französischen Schulliteratur zu streichen versuchte. Lehrer und Studenten lasen den kompletten Roman öffentlichkeitswirksam sechs Stunden lang vor dem Pariser Pantheon vor. Vive la princesse!

 

 

 

Leopold Ritter von Sacher-Masoch

* 27.1.1836 in Lemberg, † 9.3.1895 in Lindheim, Hessen, österreichischer Schriftsteller

 

Im Jahr tagte der PEN in der Stadt, in der Kollege Sacher-Masoch geboren wurde (sich!). Immerhin war ich dabei:

Keine Frage, die Wahl dieses Tagungsortes war politisch motiviert. Die Ukraine, zumal deren westlicher Teil mit dem polnisch/habsburgisch geprägten Zentrum Lemberg, strebt dem Westen zu; der Osten fühlt sich Russland verbunden, das sich die Krim schon wiedereinverleibt hat und offenkundig hinter dem Krieg im Donbass steckt. Ein zerrissenes Land also.

Lutz C. Klevemann schreibt in seinem wichtigen Buch „Lemberg – die vergessene Mitte Europas“: „In Lemberg ging das alte Europa unter. Die Mitte des Kontinents wurde zu einem schwarzen Loch, um danach in Vergessenheit zu geraten. Wer sie heute sucht, findet eine noch immer offene Wunde. (…) Ein offener, ehrlicher Umgang mit ihrer eigenen Geschichte … böte den Ukrainern die Chance, nicht nur den Kreml-Propagandisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, sondern auch die innerukrainische Spaltung zu überwinden und zu einer gemeinsamen nationalen Identität zu finden. Für eine solche Heilung ist es erforderlich, dass man die Geschichte von Städten wie Lemberg aus der Perspektive aller Beteiligten recherchiert, um sich ihr dann so kritisch wie nachsichtig stellen zu können. Diese Maxime würde im Ukraine-Krieg eine geschichtspolitische Abrüstung ermöglichen, ohne die ein dauerhafter Frieden derzeit unmöglich erscheint.“

Anderthalbstündiger Flug von Berlin-Schönefeld. Ebenso lange hatte es in diesem peinlichen Behelfsflughafen gedauert, einzuchecken und mit Menschenmassen durch Kontrollen zu drängen. Dafür hat Lviv (Polnisch/Russsich: Lwow, Habsburgisch_ Lemberg) einen nachgerade riesigen, auf jeden Fall funktionalen Flughafen – wo allerdings außer unserem Flieger kein anderer weit und breit zu starten oder zu landen scheint. Per Taxi zum Tagungshotel „Dnistr“, halbmoderner Klotz nahe der Altstadt. Ich komme ewig nicht in mein Zimmer, da ich nicht schnalle, dass man die Zimmerkarte nicht nur braucht, um den Fahrstuhl zu bewegen, sondern auch, um vor der eigenen Zimmertür, die fest verschlossene Etagentür zu öffnen. Klar hier thronte zu Sowjetzeiten die Deschurnaja und wachte argwöhnisch über der Einhaltung der Sitten…

Gegen Abend Stadtrundgang. Die Führung hangelt sich entlang großer, mit dieser Stadt verbundenen Autoren: Ivan Franko, Adam Miekiewicz, Scholem Alechjem, Stanislaw Lem, Leopold von Sacher-Masoch (wir gelangen sogar zu Sacher-Masoch-Denkmal samt nach ihm benannten Kneipe, die allerdings tagsüber geschlossen hat…), Deborah Vogel (die mit Bruno Schulz befreundet war, der unweit zuhause war)… Und so sehr ich mich eingelesen hatte auf Lemberg, überrascht mich das Erscheinungsbild dann doch: sehr habsburgisch, manchmal meint man durch Wien oder Prag zu laufen, wären da nun nicht die kyrillischen Aufschriften. Endpunkt: das Biermuseum, wo es nicht nur was zu sehen, sondern tatsächlich auch was zu trinken gibt: gutes Lemberger Bier.

Lutz C. Klevemann: „Etwas Trost finde ich … bei Joseph Roth, der in einer Reisereportage 1924, freilich noch vor den großen Kataklysmus, über Lemberg schrieb: „Es ist eine große Vermessenheit, Städte beschreiben zu wollen, Städte haben viele Gesichter, viele Launen, tausend Richtungen, bunte Ziele, düstere Geheimnisse, heitere Geheimnisse. Städte verbergen viel und offenbaren viel, jede ist eine Einheit, jede eine Vielheit, jede hat mehr Zeit als ein Berichterstatter, als ein Mensch, als eine Gruppe, als eine Nation. Die Städte überleben Völker, denen sie die Existenz verdanken, und Sprachen, in denen ihre Baumeister sich verständigt haben. Geburt, Leben und Tod einer Stadt hängen von vielen Gesetzen ab, die man in kein Schema bringen kann, die keine Regel zulassen. Es sind Ausnahmegesetze.“ Geradezu prophetisch lesen sich Roths Worte heute. Tatsächlich hat Lemberg seine polnischen und jüdischen Baumeister überlebt. Ihre Sprachen werden auf den Straßen dieser Stadt nicht mehr gesprochen.“

Am nächsten Morgen beginnen die Kongress-Sitzungen. Ich trage mich für das Translation Committee ein, wechsele dann aber auch mal zum Writers-in-Prison Committee, als es dort um zwei Resolutionen geht, die den ukrainisch-russischen Konflikt thematisieren. Hier will ich wissen, warum der russische PEN offenbar nicht eingeladen sei. Worauf hin ich (vom Generalsekretär höchst persönlich!) höre, dass der russische PEN sogar mehrmals eingeladen wurde, aber nicht zugesagt habe. Dafür sei aber eine Vertreterin des neugegründeten PEN St. Petersburg und ein Vertreter der Freien Russischen Autoren-Assoziation (eine Gruppe von etwa 80 Schriftstellern, die jüngst aus dem russischen PEN austraten) anwesend. Aha. (Später erfahre ich, dass der ukrainische PEN den russischen ausgeladen habe und – dass dennoch ein Mitglied des russischen PEN anwesend ist, nicht als Delegierter, als Gast…) Da beide vorbereiteten Resolutionen am Ende aber klare Fakten benennen und sich eine sogar an alle Konfliktparteien mit dem dringenden Ersuchen wenden, zur Lösung der Konflikte beizutragen, ist dagegen selbstredend nichts mehr einzuwenden. Leise Bauchschmerzen bleiben mir jedoch hier in Lemberg, wo ringsum Grenzen mehrmals und radikal im Zuge der Weltkriege verschoben wurden und durch deutsches Handeln Millionen Menschen zu Tode kamen, Russen, Ukrainer, Juden, Polen, wenn einseitig antirussische Töne zu hören sind.

Am Abend Eröffnungs-Zeremonie in der Universität und danach Büffet im alten Straßenbahnhof.

Der Dienstag erweist sich als wahrer Dienst-Tag, vormittags wie nachmittags Vollversammlung und am Abend Verständigungen im deutsche Vorstand.

Am Mittwoch all die langwierigen Berichts- und Wahlprozesse, die auf derlei Kongressen aber unumgänglich sind. Interessant wird es jedoch, als es um Neuaufnahmen geht. Während die Antrag stellenden PEN-Zentren Gambia, Kuba und Süd-Indien so gut wie ohne Diskussion Mitglieder des Weltverbandes werden, geht es beim PEN St. Petersburg ziemlich hoch her. Reden dürfen auf PEN-Kongressen eigentlich nur Delegates, keine Participants, geschweige denn Guests. Dennoch wirbt plötzlich – mit besonderer Erlaubnis der Präsidentin, wie betont wird! – ein Vertreter der Freien Russischen Autoren-Assoziation für die Aufnahme des St. Petersburger PEN und bezichtigt den PEN Russland der Kollaboration mit der aggressiven russischen Regierung. Die große Mehrheit der Delegationen sieht diesen Vorgang der Neuaufnahme eines Splittervereins dennoch keineswegs einen rein politischen Vorgang, sondern meint, das hier sei etwas Ähnliches wie die Neuaufnahme eines fünften indischen PEN-Zentrums, regional und/oder sprachorientiert begründet. So die Diskussionen. Klar, man tagt ja auch nicht rein zufällig in einem Land, dass mit Russland alles andere als in Frieden lebt.

Im Anschluss eine Podiumsdiskussion in der Universität u.a. mit Paul Auster zum Thema „Trumps America“. Gut zu hören, dass sich amerikanische Intellektuelle eindeutig gegen diesen stupid ego-man positionieren, doch Optimismus strahlt das alles gewiss nicht aus.

Am nächsten Tag endlose Diskussionen und Abstimmungen über Resolutionen. Immerhin hat unser „deutsches Gegrummel“ bewirkt, dass der Vertreter des russischen PEN (mit Sondererlaubnis der Präsidentin Jennifer Clement!) Redezeit erhält. Wladimir Sergijenko nutzt dies sehr geschickt, indem er nicht wie die Ukrainer  und die Freien Assoziativen Propaganda macht und Hass versprüht, sondern versucht, „die Türen offen zu halten“, den Wunsch ausspricht im Dialog zu bleiben.

Am Abend die Closing Ceremonie in der Organ Hall Lviv, eine schöne alte Kirche, Loretto-Stil. Und hier werden die beiden Seiten dieses Kongresses nochmals überdeutlich: auf der einen Seite einmal mehr antirussische Reden der Ukrainer, auf der anderen Seite wunderbare Orgelmusik: Saint Sains, Bach… Keine Frage, Lemberg-Lwow-Lviv ist eine europäische Stadt, die unbedingt in die europäischen Entwicklungen des 21. Jahrhunderts einbezogen gehört. Andererseits wird dies wohl kaum durch eine kriegerische Abnabelung von Russland gelingen (vor Jahren stand ich ja in Perejaslawl-Chmelnizky vorm Denkmal der unverbrüchlichen Freundschaft mit dem Brudervolk…). Selbstredend sind dies bilaterale Prozesse, doch wer (zumal von außerhalb) kann noch unterscheiden, was Provokation und Fake, was Agression, was Reaktion ist. Und zweifelsohne ist die Ukraine heute ein hochkorruptes Land (was mir als deutschen PEN-Schatzmeister allein anhand von seltsamen Buchungsdetails, Rechnungslegungen etc. der Kongressorganisatoren unübersehbar war).

Insofern bleibt für mich am Ende allein die Ortswahl dieses Kongresses problematisch. Klar, das board des PEN international, das Führungsteam ist anglo-amerikanisch dominiert. Aber das ist gewiss kein Ansatz, die Konflikte des 21. Jahrhunderts perspektivisch anzugehen, geschweige denn visionär, wie ichs’s von meiner Zunft eigentlich erwarte. Hier wurde mir mal wieder deutlich, wie lange es offensichtlich dauert, die (Denk)Strukturen des 20. Jahrhunderts, nicht zuletzt des Kalten Krieges, zu überwinden.

Lutz C. Kleveman zum Lemberger Prachtboulevard: „Boulevard der Freiheit ist ein passender Name, bedenkt man, dass er auch schon Lenin-Prospekt, Adlof-Hitler-Platz und Straße des 1. Mai hieß… Vor dem Ersten Weltkrieg war der Boulevard noch nach Erzherzog Karl Ludwig benannt, dem Bruder von Kaiser Franz Joseph. Dann wurde der Boulevard den polnischen Legionen gewidmet, die die Stadt nach Ende der Habsburger Herrschaft eingenommen hatten. Ein Lemberger konnte also in seinem Leben an fünf verschiedenen Adressen gewohnt haben, ohne je umgezogen zu sein. Er hatte in fünf Staaten gelebt, ohne je die Stadt verlassen zu haben.“

 

 

 

Erik Satie

* 17.5.1866 als Éric Alfred Leslie Satie in Honfleur, † 1.7.1925 in Paris, französischer Komponist

 

Erik Satie beeinflusste mit seinen Kompositionen die Neue Musik, den Jazz und die Populäre Musik gleichermaßen. Er schuf Klavierwerke, Chor- und Kammermusiken sowie Chansons. Und seine Musik wurde in mehr als 100 Filmen verwendet. Der erste Film, in dem er auch im Jahr vor seinem Tode sogar einen kurzen Auftritt hatte, war „Entr'acte von René Clair.

Eric Satie interessierte sich auch sehr für die Bildenden Kunst, nicht von ungefähr war er mit Pablo Picasso, Georges Braque, Léonide Massine, Man Ray und vor allem Jean Cocteau befreundet.

„Getreu seiner Überzeugung, dass der Komponist nicht das Recht hat, die Zeit seiner Zuhörer unnötig in Anspruch zu nehmen, entwickelte er – einige Jahre vor dem Rundfunk – seine Idee von der Hintergrundmusik. Er nennt sie Musique d'ameublement – (frz., etwa: „Möbelmusik, Einrichtungsmusik“). Musik soll im Raum sein wie Tisch, Stuhl oder Vorhang. Damit lehnt er Virtuosität und Raffinement ab und komponiert nach einer Art Baukastensystem. Hierzu passt auch sein Ausspruch: Jeder wird Ihnen sagen, ich sei kein Musiker. Das stimmt“, weiß Wikipedia. „ Ganz im Gegensatz zu Saties musikalischer Kargheit stehen die phantasievollen, teils rätselhaften, teils absurden, oft umfangreichen Spielanweisungen. Statt der üblichen italienischen Vorgaben moderato, largo, allegro usw. heißt es dort: wie eine Nachtigall mit Zahnschmerzen oder öffnen Sie den Kopf, vergraben Sie den Ton in Ihrer Magengrube, beinahe unsichtbar oder sehr christlich. Ähnlich verraten Titel seinen skurrilen Humor: Unappetitlicher Choral, Schlaffes Präludium für einen Hund, Quälereien, Bürokratische Sonatine, Kalte Stücke.“

Guillaume Apollinaire erhob Erik Saties Thesen von Einfachheit und Klarheit in seinem Manifest „Esprit nouveau zu zentralen Forderungen auch für die französische Literatur erhoben.

Erik Satie starb im Alter von 59 Jahren infolge seines Alkoholmissbrauchs.

 

 

 

Stendhal

* 23.1.1783 als Marie-Henri Beyle in Grenoble, † 23.3.1842 in Paris, französischer Schriftsteller

 

Rot und Schwarz

Schichtwechsel Mitte der 1970er. Am Haupttor winkte mich ein Volkspolizist ins Wachhäuschen. Taschenkontrolle. Tür zu. „Na denn, packen Sie mal aus!“ Da sich unter meinen Arbeitsutensilien jedoch absolut nichts finden ließ, was ich aus Volks- in persönliches Eigentum überführt haben könnte, griff er sich schließlich das Buch, das ich neben Brotbüchse und Schlüsselbund auf den Kontrolltisch gelegt hatte. „Rot und Schwarz“, buchstabierte er, „Soll das irgendwie eine Anspielung sein?“ Ich verstand nicht, was er meinte. Argwöhnte er, das Rote Leuna solle angeschwärzt werden? Fehlte ihm Flaggengold samt Ährenkranz, oder was? Ich zuckte die Schultern, woraufhin er das Buch beim Rücken nahm und heftigst schüttelte. Doch kein Geheimplan, kein Dossier, nicht mal ein vergessenes Lesezeichen fiel heraus. Nun begann er zu blättern. „Worum geht’s denn da bei Schwarz Rot in Stendal?“ Ich blickte ihn verwundert an, wollte er etwa, das ich ihm die Handlung erzählte? Ungeduldig schlug er das Buch in seine ausgestreckte Linke. Nun gut, beschrieb ich ihm eben den Weg des Protagonisten, der den Kampf des Einzelnen gegen die Gesellschaft aufnimmt und... „Moment!“ rief mein Polizist, „Das müssen wir überprüfen.“ Er verschwand in einem Nebenraum. Was denn, hatten die hier etwa sogar Daten über Romanhelden  gespeichert oder über klassische Autoren? Merkwürdig flaue Momente. Endlich kam er zurück und brummte: „Na, sie müssen ja 'ne feine Arbeit haben, nebenbei lesen und so!“ „Nichts nebenbei und so“ sagte ich – „Weglektüre!“ Er musterte meinen Betriebsausweis. „Aber sie wohnen doch gleich um die Ecke!“ Ich nickte. „Schwarz-Weiß gesehen schon. Doch das ist eben das Wunder der Literatur, verstehen Sie, von Rot und Schwarz beispielsweise.“

Seitdem bin ich am Haupttor nie mehr kontrolliert worden. Und manchmal kommt es mir sogar so vor, als grüßten mich die Werkspolizisten verstohlen. Manchmal.

 

 

 

Mariska Veres

* 1.10.1947 in Den Haag, † 2.12.2006 ebd., niederländische Rock-Sängerin

 

Well, I'm your Venus

I'm your fire, at your desire

She's got it

Yeah, baby, she's got it

 

Mariska Veres, Tochter eines Roma-Geigers, wurde 1969 als Sängerin der Band Shocking Blue dank ihres Titel „Venus“ schlagartig berühmt. Allein in den USA war „Venus“ 14 Wochen lang die Nummer 1 der Hitparade.

 

Her weapons were her crystal eyes

Making every man mad

Black as the dark night she was

 Got what no one else had, whoa!

 

Immer wieder “Venus” gecovert, so von Sacha Distel, Tom Jones, den No Angels oder Bananarama, erklang zudem in mehreren Filmen sowie einer Fernsehserie.

 

She's got it

Yeah, baby, she's got it

 

Mariska Veres starb im Alter von 59 Jahren an Krebs.

 

 

 

Virginia Woolf

* 25.1.1882 als Adeline Virginia Stephen in London bei Rodmell, Sussex, † 28.3.1941 bei Rodmell, Sussex, britische Schriftstellerin

 

It is writing, that gives me my proportion, notierte Virginia Woolf im Alter von 47 Jahren in ihrem Tagebuch.

Die Autorin Elke Schmitter schrieb anlässlich des 140. Geburtstages Virginia Woolfs: „Als Feministen war Woolf klar und entschieden, und sie passte ihre Sprache der gewünschten Wirkung an. Für sie war das Schreiben Kunst, Selbstverwirklichung sowie Handwerk zugleich. Sie verdiente damit ihr Geld, und es ihre Befreiung aus dem Käfig von Abhängigkeit und ‚Weiblichkeit’, in dem Frauen ihr Leben fristen mussten. Jahrhunderte haben sie als Spiegel gedient mit der magischen und köstlichen Kraft, das Bild des Mannes in doppelter Größe wiederzugeben. Sie selbst verdankte ihre Bildung allein dem Milieu, gemischt aus Wohlstand und Boheme; sie war ein privat erwobener Luxus.“

Der Anglist Wolfgang Wicht meinte: „Die gesellschaftliche Rolle der Frau wurde von Virginia Woolf zum Sinnbild gemacht, von dem aus ein verallgemeinertes politisches Lagebewusstsein abgeleitet werden konnte. Die Einbindung des Sozialen ins Ästhetische und des Ästhetischen ins Ideologische in Woolfs Theorie und Praxis beweist das nur zu gut.“

Zu ihren wichtigsten Büchern zählen: „Jacob’s Room”, „Mrs. Dalloway“, „To the Lighthouse“, „Orlando“,und „The Wave“. Nach ihrem frühen Tod schien Virginia Woolfs Werk zunehmend in Vergessenheit zu geraten, in den 1970er Jahren wurde ihr Essay „The Room of One’s Own“ jedoch zu einem der meistzitierten Texte des Feminismus“.

Edward Albee, sagte in einem Interview, die Idee zu seinem Stück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?” sei ihm in der Toilette einer New Yorker Bar gekommen: „Eines Nachts war ich dort auf ein Bier, und ich sah ‚Who’s Afraid of Virginia Woolf’ auf einen Spiegel geschmiert, vermutlich mit Seife. Als ich das Stück zu schreiben begann, ging mir diese Zeile nicht aus dem Sinn. Und natürlich meint ‚Who’s Afraid of Virginia Woolf“ das Kinderlied ‚Who’s afraid of the big Wolf’. […] Wer fürchtet sich vor einem Leben ohne falsche Illusionen….“

Virginia Woolf hatte wohl vor allem Angst vor sich selbst. Im Alter von 52 Jahren ertränkte sich Virginia Woolf, die Manteltaschen voller Steine, schwer depressiv im Fluss Ouse. Im Abschiedsbrief an ihren Mann hatte sie geschrieben: Liebster, ich spüre mit Sicherheit, dass ich wieder verrückt werde. […] Alles, außer der Gewissheit Deiner Güte, hat mich verlassen. Ich kann Dein Leben nicht länger ruinieren. Ich glaube nicht, dass zwei Menschen glücklicher hätten sein können, als wir gewesen sind.

 

 

 

Fjodor Michailowitsch Dostojewski

* 11.11.1821 in Moskau, † 9.2.1881 in Sankt Petersburg, russischer Schriftsteller

 

Demütige dich, stolzer Mensch!

Große Autoren haben den großen Autor Fjodor Dostojewski wieder und wieder ihren Respekt gezollt:

Ernest Hemingway: „Bei Dostojewski gab es Glaubhaftes und Unglaubhaftes, aber manches davon so wahr, dass es beim Lesen einen anderen Menschen aus dir macht; bei ihm konnte man Schwäche und Wahnsinn, Verruchtheit und Heiligkeit und den Irrsinn des Glücksspiels kennenlernen“.

Stefan Zweig: „Wahrheit, die unmittelbare Wirklichkeit seines begrenzten Seins sucht der Mensch bei Dostojewski: Wahrheit sucht auch der Künstler in Dostojewski. Er ist Realist und ist es so konsequent – immer geht er ja an die äußerste Grenze, wo die Formen ihrem Widerspiel: dem Gegensatz so geheimnisvoll werden -, daß diese Wirklichkeit jeden an das Mittelmaß gewöhnten täglichen Blick phantastisch anmutet. ‚Ich liebe den Realismus bis dorthin, wo er an das Phantastische reicht’, sagt er selbst, ‚denn was kann für mich phantastischer sein als die Wirklichkeit?“

Anna Seghers: „’Die Brüder Karamasow’ haben mich damals unter allen Romanen Dostojewskis am meisten erregt, vielleicht unter allen Romanen, die ich jemals gelesen hatte. Dabei verstehe ich unter ‚Erregung’, was man gewöhnlich darunter verstehet: Nicht mehr aufhören können zu lesen, an die Menschen des Buches bei vielen Anlässen denken, an ihrer Worte und Handlungen.“

Das visionär Fantastische bei Dostojewski und seine Satire haben unter anderem Gabriel Garcia Marquez stark beeinflusst“, weiß Wikipedia, „An Dostojewski als Anatomen der extremen Komplexität der menschlichen Seele haben sich unter anderem Knut Hamsun (‚Hunger, 1890), Italo Svevo (‚Zenos Gewissen, 1923) und Yukio Mishima (‚Der Tempel der Morgendämmerung’, 1956) orientiert. Seine Beschäftigung mit den dunklen Seiten der Seelen hat u.a. Thomas Mann (‚Buddenbrooks, Der Zauberberg, ‚Doktor Faustus), Robert Walser und Marek Hlasko angeregt. Viele spätere Schriftsteller ‒ darunter John Cowper Powys, Jakob Wassermann, Mikha'il Na'ima, Mahmud Taymur, Roberto Arlt, Yahya Hakki, Octavio Paz, Charles Bukowski, Jaan Kross und Orhan Pamuk ‒ betrachteten Dostojewski als ihr literarisches Idol und sind ihm thematisch und stilistisch gefolgt.“

Im Alter von 28 Jahren überlebte Fjodor Dostojewski eine Scheinhinrichtung.  Im Alter von 59 Jahren starb er an einer Lungenblutung.

Auf seinem Grabstein steht ein Zitat aus dem Neuen Testament: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“

 

 

 

Therese von Droßdik

* 1.1.17920 als Therese Malfatti in Wien, † 27.4.1851 ebd., österreichische Musikerin

 

Lange Zeit wurde gesagt, Beethovens „Für Elise“ sei Therese Malfatti (später: von Droßdik) gewidmet, die er im Jahr 1810 kennengelernt hatte. Mittlerweile geht man aber davon aus, dass Beethoven sein weltberühmtes Klavierstück nach seiner Freundin Elisabeth Röckel benannt hat.

Sicher scheint aber, was Thereses Schwester Anna dem Musikwissenschaftler Ludwig Nohl erzählte: „Die Familie war sehr musikalisch und Beethoven gab der Therese, die sehr schön spielte, Clavierunterricht, verliebte sich in sie und wollte sie heiraten. Davon hielt ihn jedoch mit gutem Fug sein Freund Gleichenstein zurück.“ Und der amerikanische Musikwissenschaftler Alexander Wheelock Thayer fand zur Beziehung Beethovens zu Therese heraus: „Seine Herzensneigung zu ihr entwickelte sich ebenso rasch wie leidenschaftlich, ward jedoch von dem jugendlichen Mädchen weder jetzt noch später erwidert.“

Und Beethoven selbst schrieb in einem Brief an Therese nach deren Heiratsabsage: „Deine Nachricht stürzte mich aus den Regionen des höchsten Entzückens wieder tief herab.“

 

 

 

 

 

Richard von Volkmann

* 17.8.1830 in Leipzig, Pseudonym: Richard Leander, † 28.11.1889 in Jena, deutscher Arzt und Autor

 

„Die Märchen ‚Träumereien an französischen Kaminen’ wurden im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 während der Belagerung der französischen Hauptstadt niedergeschrieben“, steht im Nachwort der Reclam-Ausgabe dieses Buches: „Richard Volkmann, der sich als Schriftsteller den Namen Leander gab, ein deutscher Arzt, späterer Professor der Chirurgie zu Halle und Geheimrat, tat hier als Chirurg in einem Kriegslazarett Dienst.“

Bezeichnend allein schon Titel seiner Märchen: „“Der Wunschring“, „Pechvogel und Glückskind“, „Die himmlische Musik“, „Von Himmel und Hölle“ oder „Wie sich der Christoph und das Bärbel immer aneinander vorbeigewünscht haben“ und nicht zuletzt „Von der Königin, die keine Pfeffernüsse backen, und dem König, der nicht das Brummeisen spielen konnte“.

Richard von Volkmann selbst sagte über die Entstehung seiner Märchen: „Und wenn das Feuer knisterte und die Funken flogen, überkamen gar manche alte, sonderbare Gedanken. In Leib und Gestalt traten sie hervor hinter den großen dunklen Gardinen und aus den bunten Kattuntapeten und drängten sich dicht heran an den Träumer. Und wenn er ihnen verwundert ins Gesicht sah, so waren es alte Bekannte und darunter viel langvergessene – wohl aus der Kinderzeit. Denn man glaubt nicht, was alles ein deutscher Soldat an französischen Kaminfeuern zu träumen vermag.“

Reclam: „Wenn er abends in seinem Quartier, einem alten verlassenen französischen Haus saß, richteten sich seine Gedanken auf seine Heimat, seine Frau und seine Kinder, auf eine Welt ohne die Schrecken des Krieges.“

Der Klappentext einer Ausgabe des Mitteldeutschen Verlages der „Träumereien an französischen Kaminen“ erklärt: „Diese Kunstmärchen sind dem Alltag nahe und spielen in einer Zeit, in der das Wünschen manchmal noch geholfen hat. Ein bisschen Gottvertrauen, bürgerliche Werte wie Fleiß und Tugendhaftigkeit führen zum Glück, auch wenn der Weg dahin nicht einfach ist.“

Im Jahr 1887 bereits gab Karl Emil Franzos im Zuge seines 35-bändigen Werkes „Deutsche Dichtung“ die Volkmann-Leander-Märchen heraus, und dazu urteilte die Kritik: „Ein Erstlingswerk, das erste Erzeugnis eines Mannes, dessen Hand bisher nur das Messer und die Feder bloß zur Abfassung chirurgischer Fachschriften geführt – und welche Treffsicherheit des Stils, welche künstlerische Glätte, welche fein abgewogene Zartheit oder Kraft der Farbgebung! Alles fertig, rund, sicher, zuweilen höchstens ein Wort zu wenig, aber niemals eins zu viel, Inhalt und Form so vollständig zueinander passend, daß das kritische Auge Gewand und Körper kaum voneinander zu trennen vermag.“

Richard Volkmann gilt aber auch als Begründer der modernen wissenschaftlichen Orthopädie und war Mitinitiator für die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. Er starb im Alter von 59 Jahren an einer Lungenentzündung.

 

 

 

Oliver Cromwell

* 25.4.1599 in Huntington, † 3.9.1658 in Westminster, englischer Politiker

 

„Vergessen wir nicht, dass er sich Feinde nicht durch seine Fehler, sondern durch seine Vorzüge machte. Er war ein Mann von großen Tugenden. Seine Tugenden waren fürchterlich, sie waren mörderisch. Das gibt’s. Ein dicker Schädel, in dem die Zeit wütend verbrannte. Eine unaufhörliche Explosion, die endlich ausglühte. Nun, kein Mensch lebt ewig, und ich meine, er hatte sein faires Spiel“, lässt Christoph Hein in seinem Stück „Cromwell“ den Graf von Manchester, General und Mitglied des Parlaments über Oliver Cromwell sagen.

Bis heute ist Oliver Cromwell eine umstrittene Persönlichkeit. Manchen gilt er als Freiheitsheld, in einer Umfrage der BBC wurde er 2002 als Nummer 10 der „Greatest Britons“ gewählt, andere bewerten ihn als Königsmörder und Diktator.

Vom einfachen Abgeordneten stieg er im Bürgerkrieg zum Feldherrn des Parlamentsheers gegen den King Karl auf und vereitelte letztlich alle Versuche der Stuart-Könige, England in einem absolutistischen Staat umzuwandeln, indem er Karl I. hinrichten ließ. Als strenggläubiger Puritanier war er zwar tolerant gegen andere Protestanten, doch bekämpfte den Katholizismus unnachgiebig. Seine „Maßnahmen“ gegen die irische Bevölkerung werden sogar als „genozidal“ benannt.

Oliver Cromwell starb im Alter von 59 Jahren an Malaria, die er sich in Irland zugezogen hatte.

Theodor Fontane schrieb in seiner Ballade „Cromwells letzte Nacht“:

„Es lebt in mir: ich war ein Gotteswerkzeug,

Und auserwählt zu retten und zu strafen.

Ich sah das Schiff, vom Sturm umhergeschlagen,

Der Klippe nah, dran es zerschellen mußte:

Ich sprang hinzu, von seinem Platze drängt ich

Den schwachen Steurer, und mit sichrer Hand

Lenk ich das Schiff, als Lootse, in den Hafen.

Es war noch immer, galt’s ein Volk zu retten,

Das Recht des Stärkern nicht das schlechtste Recht.

[…]

Mein Leben war das Leben des Tyrannen;

Ob nimmer auch in Blut ich mich gebadet,

Haß fand ich dort, wo festen Arms ich drückte,

Und Eifersucht, wo milden Arms ich hob.

Erfüllt ist meine Sendung; Gott, ich wollte

Des Mannes Blut wär nicht an meinen Händen!

Hab’ ich gefehlt, sei mir ein gnädger Richter,

In Deine Hand befehl’ ich meinen Geist.“

 

 

 

Johann Gottfried Herder

* 25.8.1744 in Mohrungen, Ostpreußen, ab 1802 von Herder, † 18.12.1803 in Weimar, deutscher Dichter und Philosoph

 

Johann Gottfried Herder zählt mit Goethe, Schiller und Wieland zum klassischen „Viergestirn von Weimar“ und gilt als einer der einflussreichsten Denker und Schriftsteller deutscher Sprache im Zeitalter der Aufklärung.

Seine wichtigsten Wirkungsstationen waren Königsberg, wo er Vorlesungen von Kant hörte, Bückeburg, wo er bei Hofe predigte, und in den letzten Jahren seines Lebens Weimar, wohin er als Generalsuperintendent berufen worden war. Er sagte über Weimar: Ich bin hier allgemein beliebt, bei Hofe, Volk und Großen, der Beifall geht ins Überspannte. Ich lebe im Strudel meiner Geschäfte einsam und zurückgezogener, als ich in Bückeburg nur je gelebt hatte.

Die Herausgeberin Regine Otto berichtet: „Herders letzte Veröffentlichung war die Anzeige einer Ausgabe seiner Werke, die er den Zeitgenossen und einem künftigen Publikum übergeben wollte – in umfassender wohlerwogener Auswahl, deren wichtigstes Kriterium die Wirkungsmöglichkeiten der einzelnen Schriften eben jetzt und in der Zukunft sein sollten. Er brachte bei dieser Gelegenheit nochmals Probleme zur Sprache, die er einerseits im Zusammenhang mit seiner lebenslangen Bemühung um historisch begründete und auf gegenwärtige Wirkungen zielende Bewertung der Überlieferungen aller Zeiten und Völker immer wieder erörtert hatte – und die andererseits auf charakteristische Merkmale der Wirkungsgeschichte seines eigenen Werkes wiesen. Es ging um die Wechselbeziehungen zwischen Gewinn und Verlust, zwischen Zeitgebundenheit und Perspektive. Es komm ihm darauf an, so schrieb Herder in jener Anzeige, festzustellen, was in seinen Schriften jetzt lesbar sei oder nicht, was mit der Zeit vorübergegangen und wo hingestreute Körner, vielleicht hie und da zu früh ausgestreut, eben jetzt und in der Zukunft eine weitere Pflege verdienen.“

Der Weimarer Dichter Wulf Kirsten schuf ihm ein literarisches Kleinod:

schwer zu finden grüne insel stadtinmitten,

Herders garten, kundig nachempfunden,

eingegrünt wie zu seinen zeiten, hochgeästet

eine esche, die ihn wahrlich noch leibhaftig

wandeln sah…

 

 

 

Jean Baptiste Racine

* 22.12.1639 in La Ferté-Milon, † 21.4.1699 in Paris, französischer Dramatiker

 

Jean Baptiste Racine gilt neben Pierre Corneille als bedeutendster französischer Tragödienautor.

Im Alter von 28 Jahren erzielte er mit „Andromaque“ seinen Durchbruch, mit Vierunddreißig wurde er in die Académie francaise gewählt, und mit Achtunddreißig wurde sein wohl nachhaltigstes Stück „Phädra“ uraufgeführt – immer später von Schiller ins Deutsche übersetzt.

„Phädra“ endet:

O stürbe doch mit ihr

Auch die Erinnerung so schwarzer Tat!

Kommt, laßt uns nunmehr, da wir unser Unrecht

Ach nur zu hell! erkennen, mit dem Blut

Des lieben Sohnes unsere Tränen mischen!

Kommt, seine teuren Reste zu umfassen

Und unsers Wunsches Wahnsinn abzubüßen…

Racine wurde im Alter von 46 Jahren von Ludwig XIV. zum königlichen Vorleser ernannt und fünf Jahre darauf sogar zum königlichen Kammerherrn. Dann aber fiel er in Ungnade und verlebte seine letzten Monate abseits vom Hofe des Sonnenkönigs in Verbitterung, doch immerhin als reicher Mann im Kreise seiner großen Familie.

 

 

 

Bodo Uhse

* 12.3.1904 in Rastatt, † 2.7.1963 in Berlin, deutscher Schriftsteller

 

Bodo Uhse war Nazi, bevor er Kommunist wurde: „Nach dem Reichstagsbrand 1933 geriet Uhse wie andere Kommunisten unter den Druck des sich etablierenden NS-Staates und setzte sich nach Paris ab. Hier wurde er ein prominenter Vertreter der KPD-Exilpublizistik gegen das Dritte Reich“, weiß Wikipedia, „Am 3. November 1934 wurde er aus Deutschland ausgebürgert und trat 1935 in die Exil-KPD ein. Im Juni desselben Jahres nahm er neben Johannes R. Becher und Bertolt Brecht am Ersten Internationalen Schriftstellerkongress teil. Bei Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges meldete er sich als Freiwilliger und wurde Politkommissar. 1938 kehrte er krank nach Frankreich zurück, emigrierte 1939 in die USA, wo er weiterhin für die KPD tätig war, und 1940 weiter nach Mexiko, wo er gemeinsam mit Ludwig Renn in der Bewegung Freies Deutschland aktiv war. […]1948 kam Uhse […] zurück nach Deutschland und ließ sich in der Sowjetischen Besatzungszone nieder, wo er 1949 Chefredakteur des im Aufbau erscheinenden Periodikums „Aufbau. Kulturpolitische Monatsschrift. Mit literarischen Beiträgen“ wurde, das er bis zu dessen Einstellung 1958 leitete. Von 1950 bis 1954 war Uhse Abgeordneter der SED in der Volkskammer, von 1950 bis 1952 Erster Vorsitzender des Deutschen Schriftstellerverbandes im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. 1956 übernahm er die Funktion eines Sekretärs der Sektion Dichtkunst und Sprachpflege der Akademie der Künste und war Vertreter der DDR beim P.E.N.-Kongress in London. Als mit dem XX.Parteitag der KPdSU die Verbrechen Stalins bekannt wurden, führte dies bei Uhse zu einer tiefen Krise, zumal er in einer Romantrilogie den antifaschistischen Widerstand in Deutschland und die führende Rolle der Sowjetunion preisen wollte. Sein Stiefsohn Joel Agee schrieb nach seinem Tod, dass er im angetrunkenen Zustand davon gesprochen habe, sein Leben verpfuscht, sein Talent vergeudet und seine Seele an den ‚Schweinehund Stalin’ verkauft zu haben.“

Im Alter von 59 Jahren starb der alkoholsüchtige Kettenraucher Bodo Uhse durch einen Gehirnschlag.

Seinem im Exil geschriebenen Roman „Leutnant Bertram“ hatte er ein Hölderlin-Zitat vorangestellt:

„Wohl dem Manne, dem ein blühend Vaterland das Herz erfreut und stärkt! Mir ist, als würd ich in den Sumpf geworfen, als schlüge man den Sargdeckel über mir zu, wenn einer an das meinige mich mahnt, und wenn mich einer einen Griechen nennt, so wird mir immer, als schnürt er mit dem Halsband eines Hundes mir die Kehle zu.“

 

 

 

Chet Baker

* 23.12.1929 als Chesney Henry Baker jr. in Yale, Oklahoma, † 13.5.1988 in Amsterdam, amerikanischer Jazz-Trompeter

 

Im Alter von 21 Jahren entschloss sich Chet Baker, professioneller Jazz-Musiker zu werden, und schon im Jahr darauf spielte er in der Band von Charlie Parker, ein weiteres Jahr später gründete er seine erste eigene Gruppe.

Dann landete er drogensüchtig in Italien sogar im Gefängnis, und in San Francisco wurden ihm bei einer Prügelei die Zähne eingeschlagen. „Trotz der sich daraus ergebenen Beeinträchtigungen schaffte er Ende der 1960er-Jahre mit Hilfe von Dizzy Gillespie ein Comeback“, weiß Wikipedia, „Zwischen 1974 und 1977 entstanden eine Reihe von Aufnahmen, darunter einige mit Paul Desmond – auch eine Wiederbegegnung mit Gerry Mulligan, an welcher der junge Gitarrist John Scofield teilnahm. Ende der 1970er spielte er im Quartett mit Phil Markowitz und Jeff Brillinger sowie im Trio mit Philip Catherine und Jean-Louis Rassinfosse.“

Sein letztes Konzert spielte er zwei Wochen vor seinem Tod mit der NDR Bigband und dem Rundfunkorchester Hannover ein. Zugedröhnt fiel Chet Baker im Alter von 59 Jahren aus dem Fenster seines Hotelzimmers in Amsterdam und starb.

 

 

 

Annibale Caro

* 19.6.1507 in Civitanova Marche, Marken, † 21.11.1566 in Rom, italienischer Dichter

 

In Ruhe und nach Belieben schreiben vermochte Annibale Caro, da er mehreren Kardinälen wie einem Herzog als Sekretär diente. Verdienste erwarb er sich durch die Verwendung der toskanischen Sprache und wurde auch nicht zuletzt seines Stils wegen einst zu den Klassikern gezählt. Vergils „Aeneies“ übersetzte er in reimlosen Versen und kommentierte die Werke seines Zeitgenossen Francesco Maria Molza. Besonders beliebt schien er jedoch ob seines Humors gewesen zu sein, die vor allem in seiner Abhandlung „Diceria de’ nasi – Über die Nase eines Freundes“ zum Ausdruck kam.

 

  

 

 

Gustave Flaubert

* 12.12.1821 in Rouen, † 8.5.1880 in Canteleu, französischer Schriftsteller

 

Émile Zola sagte zu Gustave Flauberts „Madame Bovary“: „Man muß das Werk lesen und das darin pulsierende Leben kennenlernen. Es sind geradezu einzige Stellen darin enthalten, Stellen, die klassisch geworden sind, wie die Ehe Emmas und Charles’, die Szene bei der landwirtschaftlichen Ausstellung, in der Rodolphe der jungen Frau den Hof macht; namentlich aber sind der Tod und das Begräbnis der Madame Bovary grausig wahr. Außerdem hat das ganze Werk bis auf die unbedeutendsten Vorkommnisse ein peinigendes, durchaus neues, bis zum Erscheinen dieses Buches vollkommen unbekannte Interesse, das Interesse an der Wirklichkeit, an dem Drama des alltäglichen Lebens erregt. Die Schilderungen dringen uns mit unbesiegbarer Macht ins Herz, wie ein Schauspiel, eine Handlung, die unmittelbar vor unserer Augen sich vollzieht.“

Der Romanist Manfred Naumann notierte: „’Madame Bovary – das bin ich’, soll Flaubert behauptet haben. In ihrem Untergang klingt der Tod nach, den Flaubert dem Romantiker, der in ihm steckte, selbst bereitet hatte.“

Gustave Flaubert bekannte: Ich liebe meine Arbeit mit einer rasenden und pervertierten Liebe wie der Asket das Büßerhemd, das ihm den Leib zerkratzt. Manchmal, wenn ich mich innerlich leer fühle, wenn der richtige Ausdruck sich mir verweigert, wenn ich, nachdem ich lange Seiten vollgekritzelt habe, entdecke, daß ich keinen richtigen Satz zustande gebracht habe, dann werfe ich mich auf den Diwan und bleibe dort stumpfsinnig in einem inneren Morast der Unlust liegen. Ich hasse mich und klage mich dieses wahnsinnigen Stolzes an, der mich der Chimäre nachjagen lässt. Eine Viertelstunde später hat sich alles geändert; das Herz schlägt mir vor Freude. Letzten Mittwoch mußte ich mir ein Taschentuch holen; die Tränen liefen mir übers Gesicht. Ich hatte mich selbst beim Schreiben rühren lassen; ich genoß die Erregung über meine Idee, den Satz, der sie wiedergab, und die Genugtuung, ihn gefunden zu haben.

Im Nachwort einer Ausgabe von Flauberts „Erziehung der Gefühle“ im Paul List Verlag steht zu lesen: „Am 8. Mai 1880 erlag Flaubert einem Herzschlag, noch ehr er eine weitere große Abrechnung mit der verhaßten spießbürgerlichen Umwelt, den Roman ‚Bouvard und Pécuchet’ zu Ende gebracht hatte. Vorarbeiten dazu hatte Flaubert schon lange in einem großangelegten ‚Wörterbuch der Gemeinplätze’ geleistet, in dem er Plattheiten und Vorurteile der ‚bête humaine’, des ‚dummen Tieres Mensch’, sammelte, vor allem des Zweiten Kaiserreichs, über das er vorahnend in der ‚Erziehung des Herzens’ Dussardier einmal sagen ließ: Ich bin so verzweifelt! Ist den übrigens nicht alles zu Ende? Als die Revolution kam, habe ich geglaubt, daß wir alle glücklich sein würden. Erinnern Sie sich, wie schön das war, wie man aufgeatmet hat! Und jetzt sind wir alle ärger dran als je.

 

 

 

August Kühn

* 25.9.1936 als Helmut Münch in München, Pseudonym: Rainer Zwing, † 9.2.1996 in Hinterwössen, deutscher Schriftsteller

 

August Kühn hieß eigentlich Helmut Münch und begann unter dem Pseudonym Rainer Zwingli zu schreiben, die Theaterstücke „Der bayerische Aufstand“ und „Maßbierien. Lob eines trink- und sangesfreudigen Volkes“. Nachdem er bei Recherchen einen Vorfahren mütterlicherseits entdeckt und daraus seine vielbeachtete und 1978 sogar fürs Fernsehen verfilmte Familienchronik „Zeit zum Aufstehn“ entwickelt hatte, nahm er dessen Namen an: August Kühn.

Der Klappentext der Volk-und-Welt-Ausgabe von „Zeit zum Aufstehn“ preist an „Mit erstaunlicher Detailkenntnis, Einfühlungsvermögen und bayerischem Humor erzählt August Kühn die Geschichte seines Urahns, der als junger Bursche in München Fuß fasst, als Tagelöhner auf einem Dachboden haust, Frau und Freunde findet und den Unterschied zwischen seinesgleichen und den ‚Alteingesessenen’, den Münchener Brauereibesitzern, Honoratioren und Beamten am eigenen Leine zu spüren bekommt. Persönliche Erfahrungen werden unversehens zu Klassenerfahrungen und August Kühn wird Sozialdemokrat. Er und seine Freunde, Verwandten und Kinder erleben, erleiden und machen Geschichte. Kriege, Streiks, Revolution, Arbeitslosigkeit prägen das Familiengeschehen genauso wie Hochzeiten, Zwistigkeiten, Sterbefälle, sie bilden ein Ganzes, ein exemplarisches Stück Geschichte aus proletarischer Sicht, das proletarisches Traditions- und Geschichtsbewusstsein mit neuem Leben erfüllt.“

Deutschlandweit Aufsehen erregte August Kühn dann 1984, als er monatelang von Buchhandlung zu Buchhandlung wanderte, um für seine Bücher zu werben, vor allem wohl für seinen Schelmenroman „Die Merkwürdigkeiten im Leben des Fritz Wachsmuth“ oder den 1981 erschienenen Roman „Die Vorstadt“

Bis zu seinem Tode publizierte August Kühn fleißig weiter, so das Reisetagebuch „Deutschland- ein lauer Sommer“, das Fragment „Wir kehren langsam zur Natur zurück“, die Romane „Meine Mutter 1907“ und „Die Abrechung“.

 

 

 

Rick van der Linden

* 5.8.1946 in Badhoeverdorp, † 22.1.2006 in Gronigen, niederländischer Keyboarder

 

Mit „Peace Planet“, einen Titel, den Rick van der Linden nach Johann Sebastian Bachs „Badinerie aus der Suite Nr.2 in b-Moll“ arrangiert hatte, begann die Band, mit der ich Anfang der 1970er Jahre auf Bühnen stieg, gern unsere Rockkonzerte. Das passte gleich zweifach und ließ mich unsere Sicht auf die Welt bestens ans Publikum bringen: natürlich waren wir angesichts des nicht enden wollenden Vietnam-Krieges für Frieden auf dem ganzen Planeten – und wie sehr wir Hardrocker zunehmend auch die Bedeutung des musikalischen Erbes verstanden, hatten wir neben Emerson, Lake & Palmer nicht zuletzt Rick van der Lindens „Ekseption“ zu verdanken.

Und der großartige Musiker, Arrangeur und Komponist spielte auch mit anderen großen Bands und Musikern wie Phil Collins, Deep Purple, Joachim Kühn oder Vangelis.

Nach einem Schlaganfall war Rick van der Linden halbseitig gelähmt und starb zwei Monate später im Alter von 59 Jahren.

 

 

 

Jurek Becker

* wohl 30.9.1937 in Łodz als Jerzy Bekker, † 14.3.1997 in Sieseby, deutscher Schriftsteller

 

„Jurek Becker […] entstammte einer jüdischen Familie, mit der er 1940 in das von den deutschen Besatzern eingerichtete Ghetto ziehen musste“, informiert der Klappentext von „Bronsteins Kinder“ der Ausgabe in der Bibliothek der Süddeutschen Zeitung.  Sein genaues Geburtsdatum ist unbekannt, da sein Vater ihn im berüchtigten Ghetto Litzmannstadt älter angab, als er war, um ihn vor der Zwangsverschickung zu bewahren. „1944 wurde er von seinem Vater getrennt und zusammen mit seiner Mutter in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert. Die Mutter starb an Unterernährung. Becker selbst überlebte nur knapp. Zusammen mit dem Vater, der ins Lager Auschwitz verschleppt worden war, zog er nach Ostberlin. Dort lernte Becker deutsch und wurde zu einem überzeugten Sozialisten. 1957 nahm er ein Philosophiestudium an der Berliner Humboldt-Universität auf. Doch schon bald musste er die Hochschule verlassen, weil er die offizielle Parteilinie kritisiert hatte. In der Folgezeit wurde Becker von der Staatssicherheit überwacht. 1969 machte ihn der Erfolg seines Romans ‚Jakob der Lügner’ mit einem Schlag berühmt, doch eckte er in der DDR bald erneut an, da er die Ausbürgerung Wolf Biermanns offen kritisierte. Er wurde von der SED ausgeschlossen und siedelte nach Westberlin über. In den folgenden Jahren hielt er Vorlesungen in Amerika, schrieb Romane wie […] ‚Amanda herzlos (1992) und verfasste mehr als vierzig Drehbücher für die ARD-Serie ‚Liebling Kreuzberg’“.

Weitere wichtige Bücher Jurek Beckers waren: „Irreführung der Behörden“, „Der Boxer“, „Schlaflose Tage“, „Nach der ersten Zukunft“ oder „Ende des Größenwahns“.

Jurek Becker starb im Alter von 59 Jahren an Darmkrebs.

 

 

 

Michel Eyquem de Montaigne

* 28.2.1533 auf Schloss Montaigne im Périgord, † 13.9.1592 ebd., französischer Philosoph

 

„Der Vater des Zweifels, Michel de Montaigne; ist bald vierhundert Jahre alt. Sein ‚Que sais-je“ bezeichnet in Wahrheit die Höhe des europäischen Wissens“, urteilte Heinrich Mann. Und in ihren „Versuchen über Montaigne“ meint Regine Brossmann: „Die Faszination Montaignes beruht nicht zuletzt auf seinem Status als ‚vorklassischer Klassiker’ der französischen Literatur“, „Als einem von antik-heidnischem Geist durchdrungenen Menschen war Montaigne jede Leibfeindlichkeit fremd, ja er lehnte sie ganz explizit ab: Er sprach achtungsvoll vom Leib als dem besten Freund und Genossen der Seele, ja er macht die Erfahrung der eigenen Leiblichkeit sogar zur philosophischen Erkenntnisquelle, und das, obgleich (oder weil) er an Nierensteinen und mit zunehmendem Alter auch an Gicht und diversen anderen gesundheitlichen Problemen laborierte.“

Paul Sakmann übersetzte Montaigne ins Deutsche und schrieb: „So trete denn dieser helle Geist mit seiner guten Arznei für moderne Krankheiten vor eine deutsche Lesergemeinde, ein fremder und zeitentfernter Geist, der doch nicht zur Unzeit kommt. Er scheint zwar uns jetzt in unsern heutigen Schwierigkeiten wenig zu sagen zu haben, und keine Lösungen zu bieten für die Probleme, die uns auf die Nägel brennen. Oder vielleicht doch? Er lebte in einer Zeit, von der er sagt, er habe sich oft niedergelegt, nicht sicher, ob er nicht in dieser Nacht noch umgebracht würde, und seine Philosophie war: Beriet sein ist alles, bereit auch für ein solches Los. Es könnte auch uns ein solches Los beschieden sein, es könnten auch wir eine solche Philosophie brauchen. Doch dem sei wie es wolle. Es ist nicht zur Unzeit, in einer Welt, in der wir uns wie Maschinenteile verbrauchen lassen müssen, einen vollen Menschen kennenzulernen. Es ist nie zur Unzeit, wenn man Bekanntschaft macht mit einem grundgescheiten, ehrlichen, liebenswerten, mit einem herrlichen Mann.“

 

Wie mein Geist mäandert, so auch mein Stil.

 

Friedrich Nietzsche sagte: „Daß ein solcher Mensch geschrieben hat, dadurch ist wahrlich die Lust auf dieser Erde zu leben, vermehrt worden.“

 

Genug nun für andere gelebt – leben wir zumindest das letzte Stück des Lebens für uns.

 

Michel de Montaigne starb im Alter von 59 Jahren während einer  Messe in der Kapelle seines Schlosses, möglicherweise infolge einer Diphtherie-Erkrankung. In seine Turmbibliothek findet sich die Inschrift: Im Jahre des Heils 1571, im 38. Lebensjahr, am 28. Februar, seinem Geburtstag, hat sich Michel de Montaigne, schon lange müde des Dienstes bei Gericht und in öffentlichen Ämtern, in voller Manneskraft in den Schoß der gelehrten Jungfrauen zurückgezogen, um in Ruhe und aller Sorgen ledig, wenn es das Schicksal ihm vergönnt, den kleinen Rest seines schon zum großen Teil verflossenen Lebens zu vollenden, er hat diese Stätte, diesen teuren von seinen Ahnen ererbten Zufluchtsort seiner Freiheit, seiner Ruhe und seiner Muße geweiht.“

Stefan Zweig bekannte: „Nehme ich die ‚Essais’ zur Hand, so verschwindet im halbdunklen Raum das bedruckte Papier. […] Vierhundert Jahre sind verweht wie Rauch: es ist nicht der Seigneur de Montaigne, der […] Kammerherr eines verschollenen Königs von Frankreich, nicht der Schlossherr aus Périgord, der zu mir spricht. […] Ein Freund ist gekommen, mich zu beraten und von sich zu erzählen.“

 

 

 

Isidore Marie Auguste François Xavier Comte

* 19.1.1798 in Montpellier, † 5.9.1857 in Paris, französischer Mathematiker und Philosoph

 

Savoir pour prévoir, prévoir pour pouvoir - Wissen, um vorherzusehen, vorhersehen, um handeln zu können.

Auguste Comte begründete mit seinem Werk „Plan des travaux scientifiques nécessaires pour réorganiser la société“ die Philosophie des Positivismus. Als sein Hauptwerk gilt sein Hauptwerk „Cours de philosophie positive“.

Auguste Comte wirkte auch als Mathematiker, entwickelte Kalender und benannte die Soziologie als solche: Die „Idee einer speziellen Wissenschaft – weder Geisteswissenschaft, noch Metaphysik – für das Soziale war im 19. Jahrhundert weit verbreitet und ging nicht speziell von Comte aus. Die ehrgeizige – viele würden sagen: überzogene – Weise, in der Comte dies vorstellte, war ihm jedoch einzigartig“, weiß Wikipedia. „Comte sah diesen neuen Forschungszweig, die Soziologie, als die letzte und die größte aller Wissenschaften, eine Disziplin, die alle weiteren Wissenschaften umfassen würde und die ihre Entdeckungen in ein zusammenhängendes und vollständiges Ganzes integrieren und beziehen würde. Die Soziologie ist Comte zufolge die Wissenschaft, die die Methoden aller anderen – weniger komplexen – Wissenschaften benutzt, nämlich Beobachtung, Experiment, Klassifikation und Vergleich sowie zusätzlich die historische Methode.“

Seine Devise Ordnung und Fortschritt erscheint sogar in der Flagge Brasiliens: „Ordem e Progresso“.

August Comte starb im Alter von 59 Jahren an Magenkrebs.

 

 

 

Thomas Alva Edison Jr.

* 10.1.1876 in Menlo Park, New Jersey, † 25.8.1935 in Springfield, Massachusetts, amerikanischer Erfinder

 

Im Gegensatz zu seinem gleichnamigen Vater gilt als Thomas Alva Edison Jr. Nicht als erfolgreicher, sondern als gescheiterter Erfinder. Er vertrieb unter dem Namen „Wizard Ink“  eine wasserlösliche Tinte in Tablettenform und ein als „Magno-Electric Vitalizer“ bezeichnetes Elektrisiergerät, das die Werbung als Heilmittel gegen eine Vielzahl von Krankheiten anpries, obwohl es völlig wirkungslos war. Und dann allerlei unter seinem berühmten Namen vertriebene Wunderarzneien und unbrauchbare Elektrogeräte in immer größerer Zahl auf den Markt, die den begründeten Verdacht erregten, Edison Jr. verleihe seinen Namen gegen Geld zu Werbezwecken an Dritte.

Und nachdem eine Aktiengesellschaft, die ein von ihm entwickeltes Verfahren zur Stahlgewinnung anwenden wollte, pleite gegangen war, untersagte Thomas Alva Edison Sr. seinem Sohn, den weltberühmten Familiennamen weiter für geschäftliche Vorhaben zu nutzen.

Im Alter von 59 Jahren wurde Thomas Alva Edison Jr. tot in einem Hotelzimmer in Springfield (Massachusetts) aufgefunden, das er  unter falschem Namen gemietet hatte. Ob Selbstmord oder eine natürliche Todesursache vorlag, wurde nie geklärt.

 

 

 

David Rolfe Graeber

* 12.2.1961 in New York, † 2.9.2020 in Venedig, amerikanischer Kulturanthropologe

 

In seinem Buch „Bullshit Jobs: Vom wahren Sinn der Arbeit“ sagt David Graber: 1930 sagte John Maynard Keynes voraus, dass die Technologie bis zum Ende des Jahrhunderts so weit fortgeschritten sein würde, dass Länder wie Großbritannien oder die Vereinigten Staaten eine 15-Stunden-Woche erreicht haben würden. Alles deutet darauf hin, dass er recht hatte. Technologisch gesehen sind wir hierzu in der Lage. Dennoch passierte dies nicht. Stattdessen wurde Technologie dafür eingesetzt, dass wir alle mehr arbeiten. Um dies zu erreichen, mussten Jobs geschaffen werden, die im Resultat sinnlos sind. Große Mengen an Menschen, insbesondere in Europa und Nordamerika, verbringen ihr gesamtes Arbeitsleben damit, Tätigkeiten auszuführen, von denen sie heimlich denken, dass sie eigentlich nicht getan werden müssten. Der moralische und spirituelle Schaden, der aus dieser Situation entsteht, ist schwerwiegend. Es ist eine Wunde in unserer kollektiven Seele. Doch praktisch niemand spricht hierüber.

In einer Rezension zum Erfolgsbuch „Anfänge: Eine neue Geschichte der Menschheit“, das er zusammen mit David Wengrow verfasste schreibt Tobias Rapp: „Die Geschichte der Menschheit, so behaupten Graeber und Wengrow, sei in den vergangenen Jahrhunderten, seit es moderne Geschichtsschreibungen gibt, fast immer entlang falscher Annahmen erzählt worden. Zwei Illusionen hätten sich gegenübergestanden. Zum einen die, das das ursprüngliche Chaos der Menschheitsgeschichte nur durch einen starken Staat gebändigt werden konnte – diese These hatte der britische Philosoph Thomas Hobbes geprägt. Auf der anderen Seite stand die Idee des französische Philosophen Jean-Jacques Rousseau: Die Menschheit habe ursprünglich in einem Zustand der paradiesischen Gleichheit gelebt. Beides sei falsch, sagen Graeber und Wengrow. Hobbes und Rousseau hätten für ihre Thesen keine Belege gehabt. Und doch sei der Westen nicht zufällig jahrhundertlang den Sichtweisen der beiden Philosophen gefolgt. Denn deren Idee, dass ‚Freiheiten verloren gehen, wenn Gesellschaften größer und komplexer werden’, sei hauptsächlich zu dem Zweck ersonnen worden, ‚die Bedrohung durch indigene Kritik unschädlich zu machen.“

David Graber war auch einer der Anführer der Bewegung Occupy Wall Steet und Mitglied der Internationalen Organisation für eine Partizipatorische Gesellschaft.

David Graeber starb im Alter von 59 Jahren während einer Urlaubsreise an inneren Blutungen infolge einer nekrotisierenden Pankreatitis.

 

 

 

Jürgen Hart

* 20.9.1942 in Treuen, † 9.4.2002 in Leipzig, deutscher Kabarettist

 

Sing, mei Sachse, sing!

Es isn eichen Ding

Und ooch a dichdsches Glück

Um dn Zauber dr Musieg

 

Im wiedervereinten Deutschland gewann Jürgen Harts, zu DDR-Zeiten geschriebener Kultsong angesichts der nicht verstummen wollenden „Ossi-Wessi-Debatte“ einiges an Bedeutung hinzu:

 

Dr Sachse isdr Weld bekannd

Als braver Erdenbircher

Und feehrdr ringsum durches Land

Dann machdr geenen Ärcher

Dann brauchdr seine Ruhe

Und ausgeladschde Schuhe

Doch gommdr Sachse nach Berlin

Da gönn'se ihn nich leiden

Da wollnsem eene drieberziehn

Da wollnse midm schdreiden!

Und dudmern ooch verscheißern

Sein Liedchen singdr eisern!

 

Wolfgang Schaller, der Chef des Dresdner Kabaretts „Herkuleskeule“ sagte über den Chef der Leipziger „academixer“: „von manch einem Jahrhundertdichter kennt niemand mehr eine Zeile, von Jürgen Hart dagegen bleibt sein ‚Sing, mei Sachse sing’, das zum Volkslied geworden ist.

 

Sing, mei Sachse, sing!

Sing, mei Sachse, sing!

Sing, mei Sachse, sing…

 

 

 

Gianni Rodari

* 23.10.1920 in Omegna, † 14.4.1980 in Rom, italienischer Kinderbuchautor

 

„Wenn eine auf dem Mythos der Produktivität  (und auf der Realität des Profits) gegründete Gesellschaft nur halbe Menschen braucht – neue Befehlsempfänger, beflissene Nachäffer, fügsame Werkzeuge ohne Selbstbehauptung – bedeutet das, dass etwas an ihr nicht stimmt und dass sie verändert werden muss“, schreibt Gianni Rodari in seiner „Grammatik der Phantasie“, in der er versucht Eltern, Lehrern, Erziehern Mut für eine möglichst vielfältige und umfassende Förderung der Imaginationsfähigkeit von Kindern zu geben, damit diese zu „ganzen Menschen“ heranwachsen können: „Der Verstand ist ein Ganzes. Seine Kreativität muss in alle Richtungen kultiviert werden. […] Der freie Gebrauch aller Möglichkeiten der Sprache stellt nur eine Richtung dar, in der das Kind sich entfalten kann.“ Diese erscheint ihm offenbar aber als die wichtigste, führt sein Buch doch eine Fülle anregende Beispiele zur Sprachentwicklung, zur Erzählfähigkeit letztlich an. Wunderbar allein das Kapitel „Was wäre wenn…“ bietet ausgehend von Novalis und Kafka wunderbare Denkansätze: „Was wäre, wenn die Stadt Reggio Emilia auf einmal fliegen würde? – Was wäre, wenn sich Mailand plötzlich vom Meer umgeben fände? – Was wäre, wenn Sizilien die Knöpfe verlieren würde? – Was wäre, wenn ein Krokodil an eure Tür klopfen und um ein bisschen Rosmarin bitten würde? – Was wäre, wenn euer Fahrstuhl in den Mittelpunkt der Erde stürzen oder zum Mond rasen würde? ...“

Tja, da drängt sich doch eindringlich die Frage auf: Was wäre, wenn alle Eltern, Lehrer, Erzieher dieser Welt, sich plötzlich Gianni Rodaris Ratschläge zu eigen machten?

„Die Phantasie ist kein böser Wolf, vor dem man Angst haben muss, auch kein Vergehen, das durch verbissene Überwachung pausenlos verfolgt werden muss.“

 

 

 

Hugo Chávez

* 28.7.1954 als Hugo Rafael Chávez Frias in Sabaneta, † 5.3.2013 in Caracas, venezolanischer Politiker

 

Besonderheit in Venezuela: unter dem linken Präsidenten Hugo Chávez, der vor allem zu Gunsten der Armen so manches veränderte, erhielt das Land sogar eine eigene Zeitzone: Uhren eine halbe Stunde zurück! Dennoch erreichen wir die Isla Margarita, die Touristen scharenweise ob der zahlreichen Traumstrände anlockt. Fahrt nach Pampatar: Festung, Kirche und gepflegte Appartement- Siedlungen über der Gischt der Ostküste. Immer mehr begüterte Venezuelaner, vor allem aus Caracas, zieht es auf die Insel, die als reiche Provinz gilt. Und dies, obwohl  die Amis nicht mehr hierherkommen, nachdem Chávez die diplomatischen Beziehungen zu den USA abbrach. Allein bis zu 200 Kreuzfahrtschiffe sollen jährlich hier festgemacht haben, nun sind es nur noch wenige Dutzend, aus Frankreich, Italien, Deutschland vor allem.

Erstaunlich, was unser Guide über staatliche Leistungen, die unter Chávez eingeführt wurden, zu berichten weiß: Bildung ist kostenfrei, Venezuela gilt als vollständig alphabetisiert, und auch das Gesundheitswesen steht jedem ohne Zuzahlungen offen. Sozialwohnungen und sogar Sozialhäuser können beantragt werden (reichen aber längst nicht für alle Antragsteller), es gibt Supermärkte mit verbilligten Lebensmitteln, sogar Autos können verbilligt erworben werden (man muss aber lange darauf warten), und das Benzin ist eh das billigste der Welt: 4 Cent pro Liter. Dennoch lässt unser Guide ständig durchblicken, dass er nicht zu den 60% Venezuelanern gehört, die Chávez wählen. Klar, er hat schon den Sprung aus Caracas in die besseren Viertel Pampatars geschafft, schimpft also über sommers kontingentiertes Wasser, oder dass er vor einer eventuellen Auslandsreise neben dem Visum auch beantragen muss, Dollars kaufen zu können.

Später hören wir, Chávez habe verkündet, die Isla Margarita gänzlich für ausländische Touristen zu schließen, ausschließlich als Erholungsort für Venezuelaner weiter auszubauen. Mal sehen, wohin ein solcher Kurs am Ende führt…

 

 

 

Jeff Golub

* 15.4.1955 in Copley, Ohio, † 1.1.2015 in New York City, amerikanischer Jazz-Gitarrist

 

Im Alter von 12 Jahren trat Jeff Golub erstmals als Gitarrist auf, besuchte dann das Berklee College of Music in Boston und spielte dann in New York in der Band von Billy Squier. Im Alter von 33 Jahren erschien Jeff Golubs erste Solo-Album „Unspoken Words“, elf weitere Solo-Alben folgten. Mit Rod Stewart spielte er vier Alben ein und war an fünf Stewart-Welttourneen beteiligt.

Im Alter von 56 Jahren erblindete Jeff Golub aufgrund eines Kollapses seines Sehnervs. Letztmals stand er zwei Jahren später beim „Smooth Jazz Festival“ in Nürnberg auf der Bühne. Mit Neunundfünfzig starb Jeff Golub infolge einer degenerativen Gehirnerkrankung.

 

 

 

 

Enrico Nencioni

* 1.1.1837 als Einrico Giovanni Battista Nencioni, † 25.8.1896 in Livorno, italienischer Autor

 

Enrico Nencioni studierte wie der spätere Literaturnobelpreisträger Giosuè Carducci an der Scuola Pie Fiorentine und nahm dann diverse Hauslehrerstellen an. Im Alter von 18 Jahren debütierte er als Lyriker. Mit Dreißig begann er auch als Literaturkritiker zu wirken und im Alter von 56 Jahren zudem italienische Literatur zu unterrichten. Sein letztes lyrisches Werk „Rapsodia lirica“ erschien zwei Jahre vor seinem Tod.

 

  

 

 

Manfred Streubel

* 5.11.1932 in Leipzig, † 10.7.1992 in Gohlis bei Dresden, deutscher Schriftsteller

 

Der hallesche Germanist Rüdiger Ziemann sagte: „Die Sonette Manfred Streubels deuten auf das Jahrhundert des Jakob Böhme und des Angelus Silesius, auf neuartiges Nachdenken über den Menschen und die dialektische Tendenz in der barocken Antithetik. Auch die poetische Technik verweist auf das Barock: Der dringliche Ernst dieser Dichtung hat einen Ausdruck gefunden, der das Wissen um die Schwierigkeiten und die Möglichkeiten des Materials, in welchem gearbeitet wird, hält.“

 

Clown nach der Vorstellung

 

Mensch, bin ich müde. Meine Farben fallen

Wie Blätter von mir ab.

Wie fremde Federn. Die im Herbst verhallen.

Daß ich kein Haus mehr hab.

 

Da ist kein Beifall mehr, den ich begehre,

wenn nun mein Herz durch Wind und Wolken jault.

Nur: einen Napf noch. Den ich artig leere,

Und eine Hand, die mir den Nacken krault.

 

Und dann die Nacht. Um mein Gesicht zu sehen:

Den Mond, den ich in dunkle Menge warf.

Mensch, tät das gut: in andern aufzugehen.

Wohl dem, der’s darf.

 

Manfred Streubel, bekannt geworden Anfang der 1950-er Jahre durch seine Liedzeilen: Wir brechen in das Dunkel ein, / verfolgen Ruf und Spur. / Und werden wir erst wissend sein, / fügt sich uns die Natur. / Die Blume öffnet sich dem Licht, der Zukunft unser Herz. / Die Heimat hebt ihr Angesicht / und lächelt sonnenwärts…, nahm sich, zunehmend von Existenzängsten geplagt, wenige Wochen vor seinem sechzigsten Geburtstag das Leben.

 

 

 

Paul Wiens

* 17.8.1922 in Königsberg, † 6.4.1982 in Berlin, deutscher Lyriker

 

Paul Wiens sagte: Ich sehe ein Kampfspiel der Kräfte, ich sehe Prozesse, in die ich verwickelt bin, wie wir alle. Prozesse, deren ich Herr werden muß. Ich versuche es im Leben, ich versuche es im Gedicht. Ich bin auf Lust aus wie wir alle. Neugierig. Ich löse Rätsel, wann immer ich es vermag. Ich zeichne Muster, ich spiele, teste, rate. Ich will mir ein Bild machen, und im Bilde sein. Wichtig, poetisch erheblich ist dabei alles: jede Seite jeder Erscheinung in jeder Beleuchtung. Dazu benutze ich mein Licht. Wie wir alle.

Paul Wiens, Sohn einer jüdischen Mutter, 1993 Emigration, im Zweiten Weltkrieg wegen Wehrkraftzersetzung inhaftiert, dann Lektor im Aufbau-Verlag Berlin, Informant, ab 1982 bis zu seinem Tod Chefredakteur der Literaturzeitschrift „Sinn und Form“.

 

Das sei unser vermächtnis:

ein gutes, ein scharfes gedächtnis –

und unsere hinterlassenschaft:

ein sommer voller licht und saft,

ein sommer – windig, aber weich,

tief der wald, die äcker reich,

die straßen um die erde breiter,

die leute herzlicher, gescheiter,

haut und gedanken ohne beuelen,

gedichte an den anschlagsäulen,

mit liebe jedes haus umlaubt,

froh jedes kind – und überhaupt

ein tropfen nur des volkes bitterkeit,

sein glück jedoch – wie alle meere weit!

 

 

 

Iwan Franko

* 27.8.1856 in Nahujewytschi, Galizien, † 28.5.1916 in Lemberg, ukrainischer Schriftsteller

 

Voll Schwere ist dein Joch, so schwer ist es zu tragen,

O du, mein Vaterland!

Als wäre es ein Kreuz, muss ich darunter sinken.

Und einen Becher voll von Gift zu Neige trinke

Aus deiner Vaterland.

Ich segne dich dennoch! Und mag die ferne Zukunft

Mit Glanz und Ansehen krön dich zuletzt –

Ich flehe, dass nur Eins der Himmel dir vergönne:

Dass sie von dir nicht fliehn – die besten deiner Söhne

Durch Qual und Hunger weggesetzt.

Dass deiner Schöpfer Schar bei ihrem eignen Nachwuchs

Kein Hohngelächter zu erdulden hat,

Und dass ihr Denkmal wie nur jene' Steine werden,

Die man gen sie geschleudert hier auf Erden

Zum Dank für ihre segensreiche Saat -

schrieb Iwan Franko in seinem Gedicht „Mein Ismavogd“.

Er war einer der ersten ukrainischen Berufsschriftsteller, schrieb neben Ukrainisch auch auf Bulgarisch, Deutsch, Polnisch, Russisch und Tschechisch. Zu seinen Lebzeiten gab es mehr 220 Franko-Bücher und –Broschüren. Seine ersten Geschichten publizierte er bereits im Alter von 21 Jahren.

Iwan Franko hatte einen großen Einfluss auf die entstehende ukrainische Nationalliteratur und die Entwicklung des Gedankens einer ukrainischen Nation.

In „Welkes Laub“ dichtete er:

Und wirst auch nie wie eine Blume blühn,

Wie die Levkoje voll von Duft und Golde,

und gehst du auch zu fremden Menschen hin

ins Meer des grauen, dumpfen Alltags, Holde;

Rein bleibst du immer meinem Herz und Sinn

Und heilig, so, wie ich dich lieben wollte;

Wie Blume, die kein Frost und Glut entstellen;

Wie Ideal – voll Glanz, weil fern den Welten.

Ich werde tragen dich im Herzen lang

Voll Liebe, wie in einer Tempelhalle,

Und deine Schönheit mach' ich zum Gesang,

den Augenglanz zum Wort von hellstem Schalle

Und den Korallenmund zum Rhythmenklang …

Und wie die goldne Fliege im Kristalle

Des Bernsteins ewig ewiglich muss währen –

Blühst du so lang, als man mein Lied wird hören.

Die Universität Charkiw verlieh Iwan Frank 1906 die Ehrendoktorwürde, 1962 wurde die Stadt Stanislau wie die zugehörige Oblast in Iwano-Frankisk umbenannt, die Universität von Lwiw trägt seinen Namen und ein Asteroid seinen Spitznamen: Kamenyar.

 

 

 

Freddie Frinton

* 17.1.1909 als Frederic Bittiner Coo in Grimsby, † 16.10.1968 in London, englischer Komiker

 

The same procedere as every year?

Als Vierzehnjähriger begann Freddie Frinton seine Karriere in einer Fischfabrik, denn dort wurde ihm bald gekündigt, da er seine Kollegen ständig durch Parodien und Witze von der Arbeit abhielt. Dann versuchte er sich in kleinen Varietés und wirkte im Zweiten Weltkrieg als Truppenunterhalter.

Und dann trat Freddie Frinton als Butler James 1945 in Blackpool zum ersten Mal mit dem Stück auf, das ihn berühmt machen sollte, mit „Dinner for one“.

Der Entertainer Peter Frankenfeld entdeckte ihn dort im Jahre 1962 und er lud ihn mit „Dinner für one“ in seine Fernsehshow ein. Danach wurde der Sketch vom NDR produziert und ist seit 1972 zu Silvester nicht mehr aus den deutschen und österreichischen Fernsehprogrammen wegzudenken.

Yes, James, the same procedere as every year!

 

 

 

Peter „Cäsar“ Gläser

* 7.1.1949 in Leipzig, † 23.10.2008 ebd., deutscher Rock-Gitarrist

 

Gerulf Pannach schrieb „Cäsars Blues“, den Cäsar wieder und wieder und in wechselnden Bands, von „Renft“ über „Karussell“ bis „Cäser & Die Spieler“ spielte und sang:

Wie ein Krokodil auf 'ner Regenwiese,

Wie ein Krokodil auf 'ner Regenwiese,

So traurig ist das Lied

Von meiner ersten Liebe.

Oh, die gab an

Mit meinem Namen und was ich kann….

Nachdem es immer wieder Probleme mit Behörden gegeben hatte, stellte Cäsar 1985 einen Ausreiseantrag und wurde im April 1989 aus der DDR ausgebürgert und arbeitete in West-Berlin als Taxifahrer. 1991 startete er ein Comeback.

Ihre heilige Verwandtschaft,

Ihre heilige Verwandtschaft,

übel wird mir, denk' ich dran,

War empört ob der Bekanntschaft.

Ein Musikant, oh, weh,

Hat doch nichts im Portmonee.

Cäsar verfasste unter dem Titel „Wer die Rose ehrt“ auch eine Autobiografie und starb im Alter von 59 Jahren am Krebs.

Lieber wird ein Musikant zu Gärtner,

Lieber wird ein Musikant zum Gärtner,

Dort wo man das Glück aufspießt,

Wo man wegen Geld nur grüßt.

So ging ich ohne Gruß

Von meiner Liebe, das war mein Blues.

 

 

 

Nathaniel Hawthorne

* 4.7.1804 in Salem, Massachusetts, † 19.5.1864 in Plymouth, New Hampshire, amerikanischer Schriftsteller

 

Nathaniel Hawthorne gilt als Klassiker der amerikanischen Literatur. In seinen Werken wie „Der Scharlachrote Buchstabe“, „Das Haus mit den sieben Giebeln“ oder ein „Tragischer Sommer“ wandte er sich vor allem der kolonialen Vergangenheit seines Landes zu.

Der Philologe Hans Weyhe sagte: „Hawthorne ging oft von dem abstrakten Problem aus, das er dann bei der Gestaltung mit Fleisch umkleidete; um ihr eine gewissen Wirklichkeitsillusion, einen gedämpften Realismus zu verleihen, nimmt er zuweilen die ausführlichen Beschreibungen seiner Tagebücher zu Hilfe. Mit Vorliebe wandelt er auf der Grenze von Wirklichkeit und Übersinnlichem, und sein Hang zum Symbol tritt überall hervor. Er pflegt eine erhöhte Sprache , auch im Dialog, und vermeidet Mundartliches und Altertümliches, auch in seinen Erzählungen aus der Puritanerzeit. Zwanzig Jahren nach seinem Tode nannte ihn  der Germanist Anton E. Schönbach in der Studie, die er über ihn veröffentlichte, den größten Dichter, den die Vereinigten Staaten bis jetzt hervorgebracht haben; heute sieht man in ihm eine tief bohrenden Seelendarsteller, der die Frage nach der Wirkung der Schuld auf den Menschen, nach der Pflicht und nach der rechten Sittlichkeit immer wieder entlarvend und nachdenklich aufwarf und in Werken von bleibendem Gehalt und zwingender Form weiterführend gestaltete als ein Wegbereiter des in immer tiefere Schichten vordringenden psychologischen Romans.“

Nathaniel Hawthorne starb, gebeugt vom amerikanischen Bürgerkrieg, im Alter von 59 Jahren

 

 

 

Mani

* 14.4.216 in Mardinū, † 14.2.276 in Gundischapur, persischer Religionsstifter

 

Mani begründete eine neue Religion, den Manichäismus. Wikipedia weiß: „Mani lebte im persischen Sasanidenreich und wuchs in einer Gemeinschaft christlicher Täufer auf. Als Erwachsener trennte er sich von den Täufern, um seine eigene, stark von gnostischem Gedankengut geprägte Lehre vom absoluten Dualismus zwischen Gut und Böse, Licht und Finsternis zu verkünden. Dabei berief er sich auf göttliche Offenbarungen, denen er sein Wissen verdanke. Er sah sich als Vollender der älteren Religionen Christentum, Zoroastrismus und Buddhismus, deren Gründer er für seine Vorläufer hielt. Seine Religionsgemeinschaft organisierte er nach dem Vorbild der christlichen Kirche hierarchisch. Zunächst wurde seine Missionstätigkeit von persischen Königen gefördert, und der Manichäismus breitete sich über weite Gebiete aus. Schließlich unterlag Mani jedoch in einem Konflikt mit der zoroastrischen Priesterschaft, wurde verhaftet und starb im Gefängnis. Damit wurde er für seine Anhänger zum Märtyrer.“

Mani verfasste in seiner aramäischen Muttersprache sieben Werke, die den manichäischen Gemeinden als heilige Schriften galten: „Das lebendige Evangelium“, „Der Schatz des Lebens“, „Pragmateia“, „Das Buch der Mysterien“, „Das Buch der Giganten“, „Briefe“ und eine Sammlung von Psalmen und Gebeten. Zudem schuf Mani auch das Bilderbuch „Ārdahang“ und begründete damit seine Ruf als Maler.

Ernst Bloch meinte, Mani habe den ursprünglichen Zoroastrismus erneuern wollen, doch sei es dafür „infolge der festungsähnlichen Ausbildung der Staatskirche“ durch die persische Priesterkaste zu spät gewesen, daher sei er gescheitert. Sein Dualismus sei persisch. Daher sei es falsch, ihn primär als Fortsetzer einer babylonischen oder christlichen Tradition zu deuten. Das Einzigartige an Manis Auftreten sei, dass damit ein Gnostiker zum ersten und letzten Male in der Geschichte ein Prophet geworden sei. Die manichäische Weltverneinung stehe der buddhistischen nahe, unterscheide sich aber von ihr darin, dass „Manis Askese nicht bloß eine individuelle ist, sondern zugleich eine kosmische; sie ist ein Teilvorgang des kosmischen Endvorgangs“.

 

 

 

Engelbert Zaschka

* 1.9.1895 in Freiburg im Breisgau, † 26.6.1955 ebd., deutscher Erfinder

 

Engelbert Zaschka entwickelte ein Muskelkraft-Flugzeug, gilt als Hubschauber-Pionier und konstruierte auch das erste Faltauto.

Im Alter von 31 Jahren präsentierte er einen der ersten Vorläufer des Trag- und Hubschraubers, der als „Hubschraubenflugzeug“ patentiert wurde. In seiner Patentschrift formulierte er: Wenn es auch bisher gelungen ist, Schraubenflieger zu bauen, die genügend Auftrieb erzeugten, so ist es bisher doch noch nicht gelungen, die Stabilität der Hubschraube sowie das Gleitvermögen bei abgestelltem Motor zu erreichen. Der Erfindung gemäss wird nun die Stabilität eines derartigen Flugzeuges dadurch erreicht, dass mit einem umlaufenden Tragflächensystem eine umlaufende Masse verbunden ist. Durch Anordnung einer rotierenden Schwungmasse wird ausser der Stabilität auch erreicht, dass analog dem Drachenflugzeug die im Kreisel innewohnende kinetische Energie über plötzlich auftretende Hindernisse hinweghilft, dadurch, dass dieselbe in Arbeit umgewandelt wird.

Im „Neuen Wiener Journal“ war dann zu lesen: „Ein für die Flugfahrt historischer Moment war es, als dieser Tage, vor nur wenigen Zuschauern, auf dem Berliner Flugplatz Johannistal, ein Gelände, das durch Tradition eng verbunden ist mit der frühesten Phase der deutschen Luftfahrt, die ersten Aufstiegversuche mit dem Zaschka-Flugzeug vonstatten gingen. Ein ungewöhnlicher und überraschender Anblick: das Flugzeug stieg kerzengerade in die Höhe; nach einer Weile verlangsamte sich das Tempo und das Flugzeug blieb oben stehen; dann senkte es sich leise, vollkommen vertikal nach unten; in senkrecht abwärts führendem Flug kam es wieder unten auf dem Boden an.“

Eberhard Zaschka erfand auch einen tragbaren, mobilen Motor, ein Klapp-Fahrrad und einen Klapp-Ski. Zudem trat er sogar als Komponist für Unterhaltungsmusik hervor, schrieb beispielsweise den Schlager „Wer hat denn bloß den Hering am Schlips mir festgemacht?“

Im Vorwort seines Buches „Drehflügelflugzeuge. Trag- und Hubschrauber“ verkündete er: Wir sind zwar Beherrscher der Luft und können Erdteile und Ozeane überqueren, aber das nächste Hausdach haben wir mit unseren Luftfahrzeugen noch nicht erobert. Die Erfüllung dieses Wunschtraumes erhoffen wir, neben vielen anderen Möglichkeiten, von dem Hubschrauber.

 

 

 

Peter Altenberg

* 9.3.1859 als Richard Engländer in Wien, † 8.1.1919 ebd., österreichischer Schriftsteller

 

Wie schreibe ich denn?!

Ganz frei, ganz ohne Bedenken. Nie weiß ich mein Thema vorher, nie denke ich nach. Ich nehme Papier und schreibe. Sogar den Titel schreibe ich so hin und hoffe, es wird sich schon etwas machen, was mit dem Titel in Zusammenhang steht.

Man muß sich auf sich verlassen, sich nicht Gewalt anthun, sich entsetzlich frei ausleben lassen, hinfliegen –. Was dabei herauskommt, ist sicher das was wirklich u. tief in mir war. Kommt nichts heraus, so war eben nichts wirklich und tief darin und das macht dann auch nichts – bekannte Peter Altenberg in einem Brief an Arthur Schnitzler.

Nachdem ihm ein Arzt wegen „Überempfindlichkeit des Nervensystems“ die Unfähigkeit bescheinigt hatte, einen Beruf auszuüben, wurde Peter Altenburg Bohemien und verbrachte seine meiste Zeit in Wiener Kaffeehäusern, wo er schrieb und schnorrte. In seinen letzten Lebensjahren weilte er nicht selten in Alkoholentzugs- und Nervenheilanstalten und starb schließlich im Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Bei seiner Beerdigung sagte Karl Kraus: Wehe der Nachkommenschaft, die Dich verkennt!“

Alfred Polgar urteile über ihn: „Sein Leben war pausenlos Sich-Verlieben und Sich-Vergessen. Nie war der Appetit dieses heißhungrigen Herzens gestillt. Ohne Wollust der Leidenschaft konnte es nicht sein.“

Hugo von Hofmannsthal meinte: „Seine Geschichten sind wie ganz kleine Teiche, über die man sich beugt, um Goldfische und bunte Steine zu sehen, und plötzlich undeutlich ein menschliches Gesicht aufsteigen sieht.“

Siegfried Jacobsohn: „Über diesen sehnsüchtig fiebernden, nie beruhigten, immer abwechselnd himmelhoch jauchzenden und zu Tode betrübten Kinderherzen waltete ein untrügliches Hirn, das doch nicht imstande war, die impulsive Naivität seiner Dichtungen anzukränkeln.“

Thomas Mann: „… welch eine wundersam innig durchdringenden Leuchtkraft besaß er! ‚Märchen des Lebens’ – heißt nicht eins seiner Bücher so? Sein ganzes Werk könnte so heißen…“

Heinrich Mann: „Altenberg zu ehren, werden Sie mich immer bereit finden.“

 

Die meisten Menschen verstehen die ganz tiefen Dinge nicht! Sie suchen sie ganz unten, und sie sind ganz oben! Aber sie dort zu finden, dazu muß man ganz tief sein!

 

 

 

Alexandros Papadiamantis

* 4.3.1851 auf Skiathos, Pseudonyme: „Vyzantinós“, „Skeptikós“, † 2.1.1911 ebd., griechischer Schriftsteller

 

Ich ähnle weder Poe, noch Dickens, noch Shakespeare, noch Béranger. Ich ähnle mir selbst. Genügt das nicht? antwortete Alexandros Papadiamantis einmal einem Kritiker. Tatsächlich gilt er als einer der bedeutendsten Erzähler der neugriechischen Literatur.

Der Literaturnobelpreisträger Odysseas Elytis schrieb: „Auf welcher Seite seiner Erzählungen wir auch verweilen, stets begegnen wir dort hinter dem Christen auch dem Griechen, hinter dem mystisch Fühlenden dem mediterran Sinnlichen, hinter dem Menschen der Kirche dem des Leibes, der duftenden Kräuter und Strände. […] immer begreifen wir, dass die Natur für ihn weder Rückzugsort noch Trost oder Erleichterung bedeutet. Ebenso wenig stellt sie eine finstere und dämonische Macht dar. Sie ist der ewige und unvergängliche Rahmen, der die Schöpfung zusammenhält, eine Bürge für das, was wir sind oder sein können.“ Gelegentlich wurde Alexandros Papadiamantis sogar der „Heilige der griechischen Literatur“ genannt.

Dabei hielt er nie eine seiner 170 Erzählungen als Buch in der Hand. Sein wohl bekanntestes Werk „Die Mörderin“ erschien Zeit seines Lebens nur in einer Zeitung. Stets lebte Alexandros Papadiamantis in Armut und starb im Alter von 59 Jahren alkoholkrank und von Rheuma geplagt an einer Lungenentzündung.

 

 

 

Sam Peckinpah

* 21.2.1925 als David Samuel Peckinpah in Fresno, Kalifornien, † 28.12.1984 in Inglewood, Kalifornien, amerikanischer Regisseur

 

Anfangs schrieb Sam Peckinpah Drehbücher für die Fernsehserie „Rauchende Colts“, Regie führte er Anfangs der 1960er Jahre erstmals für Kinofilme wie „Sacramento“. Und 1969 drehte er nach diversen Misserfolgen und Rückschlägen „The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“, der als einer zu den größten Western der Filmgeschichte gilt. Dazu sagte er: Amerika verschließt seine Augen vor dem Hunger und vor der Gewalt, man muss diesem Amerika die Augen öffnen. Nicht von ungefähr nannte ihn die Kritik alsbald: Bloody Sam.

Seinen größten kommerziellen Erfolg hatte er mit „Getaway“. Für „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ schrieb Bob Dylan den Soundtrack, darunter den Sing-Klassiker „Knockin’ on Heaven’s Door“. Als sein persönlichster, aber auch erfolglosestester Film gilt „Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia“.

Sam Peckinpah resümierte einmal: Wenn ich darüber nachdenke, was mir in Hollywood so passiert ist, wünsche ich mir, ich wäre ein bisschen wie meine Helden. Im Alter von 59 Jahren starb er an den Folgen eines Schlaganfalls.

 

 

 

Billy Preston

* 2.9.1946 in Houston, Texas, † 6.6.2006 in Scottsdale, Arizona, amerikanischer Musiker

 

Im Alter von drei Jahren begann Billy Preston Klavier zu spielen, mit Zehn wirkte er als Organist der Grace Memorial Church of God in Christ in Los Angeles und begleitete Mahalia Jackson auf einer Tournee, mit Elf trat er im Fernsehen mit Nat King Cole auf, mit Sechzehn kam er mit Little Richard nach Europa und spielte in Hamburg mit den noch unbekannten Beatles im Star-Club. Da daraus eine jahrelanges Miteinander erwuchs, er nicht von ungefähr beim legendären letzten Auftritt der Band auf dem Dach des Londoner Apple-House am E-Piano saß, wurde er oft auch „der fünfte Beatle“ genannt.

Neben den Fab Four arbeitete Billy Preston mit zahlreichen anderen Größen der Musikszene zusammen, so den Rolling Stones, Ray Charles, Bob Dylan, Sam Cooke, Sammy Davis Jr., Sly Stone, Aretha Franklin, den Jackson Five, Quincy Jones, oder den Red Hot Chili Peppers.

Sein „You Are So Beautiful“, nicht zuletzt in der Fassung von Joe Cocker, zählt zu den meist gecoverten Songs der Popmusik. Kaum minder bekannt: „Nothing From Nothing“, „With You I’m Born Again“ oder sein kongenial mit Eric Clapton eingespieltes “That’s The Way God Planned It”.

Im Alter von 59 Jahren fiel Billy Preston durch hohen Blutdruck und Komplikationen wie Nierenversagen infolge Drogenmissbrauchs ins Koma, aus dem er nicht mehr erwachte und sieben Monate später starb.

 

 

 

Victor Lonzo Fleming

* 23.2.1889 in Pasadena, Kalifornien, † 6.1.1949 in Cottonwood, Arizona, amerikanischer Regisseur

 

Auf den Listen des American Film Institute gibt es nur einen Regisseur, der zwei Filme unter den Top 10 hat: Victor Lonzo Fleming. Gewählt wurden seine Werke: „Der Zauberer von Oz“ und „Vom Winde verweht“.

Francis Scott Fitzgerald, der bei „Vom Winde verweht“ mitarbeitete, sagte: „Er war ein subtiler, wandlungsfähiger Apparat – der morgens Action drehen konnte mit zweitausend Statisten und nachmittags die Farben der Knöpfe an Clark Gables Mantel  und die Schatten an Vivien Leighs Nacken bestimmte.

Im Alter von 21 Jahren wirkte er bereits als Co-Regisseur von Douglas Fairbanks, im Jahr darauf debütierte er und als 26jähriger stand er bei Paramount unter Vertrag, und sein „Der Weg allen Fleisches“ brachte Emil Jannings später den ersten Oscar ein. Victor Fleming selbst erhielt einen Oscar als „Bester Regisseur“ für „Vom Winde verweht“.

Bis kurz vor seinem Tod drehte er in Technicolor den Film „Johanna von Orleans“, der allerdings sein größter Misserfolg werden sollte. Victor Fleming starb im Alter von 59 Jahren an einem Herzinfarkt.

 

 

 

James Joyce

* 2.2.1882 als James Augustine Aloysius Joyce in Rathgar, † 13.1.1941 in Zürich, irischer Schriftsteller

 

Ulysses, war es tatsächlich Joyce, der euch in die hibernische Me­tropole lockte?

   Ja, aber auch Berichte von Kollegen und Bekannten, die bereits auf der Grünen Insel weilten.

Ihr erwartetet also eine Guinnessis?

   Immerhin wussten wir bereits, dass Prost! auf gälisch Slainte! heißt.

Und wie war das mit dem Heiligen Kompressor?

   Dieses Mistding nannte ich mir so, als es uns in aller Herrgottsfrühe weckte, Talbot Guesthouse.

Und dann?

   Full Irish Breakfast:

FREUND: Essen oder nicht essen - this ist the question here!

DESSEN FRAU: Ach, das ist ein Würstchen. Ich wunderte mich schon, warum dieses Stück Seife auf meinem Teller nicht duftet.

MEINE FRAU: Vielleicht sollten wir mit den granitgebratenen Blut- und Leberwurstscheibchen Dame oder Mühle spielen?

Warum war euch, als ihr witzelnd am Büro der Sinn Fein, Parnell Square, vorbeilieft, nicht bewusst, dass gleichen Tags und nur wenige dutzend Meilen nördlich, in Lurgan, die IRA einmal mehr mordete?

   Da spazierten auch erste Ladies und Gentlemen á la June, 16, 1904.

Dorset Street, Eccles Street (schau an, neben Blooms Tür, knallgelb! Und falsche Nummer, prangt mittlerweile sogar sein Name! jau), Temple Street, Denmark Street, Georges Street (na, wie wär’s mit ‘nem special Frühstück im Joyce Center? nein, danke), Marlborough Street, Cathedral Street, O’Connell Street (mächtig säulig das GPO, General Post Office, wo die Aufständischen von nineteen sixteen ihr Hauptquartier hatten, weggesprengt hingegen die Nelson Säule in nineteen sixty six, nix Aussicht mehr über die Stadt), O’Connell Bridge (braungrünschwarze Liffey-Ebbe), Westmoreland Street, College Street, Grafton Street, Duke Street und hinein ins Davy Byrnes!

Käsebrot selbstredend, aber keinen Wein, nein. Real Stouts. Und Howard vom einen und Greg vom anderen Nebenhocker wissen Whiskeys zu empfehlen, jau: Paddys und Jamesons und Bushmills und wasweißichnoch und alles zum selben Preis. Jau!

Wart ihr noch in anderen Pubs?

   Aber das Trinity College besuchten wir auch. Schließlich muss man das Book of Kells gesehen haben, oder?

Und St. Patrick’s Cathedral und Christchurch Cathedral und Dublin Castle und Abbey Theatre und Royal Hospital und National Gallery und Phoenix Park und

   Ja, ja.

                 In Dublin’s fair city,

                 Where the girls are so pretty,

                 I first set my eyes on sweet Molly Malone.

                 She wheeled her wheelbarrow,

                 Though streets broad and narrow,

                 Crying cockles and mussels alive, alive oh!

                 Alive, alive, oh!

                 Alive, alive, oh!

                 Crying cockles and mussels, alive, alive, oh!

Schnarcht wieder Nichtzumaushalten J.J. und die Füße tun mir weh und der Rücken und diese blöde Ehebettdecke also so was Dummes wenn er sich dreht liegt man bloß und viel zu kurz sind die Betten hier überhaupt und was müssen diese Weiber da nebenan ständig die Türen schmeißen und den Fön kann man auch nicht anschließen dämliche Steckdosen wie Linksverkehr und wenn du denkst jetzt kannst du endlich einschlafen reitet unten ‘n Polizist vorbei oder so und dieses Geschnarche verdammt nichts mehr los eben so richtig mit ihm aber schön war’s doch ja muss man so sagen schön war’s doch Ja.

 

 

 

Leib Kwitko

* 15.10.1893 in Goloskow, † 12.8.1952 in Moskau, jiddischer Dichter

 

Leib Kwitko gilt als einer der bedeutendsten jiddischen Dichter des 20. Jahrhunderts.

Zu seinen wichtigsten Publikationen zählen: „Grin groz“,1919“ (über die Pogrome unter Petljura in der Ukraine), „Lider far kinder“, „Ukraynishe folksmayses“ (mit Zeichnungen von El Lissytzki), „Jugnt“, „In vald“,Foyglen“,Vaysrusische folksmayses“, „Riogrander fel“ undGeklibene Werk“. Zusammen mit Jizcjak Katzenelson und Isaak Nusisov gab Leib Kwitko 1941 das Anti-Hitler-Pamphlet „Dos blut ruft tsu nekome!“ heraus, einen der ersten umfassenden Augenzeugenberichte über die Gräueltaten der Nazis in Polen.

Für eine vom Jüdischen Antifschistischen Komitee geplante jüdische Krim-Republik war Kwitko als Erziehungsminister vorgesehen. 1948 wurde Leib Kwitko jedoch verhaftet und 1952 in der Nacht der ermordeten Poeten auf Befehl Berias zusammen mit etwa dreißig weiteren jüdischen Persönlichkeiten der Sowjetunion im Gefängnis Lubljanka in Moskau erschossen.

 

 

 

Mir ’Ali Schir Nawā’i

* 9.2.1441 als Nizām od-Din ’Ali Schir in Herat, † 3.1.1501 ebd., zentralasiatischer Dichter

 

Mir ’Ali Schir Nawā’i gilt als einer der bedeutendsten turkischsprachigen Dichter aller Zeiten. Er schrieb vor allem auf Tschagataisch, das heute im Uigurischen und Usbekischen fortbesteht, aber auch auf Persisch, Arabisch und Hindi. Und erwirkte zudem als Komponist und Musiker, Politiker, Bauherr und Mystiker.

Zu Ehren seines Mentors Dschāmi schrieb er „Das Quintett des Erstaunens“, befreundet war er mit dem indischen Geschichtsschreiber Chwānd Mir, dem persischen Maler Behzād oder den Sufi-Musikern Qul Muhammd und Scheich-eNay’l. Die meisten seiner Gedichte behandeln klassische Themen des Sufismus. Am bekanntesten dürfte sein Werkt „Vergelich zweier Sprachen“ sein, in dem er die Überlegenheit seiner Muttersprache, des Tschagataisch, gegenüber dem Persischen zu beweisen versucht.

Noch heute wird sein Lied Bia ke berem ba Mazar Molla Mahmad Jan, Seyl e Gul e Lalazar wah wah Delbar jan gesungen. Zu seinen bekanntestes Bauwerken zählen der Ichlāsiyya-Komplex in Herat sowie das Mausoleum für den persischen Dichter Fariduddin Attar in Nischapur.

An Mir ’Ali Schir Nawā’i Trauerzug soll die gesamte Einwohnerschaft seiner Geburtsstadt Herat teilgenommen haben.

 

 

 

Dusty Springfield

* 16.4.1939 als Mary Isabel Catherine Bernadette O’Brien in Hampstead, † 2.3.1999 in Henley-on-Thames, britische Sängerin

 

Dusty Springfield wurde „The White Queen of Soul” genannt. Im November 1964 erschien ihre erste Single: „I Only Want to Be with You“, am erfolgreichsten waren dann ihre Songs „You Don’t Have to Say You Love Me“,„I Close My Eyes and Count to Ten” und nicht zuletzt „Son of a Preacher Man”. Sie trat mit Engelbert, Tom Jones und sogar mit Jimi Hendrix auf.

Anfang der 1970er Jahre zog sie nach Kalifornien und sang nur noch selten. Doch Ende der 1980er Jahre gelang ihr ein Comeback. Sie arbeitete mit den Pet Shop Boys, mit Cilla Black und Daryl Hall.

Sechs Wochen vor ihrem 60. Geburtstag starb Dusty Springfield an Brustkrebs. Die „New York Times“ schrieb, dass die Welt „die beste Popsängerin, die Großbritannien je hervorgebracht hat“ verloren habe.

 

 

 

Elsa Brändström

* 25.9.1888 in Sankt Petersburg, † 4.3.1948 in Cambridge, Massachusetts, schwedische Philanthropin

 

„Der Krieg hat viele Heldinnen in den verschiedenen Nationen hervorgebracht, aber nach meiner Meinung nie wieder jemanden, der mehr wert wäre, verehrt zu werden, als Elsa Brändström“, meinte der britische Militärattaché Alfred Knox.

Elsa Brändström wurde der „Engel von Sibirien“ genannt, da sie sich im Ersten Weltkrieg für gefangene Soldaten in russischen Lagern einsetzte. Über diese Zeit schreib sie das Buch „Unter Kriegsgefangenen in Rußland und Sibirien 1914-1920“. Aus dem Erlös dieser erfolgreichen Veröffentlichung gründete sie in Bad Marienborn ein Arbeitssanatorium und in Mittweida sowie bei Lychen ein Kinderheime.

Elsa Brändström übersiedelte mit ihrer Familie 1933 in die USA. Sie starb im Alter von 59 Jahren an Knochenkrebs und wurde auf dem Nordfriedhof von Soina bei Stockholm beerdigt.

Der Religionsphilosoph Paul Johannes Tillich sagte über Elsa Brändström: „Es ist ein kostbares Geschenk, einem Menschen zu begegnen, in dem die Liebe – und das heißt Gott – sich so überwältigend offenbart. Solcher Liebe gegenüber verlieren theologische Anmaßung und fromme Isolierung ihren Boden. […] Ihr Leben war der unwiderlegbare Beweis für die Wahrheit, dass Liebe die vollkommenste Seinsmacht ist, auch in einem Jahrhundert, das zu den dunkelsten, zerstörendsten und grausamsten aller Jahrhunderte seit Beginn der Menschheitsgeschichte gehört.“

 

 

 

Truman Capote

* 30.9.1924 als Truman Streckfus Persons in New Orleans, † 25.8.1984 in Los Angeles, amerikanischer Schriftsteller

 

Truman Capote wuchs in Louisiana, Mississippi und Alabama auf, besuchte höhere Schulen in New York City und Connecticut, arbeitete als Botenjunge, Lektor, Stepptänzer und begann im Alter von 16 Jahren zu schreiben. Mit dem Roman „Andere Stimmen, andere Räume“ wurde er im Alter von 24 Jahren schlagartig berühmt. Und weitere Veröffentlichungen festigten seinen Ruhm, so: „Frühstück bei Tiffany“, „Die Grasharfe“ oder „Kaltblütig“.

Im Alter von 42 Jahren schien Capote jedoch erschöpft, erfolglos  arbeitete er an Drehbüchern, wurde alkohol- und drogenabhängig, versank in zahllosen Affären, erlitt Nervenzusammenbrüche und musste mehrfach ins Gefängnis.

Mit einundfünfzig erschien im Esquire-Magazine das erste Kapitel seines lang angekündigten Schlüsselromans „Answered Prayers“, in dem er persönlichste Geheimnisse der High Society, zu der er als geschätzter Exzentriker 25 Jahre lang unbeschränkten Zugang hatte. Capotes gezielte Indiskretionen führten zum Selbstmord einer Millionärswitwe, zum Bruch jahrzehntelanger Freundschaften und letztlich zu Capotes gesellschaftlicher Ächtung.

Seine letzten Lebensjahre verbrachte er über längere Zeiträume in Krankenhäusern und Sanatorien, gequält von Halluzinationen. Wenige Wochen vor seinem 60. Geburtstag starb Truman Capote einsam in Los Angeles.

32 Jahre später wurde seine Asche, verwahrt in einem Holzkästchen, für 45.000 Dollar bei einer Auktion versteigert. Der Auktionator berief sich dabei auf eine angebliche Aussage einer verbliebenen, im Jahr zuvor verstorbenen Vertrauten Capotes, „Truman wollte nicht, dass sie auf einem Regal verstaubt“.

 

 

 

Arcangelo Corelli

* 17.2.1653 in Fusignano, † 8.1.1713 in Rom, italienischer Komponist

 

Arcangelo Corelli entwickelte das Concerto Grosso als Gattung nachdrücklich mit, seine Werke beeinflussten Kirchen- und Kammersonaten sowie die Kammermusik folgenden Komponisten.

Corellis Werke waren bis Anfang des 19. Jahrhunderts die am meisten verlegten Werke der Musikgeschichte. Von seinem op. 1 erschienen bis 1800 nicht weniger als 39 Auflagen, von seinem op. 5 sogar 42. Zusammengenommen erschienen von Corellis op. 1–6 insgesamt 213 Auflagen zuzüglich einer unbekannten Anzahl an illegalen Nachdrucken“, weiß Wikipedia, “Corellis Gesamtwerk erfreute sich nicht nur großer Beliebtheit, sondern auch weitreichender Verbreitung. Seine Werke wurden in nahezu allen europäischen Staaten verlegt und begründeten dadurch Corellis europaweiten Ruhm sowie seinen Ruf als fähigster Violinvirtuose und Komponist seiner Zeit. Die Concerti grossi op. 6 wurden in England bis ins 19. Jahrhundert gespielt und selbst denen Händels vorgezogen.“

Arcangelo Corelli starb im Alter von 59 Jahren. Er wurde einbalsamiert und im Römischen Pantheon beigesetzt.

 

 

 

Jamal Ahmad Kashoggi

* 13.10.1958 in Medina, † 2.10.2018 in Istanbul, saudi-arabischer Journalist

 

Jahr für Jahr kommen hunderte Journalisten bei ihrer Arbeit ums Leben, manche geraten in Schusslinien, andere werden ermordet. So auch Jamal Ahmad Kashoggi:

Seit Anfang der 1980er Jahre arbeitete Jamal Ahmad Kashoggi für verschiedene Medienkonzerne. Er hatte Osama bin Laden interviewt, galt als Vertrauter des saudischen Geheimdienstchefs,  geißelte das Attentat vom 11. September 2001 als „einen Anschlag auf Toleranz, Koexistenz und den Islam selbst“ und 2003 belegte ihn mit Berufsverbot, nachdem er wahhabistische Lehren kritisiert hatte. Bereits in den 1970er Jahren war Kashoggi der Muslimbrüderschaft beigetreten und veröffentlichte 2013 das Buch „Frühling der Araber – Zeit der Muslimbrüder“. Freunde warnten ihn darauf, dass er sich spätestens damit Feinde im wahhabistischen saudischen Königshaus gemacht haben dürfte. 2017 exilierte er in die USA. Hier äußerte er sich mehrfach kritisch zum immer mächtiger werdenden saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.

Dann wollte Jamal Ahmad Kashoggi heiraten, und um dafür notwendige Dokumente zu erhalten, wandte er sich an die saudische Botschaft in Istanbul. Am 2. Oktober 2018 betrat er diese Botschaft und gilt seitdem als verschwunden. Vor ihm war eine fünfzehnköpfige saudische Delegation dort eingetroffen, unter ihnen ein forensischer Pathologe. Türkische Untersuchungsbehörden erklärten Tage darauf, sie besäßen Aufnahmen, auf denen zu hören und sehen sei, wie Kashoggi verhört, gefoltert, getötet, seine Leiche zerstückelt und schließlich in Säure aufgelöst worden werde.

Sterbliche Überreste Jamal Ahmad Kashoggis wurden nie gefunden.

 

 

 

Frank Köllges

* 18.11.1952 in Düsseldorf, † 1.1.2012 in Neuss, deutscher Jazz-Percusionist und Performance-Künstler

 

Frank Köllges studierte an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz und an der Hochschule für Musik in Köln. Im Alter von 23 Jahren gründete er das „Kölner Jazz-Trio“, mit Achtundzwanzig die Gruppe „Klimarkant“. 1979 wurde er Kapellmeister des „padit noidit – Das wahnsinnige Orchester“ des Zirkus Roncalli.

Einige Zeit war er dann Schlagzeuger von verschiedenen Formationen um den Trompeter Michael Sell, absolvierte an Bord des Segelschulschiffes „Sigandor“ eine Ausbildung als Steuermann und Sozialpädagoge und gründete 1983 die Gruppe „härte 10“. Vier Jahre später eröffnete er mit seinem „Adam Noidit Intermission Ochestra“ die „documenta 8“ in Kassel.

Frank Köllges wirkte auf mehr als 15 Alben wie „Live im Pott“ oder „Das Maschinen-Konzert“ mit, trat auf diversen Festivals auf und beteiligte sich an Theater-, Rundfunk- und Fernsehprojekten und gründete weitere Formationen wie das „Modern Percussion Quintett“ oder das „Bimbotown Orchester Leipzig“.

Frank Köllges starb nach langer Krebserkrankung im Alter von 59 Jahren in einem Hospiz.

 

 

 

 

 

Karl Eduard Adolf Theoderich Plagge

* 10.7.1897 in Darmstadt, † 19.6.1957 ebd., deutscher Offizier

 

Karl Plagge – ein deutscher Wehrmachtsmajor und seit 2005 „Gerechter unter den Völkern“ – kaum vorstellbar, doch wahr. Karl Plagge bewahrte nachweislich jüdische Zwangsarbeiter vor der Ermordung:

Zwei Tage bevor das Ghetto Vilnius während der sowjetischen Sommeroffensive Opreatio Bagration durch die Rote Armee zurückerobert wurde, warnte Plagge in Anwesenheit des zu seiner Ablösung vorgesehenen SS-Kommandeurs die Zwangsarbeiter in einer verschlüsselten Ansprache am 1. Juli 1944 vor der bevorstehenden Übernahme des Lagers durch die SS am folgenden Tag, indem er den Gefangenen versicherte, dass sie während ihrer Evakuierung von der SS eskortiert würden, einer ‚wie ihr wisst Organisation zum Schutz von Flüchtlingen’. Diese Rede wurde von allen anwesenden Juden sehr deutlich als Warnung verstanden“, weiß Wikipedia. „Einigen Häftlingen gelang in dieser Nacht die Flucht aus dem Lager. Andere versteckten sich in Malines. Etwa 500 Häftlinge konnten sich nicht rechtzeitig verstecken und wurden von der SS am 3. Juli 1944 in Aukstieji Paneriani (polnisch Ponary) erschossen. Weitere Häftlinge wurden bei der Liquidation des Lagers durch die SS entdeckt und ermordet. Etwa 250 Menschen gelang es aufgrund von Plagges Warnung jedoch, bis zur endgültigen Besetzung des von Adolf Hitler zum ‚Festen Platz’ erklärten Vilnius durch die Rote Armee in selbst vorbereiteten Verstecken zu überleben.

Karl Plagge, der es sich wie Oskar Schindler bis zuletzt selbst zum Vorwurf machte, zu wenige Menschen gerettet zu haben, starb im Alter von 59 Jahren an Herzversagen.

 

 

 

Nikolaus Ludwig Graf von Zinsendorf und Pottendorf

* 26.5.1700 in Dresden, † 9.5.1760 in Herrnhut, deutscher Lieddichter

 

Graf Zinsendorf gründete die Herrnhuter Brüdergemeinde und dichtete etwa 2.000 Kirchenlieder. Noch heute wird sein „Jesu, geh voran“ gern gesungen.

Weithin am bekanntesten dürfte jedoch sein Tischgebet sein:

 

Komm Herr Jesus, sei unser Gast

Und segne, was Du uns bescheret hast.

Amen.

 

 

 

Donella Hager „Dana“ Meadows

* 13.3.1941 in Elgin, Illinois, † 20.2.2001 in New Hampshire, amerikanische Umweltwissenschaftlerin

 

Im Alter von 31 Jahren sorgte Dana Meadows für weltweite Diskussionen: gemeinsam mit ihrem Mann Dennis Meadows und Jørgen Randers hatte Buch „Grenzen des Wachstums“ veröffentlicht, das „Signal zum Kurswechsel“ des Club of Rome.

Im Alter von 59 Jahren starb Dana Meadows an bakterieller Meningitis.

Im Vorwort zum „30 Jahre update“ ihres Buches schrieben ihre Mitautoren im Vorwort: „Wir verspreche Dana Meadows vor ihrem Tod Anfang 2001, wir würden den ‚Lagebericht nach 30 Jahren’ des von ihr so sehr gelebten Buches fertig stellen. […] Dana war der immerwährende Optimist. Sie war geprägt von einem besorgten, mitfühlenden Glauben an die Menschheit. Ihr gesamtes Lebenswerk gründete sie auf die Annahme, man müsse den Menschen nur genügend richtige Informationen an die Hand geben, dann würden sie letzten Endes weise, weitsichtig und humane Lösungen finden – in diesem Falle eine globale Politik, die eine Grenzüberschreitung verhindert (oder, sofern das nicht gelingt, die Welt wieder von dieser Grenze wegholt). Dana arbeitete ihr ganzes Leben lang für dieses Ideal.“

 

 

 

Taqī ad-Din

* 1526 als Taqī ad-Din Abū Bakr Muhammad ibn Qādhī Ma’rūf ibn Ahmad asch-Schāmī al-‘Asadi ar Rāsid in Damaskus, † 1585 in Konstantinopel, arabischer Gelehrter

 

Fast 80 Jahre bevor Giovannci Branca seine Dampfturbine erfand und gut 180 Jahre bevor James Watt diese für die industrielle Nutzung verbesserte, beschrieb Taqī ad-Din in seinem Werk „Die hohen Methoden der spirituellen Maschinen“ erstmals eine Dampfmaschine. Die saturierte orientalische Gesellschaft seiner Zeit wusste diese zukunftsverändernde Innovation jedoch nur zum Drehen von Grillspießen zum Einsatz zu bringen.

Taqī ad-Din erfand auch eine Kolbenpumpe, entwickelte eine Taschenuhr und einen Wecker, einen Globus und ein Teleskop und baute für Sultan Murad III. eines der größten Observatorien seiner Zeit. Hier beobachtete Taqī ad-Din den Großen Kometen von 1577, interpretierte ihn als gutes Omen und sagte dem Sultan einen großen militärischen Sieg für das Osmanische Reich voraus. Da sich dieser Sieg jedoch nicht einstellen wollte, sah Murad III. das Observatorium als nutzlos an und ließ es abreißen.

Taqī ad-Din betätigte sich als Astronom und Astrologe, als Ingenieur und Physiker, Mathematiker, Biologe, Pharmazeut und Mediziner. Er wirkte als Hochschullehrer, Richter, Zeitbestimmer, Philosoph und Theologe. Er schrieb mehr als 90 Bücher und galt unter Osmanen als größter Wissenschaftler der Welt.

Wie sähe die Welt heute aus, wäre der Orient-Express nicht von West nach Ost, sondern von Ost nach West gebaut und mit einem Salonwagen samt west-östlichen Diwan ausstaffiert worden, und – zu Zeiten Taqī ad-Dins?

 

 

 

Ozu Yasujirō

* 12.12.1903 in Fukagawa, † 12.12.1963 in Tokio, japanischer Filmregisseur

 

Im Alter von 24 Jahren drehte Ozu Yasujirō seinen ersten Film: „Zange no yaiba - Das Schwert der Reue“, 53 weitere sollten folgen, so „Eine Herberge in Tokio“ und „Die Reise nach Tokio“, „Der Geschmack von grünem Tee über Reis“ ,Früher Frühling“, „Guten Morgen, Abschied in der Dämmerung und „Spätherbst“ Seinen letzter Film „Ein Herbstnachmittag“ vollendete er im Alter von 58 Jahren.

Ozu Yasujirō galt als ebenso exzentrisch wie perfektionistisch und als der „japanischste“ Filmemacher. Er starb nach langem Krebsleiden an seinem 60. Geburtstag und wurde auf dem Friedhof des Tempels Engaku-ji in Kamakura begraben.

 

 

 

 

 

Epilog / Epitaph

 

Tokio-Hamamatsucho: Im Shiba-Park hinterm Zojo-ji Tempel Gräber von sechs Shogun der Tokugawa-Dynastie, vergleichbar vielleicht der Grablege deutscher Kaiser und Könige im Dom zu Speyer, unter freiem Himmel allerdings.

In einem anderen Friedhofsteil unübersehbar lange Reihen von Jizo-Steinfigürchen, geschmückt mit roten Mützchen, bunten Lätzchen, Windmühlen, Spielzeug. Jizo-Figürchen erinnern an totgeborene, früh verstorbene oder abgetriebene Kinder.

Vielleicht können meine „Seins-Fiktionen“ letztlich etwas Ähnliches wie Jizo-Figürchen werden.

 

 

 

 

 

 


Zitate aus:

(soweit nicht direkt in den jeweiligen Texten ausgewiesen)

 

Adams, Douglas „Der tiefere Sinn des Labenz“, „Per Anhalter durch die Galaxis“

Agostini, Giulia „Mallarmé…“

Allsop, Peter „Arcangelo Corelli…“

Altenberg, Peter „Diogenes in Wien“

Alter, Robert „Stendhal…“

Ansary, Tamin  „Die unbekannte Mitte der Welt. Globalgeschichte aus islamischer Sicht“

Atılgan, Dursun „Mustafa Kemal Atatürk…“

Attadio, Nicola „Nellie Bly…“

Behler, Ernst „Friedrich Schlegel…“

Bell, Quentin „Virginia Woolf…“

Beltz, Matthias „Gut und Böse“

Bentmann, Friedrich (Hg.) „René Schickele…“

Berggren, Henrik „Dag Hammarskjöld…“

Berggren, Henrik „Olof Palme…“

Beyreuther, Erich „Nikolaus Ludwig von Zinsendorf“

Bockris, Victor „Andy Warhol“

Calkins, Kennth R. „Hugo Haase…“

Clarke, Gerald „Truman Capote…“

Czichon, Eberhard u.a. „Thälmann…“

de Montaigne, Michel „Montaigne über sich selbst“

Dehmel, Richard „Weib und Welt“

Demandt, Alexander „Marc Aurel…“

Diehl, Karl „P. J. Proudhon…“

Donne, John „Zwar ist auch Dichtung Sünde“

Dumbadse, Nodar „Das Gesetz der Ewigkeit“

Eger, Rudolf „Amerigo Vespucci…“

Enz, Charles P. „Pauli hat gesagt“

Ferris, Paul „Richard Burton“

Firges, Jean, „Madame de La Fayette…”

Fischer, Robert „Adelbert von Chamisso…”

Fraenger, Wilhelm „Matthias Grünewald“

Gateau, Jean-Charles „Paul Éluard…“

Gelfert, Hans-Dieter „Charles Dickens…“

Graeber, Davis Rolfe u.a. „Anfänge…“

Gerhardt, Marlis (Hg.) „Irmtraud Morgner“

Good, Michael „Die Suche. Karl Plagge…“

Hanf, Martina / Schulz, Kristin „Thomas Brasch…“

Heinrich, Hans Peter „Thomas Morus…“

Henke, Matthias „Beethoven…“

Herder, Johann Gottfried „Werke“

Holl, Hanns Peter „Jeremias Gotthelf…“

Holzberg, Niklas „Horaz…“

Horowitz, Michael „Helmuth Qualtinger…“

Illies, Florian „Liebe in Zeiten des Hasses“

Isaacson, Walter „Steve Jobs…“

Jankofsky, Jürgen u.a.„Zaubersprüche & Sachsenspiegel“

Judex, Bernhard „Thomas Bernhard…“

Junghanns, Kurt „Bruno Taut…“

Karig, Joachim, S. u.a. „Heinrich Menu von Minutoli…“

Kaube, Jürgen „Max Weber...“

Kirsten, Wulf „erdanziehung“

Kluge, Rolf-Dieter „F. M. Dostojeskij…“

Kortländer, Bernd „Heine Heine“

Krehbiel, Randy „ Tulsa 1921…“

Kutzmutz, Olaf „Jurek Becker“

Lane, Margaret „Edgar Wallace…”

LaPointe, Ernie „Sitting Bull“

Lepenies, Wolf „Auguste Comte…“

Leppin, Volker „Wilhelm von Ockham…“

Lewien, Lothar „Chet-Baker-Blue Notes“

Liesegang, Torsten (Hg.) „Curzio Malaparte…“

Literaturhaus Halle (Hg.) „Wovon man spricht…“

Loquai, Franz „W. G. Sebald“

Stéphane Mallermé „Gabe des Gedichts“

Malettke, Klaus „Heinrich IV.“

Mehl, Dieter „Geoffrey Chaucer…”

Merkelbach, Reinhold „Mani und sein Religionssystem“

Meyer-Krentier, Leonie „Clarice Lispector“

Miazek, Bonifacy „Adam Mickiewicz…“

Neill, Edward „Niccolò Paganini…“

Néret, Gilles „Malewitsch“

Neto, Agostinho „Gedichte“

Pazi, Margaret „Ernst Weiß…“

Qualtinger, Helmut „Im Prater blühn wieder die Bäume“

Rähmer, Joachim „Bekenntnisse eines Einfältigen“

Rebel, Ernst „Albrecht Dürer“

Richebächer, Sabine „Sabina Spielrein…“

Rieger, Bendt „George Harrison…“

Rodari, Gianni „Grammatik der Phantasie“

Sabin, Stefana „Andy Warhol“

Sandburg, Carl „Abraham Lincoln…“

Schäuffelen, Barbara „Albrecht Ludwig Berblinger“

Schickele, René „Garnd’maman und Der Preusse“

Schoeller, Wilfruied F. „Ernst Litfaß, der Reklamekönig“

Simon, Heinz-Joachim „Kotzebue…“

Sittauer, Hans Leo „Nicolaus August Otto…“

Souchy, Augustin „Erich Mühsam…“

Stecher, Gotthilf „Cäsar Flaischlein…“

Steiner, Dieter „Rachel Carson…“

Stierle, Karlheinz „Dante Aligheri…“

Strohmaier, Gotthard „Avicenna“

Telle, Wolfgang (Hg.) „Racine“

Teuffenbach, Ingeborg „Christine Lavant…“

Thorne, Matt „Prince…“

Valentin, Karl „Monologe, Dialoge, Couplets, Szenen

Vogel, Carolin „Richard Dehmel…“

Vollmer, Antje u.a. „Konrad Wolf…“

Wagner, Ewald „Grundzüge der klassischen arabischen Dichtung“

Walther, Klaus „Bodo Uhse…“

Weber, Horst u.a. „Charles Mingus…“

Wehmeyer, Grete „Erik Satie“

Wikipedia

Winock, Michel „Flaubert“

Wolf, Norbert „Ernst Ludwig Kirchner“

Wüthrich, Lucas Heinrich „Matthaeus Merian d. Ä.“

Zimmermann, Hans-Dieter „Johann Heinrich Schulze“

Zitelmann, Arnulf „Keplers Welten…“

 

 

Danke

sage ich vor allem meiner Frau Jeanette für ebenso geduldiges wie hilfreich kritisches Erstlesen all dieser Bände.

Roman Pliske für logistsiche Tipps und Thomas Potthoff für die mediale Aufbereitung.

 

 

 

Inhaltsverzeichnis alphabetisch:

Taqī ad-Din

Douglas Adams

Dschamal ad-Din al-Afghani

al-Mutanabbi

Scholem Alejchem

Peter Altenberg

Jacobo Árbenz Guzmán

José María Arguedes Altamirano

Ariost

Mustafa Kemal Atatürk

Mark Aurel

Avicenna

Babur

Victor Bailey

John Logie Baird

Chet Baker

Donald Oskar „Don“ Banks

Donald Barthelme

Ludwig Bechstein

Jurek Becker

Matthias Beltz

Albrecht Ludwig Berblinger

Siegfried Berger

Thomas Bernhard

Nellie Bly

Friedrich Bödecker

Humphrey DeForest Bogart

Outhine Bounyavong

Elsa Brändström

Thomas Brasch

Bertolt Brecht

Michael Brecker

Jan Brueghel d. Ä.

Erik Bruhn

Johannes Buridan

Clive Ronald Burr

Richard Burton

Ferruccio Busoni

Canaletto

Truman Capote

Annibale Caro

Rachel Carson

C. W. Ceram

Adelbert von Chamisso

Geoffrey Chaucer

Hugo Chávez

Isidore Marie Auguste François Xavier Comte

Arcangelo Corelli

Gustave Courbet

Oliver Cromwell

Zayd Mutee’ Dammaj

Dante Alighieri

Liam Patrick Davison

Pierre de Fermat

Michel Eyquem de Montaigne

Marie-Madeleine de La Fayette

Francisco de Peñalosa

Richard Dehmel

Robert Victor Felix Delaunay

Antoinette Deshouliéres

Charles Dickens

Sergei Pawlowitsch Djagilew

Eric Allan Dolphy

John Donne

Francis Drake

Therese von Droßdik

Wiglaf Droste

Du Fu

Nodar Dumbadse

Albrecht Dürer

Thomas Alva Edison Jr.

Hans Conrad Dietrich Ekhof

Paul Éluard

Gustave Flaubert

Cäsar Otto Hugo Flaischlein

Ian Lancaster Fleming

Victor Lonzo Fleming

Iwan Franko

Freddie Frinton

Bogaletch "Bogo" Gebre

Friedrich Gerstäcker

Peter „Cäsar” Gläser

Alice Esther Glen

Yvan Goll

Jeff Golub

Abdullah Goran

Eva Gore-Booth

Jeremias Gotthelf

David Rolfe Graeber

Georg Greflinger

Hans Grundig

Matthias Grünewald

Hugo Haase

Francis Hagerup

Reesom Haile

Bill Haley

Dag Hjalmar Agne Carl Hammarskjöld

James Hargreaves

George Harrison

Jürgen Hart

Nathaniel Hawthorne

Christian Johann Heinrich Heine

Heinrich IV.

Peter Henlein

George Herbert

Johann Gottfried Herder

Horaz

Hannah Augusta Jawara

Steven „Steve” Paul Jobs

James Joyce

Abdullah bin Abdul Kadir

Kan Bahlam I.

Jamal Ahmad Kashoggi

Johannes Kepler

Ernst Ludwig Kirchner

Frank Köllges

Sergei Pawlowitsch Koroljow

August Friedrich Ferdinand von Kotzebue

Carl Christian Krayl

August Kühn

Leonid Alexejewitsch Kulik

Manfred Künne

Fela Anikulapo Kuti

Leib Kwitko

Karl Konrad Friedrich Wilhelm Lachmann

William Langland

Christine Lavant

Stanisław Jerzy Lec

Hans Leifheim

Georg Christoph Lichtenberg

Abraham Lincoln

Clarice Lispector

Ernst Theodor Amandus Litfaß

Lloyd Allayre Loar

Nicolò Machiavelli

Curzio Malaparte

Kasimir Sewerinowitsch Malewitsch

Stéphane Mallermé

Mani

Bernard Matemera

Curtiss Lee Mayfield

Claude McKay

Donella Hager „Dana“ Meadows

Mechthild von Hackeborn

Mätthäus Merian d. Ä.

Adam Mickiewicz

Charles Mingus

Julius von Minutoli

Ricardo Miró

Gary Moore

Irmtraud Morgner

Thomas Morus

Samuel Hermann Mosenthal

Erich Kurt Mühsam

Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen

Kumuratunga Munidasa

Mir ’Ali Schir Nawā’i

Enrico Nencioni

Jan Neruda

António Agostinho Neto

Vítěslav Nezval

Nhất Linh

William von Ockham

Nicolaus August Otto

Ozu Yasujirō

Niccolò Paganini

Max Pallenberg

Sven Olof Joachim Palme

Alexandros Papadiamantis

Farrochru Parsa

Anton Pashku

Wolfgang Ernst Pauli

Sam Peckinpah

Karl Eduard Adolf Theoderich Plagge

Jules Henri Poincaré

Alexander Pope

Premchand

Billy Preston

Prince

Pierre-Joseph Proudhon

Howard Pyle

Helmut Gustav Friedrich Qualtinger

Jean Baptiste Racine

Joachim Rähmer

Noel Redding

Władysław St. Reymont

Gianni Rodari

Fred Rodrian

Detlev Karsten Rohwedder

Leopold Ritter von Sacher-Masoch

Erik Satie

René Schickele

Einar Schleef

Friedrich Schlegel

Johann Heinrich Schulze

Rainer Schulze

Gustav Benjamin Schwab

Wilfried Georg (W. G.) Sebald

Friedrich Wilhelm Adam Sertürner

Ida Siekmann

Thorfinn Sigurdsson

Lokman Mohsen Slim

Sabina Naftulowna Spielrein

Dusty Springfield

Stendhal

Sonny Stitt

Manfred Streubel

János Székely

Abel Janszoon Tasman

Tatanka Yotanka

Bruno Taut

Meldon Leo „Jack“ Teagarden

Ernest Tidyman

Ernst Thälmann

Bodo Uhse

Thomas Valentin

Antonio Maria Valsalva

Ludwig van Beethoven

Rick van der Linden

Jacobus Henricus van’t Hoff

Mariska Veres

Bernard Verlhac

Amerigo Vespucci

Richard von Volkmann

Wang Xizhi

Richard Horatio Edgar Wallace

Saadallah Wannous

Andy Warhol

Max Weber

Ernst Weiß

Paul Wiens

Wilhelm von Tyrus

Konrad Wolf

Virginia Woolf

Juliette Wytsman

Ehmedê Xanî

Zalman „Zal“ Yanovsky

Ludwik Lejzer Zamenhof

Engelbert Zaschka