JÜRGEN JANKOFSKY

 

 

 

 

 

 

Jankopedia

 

V

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Schicksal aber macht sich einen Spaß daraus, böse Überraschungen für diejenigen bereitzuhalten, die ganz oben sind.

Stephen Fry

 

 

Der Tod ist ein Problem der Lebenden. Tote Menschen haben keine Probleme.

Norbert Elias

 

 

 

 

Anton Wilhelm Amo

* um 1703 in Nkubeam bei Axim, bekann als Antonius Guillielus Amo Afer ab Aximo in Guinea, † nach 1753 vermutlich im heutigen Ghana, afrikanischer Philosoph

 

Lieber Prof. Dr. Anton Wilhelm Amo,

umso mehr ich über ihr Schicksal in Erfahrung brachte, wuchs in mir der Druck, mich für all das, was Ihnen in meiner mitteldeutschen Heimat widerfuhr, ausgelöst wohl sogar von einem Mann aus meiner Vaterstadt Merseburg, zu entschuldigen. Das alles beschämt mich zutiefst, und ich bitte Sie von Herzen, diese aufrichtige Entschuldigung anzunehmen.

Was alles müssen Sie bereits als Kind durchlitten haben, nachdem man Sie versklavt und in die Niederlande verkauft hatte. Bewunderungswürdig, wie Sie sich als Kammermohr am Braunschweiger Hof dank Ihrer großen Intelligenz emporarbeiteten, wie Sie als erster Schwarzafrikaner in Deutschland studierten, in Halle, in 1734 Wittenberg sogar promovierten und dann wiederum in Halle und Jena lehrten, Philosophie. Chappeau! Nicht von ungefähr wurden Sie als erster afrikanischer Doctor der Weltweisheit gerühmt.

Aufschlussreich auch der Titel Ihrer Dissertationsschrift „De humanae mentis apatheia“ – Über die Empfindungslosigkeit des menschlichen Geistes…

Vielleicht tröstet es Sie, dass der Satiriker Christian Ludwig Liscow Ihren neidischen Universitätskollegen, Ihren Widersacher Johann Ernst Philippi als natürliches Oberhaupt der Gesellschaft der kleinen Geister charakterisierte. Wohl kaum. Die Schmähgedichte, die dieser Johann Ernst Philippi über Sie in Umlauf brachte und die sich wie heutzutage ein shitstorm verbreiteten, Gerüchte über Ihr angebliches, sittenwidriges Verlangen nach einer weißen Frau, waren zu niederträchtig, zu verletzend, waren Karriere vernichtend.

Ich sah Ihr Grab in Ghana, in Shama, stets frische Blumen darauf, und hoffe also, dass Sie nach der Flucht in Ihre Heimat noch einige ruhige Jahre in Würde leben konnten.

Und ich versichere Ihnen, dass selbst hier in Mitteldeutschland, und entgegen so manchem Gerücht, durchaus auch empfindsame Geister wirken.

 

 

 

Bartolomeu Dias

* um 1450 in der Algrave, † 29.5.1500 südlich des Kaps der Guten Hoffnung, portugiesischer Entdecker

 

Bartolomeu Dias umsegelte als erster Europäer die Südspitze Afrikas. Da das streng geheim im Auftrag des portugiesischen Königs Johannes II. geschah, um einen Seeweg nach Indien zu finden, wurde diese Entdeckung erst Jahre nach seinem Tod publik. Und Dias hatte zwar belegt, dass Afrika umschiffbar war, man auf diesem Wege also tatsächlich nach Indien und zu den kostbaren Gewürzen gelangen konnte, kam selbst aber nie dorthin. 1488 zwang ihn seine an Skorbut schwer erkrankte Mannschaft umzukehren, und als Dias zwölf Jahre später an der zweiten portugiesischen Indienfahrt teilnahm, sank sein Schiff im Sturm unweit der von ihm entdeckten Südspitze Afrikas.

 

 

 

Leif Eriksson

* um 970 in Island, † um 1020, isländischer Entdecker

 

Der norwegische König Olav I. Tryggvason drängte die Isländer, zum christlichen Glauben überzutreten, drohte ansonsten mit Sanktionen und Gewalt. So riefen diese rauen Nordmänner denn ihren Gesetzessprecher Þorgeir Ljósvetningagoði Þorkelsson an, und der riet, dass alle Isländer zwar getauft werden sollten, es ihnen jedoch erlaubt sein müsse, den alten Göttern im Stillen weiter zu dienen. Dies beschloss dann für immer und ewig gültig das Althing im Jahre 1000. Und der kühne Recke Leif Eriksson könnte auserkoren worden sein, dem norwegischen Königshaus, diese Nachricht zu überbringen.

Zu jener Zeit traf dort auch die Kunde davon ein, dass in der altehrwürdigen Königsstadt Merseburg, das Bistum neu aufgerichtet werden sollte. So könnten denn die Norweger Leif Eriksson gebeten haben, bei der Heimreise einen kleinen Umweg zu machen, Elbe und Saale hinaufzufahren, und dem designierten deutschen Herrscher Heinrich II. Grüße und Geschenke zu überbringen.

So könnte Leif schließlich mit einer Knorr tatsächlich am Merseburger Burgberg angelandet sein. Ängstlich dürften Beobachter von den Zinnen geschrien, die Glocken der Johanniskirche Sturm geläuteten haben, fürchtete man doch einen Überfall der Wikinger, die ja bekanntlich schon bis London und Paris, ja, bis Tarent gekommen, die Kiew und Konstantinopel geplündert hatten. Schnell klärte sich jedoch wohl, dass diese Seefahrer, so furchterregend sie auch wirkten, in friedlicher Absicht gekommen waren.

Und als Beweis für die hier in großer Schar siedelnden Wenden, dass es durchaus möglich sei, zugleich Christ zu sein, doch zugleich den heidnischen Göttern zu huldigen, könnte er uralte Zauberformeln, wie sie ähnlich denn auch in der Edda auftauchten, gemurmelt haben. Und vielleicht gelangten diese Formeln so in ein Gebetbuch der Merseburger Dombibliothek und wurden später als Merseburger Zaubersprüche weltberühmt. Wer weiß.

 

Eiris sazun idisi, sazun heraduoder.

Suma hapt heptidun, suma heri lezidun,

suma clubodun umbi cuonio uuidi.

Insprinc haptbandun inuar uigandun!

 

Phol ende Uuodan uuorun zi holza.

Du uuart demo Balderes uolon sin uuoz birenkict.

Thu biguol en Sinthgunt, Sunna era suister,

thu biguol en Friia, Uolla era suister;

thu biguol en Uuudan, so he uuola conda:

Sose benrenki, sose bluotrenki,

sose lidirenki:

Bên zi bena, bluot zi bluoda

lid zi geliden, sose gelimida sin!

 

Und wer weiß zudem, ob diese abenteuerliche Flussreise Leif Eriksson letztlich bei der Besiedlung Vinlands, bei der Erstentdeckung Amerikas also, von Nutzen war?

 

 

 

Albert A. Issa

* 1943 in Zinder, † 5.2.1993 in Niamey, nigrischer Schriftsteller und Verleger

 

Albert Issa schrieb auf Französisch, Im Alter von 43 Jahren veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband: „Ballade poétique“. Zwei Jahre später verfasste er das Theaterstück „Cady ou l’Amour fétiche“, die Liebesgeschichte eines jungen Paares, das durch einen Herrscher in den Tod getrieben und durch den Bori-Kult der Haussa, bei dem sich die Akteure mittels Gesang, Musik und Tanz in Geister verwandeln, wieder zum Leben erweckt wird.

Albert Issa begründete in Niamey auch das Verlagshaus Éditions du Sahel und starb im Alter von 50 Jahren.

 

 

 

Matsuo Bashō

* 1664 als Matsuo Munefusa in Akasaka, † 28.11.1694 in Osaka, japanischer Dichter

 

Matsuo Bashō gilt als einer der bedeutendsten Haiku-Dichter. Er scharte immer wieder Schüler um sich, die ihm sogar eine Hütte aus Bananenstauden bauten – daher sein Dichtername Bashō. Er lehrte: Tritt nicht in die Fußstapfen der alten Meister, aber suche, was sie suchten, oder: Erlange Erleuchtung, dann kehre zurück in die Welt der normalen Menschlichkeit.

Auf seinen Wanderungen verfasste er jedoch auch Reisebücher, von denen einige längst Klassiker der japanischen Literatur sind: das „Verwitterte Skelett“, „Ein Besuch im Schrein von Kashima“, „Die Aufzeichnungen einer wettergegerbten Schultasche“, „Ein Besuch am Schrein von Sarashina“, „Der enge Pfad zum tiefen Norden“ und „Auf schmalem Pfad durchs Hinterland“.

Das bekannteste Gedicht Bashōs dürfte der „Frosch-Haiku“ sein:

furu ike ya

kawazu tobikomu

mizu no oto

 

Übersetzt von Roland Barthes:

Der alte Weiher:

Ein Frosch springt hinein.

Oh! Das Geräusch des Wassers.

 

Übersetzt von Dietrich Krusche:

Der alte Teich.

Ein Frosch springt hinein –

das Geräusch des Wassers.

 

Übersetzt von Alan Watts:

Uralter Teich.

Ein Frosch springt hinein.

Plop.

 

 

 

Michael Praetorius

* 15.2.1571 als Michael Schulteis in Creuzburg, † 15.2.1621 in Wolfenbüttel, deutscher Komponist

 

Im Alter von 37 Jahren schrieb Michael Praetorius in einem Brief: Ich hätte wohl zu der Zeit, da ich ein Organist worden, ein großer Doktor werden können. Tatsächlich hatte er in Frankfurt (Oder) und Helmstedt Theologie und Philosophie studiert, dann aber Kammerorganist und dann Hofkapellmeister von Herzog Heinrich Julius in Wolfenbüttel wurde. Er hatte in diesem Amt auch den Söhnen und Töchtern des Herzogs täglich Instrumentalunterricht zu erteilen und erhielt dafür jährlich 100 Taler Gehalt, 10 Taler Holzgeld, freier Tisch bei Hofe, eine Sommer- und eine Winter-Hofkleidung, als Deputat jährlich einen Ochsen, zwei Schweine, vier Scheffel Roggen sowie vier Scheffel Gerste.

Nach seiner Ernennung zum Hofkapellmeister veröffentlichte Michael Praetorius seine ersten Werksammlungen, die „Motectae et Psalmi Latini“ und die „Musae Sioniae I“.

Später wirkte er auch am Kurfürstlichen Hofe in Dresden sowie am Erzbischöflich-Magdeburgischen Hofe zu Halle an der Saale, und agierte als musikalischer Berater an den Fürstenhöfen von Bückeburg, Rotenburg/Wümme, Sondershausen sowie am dänischen Königshofe in Kopenhagen, schuf dabei nicht zuletzt diverse Festmusiken zu diversen höfischen Anlässen.

Zudem war Michael Praetorius Prior des Kosters Ringelheim bei Goslar und Konventuale des Klosters Amelungsborn. Er starb an seinem 50. Geburtstag.

Knapp 170 Jahre später war in der „Musikalischen Real-Zeitung“ zu lesen: „Der Tag, der uns einen Michael Prätorius 1571 gab, war es auch, der uns denselben 1621 wiederum entriß. Er bereicherte die Literatur der Musik mit vortrefflichen Werken, und hinterließ im praktischen Theil der Tonkunst zehen Produkte seines Fleißes…“

 

 

 

S. Mahinda

* 1901 in Gangtok, Sikkim, † 16.3.1951 in Sri Lanka, buddhistischer Mönch und Dichter

 

Mönche, auf Schritt und Tritt begegnen uns in Sri Lanka Mönche, buddhistische Mönche, schlicht gekleidet in orange Gewänder. Nach dem Ende des fast 25 Jahre tobenden Bürgerkrieges zwischen Tamilen und Singhalesen wagten Jeanny und ich, dieses Traumland zu erkunden, seine buddhistische Exotik nicht zuletzt. Und wer weiß, ob einer der Mönche, den wir respektvoll mit aneinandergefalteten Handflächen und einem Kopfnicken grüßten, nicht eine Inkarnation S. Mahindas war, des großen Dichters des Landes und gefeiert als Nationalheld, da er seinerzeit auch zur Befreiung der Insel von den englischen Kolonialherren beitrug, wer weiß…

Am späten Nachmittag erreichen wir Sigiriya. Traumhaftes Lodge-Hotel mitten im Dschungel. Vom Hotelpool aus verheißungsvoller Blick auf die weltberühmte Felsenfeste Sigiriya, die wir dann also morgen früh besteigen wollen.

Allein die weitläufigen Palastruinen am Fuße der Felseninsel wären eine Reise wert. Ruinen mit noch immer erkennbar ausgeklügeltem Bewässerungssystem für großzügige Freibäder, für Gärten und all die Palasthäuser selbst. Hier residierte König Kassapa vor 1.500 Jahren im Sommer. Und im Winter, besser: in der Regenzeit (und sicher auch, wenn’s irgendwie brenzlig wurde), verzog er sich auf die offenkundig uneinnehmbare Festung, hochoben auf dem Plateau der 350 Meter aufragenden roten Felseninsel. 1202 Stufen seien heute zu erklimmen, motiviert uns grinsend unser persönlicher Sigiriya-Guide. Aber das ist schließlich nicht so schlimm, wie befürchtet – wenn man ganz langsam und mit Verschnaufpausen aufsteigt und dabei immer wieder kaltes Wasser trinkt. Schon auf halber Höhe ermuntert zudem die zunehmend fantastischer werdende Aussicht über weite, grüne Baumflächen, blaue Seenaugen bis hin zum dann oben am Horizont auftauchenden Goldenen Buddha von Dambulla. Auch die Winterresidenz hat offenbar allen Komfort geboten: neben Palastruinen Fundamente von Tanzhäusern, Audienzhallen, und sogar hier oben Reste von Bädern. Allerdings konnte Kassapa das alles nur kurze Zeit genießen. Durch Vatermord auf den Thron gekommen, zog schließlich sein Bruder gegen ihn in den Krieg, und als die letzte Schlacht verloren war, nahm sich Kassapa nach 18 Jahren Regierungszeit das Leben.

Danach beherbergte Sigiriya Mönche – bis alles langsam verfiel und vergessen wurde. Erst unter englischer Kolonialherrschaft wurde dieses Weltwunder wiederentdeckt, gehört nun zum Weltkulturerbe.

Beim Abstieg bewundern wir natürlich noch die weltberühmten Wolkenmädchen. Hunderte dieser farbenprächtigen, freizügigen Damenbildnisse zierten einst den Felsen. Nur etwa 20 haben in einer schwer zugänglichen Grotte die Zeitläufe (und dabei wohl vor allem mönchische Ansichten) überdauert. Eines der in den Naturfarben erhaltene Wolkenmädchen gilt nicht von ungefähr als srilankische Mona Lisa. In einer etwas tiefer gelegenen Felsgalerie sind zwar keine Wolkenmädchen erhalten – leider – jedoch die so genannte Spiegelwand, in deren glasierter Fläche sich damals die Barbusigen nochmals abbildeten, Kassapa also gleich doppelten Besitz vorgaukelten. Noch immer aber sind hier (bei sehr genauem Hinsehen) die ältesten lyrischen Texte der Insel zu entdecken – allesamt Hymnen auf die Reize und Verlockungen der sich spiegelnden Schönen…

„Im fünften Jahrhundert … waren Graffitigedichte in das Felsengesicht von Sigiriya geritzt worden – die Felsenfestung eines despotischen Königs. Kurze Verse auf die in den Fresken dargestellten Frauen sprachen von Liebe in all ihrer Verwirrung und Gebrochenheit. Gedichte auf mythische Frauen, die ein weltliches Leben lebten und hinter sich ließen. Die Zeilen sahen Brüste als vollkommene Schwäne; Augen waren lang und rein wie Horizonte. Die unbekannten Dichter kamen wieder und wieder auf dieselben Metaphern. Wunderschöne falsche Vergleiche. Das waren die ersten Volksdichtungen des Landes.“ Michael Ondaatje

Auf dem Wege in die alte Residenzstadt Pollunaruwa sehen wir heute so viele Wildtiere, dass selbst Indi erstaunt scheint. Zuerst einen kleinen Waran (später noch einen riesigen!), dann mehrmals scheue Mungos, frei laufende Elefanten (einer überquert vor uns sogar die Straße), Wasserbüffel, Reiher, reichlich Affen, Schmetterlinge en gros, ein exotisch schillernder Kingfisher…

Pollunaruwa war nach der ersten Hauptstadt Anarathnapura vom 11. bis 13. Jahrhundert das Zentrum der Insel. Zu der Zeit also, als auch meine Vaterstadt Merseburg in vollster Blüte stand. Doch ich gestehe, von dieser Hauptstadt hatte ich bis dahin noch nie gehört… und dabei war die wesentlich größer als das Merseburg jener Zeit… Heute sind inmitten malerischer Parkanlagen zwar nur noch die Ruinen von Palästen, Audienzhallen, Tempeln, und sogar die eines riesigen Hochschulkomplexes zu bewundern, aber all dies beeindruckt (mit ein wenig Fantasie), lässt durchaus über eurozentristische Ansichten nachdenken. Zu guter Letzt entdecken wir noch einen Buddha umrahmt von Enten-Sgraffitos. Enten symbolisieren hier die Ewigkeit…

Geweckt von einer Horde übers Dach polternder Affen. Zum Frühstück String Hoppers (die bei Ondaatje immer wieder gern gegessen werden). Gut, wenn auch schwer definierbar: gedämpfte und leicht angebratene Reisnudelnester vielleicht.

Auf der Fahrt nach Kandy, der letzten Hauptstadt des alten Königreichs, auf dem Weg in die Berge also, scheint in einem der Straßendörfer heute Olympischer Tag zu sein und haben alle Schülerinnen ergo einen Marathonlauf zu absolvieren. Oder was läuft hier? Begeisterung an der Straßenrändern, Anfeuerung und Jubel aus Tuk Tuks, die neben den Mädchen herfahren, und darin offenbar nicht selten die ganze Familie, Vater, Mutter, Oma, Opa, Geschwister. Wie passen die da bloß alle rein?

Dann Zwischenstopp in einem Gewürzgarten. Kundige Führung, und im Programm inbegriffen ist sogar eine Ayurveda-Massage. Und als der Masseur Jeannys Arthritisfinger entdeckt, empfiehlt er ein Naturheilmittel. Nicht ganz billig, da daheim aber offenbar nichts und niemand mehr hilft, nehmen wir’s natürlich mit.

Irgendwie wühlen wir uns dann durch den Nachmittagsverkehr der 200.000-Einwohner Stadt Kandy. Tuk Tuks kreuz und quer und oftmals passt kein Stückchen Papier mehr zwischen diese allgegenwärtigen Dreirad-Vehikel und unseren Wagen.

Ernst Haeckel, einer der berühmtesten Merseburger, kam bereits 1881 hierher und notierte: „Die stolze Königsstadt Kandy könnte eigentlich besser als ein bescheidenes Dorf bezeichnet werden, dessen wenige Straßen mehr singhalesische Erdhütten als europäische Bungalows enthalten.

Und Hermann Hesse fand 1911, dass „von Kandy weg nach allen Seiten die schönsten Spazierwege der Welt in einer wunderbare Landschaft hinaus“ führten.

Einchecken im Hotel. Wunderbare Lage auf einem der Hügel oberhalb der Stadt. Grandiose Aussicht vom Zimmerbalkon.

Dann zur Besichtigung des weltberühmten Zahn-Tempels, des größten buddhistischen Heiligtums, wo als Reliquie selbstredend ein Zahn Buddhas bewahrt wird, ein Eckzahn ganz genau. Hätte mich also nicht gewundert, wenn ich hier nicht nur (wie vor anderen Tempeln) Mütze ablegen und Schuhe ausziehen, sondern auch Gebiss abgeben müsste…

Natürlich ist die Zahnreliquie selbst nicht zu besichtigen, alltags nicht mal der Behälter, in dem sie aufbewahrt wird. Zu sehen aber ist der prächtige zweistöckige Schrein im Innenhof des Tempels. Anlässlich des größten Festes Asiens zu Ehren Buddhas, dem Esala Perahera, jeweils in den beiden Wochen vor dem Juli/August-Vollmond wird der Zahn-Behälter auf einem Elefanten platziert und festlich durch die Straßen getragen. Immerhin darf man die Tür, hinter der das Heiligtum verborgen ist, fotografieren und eine davor (am Eingang des Tempels zu kaufende) Lotos-Blume opfern. Dennoch eine unbedingt sehenswerte Anlage. Durchaus beeindruckend.

Und von den Schäden, die tamilische (also hinduistische) Terroristen vor 15 Jahren hier anrichteten, als sie vor dem Tempel einen Lastwagen voller Sprengstoff zum Explodieren brachten, ist nichts mehr zu sehen. Obwohl – ein altes Gemälde (auf das uns der Tempelguide auch deutlich hinweist) sieht aus wie ein schlecht zusammengesetztes Puzzle, weist offenkundig bewusst weiße Stellen aus…

 

 

 

Sappho

* um 620 v. Chr., † um 570 v. Chr. Wohl in Mytilene, Lesbos, griechische Dichterin

 

Schwillt in der Brust die Erbitterung,

hüte die bellende Zunge!

 

Sappho gilt als die bedeutendste Lyrikerin der Antike, obwohl nur etwa sieben Prozent ihres Gesamtwerks, das vor allem aus Götterhymnen, Hochzeits- und Liebesliedern besteht, erhalten geblieben sind. Friedrich Schlegel sagte: „Hätten wir noch die sämtlichen sapphischen Gedichte: vielleicht würden wir nirgends an Homer erinnert.“ Und Platon schätzte ihre Lyrik so sehr, dass er Sappho als zehnte Muse bezeichnete.

 

Aphrodite. Allmächtige komm vom Äther herab …

zu deinem Tempel. einst von Kretern erbaut.

Unter den Apfelbäumen des heiligen Hains.

als sie dir Opfer brachten auf den Altären.

schwelten damals der kühlenden Quelle entlang

Wolken von Weihrauch.

Immer noch rinnt das Wasser. von Zweigen beschattet.

zum Garten hinab und tränkt mir die Rosen der Laube.

wo ich voll Seligkeit, während sie lautlos entblättern, Kypris

                                                                            erwarte.

Drüben. dort auf der Weide tummeln sich Pferde.

grasen im Klee und in den reifenden Ähren.

Süßer Geruch von Blumen weht von der Wiese

hierher zu mir.

Göttin der Liebe! Empfange mein Blumengebinde.

Komm und erscheine uns. Fülle die goldenen Schalen.

mische mit Nektar den Wein und schenke uns eine

himmlische Freude.

 

„Ihre Lieder, in denen sie die Schönheit ihrer Freundinnen, Schülerinnen und vor allem auch ihrer Tochter besingt, sind im Anschluss an ein Scholion zu Martials Epigramm 7,67 seit Domizio Calderini (1474) auf die Liebe Sapphos zu Frauen bezogen worden; von dieser Interpretation des Martialepigramms leitet sich die Bezeichnung ‚lesbische’ oder ‚sapphische ‚Liebe für weibliche Homosexualität her“, weiß Wikipedia.

 

Die Mondin ist hingesunken

Mit ihr die Pleiaden. Mitte

Der Nacht. Es vergehn die Stunden.

Doch ich muss alleine schlafen.

 

 

 

Alfred Lothar Wegener

* 1.11.1880 in Berlin, † November 1930 in Grönland, deutscher Meteorologe

 

Als Fünfundzwanzigjähriger stellte Alfred Wegener gemeinsam mit seinem Bruder einen Weltrekord für Dauer-Ballonfahren auf: 52,5 Stunden war sie in der Luft. Und im selben Jahr 1906 nahm er erstmals an einer Grönland-Expedition teil, drei weitere sollten folgen.

Als Einunddreißigjähriger stellte er erstmals öffentlich seine Gedanken zur Kontinentalverschiebung vor. Vier Jahre später, im Jahr 1915, begann er an seinem Hauptwerk „Die Entstehung der Kontinente und Ozeane“ zu arbeiten. Nach Erscheinen des Buches war die Kritik weltweit vernichtend, erst postum sollten Alfred Wegeners Theorien Anerkennung finden. Einer der Ersten allerdings, der sich für ihn aussprach war Otto Hahn. Und Pierre-Marie Termier, der Direktor des französischen Amtes für geologische Landesaufnahme meinte: „Seine Theorie ist ein wundervoller Traum der Schönheit und Anmut, der Traum eines großen Poeten.“

In einem Brief schrieb Alfred Wegener: „Wenn ich auch nur durch die übereinstimmenden Küstenkonturen darauf gekommen bin, so muß die Beweisführung natürlich von den Beobachtungsergebnissen der Geologie ausgehen. Hier werden wir gezwungen, eine Landverbindung zum Beispiel zwischen Südamerika und Afrika anzunehmen, welche zu einer bestimmten Zeit abbrach. Den Vorgang kann man sich auf zweierlei Weise vorstellen: 1) Durch Versinken eines verbindenden Kontinents ‚Archhelenis‘ oder 2) durch das Auseinanderziehen von einer großen Bruchspalte. Bisher hat man, von der unveränderlichen Lage jedes Landes ausgehend, immer nur 1) berücksichtigt und 2) ignoriert. Dabei widerstreitet 1) aber der modernen Lehre von der Isostasie und überhaupt unseren physikalischen Vorstellungen. Ein Kontinent kann nicht versinken, denn er ist leichter als das, worauf er schwimmt. […] Warum sollten wir zögern, die alte Anschauung über Bord zu werfen?“

Auf seiner vierten Grönland-Expedition kam Alfred Lothar Wegener im Alter von 50 Jahren ums Leben. Die Geographische Gesellschaft Wien teilte mit, nachdem man im Jahr darauf, 1931, seine Grab entdeckt hatte: „Am 10. Mai d.J. traf bei der Notgemeinschaft deutscher Wissenschaft ein Funktelegramm ein, welches die traurige Kunde brachte, daß die zur Rettung des kühnen Grönlandforschers Alfred Wegener ausgesandte Hilfsexpedition die Leiche Alfred Wegeners, 189 km von der Westküste entfernt, unter seinen aufgestellten Skiern in Pelze und Decken eingenäht, aufgefunden hat. Wegener ist allem Anschein nach nicht erfroren, sondern dürfte einem Herzschlag erlegen sein. Seine Aufzeichnungen wurden bei der Leiche nicht gefunden, weshalb man vermutet, daß sie sein grönländischer Begleiter Rasmus, der verschollen ist, an sich genommen hat. […] Wegener hatte die Zentralstation ‚Eismitte’ nach 40tägiger Reise rechtzeitig am 30. Oktober erreicht, Dr. Loewe und ausreichenden Proviant dort zurückgelassen und am 1. November zusammen mit Rasmus wieder den Rückmarsch nach dem Westen angetreten, um noch vor weiterer Witterungsverschlechterung auf die Hauptexpeditionsgruppe zu stoßen. Seit 1. November war er verschollen. Alfred Wegener ist in schweigender Polarnacht ein Opfer seiner Pflichttreue geworden.“

 

 

 

Xin Zhui

* um 210 v. Chr., † um 160 v. Chr. in Changsha, chinesische Adlige

 

Xin Zhui, bekannt auch als „Lady von Dai“ wurde etwa 50 Jahre alt und fürstlich bestattet. Man wickelte ihre Leiche in Seide und legte sie nach „Matrjoschka-Art“ in vier lackierte und durch eine Holzverschalung geschützte Särge. Den innersten Sarg füllte man mit einer die Zersetzung hemmenden Flüssigkeit.

Seitdem man im Jahr 1971 ihre unterirdische Grabkammer entdeckte, gilt Xin Zhuis Mumie als eine der am besten erhaltenen weltweit. Und man weiß nun auch, dass sie an Übergewicht litt. Wikipedia weiß: „… sie wog zirka 75 Kilogramm bei einer Größe von etwa 154 cm. Die Obduktion ihrer Mumie ergab, dass ihre Herzkranzgefäße stark verengt waren. Zudem wurden Gallensteine und Parasiten gefunden, wie Bandwürmer im Darm und Peitschenwürmer. Röntgenaufnahmen zeigen einen Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule, weshalb Xin Zhui Bewegungsprobleme gehabt haben dürfte (auf einer über ihren Sarg gebreiteten Seidendecke ist sie mit einem Krückstock dargestellt). Kurz vor ihrem Tod aß Xin Zhui schwer verdauliche Nahrung, woraufhin sich nach einigen Stunden Gallensteine lösten. Einer davon blieb in der Öffnung des Gallengangs stecken und verursachte akute, heftige Schmerzen, was in Verbindung mit der bestehenden Kreislaufbelastung durch das Übergewicht und dem schon geschwächten Herzen zum Tode führte.“

Nichts desto trotz wird Xin Zhui Mumie samt Grabbeigaben Touristen lockend im Provinzmuseum Hunan augestellt.

 

 

 

Ludwig Anzengruber

* 29.11.1839 in der Alservorstadt von Wien, Pseudonym: Ludwig Gruber, † 10.12.1889 ebd., österreichischer Schriftsteller

 

Franz Mehring schrieb 1893 über Ludwigs Anzengrubers Stück der „Meineidbauer“: „Anzengruber war kein proletarischer, sondern ein kleinbürgerlicher Dichter. Namentlich in seinen Bauernstücken bewegt sich der dramatische Konflikt um kleinbürgerliche Fragen, um das bäuerliche Eigentums- und Erbrecht, um die Abschüttelung des pfäffischen Jochs, vermittels dessen die absolutistisch-feudale Reaktion in Österreich den kleinen Bauern- und Bürgerstand im Zaum hält. Aber freilich gehört Anzengruber zu dem revolutionären Flügel des Kleinbürgertums, der dem Proletariat mehr oder minder nahesteht.

Iwan Turgenjew lobte Anzengruber als Realisten und Aufklärer. Und Theodor Fontane sagte über die urwüchsige Sprache Anzengrubers: „Die Vornehmheit hat ihre Tage gehabt; heute geht ein demokratischer Zug durch die Kunst.“

Ludwig Anzengruber verfasste 20 Stücke und mehrere Romane und Erzählungen. Schon seit 1918 dienten seine Texten als Vorlage für Verfilmungen.

Wenige Tage vor seinem 51. Geburtstag starb Ludwig Anzengruber an Milzbrand. In einem Nachruf in der Wiener „Arbeiter-Zeitung“ hieß es: „Heute wird in Wien der größte dramatische Dichter unserer Tage zu Grabe getragen. […] Wir sind weit entfernt davon, ihn als Sozialisten zu proklamiren. Das wirtschaftliche Problem lag ihm ferne. Aber er fühlte die schneidenden Widersprüche in unserer Gesellschaft und mit der naiven Wahrheitsliebe des wirklichen Dichters sprach er aus, was er sah und fühlte. In jedem seiner Stücke kommt ein Mann vor, der den Widerspruch zum Ausdruck bringt, der nicht ist wie die Anderen, sondern der denkt und die Menschen liebt. […] Sie alle sind zu Grunde gegangen in und an der Gesellschaft und sie wissen das. Diese Lumpen […], durch welche die ganze biedere, ehrenwerte Bürger- und Bauerngesellschaft und ihre satte Tugend eigentlich ein verflucht schäbiges Aussehen bekommt, sie sprechen die Sprache der Wahrheit. Und das macht den Dichter unbequem. Anzengruber war eine Rebellennatur.“

 

 

 

Sergei Michailowitsch Eisenstein

* 22.1.1898 in Riga, † 11.2.1948 in Moskau, sowjetischer Regisseur

 

Am 11. September 2013 notiert ich: „Spaziergang zur Potemkinschen Treppe, weltberühmt durch Sergej Eisensteins Stummfilm. Ich sehe die Panik, sehe den Kinderwagen die Stufen hinabholpern… Abstieg zur Küste des Schwarzen Meeres, wo seinerzeit der Panzerkreuzer „Potemkin“ ankerte und sich nun der Morskoje Woksal, der Meeresbahnhof erstreckt. Laut Fahrplan stechen hier aber kaum noch Schiffe oder Fähren in See. Regelmäßig offenbar nach Sewastopol und Cherson, seltener nach Jalta, noch seltener nach Istanbul. Schlussaus. Dabei hatte der Hafen Odessas doch erst die Stadt gemacht! (Eine Gründung Katharinas der Großen übrigens.)“

 

 

 

Glenn Gould

* 25.9.1932 in Toronto, † 4.10.1982 ebd., kanadischer Pianist

 

Glenn Gould erhielt bereits als Dreijähriger Klavierunterricht von seiner Mutter, und da sie ihn anhielt, beim Spielen zu Singen, wurde dies später zu einem seiner „Markenzeichen“. Ein anderes, das extrem tiefe Sitzen am Klavier, hatte er von seinem späteren Lehrer Alberto Guerrero übernommen.

Den internationalen Durchbruch erzielte er als Dreiundzwanzigjähriger mit seinen „Goldberg-Variationen“. Insgesamt reichen seine Plattenaufnahmen vom Barock über die Klassik bis zur klassischen Moderne. Er spielte nahezu das gesamte Klavierwerk von Johann Sebastian Bach ein, die meisten Beethoven- und alle Mozartsonaten, das gesamte Klavierwerk von Arnold Schönberg, Anton Webern und Alban Berg ebenso wie alle Sonaten für Klavier sowie für Bläser mit Klavierbegleitung von Paul Hindemith.

Der Musikkritiker Dominic Gill ging nach Goulds Neuauflage der „Goldberg-Variationen“ 1970 darauf ein, dass ein Kollege einen Vergleich zwischen dem außergewöhnlichen Pianisten und dem Moog Synthesizer – mit dem Gould gelegentlich experimentiert – angestellt hatte, und andere sein Spiel „eisig“ oder „klinisch“ nannten: „Wenn man sich die Einspielung heute anhört, scheint keiner dieser Vergleiche oder Adjektive zuzutreffen und der Sache gerecht zu werden. Von exzentrisch kann nur insofern die Rede sein, als dass schnelle Tempi manchmal sehr, sehr schnell und langsame sehr langsam gesetzt werden; aber die Texturen sind immer dermaßen kristallklar, dass sie einen die meistens gefährlichen Geschwindigkeiten vergessen lassen. Das ist auch ein Beleg für bemerkenswerte Einsicht und Poesie von einer kühlen, brillanten Einfachheit, die keineswegs Sanftheit ausschließt.

Glenn Gould starb wenige Tage nach seinem 50. Geburtstag an den Folgen eines Schlaganfalls.

 

 

 

Paul Greifzu

* 7.4.1902 in Suhl, † 10.5.1952 bei Dessau, deutscher Rennfahrer

 

Im Alter von 19 Jahren nahm Paul Greifzu erstmals an einer „Langstreckenfahrt in einem Automobil“ teil: es ging von Meiningen nach Suhl. Mit Dreiundzwanzig gewann er dann die „Saalfelder Begrüßungsfahrt“ und mit Sechsunddreißig den „Großen Preis von Deutschland für Sportwagen“.

Während des Zweiten Weltkrieges setzte er sich für eine menschenwürdige Behandlung von Zwangsarbeitern ein, wurde danach sogar „Oskar Schindler von Suhl“ genannt.

Im Alter von 48 Jahren überlebte Paul Greifzu noch einen schweren Rennunfall auf dem Nürburgring, wenige Wochen vor seinem 51. Geburtstag kam er beim Training für das „Dessauer Wagen- und Motorradrennen“ ums Leben.

 

 

 

Stella Tennant

* 17.12.1970 in London, † 22.12.2020, in Duns, Schottland, britisches Model

 

Stella Tennant, Muse Karl Lagerfelds, Ikone des androgynen Stils, Mutter von vier Kindern, Adlige, Selbstmörderin.

Fotografen wie Steven Meisel, Juergen Teller, David Sims, Mark Borthwick oder Mario Testino setzten sie in Szene: „Blass, mager, mit kurzen Haaren und Augenringen“ stand im Nachruf des „Spiegel“, „ihre Erscheinung wurde bald als Heroin Chic bezeichnet, mit prägenden Einflüssen auf die Kultur der Neunzigerjahre.“ Lagerfeld kürte sie zum Gesicht von Chanel. Mit 47 erschien sie zum letzten Mal auf einem bedeutenden Cover, auf dem der englischen „Vogue“, 25 Jahre nachdem sie dort zum ersten Mal abgebildet worden war.

2012 hatte sie noch einen Auftritt gemeinsam mit Kate Moss und Naomi Campbel bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele in London. Jahrelang war sie auf Laufsteigen, so von Alexander McQueen, Jean-Paul Gaultier oder Versace, präsent. Ihren letzten Laufstegauftritt absolvierte sie im Frühjahr 2020 für Valentino.

Im August 2020 trennte sie sich nach 21 Jahren von ihrem Ehemann, dem Fotografen David Lasnet.

Ein Sprecher der Familie Tennant sagte dem „Daily Telegraph“: Stella fühlte sich „trotz der Liebe derer, die ihr am nächsten stehen, unfähig, weiterzumachen.“

Unerträglich offenbar, aus der Mode zu kommen, nicht mehr als chic zu gelten und im Mittelpunkt zu stehen, zu altern.

 

 

 

Kurt Julian Weill

* 2.3.1900 in Dessau, † 3.4.1950 in New York, Komponist

 

Obgleich ich in Deutschland geboren bin, bezeichne ich mich nicht als ‚deutschen Komponisten‘. Die Nazis haben mich eindeutig nicht als solchen bezeichnet, und ich verließ ihr Land 1933 […] Ich bin amerikanischer Staatsbürger, während meiner zwölf Jahre in diesem Land habe ich ausschließlich für die amerikanische Bühne komponiert […] Ich würde es begrüßen, wenn Sie Ihre Leser auf diese Tatsache hinweisen könnten, schrieb Kurt Weill 1947 dem Magazin „Life“, nachdem er dort als „deutscher Komponist bezeichnet worden war.

In Deutschland war Kurt Weill durch seine Zusammenarbeit mit Brecht berühmt geworden: „Die Dreigroschenoper“, „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“, „Die sieben Todsünden“. In den USA wirkte er vor allem am Broadway: „Lady in the Dark“, „We will never die“, „Street Scene“.

Kurt Weill starb wenige Wochen vor seinem 51. Geburtstag infolge eines Herzinfarkts. Sein Epitaph wurden Strophen aus seiner Musical Tragedy „Lost in the Stars“ – auf Englisch selbstredend:

 

A bird of passage out of night

Flies in at a lighted door,

Flies through and on in its darkened flight

And then is seen no more.

 

This is the life of men on earth

Out of darkness we come at birth

Into a lamp-lit room, and then

Go forward into dark again.

 

 

 

Ingeborg Klepzig

* 11.6.1925 als Ingeborg Preuß in Elbing, Ostpreußen, † 8.8.1975 in Halle-Dölau, deutsche Verwaltungsangestellte

 

Wahrscheinlich wäre ich mit Inge, meiner Schwiegermutter, immer mal wieder aneinandergeraten. Ihr „Nesthäkchen“, meine Frau Jeanette, versuchte sie zu schützen, wo immer sie konnte.

Inge war eine gebürtige Preuß und stammte aus Elbing in Ostpreußen. Ihr Vater spielte Kontrabass und saß eine zeitlang im KZ, ihre Mutter wollte am liebsten den alten Kaiser Wilhelm wiederhamm. Nach der Flucht landete Inge in Halle und traf ihren dort aus amerikanischer Krieggefangenschaft entlassenen Schorsch wieder, den sie schon in Elbing liebte. Der schuftete nun in der Wismut unter Tage, und als er an TBC erkrankte schrieb er seiner Inge aus der „Mottenburg“ sogar Gedichte: „Du bist mein Leben, / ein Teil von mir und meinem Glück. / Ich habe Dir mein ganzes Herz gegeben, / nun forme Deins und meins zu einem Stück. // Mag uns das Schicksal einmal hart bestürmen, / wir werden so nicht untergehn, / und wenn die Wolken sich erdrückend türmen, / werden wir zu zweien fest auf der Erde stehn…“.

Inge und Schorsch zogen zwei Söhne und zwei Töchter groß, in Großkorbetha und dann in Leuna. Hier arbeitete Inge beim Rat der Stadt und verhalf ihrer Jüngsten und mir zu einer ersten gemeinsamen Wohnung, einem „Liebesnest“.

Dann aber versagten ihre Nieren. Inge wurde gerade mal 50 Jahre alt. Ich glaube, sie mochte, sie verstand mich.

 

 

 

Rodolfo Jorge Walsh

* 9.1.1927 in Choele Choel, † 25.3.1977 in Buenos Aires, argentinischer Autor

 

Rodolfo Walsh gilt als Begründer des investigativen Journalismus in Argentinien. Nach ersten schriftstellerischen Versuchen hatte er 1959 in Kuba gemeinsam mit seinen argentinischen Kollegen Jorge Ricardo Masetti und Rogelio García Lupo sowie dem kolumbianischen Autor Gabriel Garcia Márquez die Nachrichtenagentur „Prensa Latina“ begründet. Zurück in Argentinien schrieb er vor allem für die Zeitschriften „Primera Plana“ und „Panorama“,  

Nach dem Militärputsch in seinem Land ging er 1976 in den Untergrund, doch versandte am 25. März 1977 einen „offenen Brief eines Schriftstellers an die Militärjunta“, indem er gravierende Menschenrechtsverletzungen und nicht zuletzt Morde an Oppositionellen kritisierte: 15 000  Verschwundene, 10 000 Gefangene, 4000 Tote, Zehntausende, die aus dem Land vertrieben worden sind – dies sind die nackten Zahlen dieses Terrors. Als die herkömmlichen Gefängnisse überfüllt waren, verwandelten Sie die größten militärischen Einrichtungen des Landes in regelrechte Konzentrationslager, zu denen kein Richter, kein Rechtsanwalt, kein Journalist, kein internationaler Beobachter Zugang hat. Die Anwendung des Militärgeheimnisses, für die Untersuchung all der Fälle als unumgänglich erklärt, macht die Mehrzahl der Verhaftungen de facto zu Entführungen, was Folter ohne jede Einschränkung und Hinrichtungen ohne Gerichtsurteil ermöglicht.

Gleichentags starb Rodolfo Walsh bei einem Schusswechsel auf offener Straße mit Soldaten, die ihn verhaften sollten.

 

 

 

Roberto Bolaño Ávalos

* 28.4.1953 in Santiago de Chile, † 14.7.2003 in Barcelona, chilenischer Schriftsteller

 

In der spanischsprachigen Welt gelang Roberto Bolaño im Jahr 1998 der Durchbruch mit dem Roman „Los detectives salvajes“ für den er 1999 den renommierten lateinamerikanischen Literaturpreis „Premio Rómul Gallegos erhielt. Auf Deutsch erschien dieser Roman unter dem Titel „Die wilden Detektive“ jedoch erst sechs Jahre nach seinem Tod. Und sein hierzulande Aufsehen erregender Roman „Das Dritte Reich“ sogar noch zwei Jahre später.

In der „Neuen Züricher Zeitung“ war zu lesen: „Kühn und wild, finster und licht, monumental und filigran, melancholisch und satirisch, […] Roberto Bolaños Werk ist von furchterregender Schönheit.“

Sein Übersetzer Christian Hansen schrieb: „Bolaño, ein intimer Kenner, ein leidenschaftlicher Spieler und Sammler [von] ‚wargames’, fand in ‚Drittes Reich’ ein ideales erstes Experimentierfeld für seine Homöopathie des Bösen: Das Spiel gilt mit seinen zahlreichen Modifikationen, Regelerweiterungen und Varianten als eines der komplexesten seiner Art; es erlaubt eine sehr weitgehende Manipulation historischer Ereignisse bis hin zur Umkehrung des tatsächlichen Geschichtsverlaufs.“

Den allerdings vermochte Roberto Bolaño nicht zu manipulieren, geschweige denn umzukehren: im Alter von 50 Jahren starb er an Leberzirrhose, die er sich durch eine in seiner Jugend nicht behandelte Hepatitis-Erkrankung zugezogen hatte, als er auf eine Organspende wartete.

 

 

 

James Cook

* 7.11.1728 in Marton, † 14.2.1779 Kealakekua Bay, Hawaii, britischer Entdecker

 

James Cook gilt als einer der bedeutendsten Entdecker aller Zeiten. Nicht von ungefähr also findet man seinen Namen in zahllosen, ihm zu Ehren erfolgten Benennungen weltweit und darüber hinaus, so u.a.: Cooktown in Queensland, das Cook County in New South Wales, die Cook Bay auf Tahiti, die Cookinseln, die Cookstraße, den Cooks River in Sidney und den Cook River in Neuseeland, den Mount Cook in Alaska und Kanada, Cook-Gletscher in Südgeorgien und auf den Kerguelen, die Cook Mountains in der Antarktis, die James Cook Universtity in Cairns und Townsville, das Captain James Cook Memorial in Canberra, das James Cook University Hospital in Middlesbrough, die nationale Gedenkstätte Cook Landing Site auf Hawaii, die Pflanzengattungen Captaincookia N.Hallé und Cookia Sonn., die Raumfähren „Endeavour“ und „Discovery“ nach seinem ersten und seinem letzten Schiff, der Mondkrater Cook und ein Asteroid des Hauptgürtels: Cook…

Respekt.

 

 

 

Anselm Feuerbach

* 12.9.1829 in Speyer, † 4.1.1880 in Venedig, deutscher Maler

 

Anselm Feuerbach gilt als einer der wichtigsten deutschen Maler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Alter von 27 Jahren schuf er in Düsseldorf sein erstes großen Gemälde: „Flötender Silen. Dann ging er nach München, Antwerpen und Paris, um seine Malweise zu vervollkommnen.

Mit Fünfunddreißig kam er zurück nach Deutschland, wirkte in Heidelberg und Karlsruhe und trat mit Joseph Victor von Scheffel eine Italienreise an, kam nach Venedig und Castel Toblino, Florenz und Rom. Hier wurde er Mitglied des Deutschen Künstlervereins und blieb nun mit kurzen Unterbrechungen bis fast an sein Lebensende.

Zu seinen berühmtesten Gemälden zählen: „Dante“, „Iphigenie“, „Gastmahl des Plato“,Laura und Petrarca“, „Hafis am Brunnen“, „Idyll aus Tivoli“, „Belauschtes Kinderkonzert“ , „Mutterglück“, „Die Amazonenschlacht“, „Das Urteil des Paris“, Medea und zu guter Letzt „Titanensturz“.

Im Alter von 43 Jahren erhielt Anselm Feuerbach eine Professur an der Wiener Akademie der bildenden Künste, reichte aber schon vier Jahre später sein Entlassungsgesuch ein, spielte nun offenbar mit dem Gedanken als Porträtmaler nach London zu gehen. In Heidelberg schrieb er dann seine Lebenserinnerungen „Ein Vermächtnis“: Tadeln ist leicht, deshalb versuchen sich so viele darin. Mit Verstand loben ist schwer, darum tun es so wenige. In Venedig starb Anselm Feuerbach im Alter von 50 Jahren Herzschlag.

 

 

 

Stieg Larsson

* 15.8.1954 als Karl Stig-Erland Larsson in Skelleftehamn, Västerbottens län, † 9.11.2004 in Stockholm, schwedischer Schriftsteller

 

Larsson galt als einer der weltweit führenden Experten für faschistische, rechtsextreme, neonazistische, aber auch rechtskonservative Bewegungen, die er extremistischen Bewegungen gleichstellte. Im Alter von 41 Jahren gründete er die Expo-Stiftung und wirkte als Herausgeber des antifaschistischen Magazins „Expo, das mehrfach Ziel rechtsradikaler Angriffe wurde.

Weltberühmt wurde Stieg Larsson jedoch durch seine Kriminalromane „Verblendung“, „Verdammnis“, „Vergebung“, die alle postum erschienen und rasch verfilmt wurden. Konzipiert hatte er diese Reihe auf zehn Bände, drei weitere lagen sogar schon im Exposé vor, als Stieg Larsson im Alter von 50 Jahren an Herzschlag starb.

 

 

 

Herbert Nachbar

* 12.2.1930 in Wieck, † 25.5.1980 in Berlin, deutscher Schriftsteller

 

Herbert Nachbar war der Sohn eines Fischers und wirkte als Reporter und Lektor bevor er im Alter von 27 Jahren freier Schriftsteller wurde und Romane, Erzählungen und Drehbücher verfasste. Zudem wirkte er später auch als Dramaturg am Volkstheaters Rostock und beim DDR-Fernsehen in Adlershof.

In Nachbars frühen Texten wie „Die gestohlene Insel“ spielen oft Kindheits- und Jugenderfahrungen an der Ostsee eine Rolle. Über „Die Hochzeit von Länneken“ schrieb 1961 „Der Spiegel“: „Der Liebestod findet nicht statt. Trotz Familienzwist, Ausweisung aus dem Elternhaus und väterlicher Sabotage dürfen der junge SED-Fischer Henning und die Medizinstudentin Barbara tun, was ihren Vorbildern Romeo und Julia verwehr blieb: Sie dürfen heiraten. […] Herbert Nachbar, der sich 1956 mit seinem Erstlingsroman ‚Der Mond hat einen Hof’ den Heinrich-Mann-Preis erworben hatte, wurde auch nach seinem neuen Beispiel sozialistischer Erzählkunst für auszeichnungswürdig befunden. Er erhielt für ‚Die Hochzeit von Länneken’ den Literaturpreis des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes.“

Herbert Nachbars Roman „Oben fährt der Große Wagen“ war auch als Fernsehfilm erfolgreich. Herbert Nachbar erkrankte jedoch schwer, war seit 1978 auf einen Rollstuhl angewiesen und starb fünfzigjährig im Mai 1980.

 

 

 

Angela Isidora Duncan

* 27.5.1877 in San Francisco, † 14.9.1927 in Nizza, amerikanische Tänzerin

 

Isidora Duncan versuchte als Erste klassische Musik tänzerisch umzusetzen. Das klassische Ballett hingegen lehnte sie ab, orientierte sich vielmehr am Tanz der Antike, trat nicht von ungefähr gern in Tuniken auf.

In ihrer Schrift „The Dance of the Future“ sagte sie:  Der Ausdruck der modernen Ballettschule […] ist ein Ausdruck der Entartung, des lebendigen Todes. Alle Bewegungen unserer modernen Ballettschule sind unfruchtbare Bewegungen, weil sie unnatürlich sind: Ihr Zweck besteht darin, den Wahn zu erzeugen, dass das Gesetz der Gravitation für sie nicht existiert. […] Denen, denen die Bewegungen aus historischen oder choreografischen oder anderen Gründen trotzdem Spaß machen, denen antworte ich: Sie sehen nicht weiter als die Röcke und Trikots. Aber schau – unter den Röcken, unter den Trikots tanzen verformte Muskeln. Schauen Sie noch weiter – unter den Muskeln befinden sich deformierte Knochen. Ein deformiertes Skelett tanzt vor dir. Diese Verformung durch falsche Kleidung und falsche Bewegung ist das Ergebnis der notwendigen Ausbildung des Balletts.

Und Isidora Duncan propagierte und lebte auch die freie Liebe, war Feministin und Geliebte berühmter Männer. Sie meinte, freie, den Grundlagen der Natur verpflichtete Tänze sollten jeder Frau effektive Möglichkeiten eröffnen, sich aus bestehenden Zwängen zu befreien, insbesondere die freizügige Tänzerin: Sie wird […] in Form der Frau in ihrem größten und reinsten Ausdruck tanzen. Sie wird die Mission des weiblichen Körpers und die Heiligkeit all seiner Teile erkennen. Sie tanzt das sich verändernde Leben der Natur und zeigt, wie sich jeder Teil in den anderen verwandelt. Aus allen Teilen ihres Körpers soll strahlende Intelligenz erstrahlen und die Botschaft der Gedanken und Sehnsüchte Tausender Frauen in die Welt bringen. Sie soll die Freiheit der Frau tanzen.

 

 

 

Bruno Schulz

* 12.7.1892 in Drohobytsch, † 19.11.1942 ebd., polnischer Schriftsteller

 

Bruno Schulz schrieb in einem Brief an Stanisław Witkiewicz über seinen Erzählungsband „Die Zimtläden“: Irgendwie sind diese Geschichten wahr, sie stellen meine Lebensweise dar, mein besonderes Schicksal. Die Dominante dieses Schicksals ist tiefe Einsamkeit und Absonderung von den Dingen des alltäglichen Lebens. Die Einsamkeit ist jener Faktor, der zur Gärung der Wirklichkeit und zur Leerung ihres Schauplatzes von Figuren und Farben führt.]

Bis auf kurze Unterbrechungen verbrachte Bruno Schulz sein ganzes Leben in dem galizischen Provinzstädtchen Drohobytsch. „Mehrmalige Versuche der Freunde, ihn zu einer Übersiedlung nach Warschau zu bewegen, scheiterten – hauptsächlich aus familiären Gründen“, berichtet Jutta Janke, „Übersteigerte Schüchternheit, private Sorgen, mangelnde Entschlusskraft lösten bei ihm immer wieder Perioden tiefer Niedergeschlagenheit aus. […] So hat er sein Leben lang gegen Sterilität und Langeweile, gegen die auf der Lauer liegenden Depressionen, gegen den schrecklichen Brechreiz wegen der Unfruchtbarkeit des Lebens anzukämpfen. Zweifellos ist das literarische Phänomen Schulz auch aus diesem Kampf mit derb Tristesse und der Banalität des Provinzalltags zu erklären, dem er nicht zu entrinnen vermochte, weil er ihn nichtsdestoweniger faszinierte.“

Und Bruno Schulz fiel schließlich einer Provinzposse zum Opfer: eingewiesen ins Ghetto musste Bruno Schulz, der viele Jahre als Zeichenlehrer gearbeitet hatte, für einen SS-Kommandanten das Kinderzimmer einer beschlagnahmten Villa ausmalen. Als der jedoch den Leibzahnarzt eines anderen SS-Mannes erschoss, soll dieser mit den Worten: „Du hast meinen Juden getötet – und ich deinen!“ Bruno Schulz auf offener Straße erschossen haben.

70 Jahre danach sang die österreichische Band „Nebenjob“:

 

Wer erschoss Bruno Schulz?

Und wusste der Mörder überhaupt,

wer das war,

der dort fiel

wie ein Stück Holz

und dessen Blut

auf die Straße in Galizien floss?

 

In den Städten,

die es schon so lange,

die es schon so lange nicht mehr gibt,

wartet die Erinnerung wie eine Schlange

auf den Mörder,

der seit Jahren nicht mehr lebt.

 

Wer hat Bruno Schulz gesehen,

als er die Zimtläden zum letzten Mal betrat

und sie wieder verließ

mit tausend Geschichten,

die nichts halfen

gegen den Mann,

der ihn erschossen hat.

 

In den Läden an der Straße

roch es im Sommer so stark nach Zimt

und ich hoffe,

dass der Mörder

diesen Geruch mit nach Hause nimmt.

 

Wer hat den Mann gesehen, der auf der Straße in Drohobytsch

Bruno Schulz erschoss?

Ich habe in seine Augen gesehen

und diesen Augenblick werde ich nicht mehr los…

 

 

 

Gaetano Donizetti

* 29.11.1797 als Domenico Gaetano Maria Donizetti in Borgo Canale, † 8.4.1848 in Bergamo, italienischer Komponist

 

Nach wie vor gehören Belcanto-Opern Gaetano Donizettis wie „Anna Bolena, „L'elisir d'amore“, „Lucrezia Borgia, „Lucia di Lammermoor, „Maria Stuarda, „La fille du régiment, „La favorite und „Don Pasquale zum Standardrepertoire von Opernhäusern weltweit.

Seine erste Oper hatte er mit neunzehn komponiert: „Pigmalione“, die allerdings erst 1960 in Bergamo uraufgeführt wurde, insgesamt schuf Gaetano Donizetti 71 Opern.

Im Alter von 48 Jahren verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zusehends. Während eines Aufenthalts in Paris erlitt er einen schweren Nervenanfall und wurde ins Irrenhaus von Ivry-sur-Seine eingeliefert. Zuletzt wurde Gaetano Donizetti im Palast der Beronin Rosa Rota-Basoni in Bergamo gepflegt, wo er im Alter von 50 Jahren verstarb.

 

 

 

Amalie Hohenester

* 4.10.1827 als Amalie Nonnenmacher in Vaterstetten, † 24.3.1878 in Mariabrunn, deutsche Wunderheilerin

 

Amalie Hohenester wurde als Wunderheilerin berühmt und „Doktorbäuerin“ genannt.

Mit 34 Jahren heiratete Amalie Nonnenmacher am 14. Oktober 1861 den gleichaltrigen Benedikt Hohenester, den sie über einen ihrer Brüder kennengelernt hatte. Auf dessen Wagnerbauern-Hof in Deisenhofen richtete sie unmittelbar nach ihrem Einzug ihre ‚Praxis’ ein. Die Diagnose stellte sie aufgrund der Befragung des Patienten, weiterer Informationen, die sie über ihn herausfand und der Harnschau. Zur Therapie verordnete sie strenge Diät und selbst aus Kräutern hergestellte Tinkturen, Tees und Salben. Dabei entwickelte sie einen erfolgreichen Geschäftssinn, indem sie sich die Medikamente teuer bezahlen ließ. Beratung war dagegen meist kostenlos, insbesondere bei den einfachen Leuten. Schon bald sprachen sich die Methoden der Amalie Hohenester gerüchteweise herum und erste Münchner Zeitungen befassten sich mit dem Phänomen. Die Behörden reagierten skeptisch darauf, unter anderem mit einer Anklage wegen ‚Kurpfuscherei und Quacksalberei’. Trotzdem hielt ihr Erfolg an. Gegen Ende des Jahres 1862 erwarb das Ehepaar Hohenester ein Anwesen in Mariabrunn, das zuvor als Heilbad und Wallfahrtsort bekannt war, zu der Zeit aber keine Bedeutung mehr hatte. Dies änderte sich allerdings wieder nach dem Tag, als am 13. Januar 1863 Amalie Hohenester mit ihrem Mann, der dabei wohl nicht viel mitzureden hatte, nach Mariabrunn übersiedelte. Zu ihren bisher schon eingesetzten therapeutischen Maßnahmen kamen nun noch Bäder und Güsse hinzu. Mit ihren Kuren erzielte sie bei zahlreichen Gästen Linderung der Beschwerden und offenbar auch Heilungen, ihr Erfolg sprach sich bis zu höchsten gesellschaftlichen Kreisen herum und ihr Heilbad florierte. 1866 erfolgten die ersten großen An- und Umbauten. Großfürst Nikolai Nikolajewitsch, Baron von Rothschild, Fürst Woronzoff, Großfürstin Vera und Kaiserin Elisabeth von Österreich sollen bei Hohenester Rat gesucht haben. Ihre Patienten waren von ihren Fähigkeiten überzeugt und versprachen sich Heilung, während sie von den Ärzten angefeindet und als Kurpfuscherin abgestempelt wurde. Schlau wies sie wirklich schwer Kranke mit der Begründung ab: ‚Für dich ist meine Kur zu stark’“, weiß Wikipedia.

Im Winter 1877 verschlechterte sich ihr eigener Gesundheitszustand mehr und mehr. Vermutet wurde, dass sie an Brustkrebs erkrankt war, den sie verschwieg und selbst zu behandeln versuchte. Amalie Hohenester starb fünfzigjährig an Herzversagen.

 

 

 

Uğur Mumcu

* 22.8.1942 in Kırşehir, † 24.1.1993 in Ankara, türkischer Publizist

 

Im Alter von 20 Jahren gewann Uğur Mumcu durch einen Artikel über den türkischen Sozialismus seine erste Auszeichnung als Journalisten. Als er zehn Jahre darauf während seines Wehrdienstes jedoch über die Zustände in der türkischen Armee schrieb, wurde er wegen Verunglimpfung vor Gericht gestellt.

Dennoch befasste sich Uğur Mumcu immer wieder mit innenpolitischen Themen wie Korruption, Waffenschmuggel, Islamismus bis zur Situation der Kurden in der Türkei.

Im Alter von 50 Jahren kam Uğur Mumcu bei einem Attentat ums Leben. Eine Bombe explodierte in seinem Auto. Die Täter wurden nie ermittelt.

 

 

Hong Xuiquan

* 1.1.1814 als Hong Huoxiu in Fuyuanshui, † 1.6.1864 in Nanjing, chinesischer Aufständischer

 

Nachdem Hong Xuiquan infolge nicht bestandener kaiserlicher Examina einen Schwächeanfall erlitt, sei ihm der „Gott des Christentums“ erschienen und habe ihm eröffnet, dass er sein zweiter Sohn neben Jesus von Nazareth sei und er als König über China herrschen solle. Die politische Instabilität Chinas Unterlegenheit gegenüber ausländischen Mächten führte er auf die Lähmung durch konfuzianische oder taoistische Götzendienste zurück. Alsbald zog er mit Konvertiten durchs Land, stellte rituelle Regeln auf, die Wollust, Mord, Diebstahl, Hexerei, Magie und Glücksspiel verboten. Zudem forderte er Gehorsam gegenüber den Eltern, verbot seinen Anhängern Alkohol- und Tabakkonsum und schaffte die Sklaverei und die Fußverstümmelung von Frau ab. Alsbald hatte Hong Xuiquan 2000 Gefolgsleute, die sich Taiping nannten. Er begann religiöse Stätten sowie die Mandschu-Ethnie, welche die herrschende Quing-Dynastie stellte, anzugreifen. Versuche, ihn festzunehmen scheiterten, und am 11. Januar 1851 rief er vor mehreren tausend Menschen das „Himmlische Königreich von Taiping“ aus. Zwei Jahre später eroberte er die alte Ming-Kaiserstadt Nanjing und begann sie als „Neues Jerusalem“ nach seinen Vorstellungen wieder aufzubauen. Zehn Jahre später eroberten Quing-Truppen die Stadt zurück. Da war Hong Xuiquan aber bereits seit sechs Wochen tot.

 

  

 

 

Anton Kuh

* 12.7.1890 in Wien, Pseudonym: Yorick, † 18.1.1941 in New York City, österreichischer Autor

 

Kurt Tucholsky nannte Anton Kuh einen „Sprechsteller“. Tatsächlich war Anton Kuh vor allem als Vortragskünstler bekannt. Brillant die Rede, mit der er am 25. Oktober 1925 im Wiener Konzerthaus Karl Kraus verspottete, und die dank einer Steno-Mitschrift erhalten blieb. Anton Kuhs Biograf Walter Schübler sieht in seinen Stegreifreden sogar dessen „Hauptwerk“, das „für alle Zeit als verloren gelten muss“.

Anton Kuh lebte in Wien und Prag und zog 1928 nach Berlin, weil er lieber in Berlin unter Wienern, statt in Wien unter Kremsern leben wollte.

Franz Werfel sagte über Anton Kuh: „Keine Zündschnur, sondern eine Rakete […] alle hingen an seinem Mund mit der größten Bereitschaft, gefangen zu sein.“ Und Hermann Kesten: „…unruhiger als Quecksilber, mit einem Dutzend Manien und von Bosheit funkelnd.“ Und Alfred Kerr: „Lachend ohne Ressentiments: weil er kein Benachteiligter ist, sondern ein fortreißend anmutiger, faszinierender Mensch. Von jener tapferen Art, die bereit ist, statt sich zu bespiegeln, sich zu entlarven.“

Anton Kuh charakterisierte sich selbst einmal so: Wenn einer Kuh heißt und ernst genommen werden will, muß er so tun, als wäre er ein Stier.

Im Jahr 1938 gelang es Anton Kuh noch zu emigrieren, und er fand sich in den USA auch rasch wieder in der Sprache zurecht. Drei Jahre darauf starb „der dünne Mann mit dem ewigen Monokel“ jedoch infolge eines Herzanfalls.

Was ist Geist? Die Luftlinie vom Gehirn zur Sache.

 

 

 

Friedrich von Logau

* 24.1.1605 auf Gut Brockuth bei Nimptsch. Pseudonym Salomon von Golaw, † 24.7.1655 in Liegnitz, deutscher Dichter

 

ANders ſeyn, und anders ſcheinen:

Anders reden, anders meinen:

Alles loben, alles tragen,

Allen heucheln, ſtets behagen,

Allem Winde Segel geben:

Bös- und Guten dienſtbar leben:

Alles Thun und alles Tichten

Bloß auff eignen Nutzen richten;

Wer ſich deſſen wil befleiſſen

Kan Politiſch heuer heiſſen.

 

Friedrich von Logau verfasste 3.560 Sinngedichte, in denen er Untugenden wie Putzsucht, Heuchelei und Habsucht sowie die Ausländerei mit ihrer Sprachverwilderung und Nachäfferei geißelte. Er beklagte den verheerenden (Dreißigjährigen) Krieg, mahnte seine Landsleute zur Vaterlandsliebe und äußerte kritische Ansichten zum Wirken der Politiker seiner Zeit.

Im Nachwort einer Logau-Ausgabe der „Insel-Bücherei“ steht zu lesen: „Seine Sinngedichte erwecken fast immer den Eindruck, daß persönliche Erfahrungen, eigene Ansichten dahinterstehen. Insgesamt wirken sie dokumentarisch, sie ziehen eine Bilanz von Welt und Leben, sind ein Buch der Weisheit.“

 

Luthrisch / Päbstisch vnd Calvinisch / diese Glauben alle

drey

Sind verhanden; doch ist Zweiffel / wo das Christenthum

dann sey.

 

Als Friedrich von Logau im Alter von 50 Jahren starb, lebte er verarmt in einer so engen Wohnung, dass er im Hause eines Freundes aufgebahrt werden musste. Und schnell geriet er in Vergessenheit, erst Lessing entdeckte den großen deutschen Epigrammatiker wieder.

 

Wer in Zeit ohne Zeit hin lebt,

soll dies erwerben:

daß er noch für die Zeit, eh er

stirbt, müsse sterben.

 

 

 

Tobias George Smollet

* 19.3.1721 in Dalquhum, † 17.9.1771 in Livorno, schottischer Schriftsteller

 

Als Arzt hatte Tobias Smollet kaum Erfolg, also begann er zu schreiben, Lyrik, „bis er merkte, daß seine Versdichtungen doch nicht das hergaben, was er erträumte, so daß er nunmehr einfach versuchte, seine Erlebnisse in der Art des ‚Gil Blas’ von Alain-René Lesage und des ‚Don Quijote’ von Cervantes niederzuschreiben“, berichtet der Literaturwissenschaftler Rolf Recknagel, „Der erste Versuch in Prosa wurde zu einem einzigartigen Erfolg: Im Jahre 1748 lagen die ‚Abenteuer des Roderich Random’ anonym vor, und das gebildete Leserpublikum vermutete voreilig, hier besitze man wieder einen neuen ‚Henry Fileding’. Dies vertrug sich jedoch nicht mit dem Untertitel des ‚Roderich Random’, der nämlich lautete: ‚Ein Seitenstück zu Gil Blas’. Doch beide Namen – Fielding und Gil Blas – dienten wohl dazu, die Popularität des Romans von einem Anonymus zu beschleunigen.“

Tobias Smollet veröffentlichte zwar noch weitere Romane wie „Die Begebenheiten des Peregrine Pickels“, „Die Begebenheiten Ferdinands Grafen von Fathom“, „Die Abentheuer des Ritters Launcelot Greaves“ und „Humphry Clinkers denkwürdige Reise“, als seine Hauptwerke gelten jedoch der Reisebericht „Travels through France and Italy“ sowie die beiden Geschichtswerke „A Complete History of England“ und „A Continuation of the Complete History“.

Wegen eines Lungenleidens verbrachte Tobias Smollett seine letzten Lebensjahre in Italien, wo er im Alter von 50 Jahren starb.

 

 

 

Johann Joachim Winckelmann

* 9.12.1717 in Stendal, † 8.6.1768 in Triest, deutscher Archäologe und Schriftsteller

 

Johann Joachim Winckelmann gilt als geistiger Begründer des Klassizismus im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus als Mitbegründer der wissenschaftlichen Archäologie und Kunstgeschichte.

Im Alter von 38 Jahren siedelte er nach Rom über und unternahm Studienreisen durch Italien, so nach Neapel und Pompeji und schrieb seine „Gedanken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“. Mit sechsundvierzig verfasste er das Grundlagenwerk seiner Kunsttheorie „Abhandlung von den Fähigkeiten der Empfindung des Schönen in der Kunst, und dem Unterrichte in derselben“ und wurde zum „Scrittore“ an der „Bibliotheca Vaticana“ ernannt, im Jahr darauf zum auswärtigen Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.

Von der Reise, die ihn im Alter von 50 Jahren noch einmal in die altmärkische Heimat führen sollte, kehrte er nie nach Rom zurück, brach sein Vorhaben nach einer Fiebererkrankung in Regensburg ab, wurde in Wien zwar noch von Maria Theresia empfangen und mit Gold- und Silbermedaillen beschenkt, doch dann in einem Hotel in Triest von einem vorbestraften Koch, der es auf diese Münzen abgesehen hatte, ermordet.

Der einzige Weg für uns, groß, ja, wenn es möglich ist, unnachahmlich zu werden, ist die Nachahmung der Alten.

 

 

 

Nicholas Christian „Nicky“ Hopkins

* 24.2.1944 in London, † 6.9.1994 in Nashville, Tennessee, britischer Rockmusiker

 

Nicky Hopkins spielte mit den Beatles wie den Stones, mit den Kinks, den Yardbirds, The Who, The Creation, Quicksilver Messenger Service, Jefferson Airplane, Jeff Beck, David Bowie, Eric Clapton, Jack Bruce, Jimmy Page, Lowell George, Fats Domino, Alexis Corner, Donovan, Tom Jones, Joe Cocker, Cat Stevens, Dusty Springfield, Ella Fitzgerald, Peter Frampton, Rod Stewart, Meat Loaf, Roger Chapman, Joe Satriani, Albert Lee, Joe Walsh, Frankie Miller, Jerry Garcia und in Woodstock nicht zuletzt.

Nicky Hopkins war Kettenraucher, alkohol- und drogensüchtig, doch starb im Alter von 50 Jahren an den Folgen einer Morbus Crohn Erkrankung.

 

 

 

Chaim Soutine

* 13.1.1893 als Chaim Solomonitsch Sutin in Smilawtschy, † 9.8.1943 in Paris, französisch-weißrussischer Maler

 

Im Alter von 20 Jahren wanderte Chaim Soutine nach Frankreich aus. Einer seiner Förderer und Freunde wurde Amadeo Modigliani. Im Alter von 34 Jahren hatte er seine erste Einzelausstellung in Paris, mit 42 in Chicago, dann in New York, London und Washington.

Nach der deutschen Besatzung Frankreichs musste sich Chaim Soutine als registrierter Jude in Dörfern verstecken. Im Alter von 50 Jahren erlitt er einen Magendurchbruch, wurde zwar noch heimlich nach Paris zurückgebracht, doch verstarb während der Operation.

77 Jahre nach seinem Tod wurde sein Gemälde „Eva“ zu einer Ikone der Proteste gegen den weißrussischen Diktator Lukaschenko.

 

 

 

Lin Huiyin

* 10.6.1904 in Minhou, † 1.4.1955 in Peking, chinesische Architektin

 

Lin Huiyin gilt als erste weibliche Architektin im modernen China. Mit ihrem Mann Liang Sicheng, dem „Vater der modernen chinesischen Architektur“, Gründete sie im Alter von 24 Jahren die Fakultät für Architektur an der Dongbei Universität. „In dieser Zeit war sie an architektonischen Entwürfen und Bauprojekten wie dem Schulgebäude der Jilin University, dem Schulgebäude der Jinzhou-Zweigstelle der Jiaotong University, dem Xiao He Garden, einem Vorstadtpark in Shenyang, und der Privatresidenz eines Kriegsherrn beteiligt und entwarf das Fuzhou East Street Literary Theater für ihren Onkel Lin, Tianmin. Neben ihrer Tätigkeit als Architektin ist sie auch Architekturhistorikerin für traditionelle chinesische Architektur. Während ihrer Zeit in Dongbei studierte sie die Architektur der alten mandschurischen Hauptstadt in Shenyang“, weiß Wikipedia. Insgesamt untersuchte Lin Huiyin gemeinsam mit ihrem Mann 2.739 antike Gebäude in China, von denen viele dank ihrer Beschreibungen nationale und internationale Anerkennung fanden und seitdem unter Denkmalschutz stehen, so die Zhaozhou-Steinbrücke in Hebei, die Yingxian Holzpagode in Shaanxi und der Wutai Buddha Tempel.

Im Alter von 48 Jahren geriet Lin Huiyin mit dem Vizebürgermeister Pekings wegen des geplanten Abrisses von Pagoden in Streit. Sie erkrankte und starb schließlich, nachdem sie sich geweigert haben soll, Medikamente einzunehmen, im Alter von 50 Jahren.

 

 

 

Edmond Rostand

* 1.4.1868 als Edmond Eugène Alexis Rostand in Marseille, † 2.12.1918 in Paris, französischer Theaterschriftsteller

 

Edmond Rostand schrieb zunächst Gedichte, bevor er sich im Alter von 26 Jahren dem dramatischen Genre zuwandte. Mit siebenundzwanzig schrieb er für Sarah Bernhard die Troubadourtragödie „Die ferne Prinzessin“, und mit Achtundzwanzig sein weit über Frankreich hinaus erfolgreiches Versdrama „Cyrano de Bergerac“. Im Jahr 1901 wurde er als jüngstes Mitglied in die Académie française aufgenommen. In fast allen Uraufführungen seiner späteren Stücke spielte Sarah Bernhard mit und trug so zu seiner Popularität bei.

Edmond Rostand starb im Alter von 50 Jahren an der Spanischen Grippe.

 

 

 

 

Justus Friedrich Wilhelm Zachariae

* 1.5.1726 in Frankenhausen/Kyffhäuser, † 30.1.1777 in Braunschweig, deutscher Schriftsteller und Komponist

 

Goethe sagte in „Dichtung und Wahrheit“: „Zachariäs ‚Renommist’ wird immer ein schätzbares Dokument bleiben, woraus die damalige Lebens – und Sinnesart anschaulich hervortritt; wie überhaupt seine Gedichte jedem willkommen sein müssen, der sich einen Begriff von dem zwar schwachen, aber wegen seiner Unschuld und Kindlichkeit liebenswürdigen Zustande des damaligen geselligen Lebens und Wesens machen will.“

Und Wilhelm Hauff nahm sich in seiner „Seriade“ Justus Friedrich Wilhelm Zachariaes „Renommiste. Ein komisches Heldengedichte“ sogar zum Vorbild:

„O Seni! tapferster und klügster aller Helden,

Die unserer Neckarstadt zu keinen Zeiten fehlten,

O Seni, wackrer Bursch, dich grüßet mein Gesang;

Oh! Nimm es gnädig auf, wenn etwas mir gelang.

Zwar muß ich Kühnster euch tief um Verzeihung bitten,

Daß ich das Roß bestieg, das Bessere geritten,

Auf das begeistert einst sich Zachariä schwang,

Als unvergleichlich er den Renommisten sang.

Doch wie, wenn Bier und Wein die Sinn uns übermeistert,

So hat auch jener Held zum Liede mich begeistert,

So trag mich Hippogryph zu dem Olympos auf.

So töne denn mein Lied dem Zweig vom Stamme Hauff!“

Justus Friedrich Wilhelm Zachariaes starb im Alter von 50 Jahren an „Wassersucht und Auszehrung“

 

 

 

Benigno Simeon jr. „Ninoy“ Aquino

* 27.11.1932 in Conception, Tarlac, † 21.8.10.1983 in Manila, philippinischer Politiker

 

Im Alter von 17 Jahren war Benigno Aquino der jüngste Reporter, der über den Korea-Krieg berichtete, mit einundzwanzig wirkte er als Mitarbeiter des philippinischen Verteidigungsministers und mit zweiundzwanzig wurde er zum Bürgermeister seiner Heimatstadt Conception gewählt.

Mit siebenundzwanzig avancierte er zum Vize-Gouverneur und mit neunundzwanzig zum Gouverneur seiner Heimatprovinz Tarlac, mit zweiunddreißig zum Generalsekretär der oppositionellen Liberal Party, und mit vierunddreißig zum jüngsten Senator in der philippinischen Geschichte.

So geriet er zunehmend mit dem Diktator Ferdinand Marcos in Konflikt, und als der 1972 das Kriegsrecht ausrief, wurde Benigno Aquino verhaftet, vor ein Militärgericht gestellt und 1977 zum Tode verurteilt.

Das Urteil wurde zwar nicht vollstreckt, doch erlitt Benigno Aquino im Alter von 48 Jahren einen Herzinfarkt. Mit seiner Frau durfte er zur medizinischen Behandlung in die USA ausreisen. Im Alter von 50 Jahren kehrte er unter falschem Namen in sein Land zurück und wurde am Flughafen Manila, der nun seinen Namen trägt, beim Verlassen des Flugzeugs erschossen.

An seiner Beerdigung nahmen mehr als zwei Millionen Menschen teil. Drei Jahre später wurde seine Frau Corazon Aquino nach vorzeitigen Neuwahlen Präsidentin der Philippinen.

 

 

 

Johannes Ilmari Auerbach

* 24.5.1899 in Breslau, † 7.2.1950 in Oxford, deutscher Bildhauer und Autor

 

Johannes Ilmari Auerbach wirkte in Deutschland, Frankreich und England und nannte sich in Frankreich und England anders als in Deutschland: Jean Ilmari und John Ivor Allenby. Von 1899 bis 1924 lebte er in Deutschland, dann in Frankreich, musste jedoch fliehen, da es beim Einsturz des von ihm erbauten Atelierhauses einen Todesfall gegeben hatte. In der Nazizeit engagierte er sich im Widerstand und kam mehrmals in KZ-Haft. 1936 wanderte er nach England aus, und gelangte über Capri, Malta nach Zypern, schließlich aber mangels Verdienstmöglichkeiten 1938 zurück nach London.

Hier wurde er Mitarbeiter im „War Office“, und nach dem Zweiten Weltkrieg lehrte er Bildhauerei an der Kunstakademie Oxford. Die meisten seiner frühen Werke gingen verloren und sind bestenfalls noch auf Fotos verfügbar. Seine letzten Skulpturen schuf er für die mittelalterliche Kirche St. Etheldreda in Horley.

Johannes Ilmari Auerbach starb im Alter von 50 Jahren an Herzschlag.

 

 

 

Jean de la Bruyère

* 16.8.1645 in Paris, † 10.5.1696 in Versailles, französischer Schriftsteller und Moralist

 

Als dilettierender Privatgelehrter stieß Jean de la Bruyère auf die Charakterstudien des Aristoteles-Schülers Theophrastos und begann sie zu übersetzen. Dann Hauslehrer und späterer Sekretär des Prince de Condé gewann er Zugang zum hochadligen Milieu und ließ seine Beobachtungen in sein Übersetzungswerk einfließen. So erschien im Jahr 1688 sein Werk „Die Charaktere von Th., aus dem Griechischen übertragen, mit den Charakteren oder Sitten unseres Jahrhunderts“, das neun Auflagen erlebte und von de la Bruyère dabei sukzessive erweitert wurde. Alsbald kursierten in Paris Schlüssel zur Identifizierung einzelner Figuren.

Jean de la Bruyère starb im Alter von 50 Jahren infolge eines Schlaganfalls.

 

 

  

 

Antoine Laurent de Lavoisier

* 26.8.1743 in Paris, † 8.5.1794 ebd., französische Chemiker

 

Antoine Laurent de Lavoisier gilt als „Vater der ersten chemischen Revolution“. Vor allem erkannte er die Rolle des Sauerstoffs bei der Verbrennung. Schicksalhaft werden sollte ihm jedoch, dass er eine fehlerhafte Schrift über die Verbrennung, verfasst vom späteren Revolutionär Marat, abgekanzelt hatte. Im Zuge der Französischen Revolution wurde Antoine Laurent de Lavoisier guillotiniert.

Sein Richter soll geurteilt haben: „La republique n’avant plus besoin de savants, un seul homme d’esprit suffisait à la tete des affaires - Die Republik braucht keine Wissenschaftler, ein einziger Mann von Geist an der Spitze des Staates reicht.“

In seinem Abschiedsbrief aus dem Gefängnis schrieb Antoine Laurent des Lavoisier: Mein Leben war leidlich lang und glücklich und: Die Ereignisse, in die ich hineingeraten bin, werden mir wahrscheinlich die Unannehmlichkeiten des Alters ersparen. Ich werde gleichmütig sterben.

Sein Freund, der Mathematiker Joseph-Louis Lagrange, sagte am Tag nach der Hinrichtung: „Il ne leur a fallu qu’un moment pour faire tomber cette tête, et cent années peut-être ne suffiront pas pour en reproduire une semblable. -Sie brauchten nur einen Moment, um diesen Kopf abzuschlagen, aber hundert Jahre genügen vielleicht nicht, einen ähnlichen hervorzubringen.“

 

 

 

Hubert Fichte

* 21.3.1935 in Perleberg, † 8.3.1986 in Hamburg, deutscher Schriftsteller

 

Auf Hubert Fichtes Grabstein steht ein Empedokles-Zitat: „Denn ich war schon einmal ein Junge und ein Mädchen und ein Busch und ein Vogel und ein aus dem Meer springender wandernder Fisch.“

Während des Zweiten Weltkrieges musste er im Zuge der Kinderlandverschickung einige Zeit in einem bayerischen Heim verbringen, schrieb dann darüber den Roman „Das Waisenhaus“, aus dem er bei einer Tagung der „Gruppe 47“ las. Im Klappentext einer Volk-und-Welt-Ausgabe heißt es: „Der BRD-Autor Hubert Fichte hat wesentliche, prägende Erfahrungen seiner Generation beschrieben. Der komprimierte, kunstvolle Bericht, der die scheinbar zusammenhanglosen Eindrücke des Kindes wiedergibt, ist ein eindrucksvolles Zeugnis von der Ohnmacht und von der Würde eines der wehrlosesten Opfer, das mit der Flucht in den Traum widerstanden und überlebt hat.“

Hubert Fichte veröffentlichte zeit seines kurzen Lebens mehr als zehn Bücher und verfasste ein Schauspiel und schrieb fürs Radio. Er arbeitete auch als Schauspieler und Schafhirte, leitete in Schweden ein Kinderheim, und er reiste: nach Argentinien, Brasilien, Chile und Haiti, nach Äthiopien, Tansania, die Dominikanische Republik und nach Trinidad. Er gilt als Vordenker postkolonialer Forschung wie der Queer-Studies, zur interdisziplinären kulturwissenschaftlichen Betrachtung sexueller Identitäten.

Hubert Fichte starb kurz vor seinem 51. Geburtstag an AIDS.

In seinem Text „Elf Übertreibungen für mein Lesebuch“ hatte er notiert, welche Autoren ihn geprägt hatten:

2.

Mein Lesebuch:

Homer

Sophokles

Petronius

Nizami

Villon

Rabelais

Quevedo

Marlowe

Defoe

Casanova

Stendhal

Flaubert

Strindberg

Lagerlöf

Proust

Euclides da Cunha

Genet

Borges

 

3.

Deutsche Literatur – gibt es das überhaupt?

 

7.

Deutsche Literatur ist für barocke Literatur.

 

 

 

 

Christian Friedrich Hebbel

* 18.3.1813 in Wesselburen, † 13.12.1863 in Wien, deutscher Dramatiker

 

Man setzt sich nicht zum Klavierspielen nieder, um die mathematischen Gesetze zu beweisen. Ebenso wenig dichtet man, um etwas darzutun. Ach, wenn die Leute, das einmal begreifen lernten! Es ist ja an aller höheren Tätigkeit des Menschen gerade das das Schöne, dass Zwecke, an die das Subjekt gar nicht denkt, dadurch erreicht werden.

Am 18. März 1835 begann Friedrich Hebbel Tagebuch zu schreiben. Und als der Pianist Alfred Brendel Anfang des 21. Jahrhunderts Hebbels postum veröffentlichte Tagebücher in einem Wiener Antiquariat wiederentdeckte und umgehend für eine Neuherausgabe durchforstet, sagte er: „Zumal in den kürzeren, fragmentarischen Eintragungen erschien mir Hebbel nun wie ein Brückenschlag vom […] 19. Jahrhunderts in meine eigene absurde Gegenwart. Was hier zum Vorschein kommt, sind Momente schärfster Klarheit, aber auch solche, die sich traumhaft ihren Weg aus dem Unbewussten gebahnt haben.

Dichten heißt, sich ermorden. Der Dichter wird sein Blut los und es zerrinnt im Sande der Welt.

 

 

 

Nichita Hristea Stănescu

* 31.3.1933 in Ploieşti, † 13.12.1983 in Bukarest, rumänischer Dichter

 

Ștefan Augustin Doinaș sagte: „Nichita Stănescu bewegte sich wirklich in einer überlegenen Sphäre, die ausschließlich von künstlerischen Werten geprägt war. Was seinen Geschmack für ‚Kompromisse’ betrifft, weiß ich ehrlich gesagt nicht, was das bedeutete, gerade weil er naiv war. Wenn ich keine Angst hätte, Arzt zu werden, würde ich sagen, dass sein spielerischer Geist ihn über Situationen schweben ließ… Nichita Stănescus einzige Sünde war das Verbrechen gegen sich selbst: die systematische Zerstörung des Kadavers, die die hervorragende Ausübung des Geistes sicherstellte.“ Anders gesagt: er soff sich zu Tode.

Doch Nichita Hristea Stănescu soll für den Nobelpreis nominiert gewesen sein, nicht von ungefähr wohl, betrachtet man sein beeindruckendes Oevre. Im Jahr vor seinem Tode wurde er mit dem „Golden Wrath“, dem Preis des Poesiefestivals Struga geehrt.

Im Jahr 2014 hatte auch ich die Ehre in Struga zu lesen:

Der Festivalort liegt direkt am Ausfluss des Crni Drin aus dem Ohrid-See, landschaftlich ähnlich dem Südufer des Gardasees. Und sogar eigener Hotelstrand! Das sieht nach unbeschwerten Tagen aus. Und die Preise sind himmlisch: ein Bier (umgerechnet) 1,10 €, ein Schoppen Wein 2 € …

Nach dem Dinner ein erster Erkundungsgang durchs Festival-Städtchen. Überall Plakate und sogar die Flaggen der Herkunftsländer der Teilnehmer sind entlang des Crni Drin, der Struga in zwei Hälften teilt, gehisst. Promenaden rechts und links, Gaststätten, Läden, buntes Treiben bis in die Nacht.

Der Ohrid-See gilt als ältester See Europas, mehr als eine Million Jahre alt, und ist der tiefste des Balkans. Hier leben noch Wassertiere, die andernorts nur noch als Fossilien zu bewundern sind, UNESCO-Schutzgebiet seit 1980.

Am späten Nachmittag (Cocktail)Empfang der mazedonischen Kulturministerin im Hotel. Madam lässt gut eine Dreiviertelstunde auf sich warten. Dann die offizielle Eröffnung des Festivals auf der Freilichtbühne des Hauses der Poesie, live im mazedonischen Fernsehen und reichlich bombastisch: Fackelträgerinnen in Kostümen aus der Zeit des großen Mazedoniers Alexander des Großen, Feuerwerk, Rede der Kultusministerin (gefühlt eine Dreiviertelstunde lang), und Gedichte werden schließlich auch vorgetragen.

Seit den frühen 1960er Jahren, seit den Anfängen des Struga-Festivals, wird hier Jahr für Jahr auch ein Literaturpreis vergeben: The golden wreath. Da sind große Namen unter den Preisträgern zu finden: Pablo Neruda, Allen Ginsburg, Senghor, Ted Hughes, Seamus Heaney, Tadeusz Ròzéwicz, Tomas Tranströmer, Enzensberger… Jeder Preisträger pflanzt einen Baum, so ist neben dem Haus der Poesie ein kleiner Park entstanden. Tafeln mit Foto und Texten der Preisträger darin. Der diesjährige Gewinner der Golden Wreath ist der Südkoreaner Ko Un.

Am nächsten Vormittag ein Symposium „Poetry and the political“. Leider ziemlich oberflächlich, zu allgemein. Dann zur nächsten Lesung ins Kloster Kalishta. Sehr stimmungsvoll.

Am Abend wieder Lesungen im Haus der Poesie: slowakische Matinee, mazedonische Matinee. Und ich traue meinen Ohren, traue meinen Augen nicht: einer der drei lesenden Kollegen ist Vlada Urosevic! Nach der Veranstaltung gehe ich auf ihn zu. Leider spricht er kein Englisch, kein Deutsch. Dennoch versteht er offensichtlich, dass ich seinen Roman „Meine Cousine Emilia“ in wärmsten Tönen lobe, ihn für dieses Werk danke, ihn als wunderbaren Autor bezeichne. Er drückt meine Hände, lächelt mich an. Seltsam, irgendwie erinnert er mich an den betagten Walter Bauer.

Bei Sonnenuntergang lesen wir an der malerischen kleinen Kirche in Kaneo mit weitem Ausblick über den Ohrid-See. Dieser Ort trüge allein schon Sehnsüchte und Poesie genug, aber keine Frage: jeder der Teilnehmer liest einen Text, jeder in seiner Muttersprache (mit jeweils folgender englische Übersetzung) – das ergibt dann am Ende ein wirklich einprägsames Stimmungsbild.

Nach einem Rundgang durch die unbedingt sehenswerte Altstadt Ohrids, Ehrung für den Preisträger Ko Un in der großen St. Sofia Kirche. Dabei wird ausschließlich Koreanisch und Mazedonisch gesprochen, was nach anderthalb Stunden allerdings etwas ermüdet…

Am nächsten Morgen Bootsausflug zum Kloster St. Naum, am Südufer des Sees, nahe der albanischen Grenze. Reichlich zwei Stunden Fahrt. An Speisen und Getränken mangelt es dabei nicht: köstlicher Schafskäse, süffiger Wein. Und auch in diesem Kloster wird wieder gelesen. Und es gibt sogar einen Wettbewerb um den besten Text zum Thema Wein. Wer wollte, konnte vorab einen entsprechenden Text einreichen. Ich wollte, ließ Auszüge aus meinen „Blütengrundblättern“ übersetzen, die ich vor dieser historischen Kulisse nun auch zum Besten gebe. Geehrt wird am Ende aber der Australier Les Wicks. Wahrscheinlich haben die Australier auch die besseren Weine. Seinen Preis – eine 5-Liter-Box mit rotem mazedonischem Wein teilt Les jedoch spendabel mit den Konkurrenten. Na denn, auf den Wein weltweit!

Am Abend schließlich der Höhepunkt des Festivals: Lesungen auf einer der Brücken über den Crni Drin. Genial: auf dieser zur Bühne umgebauten Brücke nehmen wir Teilnehmer Platz, lesen nochmals einer nach dem anderen. Das Publikum sitzt entlang der beiden Ufer bis zur nächsten Brücke – und auf derselben natürlich – etwa 500 Meter entfernt. Was für eine Kulisse! Und alles einmal mehr live im mazedonischen Fernsehen – zur besten Sendezeit! Jeder liest wieder in seiner Muttersprache, eine englische Version erscheint auf der riesigen Bühnenleinwand, und die Moderatoren lesen die mazedonische Version.

Mitten in eine der Lesungen krakeelt aber plötzlich der Muezzin vom Turm der nahen Moschee. Da haben wir dann gleich auch noch live was zur Völkerverständigung auf Arabisch…

Überall in der Festivalstadt waren übrigens auch große Plakate zu entdecken, auf der die albanisch-muslimische Minderheit, die hier aber offenbar (mittlerweile) eine Mehrheit ist, Respekt für die albanische Sprache einfordert. Wer weiß, vielleicht werden dann beim nächsten Struga-Festival die Texte der Teilnehmer auch oder ausschließlich ins Albanische übersetzt. Möglicherweise sogar die der Mazedonier?

 

 

 

Alban Berg

* 9.2.1885 als Albano Maria Johannes Berg in Wien, † 24.12.1935 ebd., österreichischer Komponist

 

Alban Berg verstand sich als natürlicher Fortsetzer richtig verstandener, guter, alter Tradition, doch gehört zweifelsohne zu den großen Neuerern der Musik des 20. Jahrhunderts. Berühmt wurden vor allem seine Opern „Wozzeck“ und „Lulu“. Weitere bedeutende Kompositionen Alban Bergs sind die „Drei Orchesterstück (op. 6)“, das „Kammerkonzert für Klavier, Violine und 13 Blasinstrumente“, die Konzertarie „Der Wein (Le Vin)“ nach Texten von Charles Baudelaire und sein Violinkonzert.

Alban Berg litt zunehmend an Furunkulose und starb im Alter von 50 Jahren infolge einer Sepsis.

 

 

 

Georg Philipp Harsdörffer

* 1.11.1607 in Fischbach, † 17.9.1658 in Nürnberg, deutscher Dichter

 

Die Bunte Bönelein von farben mancher art

Ergetzen, in sich auch mit wollust gleichsam spielen:

Der name Spielend drumb mir nun gegeben ward,

Weil im gemüte man ergetzligkeit kan fülen,

Wan im gespreche wird gantz tugendlich gebahrt

Zu theilen mit was man begriffen hat in vielen

Und frembden Ländern wol: Das nutzt dem Vaterland’

Und bringet früchte Vor spielweis' in iedem stand’ -

Dichtete Georg Philipp Harsdörffer als Dank dafür, dass ihn Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen im November 1641 in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen hatte. Ludwig I. verlieh ihm den Gesellschaftsnamen „der Spielende“ und wies ihm die Devise „auf manche Art“ zu. Als Emblem trug Georg Philipp Harsdörffer „die kleinen bunten englischen oder welschen böhnlein.“

Georg Philipp Harsdörffer selbst begründete den Pegnesischen Blumenorden und schrieb das Libretto für die erste erhaltene deutschsprachige Oper „Das geistliche Waldgedicht oder Freudenspiel, genannt Seelewig“ von Sigmund Theophil Staden. Zudem erfand er „für zahlreiche Fremdwörter Eindeutschungen, von denen viele Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben wie Aufzug (für das Fremdwort Akt), beobachten (observieren), Briefwechsel (Korrespondenz), Prismenfernglas (Teleskop) und Zweikampf (Duell)“, weiß Wikipedia.

Weithin bekannt war auch sein „Abendlied“:

1. Der Tag ist nun vergangen / Mit seiner Sorgenlast,

Die Nacht hat angefangen / Und aller Arbeit Rast.

Das Liecht hat abgenommen / Mit unsrer Lebenszeit;

Wir sind nun näher kommen / Der grauen Ewigkeit.

2. Wie wir zu Bette ligen, / So ligen wir im Grab:

Wie soll uns denn vergnügen / Der Welt verlornes Haab?

Indem wir schlaffen gehen, / Wird uns der Tod gemein:

Kein Mensch kan lang bestehen / Es muß gestorben seyn.

3. Wie wir die Kleider lassen, / Bevor wir schlaffen ein,

So bleibt uns gleicher massen / Nichts als der Leichenstein.

Ein Leilach mich bedecket / Hier und im Todengrab,

Bis mich die Sonn erwecket / Und Christi Richterstab…

 

 

 

Michael Joseph Jackson

* 29.8.1958 in Gary, Indiana, † 25.6.2009 in Los Angeles, amerikanischer Sänger

 

We are the world

We are the children

We are the ones who make a brighter day, so let's start giving

There's a choice we're making

We're saving our own lives

 

Ach, Michael, wenn du als Kind eine Wahl gehabt hättest – wärst du geworden, was du geworden bist, wie du geworden bist?

 

We are the ones that make a brighter day so let's start giving

(all right, can you hear what I'm saying?)

There's a choice we're making, we're saving our own lives

 

Aber nein, letztlich hattest du wohl nie eine Wahl, nein, nicht mal dein eigenes Leben konntest du retten, ach, Michael.

 

 

 

Gustav Mahler

* 7.7.1860 in Kalischt, Böhmen, † 18.5.1911 in Wien, österreichischer Komponist

 

Gustav Mahler gilt als einer der bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit, als Operndirektor als Reformer des Musiktheaters und nicht zuletzt als einer der wichtigsten Komponisten im Übergang von der Spätromantik zur Moderne.

Im Alter von vier Jahren begann seine musikalische Ausbildung, mit sechs gab er schon selbst Unterricht und begann zu komponieren, mit zehn trat er erstmals als Pianist auf, mit zwölf gab er erste Konzerte. Nach dem Abitur studierte er Archäologie, Geschichte und Musikgeschichte und hörte Vorlesungen bei Bruckner. Der Mäzen Friedrich Eckstein schrieb später über den Mahlerschen Freundeskreis: „Einer von ihnen war eher klein von Gestalt; schon in der sonderbar wippenden Art seines Ganges machte sich eine ungewöhnliche Reizbarkeit bemerkbar, sein geistig gespanntes, überaus bewegtes und schmales Gesicht war von einem braunen Vollbart umrahmt, sein Sprechen sehr pointiert und von stark österreichischer Klangfarbe. Er trug immer einen Pack Bücher oder Noten unter dem Arm und die Unterhaltung mit ihm ging zumeist stoßweise vor sich. Sein Name war Gustav Mahler.“

Mit zwanzig trat er eine erste Stelle als Kapellmeister an, lernte Tschaikowski, Richard Strauss, Arthur Nikisch und Richard Wagner kennen, wirkte in Bad Hall, Laibach, Olmütz, Kassel, Prag, Leipzig, Budapest, Hamburg. Bruno Walter sagte: „Mahler erschien mir in Antlitz und Gebaren als Genie und Dämon.“

Und schließlich wurde er zum ersten Kapellmeister und Direktor des Wiener Opernhauses berufen. Stefan Zweig schrieb: „Als einmal ein erstaunlicher Ausnahmefall sich ereignete und Gustav Mahler mit achtunddreißig Jahren zum Direktor der Hofoper ernannt wurde, ging ein erschrecktes Raunen und Staunen durch ganz Wien, daß man einem ‚so jungen Menschen’ das erste Kunstinstitut anvertraut hatte...“

„Während der Wiener Jahre reiste er durch ganz Europa, u.a. bis Sankt Petersburg, Venedig, Rom, Paris, Basel oder Amsterdam, um zu dirigieren und seine eigenen Kompositionen – mit unterschiedlichem Erfolg – aufzuführen. Er gewann überall enthusiastische Anhänger.“, weiß Wikipedia.

Und dann dirigierte er ab 1908 in der New Yorker Metropolitan Opera, gründete dann die New Yorker Philharmoniker. Felix Salten, der „Bambi-Vater“ erinnerte sich: „Manchen ward das deutsche Wams zu enge, wenn sie den Namen Mahler hörten. Einigen wohl aus Begeisterung, den Meisten aber aus Wut. Vom ersten Tage an ist das so gewesen. Er hat sofort gewirkt, aufwiegelnd, provokant, alarmierend – gleichviel: er gehört eben zu den elektrischen und elektrisierenden Naturen, die beim leisesten Anrühren Funken geben oder zünden. Im Anfang freilich hat ihn nur seine frenetische Unbeliebtheit populär gemacht. Getragen von der Gunst des Hasses, sorgsam beleuchtet vom Neid, diesem ewig schlaflosen und mächtigen Protektor aller Wirklichen, vom Spott, vom Mißwollen und übler Nachrede, also von den lautesten Schallträgern an jeder Straßenecke ausgerufen, ist er berühmt geworden. […] Und so war es täglich zu hören, daß er seine Musikanten mißhandelt, sie zu unmenschlicher Arbeit peitscht, schier zu Tode hetzt, und daß ihn alle, wären sie’s nur imstande, am liebsten in einem Löffel Wasser ertränken möchten. Er kuranzt seine Sänger, hieß es, drillt sie wie Rekruten, schaltet mit ihnen wie der Großtürke mit seinen Sklaven. […] Den Jammer ringsumher, es sei der Arbeit zu viel, hört er mit Staunen, ohne ihn zu fassen. Er verrichtet ja dasselbe Maß, sitzt nicht faul zu Hause und läßt andere für sich schuften. Nur freilich: ihm ist Arbeit Genuß, anderen Schweiß. […] Merkwürdig war auch der starke Anreiz, den seine Persönlichkeit übte. Die Intensität seines Wesens schien die ganze Stadt zu füllen. Leute sprachen von ihm, stritten hitzig über ihn, die niemals sonst in der Oper waren. Jetzt liefen sie herzu, um ihn zu sehen. Wieder andere Leute, die bisher kaum gewußt hatten, was ein Theaterdirektor ist und soll, fragten nach dem bösen Mahler. Und alle kannten sein Gesicht. Dieses ungewöhnliche, spitzlinige Antlitz hatte sich rasch in jedes Gedächtnis eingebohrt. […] Es ist doch gar zu lehrreich, wie die Leute, die sich sonst nicht genugtun können, die Schönheitswunder der Natur zu preisen, […] alle sofort empört sind, wenn sie eingeladen werden, das herrlichste Wunder, das die Natur uns bietet, zu verehren: den Aufgang eines großen Menschen.“

Immer wieder hatte Gustav Mahler in seinen Werken versucht, Literatur und Musik miteinander zu verbinden, griff gern auf Märchen- und Sagenstoffe und Volksdichtung zurück, verwendete aber auch Texte von Goethe, Grillparzer, Rückert oder Nietzsche. In seiner 3. Sinfonie beispielsweise vertonte er Zeilen aus „Also sprach Zarathustra:

O Mensch! Gib acht!

Was spricht die tiefe Mitternacht?

Ich schlief!

Aus tiefem Traum bin ich erwacht!

Die Welt ist tief,

und tiefer als der Tag gedacht!

O Mensch! Tief!

Tief ist ihr Weh!

Lust tiefer noch als Herzeleid!

Weh spricht – Vergeh!

Doch alle Lust will Ewigkeit,

will tiefe, tiefe Ewigkeit!

Gustav Mahler, der seit seiner Kindheit an einem Herzklappenfehler litt, starb im Alter von 50 Jahren infolge einer bakteriellen Entzündung des Herzens.

 

 

 

Wilhelm „Willi“ Münzenberg

* 14.8.1889 in Erfurt, † Juni 1940 bei Saint-Marcellin, Frankreich, deutscher Verleger

 

In der Weimarer Republik war Willi Münzenberg einer der einflussreichsten Vertreter der KPD. Seine Schwägerin Margarete Buber- Neumann sagte, er habe als erster Kommunist erfasst, welche Macht die mit den kommunistischen Parteien sympathisierenden Intellektuellen darstellen. Von da an wandte er seine wesentlichste propagandistische Tätigkeit ihnen zu. Er warf die doktrinäre Arbeitsweise der KP-Führung, ihre ungenießbare, hölzerne Dogmensprache über Bord und fand den richtigen Ausdruck und die gemäßen Methoden, um sympathisierende Intellektuelle in einer breiten Peripherie um die Kommunistische Partei zu scharen.“

Nach dem Reichstagsbrand war Willi Münzenberg einer der von den Nazis meistgesuchten Männer. Er floh nach Paris. Und nach Beginn der „Stalinschen Säuberungen“ wandte er sich von der offiziellen Parteilinie ab, wurde aus der KPD ausgeschlossen und gründete 1939 die Partei „Freunde der sozialistischen Einheit“. Breits im Jahr zuvor hatte er die gleichermaßen antifaschistische wie antistalinistische Zeitschrift „Die Zukunft/Ein neues Deutschland: Ein neues Europa!" begründet.

Als die Wehrmacht Paris besetzte, ließ sie Willi Münzenberg in der Hoffnung, so ins unbesetzte Südfrankreich gebracht zu werden, selbst internieren. Bei einer Verlegung setzte er sich jedoch ab, wollte vermutlich versuchen, in die Schweiz zu gelangen, und kam unter nie geklärten Umständen (Mord durch Gestapo- oder NKWD-Agenten? Selbstmord? ) im Waldstück „Le Caugnet“ nahe dem Dorf Montagne (Isère) ums Leben.

 

 

 

Edith Stein

* 12.10.1891 in Breslau, † 9.8.1942 im KZ Auschwitz-Birkenau, deutsche Philosophin

 

Edith Stein, als Jüdin geboren, ließ sich im Alter von 31 Jahren taufen und trat mit zweiundvierzig in einen katholischen Orden ein. Sie fühlte sich dennoch zeit Lebens dem jüdischen Volk zugehörig und gilt als „Brückenbauerin zwischen Juden und Christen“.

Nach der Machtergreifung der Nazis schrieb sie an Papst Pius XI.: Alles, was geschehen ist, und noch täglich geschieht, geht von einer Regierung aus, die sich ‚christlich‘ nennt. Seit Wochen warten und hoffen nicht nur die Juden, sondern Tausende treuer Katholiken in Deutschland – und ich denke, in der ganzen Welt – darauf, daß die Kirche Christi Ihre Stimme erhebe, um diesem Mißbrauch des Namens Christi Einhalt zu tun. […] Wir alle, die treue Kinder der Kirche sind und die Verhältnisse in Deutschland mit offenen Augen betrachten, fürchten das Schlimmste für das Ansehen der Kirche, wenn das Schweigen noch länger anhält.

Nach der Kristallnacht floh sie in die Niederlande, doch wurde im August 1942 von der Gestapo verhaftet, deportiert und in Auschwitz ermordet.

In ihrem Testament hatte sie drei Jahre zuvor geschrieben: Schon jetzt nehme ich den Tod, den Gott mir zugedacht hat, in vollkommener Unterwerfung unter Seinen heiligsten Willen mit Freuden entgegen. Ich bitte den Herrn, daß Er mein Leben und Sterben annehmen möchte zu seiner Ehre und Verherrlichung, für alle Anliegen der heiligsten Herzen Jesu und Mariä und der Heiligen Kirche, insbesondere für die Erhaltung, Heiligung und Vollendung unseres heiligen Ordens, namentlich des Kölner und Echter Karmels, zur Sühne für den Unglauben des jüdischen Volkes und damit der Herr von den Seinen aufgenommen werde und sein Reich komme in Herrlichkeit, für die Rettung Deutschlands und den Frieden der Welt, schließlich für meine Angehörigen, lebende und tote und alle, die Gott mir gegeben hat: Dass keines von ihnen verloren gehe.

 

 

Gustl Angstmann

* 12.1.1947 In München, † 1.1.1998 ebd., deutscher Autor

 

Gustl Angstmann studierte Pädagogik, Psychologie und Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und promovierte dort im Alter von 31 Jahren. Danach wirkte er als Psychotherapeut und Schriftsteller.

1982 debütierte Gustl Angstmann, der einer der ersten bekennenden schulen Autoren in München war, mit „Ein ganz normaler Mann“. Romane wie „Der Stotterer“, „HerzSchläge“ und „Novizen“ folgten. Er veröffentlichte auch Fachbücher zu Selbsthilfethemen wie „Abschiednehmen will gelernt sein“.

Gustl Angstmann starb kurz vor seinem 51. Geburtstag an AIDS.

 

 

 

 

 

Ernst August Lehmann

* 12.5.1886 in Ludwigshafen, † 7.5.1937 in Lakehurst, New Jersey, deutscher Luftschiffpionier

 

Ernst August Lehmann gilt als Pionier der Luftschifffahrt. Im Alter von 27 Jahren bildete ihn Hugo Eckener zum Luftschiffführer aus und er übernahm das Kommando über den Zeppelin LZ 17 „Sachsen. Nach dem Ersten Weltkrieg trat er in die Konstruktionsabteilung der Zeppelin AG ein, arbeitet von 1923 bis 1927 in der Tochtergesellschaft Goodyear-Zeppelin Corporation in Akron, Ohio, und avancierte dann zum Prokuristen und Assistenten Hugo Eckeners. Zudem wirkte er des Öfteren als Kommandant des LZ 127 „Graf Zeppelin“.

Dann aber war er an Bord des Luftschiffs LZ 129 „Hindenburg“, das kurz vor der Landung in Lakehurst, New Jersey, verbrannte und erlag tags darauf im Alter von 50 Jahren seinen schweren Verletzungen.

 

 

 

Vergil

* 15.10.70 v. Chr. als Publius Vergilius Maro bei Mantua, † 21.9.19 v. Chr. in Brindisi, römischer Dichter

 

“Mantua me genuit, Calabri rapuere, tenet nunc

Parthenope; cecini pascua, rura, duces. -

Mantua brachte mich hervor, Kalabrien raffte mich hinweg, nun

birgt mich Neapel. Ich besang Weiden, Felder, Herrscher“, lautet das Epigramm auf Vergils Grab. Ob seine Überreste aber tatsächlich am Fuße des Posillipo im „Parco Virgiliano a Piedigrotta“ bei Neapel bestattet wurden, scheint alles andere als sicher.

„Die letzten Jahre Vergils sind nur in Suetons ‚Vita’ dargelegt. Der ‚Vita“ zufolge hatte sich Vergil Ende der 20er Jahre vorgenommen, die Arbeit an der ‚Aeneis’ mit einer dreijährigen Verbesserung des Werkes zu beenden. Danach wollte er nach Osten reisen, sich zur Ruhe setzen und sein restliches Leben der Philosophie widmen. Auf seinem Weg traf er Augustus, der von seinem Sieg über die Parther zurückreiste, und schloss sich ihm auf der Rückreise an. In Megara soll ihn ein heftiges Fieber ereilt haben und als er mit Augustus in Brundisium an der italischen Südspitze ankam, sei er dort bald nach der Ankunft verstorben. Er sei verbrannt und seine Asche nach Neapel gebracht worden…“, weiß Wikipedia.

Unsterblich hingegen scheinen Vergils Hauptwerke, die „Bucolica, die „Georgica und nicht zuletzt die „Aeneis“, die seit seinem Tod  immer wieder abgeschrieben, herausgegeben, kommentiert und intertextuell verarbeitet worden.

Der Altphilologe Dietrich Ebener meinte: „Die sprachliche und stilistische Formung der Verse […] rechtfertigt das Urteil, das den Dichter Vergil neben seinem Freund Horaz als den Vollender und eigentlichen Schöpfer der klassischen römischen Dichtersprache preist. Hatte Cicero die lateinische Kunstprosa auf ihren Höhepunkt geführt, so leistete Vergil ähnliches auf dem Gebiet des epischen Verses. Sein Versbau vereint Eleganz und Flüssigkeit mit Kürze und Treffsicherheit des Ausdrucks.“

 

 

 

Samira Salih Ali an-Nu’aimi

* 1963, † 22.9.2014 in Mossul, irakische Rechtsanwältin

 

Nachdem die Horden des Islamischen Staates Mossul unter ihre Kontrolle gebracht und geplündert hatten, wagte es Samira Salih Ali an-Nu’aimi auf Facebook die Zerstörung von Moscheen und anderen Kulturgütern durch IS-Schergen zu kritisieren. Sie wurde entführt, fünf Tage lang gefoltert und schließlich von einem Scharia-Gericht wegen Apostasie, wegen des Abfalls vom rechten Glauben also, zum Tode verurteilt. Samira Salih Ali an-Nu’aimi, Mutter von drei Kindern, wurde daraufhin in ihrer Heimatstadt öffentlich erschossen

Fünf Jahre später war der Islamische Staat zwar zerschlagen, war es mit dessen Staats-Terror vorbei, doch konnte man wegen Apostasie da noch immer in anderen Staaten hingerichtet werden: Afghanistan, Iran, Jemen, Mauretanien, Pakistan, Saudi-Arabien, Somalia, Sudan. Es braucht nur den rechtgläubigen Ankläger.

 

 

 

Alvise Cadamosto

* um 1432 in Venedig, † 16.7.1483, venezianischer Entdecker

 

Als venezianischer Fernhändler hatte Alvise Cadamosto das Mittelmeer bereist und war sogar schon bis Flandern gekommen. Dann trat er im Alter von 22 Jahren jedoch in den Dienst des portugiesischen Königs Heinrich des Seefahrers und wagte sich nach Süden vor. Über Madeira, Gomera und Hiero drang er bis ins Mündungsgebiet des Senegal-Flusses vor, umschiffte die Westspitze Afrikas, das Cap Vert, und erreichte die Serer-Reiche von Soloum und Sine.

Bei einer zweiten Expedition im Folgejahr gelangteAlvise Cadamosto über die kapverdischen Inseln Boa Vista, Maio und Santiago bis zum Gambia, den er etwa 100 Kilometer flussaufwärts befuhr, und weiter bis zum Gêba-Delta im heutigen Guinea-Bissau.

Dann blieb er sieben Jahre in Portugal bis er nach Venedig zurückkehrte, wieder Handel betrieb und zu guter Letzt zum Kommandeur einer Handelsflotte, der Alexandria-Galeeren, aufstieg.

Über seine Entdeckungsreisen verfasste er Berichte, in denen er als erster Europäer das Kreuz des Südens beschrieb.

 

 

 

Azonhon Faton

* 18.1.1957 als Faton Sémèdéton B. Marie in Porto-Novo, † 2008, nigrischer Dramatiker, Schauspieler und Regisseur

 

Mit neun stand Azonhon Faton erstmal auf der Bühne eines Schultheaters. Dann versuchte er sich als Fahrer, Mechaniker, Maurer, Hafenarbeiter und Elektriker, entschied sich mit vierundzwanzig schließlich aber für das Schreiben. Vor allem für Schultheater verfasste Azonhon Faton mehr als 30 Stücke.

Im Alter von 30 Jahren gründete er in Niamey das Theaterensemble „Messagers du Sahel“, trat des Öfteren bei panafrikanischen Festivals auf und produzierte auch fürs Fernsehen.

Im Alter von 51 Jahren erkrankte Azonhon Faton schwer und starb.

 

 

 

Innocenzo Manzetti

* 17.3.1826 in Aosta, † 17.3.1877 ebd., italienischer Erfinder

 

Im Alter von 23 Jahren konstruierte Innocenzo Manzetti einen Automaten, der Flöte spielte. Mit Einunddreißig erfand er eine Nudelmaschine, mit Achtunddreißig ein Dampfauto.

Doch bereits als Achtzehnjähriger hatte er behauptet, dass es möglich sein werde, die menschliche Stimme über weite Entfernungen zu übertragen. Und im Alter von 39 Jahren hatte er dann tatsächlich einen Sprachtelegrafen erschaffen und führte ihn sogar der Presse vor. Da er sich jedoch die teure Patentierung nicht leisten konnte, fummelte ein Herr Meucci einen ähnlichen Apparat zusammen und ließ ihn patentieren, und als das Patent 1873 auslief und auch Meucci die Summe für die Bestätigung nicht aufbringen konnte, nutzte das ein Herr Bell in Amerika, Alexander Graham Bell also, und galt fortan als Erfinder des Telefons.

Doch die Diskussionen um die Rechtmäßigkeit dieses Vorgangs ebbten nicht ab, und so beschloss der amerikanische Kongress im Jahr 2002, Antonio Meucci, nicht etwa Innocenzo Manzetti, das entsprechende Patentrecht zuzusprechen. Innocenzo Manzetti gilt nun als „Wegbereiter des Telefons“. Sein Pech: er war zeitlebens in der italienischen Provinz geblieben, während Meucchi nach New York ausgewandert war. Such is life

 

 

 

Johannes Friedrich Miescher

* 13.8.1844 in Basel, † 26.8.1895 in Davos, Schweizer Mediziner

 

Friedrich Miescher gilt als Entdecker der DNA. Im Alter von 25 Jahren isolierte er aus Zellkernen von Eiterzellen eine Substanz, die er „Nucleïn“ nannte. Zwei Jahre später erschien sein Aufsatz „Ueber die chemische Zusammensetzung der Eiterzellen“.

Den Namen Nukleinsäuren führte der Histologe Richard Altmann erst 5 Jahre nach Mieschers Tod ein. Und die Unterscheidung von DNA und RNA sowie die Aufklärung deren Rolle bei der Vererbung wurde erst viel später im 20. Jahrhundert möglich.

Friedrich Miescher führte auch als erster „den Schrift- bzw. Code-Vergleich für den noch zu entdeckenden Träger der Erbinformation ein, den sein Schüler Albrecht Kossel in seiner Harvey Lecture ‚The chemical composition of the cell’ (1911) vertiefte und den Max Planck (1930) und besonders wirkmächtig Erwin Schrödinger (1943/1944) in seiner Schrift ‚What is Life?’ aufgriffen. In der Strukturaufklärung der DNA 1953 (Rosalind Franklin, Maurice Wilkins, James Watson, Francis Crick) sowie in der eigentlichen Dechiffrierung des genetischen Codes in den frühen 1960er Jahren (unter anderem im Labor von Marshall Nirenberg) wurde dieser Schrift- bzw. Code-Vergleich der Erbinformation nach über 70 Jahren erfolgreich als heuristische Arbeitshypothese bestätigt“, weiß Wikipedia.

Friedrich Miescher starb im Alter von 51 Jahren an Lungentuberkulose.

 

 

 

Rainer Maria Rilke

* 4.12.1875 in Prag, † 29.12.1926 in Montreux, deutscher Dichter

 

Mir ist, als ob es tausend Stäbe gäbe

und hinter tausend Stäben keine Welt

könnte ich mit Malte Laurids Brigge doch sagen:

Es war das Verhängnisvolle meiner Vorstellungen

…, daß sie sich immerfort ergänzten und

erweiterten und zu Zehntausenden von Versen anwuchsen, so

daß die Zeit in ihnen schließlich die wirkliche war;

etwa so, als machte man einen Globus im Maßstab der

Erde…

 

 

 

Johann Gottfried Schnabel

* 7.11.1692 in Sandersdorf, Pseudonym: Gisander, † zwischen April 1744 und April 1748, deutscher Schriftsteller

 

Johann Gottfried Schnabel prägte den Begriff der „Robinsonade“, und seine „Wunderliche Fata einiger See-Fahrer“ wurde in der Bearbeitung Ludwig Tiecks unter dem Titel „Die Insel Felsenburg“ zum Erfolgsroman.

Als ich mich auf eine Reise nach Mauritius einstimmte (die Jeanny und ich uns anlässlich unserer Silberhochzeit von den lieben Verwandten und Bekannten schenken ließen), entdeckte ich, dass Mauritius Johann Gottfried Schnabel wohl als Vorlage für seine Insel Felsenburg gedient hatte.

Und alsbald notierte ich: Mit Schnabels „Insel Felsenburg“ bin ich so weit, dass ich seinen Plot verstehe: Von der Zivilisation und dem Schicksal geschlagenen und gebeutelte Leute gründen auf einer paradiesischen und völlig abgelegenen Insel ein ideales Gemeinwesen. Keine Frage, das liest sich gut! - „...und fuhren... in diese schöne Insul herein, welche ein jeder vernünfftiger Mensch, so lange er allhier in Gesellschafft anderer Menschen lebt, und nicht mit andern Vorurtheilen behafftet ist, ohnstreitig vor ein irrdisches Paradieß erkennen wird.“ Keine Frage: Felsenburg-Mauritius - wir kommen!

 

 

 

Jan van Eyck

* um 1390 in Maaselk, † 9.7.1441 in Brügge, niederländischer Maler

 

Jan van Eyck gilt als Begründer der altniederländischen Malerei, von seinen Zeitgenossen wurde er als „König unter den Malern“ bezeichnet. Er wirkte vor allem in Brügge, aber auch in Den Haag und Lille.

Als sein Hauptwerk gilt der monumentale Genter Altar. Als Albrecht Dürer 80 Jahre nach Jan van Eycks Tod die Genter Kathedrale besichtige, notierte er: „Am mittwoch frühe fuhrten sie mich auf S. Johannes thurn; do über sahe ich die groß wunderbarlich statt, darin ich gleich vor groß ansehen ward. Darnach sahe ich des Johannes taffel; das ist ein über köstlich, hoch verständig gemähl, und sonderlich die Eva, Maria und Gott der vatter sind fast gut.“

Jan van Eycks Gemälde waren von grundlegender Bedeutung für die Überwindung mittelalterlicher Maltraditionen und sind längst in berühmten Museen weltweit zu bewundern.

 

 

 

Christiane Vulpius

* 1.6.1765 in Weimar als Johanna Christiana Sophie Vulpius, ab 1806 Christiane von Goethe, † 6.6.1816 ebd., Ehefrau Goethes

 

Ich ging im Walde

So für mich hin,

Und nichts zu suchen,

Das war mein Sinn.

 

Im Schatten sah ich

Ein Blümchen stehn,

Wie Sterne leuchtend,

Wie Äuglein schön.

 

Ich wollt es brechen,

Da sagt es fein:

Soll ich zum Welken

Gebrochen sein?

 

Ich grub's mit allen

Den Würzlein aus.

Zum Garten trug ich's

Am hübschen Haus.

 

Und pflanzt es wieder

Am stillen Ort;

Nun zweigt es immer

Und blüht so fort.

 

„Gefunden“ schrieb Johann Wolfgang von Goethe für seine Ehefrau Christiane, sieben Jahre nach der Hochzeit und drei Jahre vor deren Tod. August, ihr erstes Kind, war da bereits 24 Jahre alt.

Im Alter von 50 Jahren erlitt Christiane einen Schlaganfall, alsbald kam Nierenversagen hinzu, und nach einer Woche qualvollen Leidens starb sie fünf Tage nach ihrem 51. Geburtstag. Ihr Ehemann blieb ihrer Beisetzung fern, dichtete aber immerhin Abschiedsverse für Christanes Grabplatte: „Du versuchst, o Sonne, vergebens,/ Durch die düstren Wolken zu scheinen!/ Der ganze Gewinn meines Lebens/ Ist, ihren Verlust zu beweinen.“

 

 

 

Lily Braun

* 2.7.1865 als Amelia Jenny Emilie Klothilde Johanna von Kretschmann in Halberstadt, † 9.8.1916 in Kleinmachnow, deutsche Autorin

 

Als Tochter eines preußischen Generals wurde Lily Braun in Privatschulen und von Privatlehrern erzogen. Schon früh begann sie jedoch an der protestantischen Gesinnung ihrer Familie zu zweifeln und interessierte sich für die Frauenemanzipation. Sie begann für die Zeitschrift „Frauenbewegung“ zu schreiben und engagierte sich im Vorstand des Vereins „Frauenwohl“. Als SPD-Mitglied wurde sie alsbald zu einer führenden Persönlichkeit der deutschen Frauenbewegung. Vor allem setzte sie sich, für die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Berufstätigkeit ein und gehörte zu den Gründungsmitgliedern des „Bundes für Mutterschutz“.

Lily Braun veröffentlichte zahlreiche Bücher und Schriften. Ihr wohl bekanntestes Werk dürften die mehrbändigen „Memoiren einer Sozialistin“ sein:

Und wieder las ich manche Nacht hindurch. Bei jedem Umschlagen einer Seite erwartete ich das Gräßliche zu finden, das so vielen Menschen das Recht gab, den Sozialismus zu verabscheuen und mit allen Mitteln zu bekämpfen. Aber ich fand es nicht. Nichts entsetzte mich, und wenn ich überrascht war, so nur über die Selbstverständlichkeit jeder Kritik am Bestehenden und jeder Forderung an die Zukunft. Oft lachte ich im Stillen vor Freude, wenn ich eigene, längst vertraute Ideen wiederfand; und wo meine Gedanken nicht Schritt halten konnten, sagte mein Gefühl ja und tausendmal ja. Gleiche Rechte für alle: Männer und Frauen; Freiheit der Überzeugung; Sicherung der Existenz; Frieden der Völker; Kunst, Wissenschaft, Natur ein Gemeingut Aller; Arbeit eine Pflicht für Alle; freie Entwicklung der Persönlichkeit, ungehemmt durch Fesseln der Kaste, der Rasse, des Geschlechts, des Vermögens–: wie konnte irgend jemand, der auch nur über seine nächsten vier Wände hinausdachte, sich der Richtigkeit und Notwendigkeit dieser Forderungen verschließen?

Lily Braun starb im Alter von 51 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.

 

 

 

 

 

Max Dauthendey

* 25.7.1867 als Maximilian Albert Dauthendey in Würzburg, † 29.8.1918 in Malang, Java, deutscher Dichter und Maler

 

Stefan George sagte über Max Dauthendeys Gedichte, sie „seien das einzige, was jetzt in der ganzen Literatur als vollständig Neues dastehe […] eine eigenartige Kunst, die reicher genießen lasse als Musik und Malerei, da sie beides zusammen sei.“

Rainer Maria Rilke nannte Max Dauthenday einen „unserer sinnlichsten Dichter, in einem fast östlichen Begriffe“.

Zu seinen Lebzeiten veröffentlichte er 12 Prosa-Bände, 8 erschienen postum, zudem schrieb Max Dauthenday 13 Lyrik-Bände und 11 Dramen. Und seine Briefe wurden postum in 4 Bänden abgedruckt.

Max Dauthenday ging zur Horizont-Gewinnung gern auf Reisen, durch Europa, doch auch weit darüber hinaus. So brach er Ende Dezember 1905 zu seiner ersten Weltreise auf, die ihn nach Ägypten, Indien, China, Japan und Amerika führte. Von seiner zweiten Weltreise, begonnen im April 1914, kehrte er nicht mehr nach Deutschland zurück. „Über Antwerpen, Gibraltar, Algier, Genua, Neapel, Messina, Port Said, Aden und Singapur gelangte er schließlich am 24. Juni 1914 nach Weltevreden, einem Vorort von Batavia auf Java. Der Wunsch, noch nach Deutsch-Neuguinea zu reisen, verzögerte den geplanten Rückreisetermin. Der am 1. August 1914 begonnene Erste Weltkrieg veranlasste die Niederlande als Gegner des Deutschen Reiches zur Internierung der deutschen Staatsangehörigen auch in der Kolonie Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien. Dieses Schicksal traf auch Dauthendey, als er von Deutsch-Neuguinea nach Java zurückkehrte. Obwohl seine Frau einflussreiche Bekannte dafür gewann, sich für Dauthendeys Freilassung zu verwenden, konnten selbst so bekannte Persönlichkeiten wie Romain Rolland und Bernhard Shaw seine Rückkehr nach Deutschland nicht erwirken. Vier Jahre verbrachte der bereits zu Beginn seines Zwangsaufenthaltes auf Java an Malaria erkrankte Dauthendey an wechselnden Orten wie Medan (auf Sumatra), Garoet, Soerabaia und Tosari. Er litt zunehmend unter körperlichen Beschwerden, besonders wurde er vom Gelenkrheumatismus geplagt. Die Behandlung durch den deutschen Tropenarzt Wilhelm Schüffner ermöglichte ihm Zeiten der Besserung, die er für Reisen auf Java nutzte. Hier entstanden auch viele seiner Gedichte und Aquarelle. Mindestens genauso heftig wie seine körperlichen Schmerzen setzten ihm jedoch auch der Trennungsschmerz von Frau und Heimat zu. In einem Brief an seine Frau schrieb er: ‚Ich halte den Druck bald nicht mehr aus. Es ist zu lange Zeit, ich bin nicht bloss von Dir, sondern auch von meinem Klima, von meiner Sprache, von meiner Heimat, von allen Erinnerungen, die ein Dichter braucht, und auch von den Gräbern getrennt. […] ich entbehre alles in jeder Sekunde.’“, berichtet Wikipedia.

Max Dauthenday starb einen Monat nach seinem 51. Geburtstag auf Java an Malaria.

 

 

 

William John „Bill“ Evans

* 16.8.1929 in Plainfield, New Jersey, † 15.9.1980 in New York City, amerikanischer Jazz-Pianist

 

Miles Davis sagte über Bill Evans: „Boy, ich lerne eine ganze Menge von Bill Evans. Er spielt das Klavier so, wie man es spielen soll. Er spielt alle Arten von Skalen, er spielt im 5/4 Takt und kann alle möglichen phantastischen Dinge.“

Bill Evans berichtete über seine Zusammenarbeit mit Miles Davis: „Für mich war es nicht nur eine musikalische, sondern auch eine persönliche Erfahrung, die mir sehr viel weiterhalf. Anfangs hatte ich das Gefühl gehabt, dies sei eine Gruppe von Übermenschen. Es änderte meine Perspektive, als ich herausfand, wie menschlich sie sind und auf welch angenehme Art sie mit musikalischen Problemen umgehen. In Miles’ Band wurde nicht viel geredet, sondern die Dinge ‚geschahen‘. Wir probten nie, alles ereignete sich während der Jobs. Bei Plattenaufnahmen bestand oft das Material zur Hälfte, gelegentlich sogar zur Gänze aus völlig neuen Dingen, die wir noch nie gespielt hatten. Wir sprachen es nur durch, probierten vielleicht gewisse Akkorde aus und dann nahmen wir es auf – meistens brauchten wir nur einen Take.“

„Bill Evans gilt als einer der einflussreichsten Pianisten des Moder Jazz und stilbildend für eine ganze Generation von Musikern, zu denen Herbie Hancock, Keith Jarrett, Chick Corea und Brad Mehldau gehören. Stark geprägt von Vorbildern wie Lennie Trsitano sowie vom Impressionismus Claude Debussys und Maurice Ravels brachte Evans eine introvertierte und lyrische Sensibilität in den Jazz“, weiß Wikipedia.

Bill Evans starb einen Monat nach seinem 51. Geburtstag infolge seiner Süchte, Lungenentzündung, durchgebrochene Magengeschwüre und Leberzirrhose infolge jahrzehntelanger Hepatitis.

 

 

 

El Lissitzky

* 22.11.1890 als Lasar Markowitsch Lissitzky in Potschinok, † 30.12.1941 in Moskau, russischer Avantgardist

 

El Lissitzky gilt als Mitbegründer des Konstruktivismus. Er arbeitete zusammen mit Hans Arp, Willi Baumeister, Marc Chagall, Ilja Ehrenburg, Kasimir Malewitsch, Kurt Schwitters, Ilja Tschaschik oder auch Jan Tschichold. Sein vielfältigen Aktivitäten in den Bereichen Architektur, Ausstellungsgestaltung, Fotografie, Grafikdesign, Malerei, Typografie und Fotografie beeinflussten auch maßgeblich das Bauhaus. Als Gegenstück zu amerikanischen Wolkenkratzern beispielsweise, die er als Symbol des Kapitalismus sah, entwarf er Wolkenhügel.

El Lissitzky starb im Alter von 51 Jahren an Tuberkulose.

 

 

 

Molière

* 15.1.1622 als Jean-Baptiste Poquelin in Paris, † 17.2.1673 ebd., französischer Dramatiker

 

„Le Malade imaginaire“ war das letzte Stück, das Molière schrieb. Und als während dessen vierten Aufführung die Hauptrolle des eingebildeten Kranken spielte, erlitt er einen Schwächeanfall, den das Publikum für einen Part der Komödie hielt. Wenig später starb Molière aber in seiner nahe dem Theater gelegenen Wohnung.

Stress hatte Molière aufgrund seiner Stücke zeitlebens reichlich, da er nicht selten Bigotterie, Heuchelei, Raffgier, Lüsternheit, Herrschsucht von Mächtigen attackierte. Vor allem sein „Tartuffe“ hatte ihm reichlich Ärger eingebracht, wurde sogar immer wieder verboten. Teilweise organisierten sich seine Feinde sogar in einem Geheimbund, der „Compagnie du Saint-Sacrement“. Nicht von ungefähr nannte Molière diese Leute den „Klüngel der Frommen“, war doch ein Monsieur Conti nach einer Syphilisinfektion plötzlich fromm geworden und hatte sich den Intriganten angeschlossen.

Zoff gab’s auch um Molières „Don Juan“ wie den „Menschenfeind“.

Längst gilt Molière jedoch als  Klassiker, der das Theater zum Diskussionsforum, nicht zuletzt über allgemeine menschliche Verhaltensweisen, erhob.

 

 

 

Anton Semjonowitsch Makarenko

* 13.3.1939 in Golizyno, † 1.4.1888 in Belopolje, sowjetischer Pädagoge und Autor

 

Anton Semjonowitsch Makarenko, Sohn eines Eisenbahners, besuchte das städtische Seminar in Krjukow, dann das Lehrerseminar in Poltawa und begründete und leitete nach der Oktoberrevolution ein Heime für verwaiste und verwahrlost aufgegriffene Kinder und Jugendliche, junge Diebe, Bandenmitglieder, Kindersoldaten, Kinderprostituiert, die Gorki-Kolonie und die Dzershinskij-Kommune, die ersten koedukativen pädagogischen Einrichtungen in der Sowjetunion.

Sein großes Vorbild war Maxim Gorki, Makarenko schreibt: In der stickigen Atmosphäre vor dem Japanischen Krieg, in dem weltverlorenen Winkel, in dem meine Jugend verging, erfuhren wir von literarischen Ereignissen mit großer Verspätung. Doch um so heller und blendender leuchtete in unserer Finsternis der einfache und herausfordernde Name Maxim Gorki auf. […] In Gorki sahen wir ein Stück von uns und – vielleicht unbewußt – erblickten wir in ihm den Durchbruch eines der Unseren zur großen Kultur.

Und Gorki war es auch, der Makarenko zur Veröffentlichung seines Poetischem Poems „Der Weg ins Leben“ ermutigte, als Makarenko die Publikation seiner pädagogischen Erfahrungen scheute: er wolle sich nicht aus einem tauglichen Erzieher in einen untauglichen Schriftsteller verwandeln. Gorki aber schrieb: „Zwölf Jahre haben Sie gearbeitet, und die Resultate Ihrer Arbeit sind unschätzbar […]. Ihr pädagogisches Experiment, das von riesiger Bedeutung und erstaunlich gelungen ist, hat Weltbedeutung.“

Anton Semjonowitsch Makarenko verfasste auch die Schriften „Der Marsch von 1930“ und „Flaggen auf den Türmen“. Bevor er jedoch sein „Buch für Eltern“ abschließen konnte, starb er wenige Tage nach seinem 51. Geburtstag auf der Heimfahrt von einem Erholungsurlaub in einem Zug.

 

 

 

 

Torquato Tasso

* 11.3.1544 in Sorrent, † 25.4.1595 in Rom, italienischer Dichter

 

Mit dem Tod von Torquato Tasso, Autor der „Gerusalemme liberata“ oder des Ritterepos „Rinaldo“, endete laut August Buck, Präsident der Dante-Gesellschaft und renommierter Humanismus- und Renaissanceforschung, die Epoche der Renaissance.

Goethe setzte Torquato Tasso mit seinem gleichnamigen Schauspiel ein literarisches Denkmal. Eine der Figuren, Leonore, lässt er Tasso charakterisieren:

„Sein Auge weilt auf dieser Erde kaum;…/ Das weit Zerstreute sammelt sein Gemüt, / Und sein Gefühl belebt das Unbelebte. / Oft adelt er, was uns gemein erschien, / Und das Geschätzte wird vor ihm zu nichts. / In diesem eignen Zauberkreise wandelt / Der wunderbare Mann und zieht uns an.“

Eine andere Figur, der Herzog, sieht Tassos Schicksal, der wahrscheinlich Wahnvorstellungen entwickelte, an akustischen Halluzinationen litt, voraus:

„Die Menschen fürchtet nur, wer sie nicht kennt / Und wer sie meidet, wird sie bald verkennen. / Das ist sein Fall, und so wird nach und nach / Ein frei Gemüt verworren und gefesselt.“

Tasso selbst lässt Goethe sagen: „Einen Herrn / Erkenn ich nur, den Herrn, der mich ernährt, / Dem folg ich gern, sonst will ich keinen Meister. / Frei will ich sein im Denken und im Dichten! / Im Handeln schränkt die Welt genug uns ein.

Und in einem Gespräch mit Eckermann äußerte Goethe: „Ich hatte das Leben Tassos, ich hatte mein eigenes Leben, und indem ich zwei so wunderliche Figuren mit ihren Eigenheiten zusammenwarf, entstand in mir das Bild des Tasso, dem ich, als prosaischer Kontrast, den Antonio entgegenstellte, wozu es mir auch nicht an Vorbildern fehlte. Die weiteren Hof-, Lebens- und Liebesverhältnisse waren übrigens in Weimar wie in Ferrara, und ich kann mit Recht von meiner Darstellung sagen: sie ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch.“

 

 

 

Frigyes Karinthy

* 25.6.1887 in Budapest, † 29.8.1938 in Siófok, ungarischer Schriftsteller

 

Frigyes Karinthy schickte Gulliver auf weiter Reisen: nach Faramido und nach Capillaria. Während seiner sechsten Reise nach Capillaria meint der Reiseberichterstatter, der Kampf der Geschlechter wäre nur durch eine Revolution vermeidbar, die das sexuelle Elend offen aufdeckt. In dieser Revolution muß die Frau den Mann unterstützen. Sie muß die Losung vom Maskulinismus, von der Männeremanzipation, von der Befreiung des Mannes ausgeben. Nach der Revolution des täglichen Brotes muß die Revolution des täglichen Glücks, des täglichen Kusses folgen. Liebe ist Gefangenschaft, wenn der eine Partner den anderen beherrscht – und jede Frau soll es sich gut merken: Wir Männer preisen die Liebe und begeistern uns für sie, weil wir den Weg zur Freiheit in ihr sehen – und jede Frau sollte sich die unsterblichen Worte unseres Petöfi einprägen:

Freiheit und Liebe

Sind all mein Streben!

Für meine Liebe

Könnt’ ich das Leben,

 doch für die Freiheit

die Liebe selbst geben.

„Karinthy schuf in ‚Die Reise nach Faremido’ und […] in dem 1921 veröffentlichten Roman ‚Capillaria’ die realistisch-phantastische Welt seiner eigenen Zeit. Phantastisches wie Realeds stützen sich dabei auf die Lehrsätze der Naturwissenschaften, auf die Endeckungen und technischen Erfindungen“, meinte der ungarische Schriftsteller Károly Szalay, „Karinthy lässt sich mit Kafka in Verwandtschaft bringen (‚Begegnung’), und in manchen Arbeiten kann er auch als Vorläufer von Ionescu angesehen werden (‚Gesangsstunde’). Dennoch ist nicht dies bezeichnend für das Phantastische in seinem Schaffen. Viel eher ist er als Vertreter jener Literatur anzusehen, die durch Verne, Wells, Huxley und Čapek verkörpert wird. Bei ihm gedeiht das Phantastische nicht in der sinnlichen Sphäre, sondern ist das Resultat von Gedanken und Urteilen.“

Und der deutsche Autor Hans Skirecki schrieb in seinem Nachwort zu Karinthys „Reise um meinen Schädel“: „Seine Aufgeschlossenheit für den wissenschaftlichen Fortschritt paart sich mit kritischer Sicht der gesellschaftlichen Entwicklung, im Ausbruch des Ersten Weltkriegs sieht er eine Perversion dieses Fortschritts, er flüchtet sich in radikalen Pazifismus. Er begrüßt die russische und die ungarische Revolution; auf den Sieg des weißen Terrors in Ungarn und die Machtentfaltung Horthys reagiert er mit Kritik und Sarkasmus; in dieser Zeit schreibt er den Antikriegsroman ‚Die Reise nach Faramido’ (1916) und die Gesellschaftssatire ‚Capillaria’ (1921) […]. Obgleich innerlich ratlos und angesichts der Ereignisse der Verzweiflung nahe, gibt er sich nach außen unverändert als der, den sein Publikum seit Jahren liebt: voller Witz und Charme, übersprudelnd von Einfällen und Bonmots, Mittelpunkt vieler Kaffeehausgesellschaften. Kaum jemand mag bemerkt haben, daß Karinthy den Optimismus, den er zur Schau stellte, wie eine Maske vor sich her trug. Auf die Machtergreifung Hitlers, antwortete er als einer der ersten europäische Intellektuellen von Rang mit scharfer Ablehnung; in einer Vielzahl von Zeitungsartikeln entlarvt er den Faschismus und weist er zugleich auf die Verantwortung des Schreibenden hin.“

Im Alter von 51 Jahren starb Frigyes Karinthy an einem Gehirnschlag.

 

 

 

Hans Leicht

* 8.7.1886 in Schäßburg, † 29.9.1937 in Bukarest, siebenbürgischer Politiker

 

Leicht hatte es Hans Leicht bestimmt nicht im Leben. Er versuchte immer wieder das Leben der Deutschen in Siebenbürgen zu erleichtern, als Rechtsanwalt in seiner Vaterstadt Schäßburg, als Referent für „die sächsische Minderheit im Oberkommissariat Siebenbürgen“ unter Ministerpräsident Mihály Károlyi, und nachdem Ungarn Siebenbürgen mit dem Vertrag von Trianon an Rumänien abtreten musste, als Unterstaatssekretär im Volkskommissariat der Räterepublik unter Bela Kun. Er erarbeitete für deutsche Minderheiten eine Verfassung, die allerdings nie in Kraft trat,  und begründete in Budapest ein deutsches Theater. Nach dem Sturz der ungarischen Räterepublik sprach ihn ein Ehrengericht frei und er arbeitete wieder als Rechtsanwalt, mühte sich weiter um eine Verständigung zwischen Ungarn und Deutschen.

Im Jahre 2018 wurde ich vom rumänischen PEN eingeladen,  im Rahmen eines Kongresses, meine Anna-Hood-Story zu lesen und wenn möglich auch hier eine Anna-Hood-Gang zu gründen:

Fantasie beflügend der Tagungsort, die Heimatstadt von Hans Leicht: Sighisora – Schässburg. Hier soll Vlad III. Tepes geboren sein, den Bram Stoker angeblich als Vorbild für seinen Dracula nahm. Keine Frage, grausam war Vlad III., sein Beinamen Tepes, der Pfähler, stammt beispielsweise daher, dass er Gefangene, türkische am liebsten, und zur besseren Abschreckung am allerliebsten in Scharen, mit dem Anus auf Lanzen setzte… Mit der Romanfigur Dracula hatte Vlad jedoch nichts gemein. Dennoch ist sein knallgelbes Geburtshaus in der von der UNESCO geschützten Altstadt stets dicht und vor allem von amerikanischen und japanischen Touristen umlagert.

Im 19. Jahrhundert, im Zuge der ungarischen Befreiungskriege, fiel der ungarische Nationaldichter Sandor Petöfi unweit Schässburgs.

Gegründet wurde diese Stadt von Siebenbürger Sachsen im 12. Jahrhundert. Und obwohl hier nach Auswanderungswellen in den 1980er und 1990er Jahren kaum noch Deutsche leben (weniger als 1%) ist dies zweifellos eine deutsche Stadt (was sogar meine Kollegen bestätigen).

Schon auf der Fahrt vom Flughafen Sibiu (Herrmannstadt – auch eine deutsche Gründung mit ähnlicher Geschichte), kam ich durch pittoreske Dörfer (Scharoch an der Kokel z.B.), die (bis auf die stattlichen Wehrkirchen vielleicht) auch in Sachsen verortet sein könnten, Anlage, Baustil etc. Irgendwie fühle ich mich hier vom ersten Augenblick an wohl. (Und dieses Gefühl weicht auch nicht, als ich bei der Rückreise dann wegen Flugannulierung 24 Stunden auf dem Airport Sibiu festsaß…)

Meine rumänischen Kollegen frage ich, ob es klug von Deutschland war, die Ausreise der Deutschstämmigen so massiv zu fördern, wie dies damals geschah. Unter Ceauscescu – keine Frage! Aber dann, nach der Wende? Eher nicht.

Seit dem Mittelalter waren die Deutschen hier in Siebenbürgen die kulturtragende Schicht, hinterließen eindrucksvolle Architektur und könnten wohl auch heute im zusammenwachsen müssenden Europa eine wichtige, eine treibende Rolle spielen. Immerhin, der derzeitige Präsident Rumäniens war Bürgermeister Sibius, ist siebenbürger Sachse…

Die Gründung der Anna-Hood-Gang klappt bestens. Einige Schüler des deutschsprachigen, im 15. Jahrhundert gegründeten Josef-Haltrich-Gymnasiums, haben mein Anna-Hood-Buch nicht nur gelesen, sondern in Vorbereitung auf die Begegnung sogar eigene Texte geschrieben, die sie dann sogar selbst vortragen – was sie in dieser Welt für ungerecht halten, was sie verbessern, was sie abschaffen möchten… Und natürlich erhoffen sie sich Perspektiven für ihr Leben hier.

Natürlich singen wir zum Abschluss gemeinsam den Anna-Hood-Song. Möge es nützen, hier und überhaupt.

 

 

 

Tony Williams

* 12.12.1945 als Anthony Tillmon Williams in Chicago, Illionis, † 23.2.1997 in Daly City, Kalifornien, amerikanischer Jazz-Schlagzeuger

 

Miles Davis holte Tony Williams in seine Band als der siebzehn war. Und was Tony Williams dann im legendären Miles Davis Quintett trommelte, gilt als Meilenstein in der Entwicklung des Jazz-Schlagzeugs.

Im Alter von 24 Jahren verließ er Miles Davis und gründete mit John McLaughlin und Larry Young „The Tony Williams Lifetime“, nicht selten wird diese Band als eine der wichtigsten bei der Entwicklung des Jazz-Rocks genannt.

Im Alter von 31 Jahren trat er dann mit Ron Carter, Herbie Hancock, Freddie Hubbard und Wayne Shorter als V.S.O.P. auf. Längst ist „Maiden Voyage“ vom gleichnamigen Live-Album ein Jazz-Standard; ebenso wie Tony Williams Komposition aus den 1980ern „Sister Cheryl“.

Im Alter von 50 Jahren erhielt er den Grammy für „A Tribute to Miles“. Mit einundfünfzig starb Tony Williams bei einer Routine-Operation an Herzversagen.

 

 

 

Honoré de Balzac

* 20.5.1799 in Tours † 18.8.1850 in Paris, französischer Schriftsteller

 

„Ein Mann von dem Genie Balzacs, der kraft einer überschwänglichen Phantasie einen vollkommenen zweiten Kosmos neben den irdischen zu stellen vermag, wird nur selten fähig sein, bei belanglosen Episoden seiner privaten Existenz sich immer streng an die nüchterne Wahrheit zu halten: alles wird sich bei ihm der souveränen umformenden Willkür seines Werkes unterordnen“, beginnt Stefan Zweigs Balzac-Biographie. „Diese selbstherrliche Transformierung vieler seiner Lebensepisoden setzt charakteristischerweise schon bei der – sonst unveränderlichen – Grundtatsache einer bürgerlichen Existenz ein: bei seinem Namen. Eines Tages, etwa in seinem dreißigsten Jahr, entdeckte Balzac der Welt, dass er nicht Honoré Balzac, sondern Honoré de Balzac heiße, und mehr noch, er behauptet, nach Fug und Recht von je zur Führung dieser Adelspartikel befugt gewesen zu sein. Während sein eigener Vater nur zum Spaß und im allerengsten Familienkreise von der Möglichkeit geflunkert hatte, der altgallischen Ritterfamilie der Balzac d’Entrague vielleicht entfernt verwandt zu sein, erhebt der phantasiemächtige Sohn diese windige Vermutung herausfordernd zur unbestreitbaren Tatsache.“

Im Alter von 20 Jahren hatte er begonnen zu schreiben und veröffentlichte unter den Pseudonymen „Lord R’Hoone“ und „Horace de Saint-Aubin“ erste Romane. Erst als Dreißigjähriger aber hatte er  mit „Les Chouans, ou La Bretagne en 1799“ einen ersten Erfolg unter seinem Namen. Fünf Jahre später schloss er einen Verlagsvertrag, „ wonach er aus vorhandenen und noch zu schreibenden Werken eine drei mal vier (also insgesamt zwölf) Bände umfassende Sammlung von ‚Szenen’ zu erstellen hatte, die unter dem Generaltitel Études de mœurs au XIXe siècle erscheinen sollten. Noch 1833 lieferte er zwei Bände Scènes de la vie de province, 1834 begann er die Scènes de la vie parisienne.“, weiß Wikipedia. Und „im selben Jahr 1834 hatte er beim Schreiben eines seiner besten Romane, Le Père Goriot (Vater Goriot), die Idee, die Figuren seiner bis dahin verfassten und der künftigen erzählenden Werke immer wieder neu auftreten zu lassen, um mit ihnen und um sie herum eine überschaubare Welt entstehen zu lassen. Wirklich schuf er so im Lauf der Zeit ein Universum von gut 2000 Figuren, die zugleich Repräsentanten der nachrevolutionären französischen Gesellschaft sein sollten und in der Tat eine plastische Vorstellung vom Leben zumindest der zeitgenössischen bürgerlichen und adeligen Schichten samt ihren Domestiken vermitteln.“

Um dies realisieren zu können, schrieb Balzac täglich bis zu 17 Stunden, trug dabei eine Art Mönchskutte und trank bis zu 50 Tassen Kaffee. 137 Romane hatte er geplant, 91 vollendete er.

Im Alter von 39 Jahren gründete Honoré de Balzac gemeinsam mit Alexandre Dumas, Victor Hugo und George Sand die Société de Gens de Lettres, den ersten französische Schriftstellerverband, und steuerte den bedeutenden Grundentwurf bei, den Code littéraire de la Société des Gens de Lettres, der erstmals die Urheberrechte der Schriftsteller an ihren Werken postulierte.

Im März 1850 heiratete er seine langjährige Partnerin Ewelina Hańska auf deren Schloss Wierzchownia bei Berditschew in der heutigen Ukraine. Nach der beschwerlichen Rückreise nach Paris starb Honoré de Balzac im Alter von 51 Jahren in Paris.

Zu seiner Arbeit hatte er einst geäußert:  Die Unermesslichkeit eines Planes, der zugleich die Geschichte und die Kritik der Gesellschaft, die Analyse ihrer Übel und die Erörterung ihrer Prinzipien umfasst, berechtigt mich, so scheint es mir, meinem Werk den Titel zu geben, unter dem es heute erscheint: „Die menschliche Komödie.“

 

 

 

Friedrich Arnold Brockhaus

* 4.5.1772 in Dortmund, † 20.8.1823 in Leipzig, deutscher Verleger

 

Friedrich Arnold Brockhaus gründete das Verlagshauses „F.A.Brockhaus“ und gab sowie das noch zu seinen Lebzeiten in mehrfachen Auflagen und zahlreichen Neudrucken erschienene „Conversations-Lexicon“, die spätere berühmte „Brockhaus Enzyklopädie“ heraus.

Und das war längst nicht die ganze verlegerische Leistung Brockhaus’, beispielsweise veröffentlichte er auch die höchst umstrittenen Memoiren Casanovas und das Hauptwerk des noch nahezu unbekannten Philosophen Arthur Schopenhauer.

Friedrich Arnold Brockhaus starb im Alter von 51 Jahren. Sein Sohn Heinrich, der sein Werk fortsetzte schrieb danach in sein Tagebuch: „Was er geschaffen hat, soll fortleben!“

 

 

 

Germaine de Staël

* 22.4.1766 als Anne-Louise-Germaine Necker in Paris, bekannt als Madame de Staël, † 14.7.1817 ebd., französische Schriftstellerin

 

Die Bezeichnung Deutschlands als „Land der Dichter und Denken“ geht auf Madame de Staëls wohl bekanntestes Werk „De l’Allemagne – Über Deutschland“ zurück.

Die Deutschen bilden gleichsam den Vortrab der Armee des menschlichen Geistes, sie schlagen neue Wege ein, versuchen unbekannte Mittel…

Zu diesem Urteil kam sie jedoch, da sie gegen Napoleon opponierte, der aus seiner Abneigung gegen sie kein Hehl machte und sie schließlich sogar verbannen ließ.

Im Vorwort einer deutschen Ausgabe von „De l’Allemagne“ steht zu lesen: „Der Flucht aus Frankreich verdankt die Nachwelt ihr prächtiges Reisebuch, das zum gegenseitigen Verstehen zwischen Franzosen und Deutschen wesentlich beigetragen hat. Frau von Staël musste das Schicksal der Landflüchtigen tragen: ihr Landgut Coppet im Stich lassend, floh sie 1812 vor Napoleon nach Wien und von da nach Moskau, Petersburg und Schweden. Ihr Werk ‚Zehn Jahre Verbannung’ enthält die Schilderungen der Ereignisse dieser Jahre. Erst nach dem Sturz Napoleons konnte sie noch ein paar Jahre der Furchtlosigkeit genießen. Unter ihren Schriften ist vor allen auch das Buch ‚Die Literatur unter Berücksichtigung der sozialen Einrichtungen’ ein bedeutendes, von neuen Ideen durchpulstes Werk. Ein ungewöhnlich reiches, aber auch ruheloses Leben erlosch mit ihrem Tod am 14. Juli 1817…“ – dem französischen Nationalfeiertag.

Die Deutschen sind im allgemein aufrichtig und treu; fast immer ist ihr Wort ihnen heilig und der Betrug ihnen fremd. Sollte sich je die Falschheit in Deutschland einschleichen, so könnte es nur geschehen, um sich den Ausländern nachzubilden…

 

 

 

René Goscinny

* 14.8.1926 in Paris, † 5.11.1977 ebd., französischer Comic-Autor

 

Zweifellos war René Goscinny einer der bekanntesten und erfolgreichsten Comic-Autoren des 20. Jahrhunderts. Wer kennt nicht Asterix, Obelix, Miraculix, Idefix, Majestix, Troubadix, Automatix, Verleihnix, Methusalix, Grünix, Amnesix, Olosemirnix, Nullnullsix oder Gutemine, die er gemeinsam mit dem Zeichner Albert Uderzo in die Welt brachte!

René Goscinny starb im Alter von nur 51 Jahren bei einem ärztlichen Belastungstest an einem Herzinfarkt.

Sono Pazzi, Questi Romani – Die spinnen, die Römer…

 

 

 

John Harington

* 4.8.1561 in Kelston, † 20.11.1612 ebd., englischer Erfinder

 

John Harington dichtete und veröffentlichte unter dem Pseudonym Misacmos. Bekannt wurde er jedoch als Erfinder des Wasserklosetts im Jahre 1596.

Sieben Jahre darauf wurde er zum „Knight of the Bath“ geschlagen: Sir John Harington also nunmehr. Wow.

 

 

 

Imre Lakatos

* 9.11.1922 in Debrecen, † 2.2.1974 in London, ungarischer Mathematiker

 

In den 1950er Jahren saß Imre Lakatos wegen „Revisionismus“ im Gefängnis. 1956 gelang ihm die Flucht nach Cambridge.

„Neben Arbeiten zur mathematischen Beweistheorie, welche durch die hegelsche und marxsche Dialektik beeinflusst waren, versuchte er zwischen dem von Karl Popper vertretenen Falsikationsbegriff und der Entwicklung von Wissenschaft, wie sie von T. S. Kuhn dargestellt wurde, Brücken zu schlagen“, weiß Wikipedia.

Die Auffassung, dass Theorien ganz aufgegeben werden müssen, wenn sie falsifiziert, also von experimentellen oder empirischen Resultaten widerlegt werden, verwarf er als naiven Falsifikationismus.

Lakatos geht davon aus, dass Theorien nie isoliert, sondern nur als Teile größerer Theoriensysteme und Methodenregeln, sogenannter ‚Forschungsprogramme’, beurteilt werden können. Sein Begriff des Forschungsprogramms ist mit dem Paradigma-Begriff Kuhns verwandt. Theorien sind in der Regel als Forschungsprogramme strukturiert, so dass sie weiterhin eindeutige Annahmen und Vorschriften enthalten, wie sie aufgebaut sind und weiterentwickelt werden sollen. […] Im Gegensatz zu Kuhn jedoch ist Lakatos der Auffassung, dass verschiedene Forschungsprogramme rational verglichen und diskutiert werden können. Die Wissenschaft kann Fortschritte machen und sich vernünftig entwickeln. Lakatos betrachtet Fortschritt der Wissenschaft indes nicht als eine kontinuierliche Annäherung an die Wahrheit, sondern als eine Reihe von Problemverschiebungen, die uns ständig auf eine höhere Stufe gelangen lassen.“

Imre Lakatos starb im Alter von 51 Jahren an einer infrazerebralen Blutung.

 

 

 

 

Éduard Manet

* 23.1.1832 in Paris, † 30.4.1883 ebd., französischer Maler

 

Als Kind besuchte Éduard Manet gern den Louvre und fertige Zeichnungen nach dem Vorbild alter Meister an. Dann wollte er Marineoffizier werden, entschloss sich nach einer halbjährigen Fahrt auf einem Schulschiff aber, besser Maler zu werden.

Viele seiner frühen Werke entstanden nach Vorlagen von Tizian oder Tintoretto, Rembrandt, Delacroix. In den späten 1850er Jahren befreundete er sich mit Edgar Degas und Charles Baudelaire. Und nach Baudelaires Gedichtzyklus „Die Blumen des Bösen“ schuf Éduard Manet sein erstes eigenständiges Gemälde: „Der Absinthtrinker“.

Erste Anerkennung fand er 1861 durch die Jahresausstellung im „Salon de Paris“ für „Das Bildnis der Eltern“ und „Der spanische Sänger“. Im Jahr darauf begündete Édgar Manet die „Societé des Aquafortistes“, zur Förderung der Radierkunst mit. Doch er wurde auch kritisiert, und einen Kritiker forderte er sogar zum (am Ende harmlosen) Duell, als sein Sekundant fungierte Émile Zola.

Als charakteristisch für Manets Malweise gelten die Bilder: „Musik im Tuileringarten“,Maskenball in der Oper“, „ Der tote Mann“, „Das Kind mit dem Degen“, „Olympia“, „Das spanische Ballett“, „Die Eisenbahn“, „Das Café-Concert“, „Die Canotiers von Argenteuil“, „Die Wäsche“, „Der gute Trunk“ undDie Bar in den Folies-Bergère“.

An seinem Lebensende litt Éduard Manet an Syphillis, und wenige Tage nachdem ihm das linke Bein amputiert werden musste, starb er im Alter von 51 Jahren.

Ende des 20. / Anfang des 21. Jahrhunderts erzielten Manet-Gemälde bei Auktionen Spitzenpreise, so „Die Rue Mosnier mit Flaggen)  umgerechnet 19,8 Millionen Euro, „Selbstporträt mit Palette 22,4 Millionen Britische Pfund und „Der Frühling 65.125.000 US-Dollar.

 

 

 

Carl Philipp Gottlieb von Clausewitz

* 1.7.1780 in Burg b. Magdeburg, † 16.11.1831 in Breslau, preußischer General

 

An Tagen, an denen ich mich über Subalterne, über Bürokraten, über Diensteifrige aller Couleur ärgerte, zitierte ich gern Clausewitz.

Sinngemäss: In einer Armee gäbe es vier Persönlichkeitsstrukturen:

1 - Klug und fleißig: Generalstab

2- Klug und faul: Regimentskommandeur

3- Dumm und faul: Unteroffizier

4- Dumm und fleißig: macht jede Armee dieser Welt kaputt...

Zufällig musste ich nun allerdings feststellen, dass dieser Ausspruch wohl gar nicht von Carl Philipp Gottlieb von Clausewitz ist, zumindest konnte ich beim besten Willen in seinem Hauptwerk „Vom Kriege“ keine entsprechende Stelle finden.

Immerhin hatte ich mehr als einmal erfahren, dass der Name Clausewitz offenkundig für Autorität steht, dass beifällig genickt wurde, wenn ich dieses Zitat in den Mund nahm. Manchmal wurde sogar gelacht… Na, bitte. Oder wurde es vielleicht für einen Witz gehalten?

Wie auch immer: Danke, General von Clausewitz!

 

 

 

Annette von Droste-Hülshoff

* 10.1.1797 als Anna Elisabeth Franzisca Adolphina Wilhelmina Ludivica Freiin zu Hülshoff auf Burg Hülshoff (heute Havixbeck), † 24.5.1848 auf Burg Meersburg, deutsche Dichterin

 

Im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung war ich als Merseburger Stadtschreiber nach Meersburg gekommen, um Aufmerksamkeit für unsere Zaubersprüche zu gewinnen, vielleicht ein Zusammenwirken, allein der Namensähnlichkeit wegen, zu erreichen. In Meersburg schien man jedoch noch nie etwas von Merseburg gehört zu haben, und als ich die Zaubersprüche zitierte, erntete ich nur Spott.

Ich bin mir aber sicher, Annette von Droste-Hülshoff, die hier am Bodensee im Revolutionsjahr 1848 verschied, hätte mich verstanden.

 

… Dort ist der Osten, dort, drei Schuh im Grund,

Dort steht die Urne, und in ihrem Rund,

Ein wildes Herz, zerstäubt zu Aschenflocken,

Hier lagert sich der Traum vom Opferhain,

Und finster schütteln über diesen Stein

Die grimmen Götter ihre Wolkenlocken.

 

Wie, sprach ich Zauberformel? ...

 

 

 

László Moholy-Nagy

* 20.7.1895 als László Weisz in Báscborsód, † 24.11.1946 in Chicago, ungarischer Maler, Fotograf, Typograf und Bühnenbildner

 

Im Jahr 1923 wurde László Moholy-Nagy als Nachfolger von Johannes Itten Leiter des Vorkurses am Bauhaus und Formmeister der Metallwerkstatt, zuerst in Weimar, dann in Dessau. Mit Walter Gropius gab er die Bauhausbücher heraus und gilt als einer der bedeutendsten Lehrer des Bauhauses. Mit Herbert Bayer entwarf er das erste deutsche Lifestylemagazin, die neue linie“. Seine „Telefonbilder“ können als frühes Werk der Medienkunst interpretiert werden.

1928 eröffnete László Moholy-Nagy in Berlin ein eigenes Atelier, entwickelte beispielsweise für des Jenaer Glaswerk Schott & Gen eine vollkommen neuartige Werbung, prägte auch den Begriff „Jenaer Glas“.

Von den Nazis erhielt László Moholy-Nagy Berufsverbot, emigrierte 1934 nach Amsterdam, dann weiter nach England und in die USA, wo er in Chicago die Nachfolgeeinrichtung des „New Bauhaus“, die „School of Design“ gründete und leitete.

Er starb im Alter von 51 Jahren an Leukämie.

 

 

 

Josef „Jossele“ Rosenblatt

* 9.5.1882 in Belaja Zerkow, Ukraine, † 19.6.1933 in Jerusalem, jüdischer Komponist

 

Jossele Rosenblatt gilt als „König der Chasanim“, als „der größte der Kantoren“. Schon im Alter von 13 Jahren war er ein voll ausgebildeter Chasan, ein jüdischen Vorbeter, und wurde als Vorsänger synogaler Musik weithin bekannt.

Mit dreiundzwanzig begann er in Bratislava, wohin er als Oberkantor berufen worden war, selbst zu komponieren und spielte seine erste Schallplatte ein. Mit siebenundzwanzig nahm er in Hamburg, wo er mittlerweile wirkte, am Zionistenkongress teil, und sein Ruf verbreitete sich bis in die USA.

Im Alter von 30 Jahren nahm er die Einladung an, Chasan der Ersten Ungarischen Gemeinde Ohab Zedek in New York City zu werden. 1917 zog er für eine Wohltätigkeitsveranstaltung für europäische Juden im New Yorker Hippodrom Theater mehr als 60.000 Zuhörer an. Danach ging er auf eine Wohltätigkeitstournee durch 30 nordamerikanische Städte. Nach einem Konzert vor der New York Public Library küsste ihn der, ob Jossele Rosenblatts Gesangskünste begeistere, berühmteste Sänger der Welt: Enrico Caruso. Er wurde zu einem Star der New Yorker Kulturszene und seine Gemeinde zahlte ihm ein Rekord-Jahresgehalt von 10.000 $.

Insgesamt nahm Jossele Rosenblatt gut 180 Schallplatten, zumeist mit eigenen Kompositionen, auf, wobei seine Interpretation von Psalm 126 „Shir Hama’alot“ am erfolgreichsten wurde.

Dann investierte er aber in eine dubiose jiddische Zeitung und ging bankrott. In folgenden Jahren hatte er zwar immer auch lohnende Engagements, von Vaudeville-Theatern und sogar vom Film, wurde seine Schulden aber nie wieder los, blieb bis an sein Lebensende verarmt.

So folgte Jossele Rosenblatt im Alter von 51 Jahren einem Angebot der Palestine-American Film Company, für die Aufnahme des halbdokumentarischen Films „Halom Ami nach Palästina zu reisen und an biblischen Stätten thematisch passende eigene Kompositionen zu singen. Bei Dreharbeiten am Toten Meer erlitt er jedoch einen Herzanfall, an dessen Folgen er tags darauf verstarb.

 

 

 

Alfred Lewis Vail

* 25.9.1807 in Morristown, New Jersey, † 18.1.1859 ebd., amerikanischer Erfinder

 

Ich suche keine Berühmtheit für mich, ich kümmere mich wenig um den Applaus der Welt … Aber was ich mir wünsche, ist die Wahrheit in Zusammenhang der Geschichte bezüglich der Verbesserungen des magnetischen Telegrafen … wie es gleichbedeutend ist mit dem Risiko, das ich auf mich genommen habe, das Interesse, das ich gezeigt habe und die Verbesserungen, die ich in der Unternehmung gemacht habe, schrieb Alexander Vail in seinem Buch „The American Electric Telegraph“.

Tatsächlich baute nicht Samuel Morse, sondern dessen Mitarbeiter Alfred Vail den ersten funktionstüchtigen Morse-Telegraphen und entwickelte zudem das amerikanische Morse-Alphabet.

Die erste Morse-Depesche übermittelte Samuel Morse am 24. Mai 1844 aus dem Capitol in Washington D.C. an Alfred Vail im B & O Railroad Depot in Baltimore: „What hath God wrough? – Was hat Gott erzürnt?”

Was Vail zurückmorste, ging leider nicht in die Annalen ein.

 

 

 

Elisabeth Langgässer

* 23.2.1899 in Alzey, † 25.7.1950 in Karlsruhe, deutsche Schriftstellerin

 

Hauptthema Elisabeth Langgässers war der Konflikt zwischen dem teuflisch triebhaften Leben und dem Göttlichen, womit sie die Traditionslinie der christlichen Mystikerinnen fortzuführen versuchte.

Im Alter von 25 Jahren verfasste sie ihren ersten Gedichtband „Der Wendekreis des Lammes“. Nach der Machtergreifung der Nazis publizierte sie zwar weiter, wurde jedoch 1936 als „Halbjüdin“ aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und musste ab 1943 Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik leisten. Dennoch, und obwohl sich erste Anzeichen einer Erkrankung an multipler Sklerose zeigten, begann sie an ihrem wohl bekanntesten Werk, dem Roman „Das unauslöschliche Siegel“ zu arbeiten, den sie nach dem Zweiten Weltkrieg abschloss.

Im März 1950 wurde Elisabeth Langgässer in die Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur aufgenommen, vier Monate später starb sie. Postum wurde sie mit dem Georg-Büchner-Preis geehrt.

 

 

 

Andrej Platonowitsch Platonow

* 28.8.1899 in Woronesh, † 5.1.1951 in Moskau, sowjetischer Schriftsteller

 

Stalin schrieb an den Rand des Abdrucks einer Erzählung von Andrej Platonows über die Zwangskollektivierung: „Swolotsch – Abschaum!“ Kein Wunder also, dass Platonows Werke erst im Zuge der Perestroika vollständig erscheinen konnten. Englische Kritiker nannten ihn den „russischen George Orwell“.

In einem Artikel über Puschkin hatte Platonow den Gedanken geäußert, dass es eine wahre Tragödie sei, wenn Fortschritt und Humanismus sich feindlich gegenüberstünden.

Zu seinen wichtigsten Texten gehören die Erzählungen „Die Baugrube“ „Die Epifaner Schleusen“, „Die Stadt Gradow“, „Dshan“, „Die Reise des Spatzen“ „In der schönen und grimmigen Welt“ sowie der Roman „Tschewengur“

Konstantin Paustowski lobte: „Es gibt bei Platonow eine kleine Erzählung ‚Juligewitter’. Ich kenne in unserer modernen Literatur nichts, was so klar, so klassisch und von so bestechender Schönheit ist wie diese Erzählung. Nur ein Mensch, für den Russland zum zweiten Ich geworden ist, der es wie sein Vaterhaus bis in die verborgendsten Schlupfwinkel durchforscht hat, konnte mit solcher Bitternis und Wärme über das Land schreiben.“

Die Lektorin Lola Debüser sagte: „Platonow geht stets von einer tiefdurchdachten philosophischen Konzeption aus, aber die Quelle seinen Philosophie und Dichtung – sein Lebenselixier – ist das persönlich durchlebte und Erlittene.“

Im Zweiten Weltkrieg wirkte Andrej Platonow als Kriegsberichterstatter der Zeitung „Krasnaja Swesda“ und erkrankte an Tuberkulose, an der er schließlich im Alter von 51 Jahren verstarb.

 

 

 

Marcel Proust

* 10.7.1871 als Valentin Louis Georges Eugène Marcel Proust in Auteuil-Neuilly-Passy, † 18.11.1922 in Paris, französischer Schriftsteller

 

Im Sommer 1922 fragte die Pariser Zeitschrift „L’Intransigant“: „Ein amerikanischer Wissenschaftler kündigt an, die Welt, oder doch zumindest ein großer Teil Europas, werde so plötzlich untergehen, daß dabei mehrere hundert Menschen den Tod fänden. Falls aus dieser Vorhersage Gewissheit würde, wie würden sich die Menschen Ihrer Meinung nach zwischen dem Zeitpunkt, da sie diese Gewissheit erlangen, und dem Zeitpunkt der Katastrophe verhalten? Und was würden Sie selbst tun, bevor Ihre letzte Stunde schlägt?“

Marcel Proust antwortete: „Ich glaube, das Leben würde uns ganz plötzlich köstlich erscheinen, wenn wir so sterben müssten, wie Sie sagen. Stellen Sie sich nur vor, wie viele Pläne, Reisen, Liebesaffären, Studienobjekte es – unser Leben – in aufgelöster Form enthält, unsichtbar für unsere Trägheit, die sie, der Zukunft gewiß, unablässig aufschiebt. Aber wenn die Gefahr besteht, daß all das auf immer unmöglich sein wird, wie schön wird es dann wieder! Ach! wenn die Katastrophe nur dieses Mal nicht stattfindet, werden wir ganz bestimmt die neuen Säle des Louvre besuchen, uns Mille X… zu Füßen werfen oder Indien bereisen. Die Katastrophe findet nicht statt, wir tun nichts von alledem, denn wir fühlen uns wieder ins normale Leben versetzt, wo die Nachlässigkeit alle Wünsche abschwächt. Und dennoch sollten wir der Katastrophe nicht bedürfen, um das Leben heute zu lieben. Dazu würde der Gedanke genügen, daß wir Menschen sind und uns noch heute abend der Tod ereilen kann.“

Keine Frage, eine würdige Antwort des Autors von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“.

 

 

 

Gustav Ernst Stresemann

* 10.5.1878 in Berlin, † 3.10.1929 ebd., deutscher Politiker

 

1926 wurde der deutsche Außenminister Gustav Stresemann gemeinsam mit dem französischen Außenminister Aristide Briand mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

„Stresemann knüpfte mit der Übernahme des Außenministeriums 1923 an den Beginn der Erfüllungspolitik von 1921 an. Allerdings waren die außenpolitischen Voraussetzungen günstiger als damals. Zentrale Elemente von Stresemanns Außenpolitik waren die Verständigung mit den Siegermächten des Ersten Weltkrieges auf der einen Seite und die Anerkennung Deutschlands als gleichberechtigten Akteurs auf der internationalen Bühne auf der anderen Seite. Voraussetzung für eine angestrebte Veränderung des Versailler Vertrags war zunächst dessen Anerkennung“, urteilte der Historiker Gottfried Niedhart, „Von erheblicher Bedeutung für Stresemanns Politik war, dass die USA nach dem Ende des Ruhrkampfes eine wichtige Rolle spielten, um Deutschland international zu integrieren und die gegen Deutschland gerichtete Politik Frankreichs zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund bekam der deutsch-amerikanische Handelsvertrag vom Dezember 1923 erhebliche Bedeutung. Dieser sicherte den Vertragsparteien die unbedingte gegenseitige Wechselseitigkeit zu und betonte die Gleichberechtigung Deutschlands im internationalen System.“

Im Februar 1925 richtete Stresemann ein Memorandum an Frankreich, das einen Sicherheitspakt zwischen England, Frankreich, Deutschland und Italien mit den USA als Garantiemacht vorsah. Briand ging sofort darauf ein. Auch international stieß der Vorstoß auf Unterstützung. Dies führte schließlich zur Konferenz von Locarno.“ berichtet Stresemanns Biograph Kurt Koszyk, „Das Vertragswerk von Locarno vom Oktober 1925 war ein großer Erfolg auch für die Politik Stresemanns. Um die letzten Hürden wegzuräumen, hatte Stresemann ein Motorschiff für die letzten Verhandlungen chartern lassen und den Kapitän angewiesen, so lange auf dem Lago Maggiore zu kreuzen, bis alle von der deutschen Delegation gewünschten Fragen behandelt worden waren.“

Gustav Stresemann erwirkte auch einen Friedensschluss mit Russland sowie die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund. Nicht zuletzt in Deutschland wurde sein Wirken jedoch immer wieder bekrittelt. Gustav Stresemann sagte kurz vor seinem Tod: Wenn ihr mir nur ein einziges Zugeständnis gemacht hättet, würde ich mein Volk überzeugt haben [...] Ich könnte es heute noch. Aber ihr habt nichts gegeben, und die winzigen Zugeständnisse, die ihr gemacht habt, sind immer zu spät gekommen [...] Die Zukunft liegt in den Händen der jungen Generation. Und die Jugend Deutschlands, die wir für den Frieden und für das, neue Europa hätten gewinnen können, haben wir beide verloren. Das ist meine Tragik und eure Schuld.

Gustav Stresemann starb im Alter von 51 Jahren infolge eines Schlaganfalls.

 

 

 

Alois Alzheimer

* 14.6.1864 in Marktbreit, † 19.12.1915 in Breslau, deutscher Psychiater

 

Im November 1901 begegnete der Arzt Alois Alzheimer in einer Heilanstalt Auguste Deter. Ihr Wesen hatte sich binnen eines Jahres stark verändert: sie konnte einfache Aufgaben im Haushalt nicht mehr verrichten, versteckte Gegenstände, war eifersüchtig geworden, fühlte sich verfolgt und behelligte aufdringlich die Nachbarschaft.

Alois Alzheimer protokollierte ihr erstes Gespräch:

„Wie heißen Sie?“

„Auguste.“

„Familienname?“

„Auguste.“

„Wie heißt Ihr Mann?“

„Ich glaube... Auguste.“

„Ihr Mann?“

„Ach so.“

„Wie alt sind Sie?“

„51.“

„Wo wohnen Sie?“

„Ach, Sie waren doch schon bei uns.“

„Sind Sie verheiratet?“

„Ach, ich bin doch so verwirrt.“

„Wo sind Sie hier?“

„Hier und überall, hier und jetzt, Sie dürfen mir nichts übel nehmen.“

„Wo sind Sie hier?“

„Da werden wir noch wohnen.“

„Wo ist Ihr Bett?“

„Wo soll es sein?“…

Diese Begegnung sollte Alois Alzheimer letztlich berühmt machen, kam er im Folgenden doch der nach ihm benannten Krankheit auf die Spur. 1906, im Jahr als Auguste Deter starb,  veröffentlichte er in der „Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie“ den Artikel „Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde“.

Als Alois Alzheimer 1911 das Gehirn seines verstorbenen Patienten Johann F. untersuchte, fand er auch hier auffällige Veränderungen. Diese werden heute als ‚plaque-only’-Variante der Demenz bezeichnet. Alzheimer stellte daran gleichartige Gewebsveränderungen des Gehirns auch bei Fällen von seniler Demenz fest. Er kam zu der Überzeugung, dass die senile Demenz eine später einsetzende und langsamer verlaufende Variante der von ihm 1906 beschriebenen Krankheit sei. Diese Auffassung hat bis heute zu der unzutreffenden Unterscheidung von seniler und präseniler Demenz geführt“, weiß Wikipedia.

Im Laufe des Jahres 1915 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zusehends, Herzbeschwerden, Nierenversagen, Atemnot, und kurz vor Weihnachten starb Alois Alzheimer im Alter von 51 Jahren.

 

 

 

Antonin Artaud

* 4.9.1896 als Antoine Marie Joseph Paul Artaud in Marseille, † 4.3.1948 in Ivry-sur-Seine, französischer Schauspieler und Autor

 

Antonin Artaud gilt als einer der Urväter der Performance-Kunst. Wikipedia weiß: „Die von Artaud erstmals in ihrer vollen Schärfe artikulierte Idee eines ‚nicht-repräsentativen’ Theaters, eines Theaters der direkt umgesetzten Energien des Seins selbst, hat auf viele Künstler und Theoretiker des 20. Jahrhunderts großen Einfluss ausgeübt: Unter anderem auf Jerzy Grotowski, Tadeusz Kantor, David Esrig, Werner Schwab, Rainer Werner Fassbinder und Sarah Kane, auf die Performance- und Aktionskunst, auf den Komponisten Wolfgang Rihm, aber auch auf Philosophen wie Jacques Derrida, Gilles Deleuze, Michel Foucault und Félix Guattari.“

Zeitlebens wirkte Antonin Artaud in 22 Filmen mit und verfasste 26 Bücher. Im Alter von 35 Jahren will er in einem Berlin Künstlerlokal Hitler getroffen haben, mit neununddreißig gründete er in Paris das „Théâtre de la Cruauté“, das „Theater der Grausamkeit“.

In seiner Schrift „Das Theater und sein Double“ sagte er: Die Meisterwerke der Vergangenheit sind für die Vergangenheit gut: für uns sind sie es nicht. Wir haben das Recht, zu sagen, was gesagt worden ist, und sogar das, was noch nicht gesagt worden ist, und zwar auf eine Art, die uns entsprechen soll, die unmittelbar und direkt sei, die dem gegenwärtigen Empfinden gerecht wird und die ein jeder verstehen wird.

Im Jahr darauf fuhr Antonin Artaud nach Mexiko und lebte einige Monate bei den indigenen Tarahumara. Anschließend versuchte er in Irland keltische Druiden aufzuspüren und wurde wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ nach Frankreich abgeschoben. Hier verkündete er die baldige Apokalypse und wurde wegen einer „Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit“ immer wieder in psychiatrische Kliniken eingewiesen.

Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Antonin Artaud letztlich entlassen und hielt an der Sorbonne einen Vortrag gegen die Psychiatrie und schrieb fürs Radio das Stück „Pour en finir avec le jugement de dieu - Schluss mit dem Gottesgericht“

Antonin Artaud erkrankte an Darmkrebs und nahm sich schließlich im Alter von 51 Jahren durch eine Überdosis Schlaftabletten das Leben. Und sogar sein Tod sollte wohl eine Performance sein: man fand Antonin Artaud vor seinem Bett sitzend mit einem Schuh in der Hand.

 

 

 

Norbert Schulz

* 11.6.1961 in Köthen, † 28.12.2012 in Halle/Saale, deutscher Hochschullehrer

 

Ach, Norbert, wären Dir wenigstens einige Schaffensjahre mehr vergönnt gewesen, wärst Du nicht so früh an Krebs verstorben, hätten wir mit Sicherheit noch weitere Projekte zur Leseförderung initiiert und gemeinsam realisiert. Es war stets eine Freude, mit Dir zusammenzuarbeiten, Deine Ideen aufblitzen zu hören, Deinen konstruktiven Einwänden zu folgen und nicht zuletzt Dir als Sänger zu lauschen, Deinem sanften Bass.

Neben der Dokumentation unserer wohl weit und breit einmaligen Vorlesungsreihe „Poesie & Poetik“, gaben wir auch neue Lesebücher für Schüler in Sachsen-Anhalt heraus: „Eulenblumen & Pustespiegel“ und „Zaubersprüche & Sachsenspiegel“.

Kinder brauchen Geschichten, hattest Du ein Lesebuch-Vorwort geschrieben, Mit Geschichten und Versen wachsen sie in die Sprache hinein. Gute Geschichten und Verse gehören ins Handgepäck, wenn man sich auf die Lebensreise begibt. Sie sind eine Art Kompass: Wegweiser zu sich selbst und zum Leben der anderen…

Merci!

 

 

 

Johann Gottlieb Fichte

* 19.5.1762 in Rammenau, † 29.1.1814 in Berlin, deutscher Philosoph

 

Johann Gottlieb Fichte gilt neben Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Georg Wilhelm Friedrich Hegel als wichtigster Vertreter des Deutschen Idealismus.

Berühmt wurde er, nachdem ihm Immanuel Kant einen Verleger für seine Schrift „Versuch einer Critik aller Offenbarung“ vermittelt hatte, die anonym erschien und für eine religionsphilosophische Schrift Kants gehalten wurde, bis der, den Irrtum klarstellte. Und nachdem er sich anfangs als Anhänger der Französischen Revolution bezeichnete, profilierte er sich durch seine „Reden an die deutsche Nation“ als Gegner Napoleons und wurde zum Vordenker der deutschen Burschenschaft.

Ein Kern seiner Philosophie ist der Begriff des „absoluten Ich“, das er in seiner „Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre“ bestimmte: Das Ich setzt sich selbst, und es ist, vermöge dieses bloßen Setzens durch sich selbst; und umgekehrt: Das Ich ist, und es setzt sein Seyn, vermöge seines bloßen Seyns. – Es ist zugleich das Handelnde, und das Produkt der Handlung; das Thätige, und das, was durch die Thätigkeit hervorgebracht wird; Handlung, und That sind Eins und dasselbe; und daher ist das: Ich bin, Ausdruck einer Thathandlung.

Johann Gottlieb Fichte starb im Alter von 51 Jahren an Fleckfieber. Seinen Grabstein ziert ein Spruch aus der Bibel: „Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“

 

 

 

Albert Hoefler

* 2.1.1899 in Echternach, † 28.9.1950 in der Mosel, luxemburger Dichter

 

Albert Hoefler begann in den 1920er Jahren auf Luxembourgeois zu schreiben und versuchte sogar eine eigenständige Luxemburger Schriftstellervereinigung zu gründen. Zuvor hatte er bereits Gedichtbände auf Deutsch veröffentlicht. 1933 wurde er mit dem Literaturpreis „Les Cahiers luxembourgeois“ ausgezeichnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm er als Beobachter und Berichterstatter an den Nürnberger Prozessen teil. Danach etablierte er im „Lëtzebuerger Journal“ ein Feuilleton.

Im Alter von 51 Jahren ertrank Albert Hoefler nach einem Besuch des Grevenmacher Traubenfestes zwischen Remich und Stadtbredimus in der Mosel.

 

 

 

 Victor Piñero Borges

* 10.5.1923 in Caracas, † 5.1.1975 ebd., venezolanischer Sänger

 

Im Alter von 24 Jahren spielte Victor Piñero als Solosänger des Orquesta Hermanos Belisario erste Schallplattenaufnahmen ein. Neun Jahre später kreierte er mit dem Orchester des Trompeters Germán Vergare einen neuen Musikstil, den Merecumbé, woraufhin er „Rey de Merecumbé“ genannt wurde. Er wirkte auch in Kuba und trat 1962 mit einem eigenen Orchester beim Karneval auf.

Zu seinen bekanntesten Titel zählen: „Apágame la Vela“, „Chipi Chipi“ oder „Carnaval Costeño“.

 

 

 

Balys Sruoga

* 2.2.1896 in Baibokal, † 16.10.1947 in Vilnius, litauischer Autor

 

Balys Sruoga studierte in Sankt Petersburg und Moskau und promovierte sich im Alter von 28 Jahren an der Universität München über litauische Folklore. Danach lehrte er an der Universität Kaunas und verfasste Literatur- und Theaterkritiken.

Als Dramatiker wurde Balys Sruoga Anfang der 1930er Jahre durch Stücke wie „Im Schatten des Riesen“ bekannt.

Im Alter von 47 Jahren wurde er von den deutschen Besatzern verhaftet und ins KZ Stutthof deportiert. Seine Konzentrationslager-Erfahrungen verarbeitete er im Roman „Der Wald der Götter“, der allerdings erst nach der „Entstalinisierung“, zehn Jahre nach seinem Tod erscheinen konnte.

  

 

 

James Aggrey

* 18.10.1875 als James Emman Kwegyir Aggrey in Anomabu, † 30.7.1927 in New York City, ghanaischer Autor

 

Im Alter von 23 Jahren wurde James Aggrey ausgewählt, in den USA zum Missionar ausgebildet zu werden. Er besuchte das Livingstone College in Salisbury. North Carolina, wurde dann zum Pastor der Afrikanischen Methodisten Zion Kirche ernannt, promovierte, lehrte am Livingstone College und begann zu schreiben. Vor allem in seiner Heimat weithin bekannt wurde sein Märchen „Der Adler, der nicht fliegen wollte“.

Mit fünfundvierzig bereiste James Aggrey zehn afrikanische Länder, um Daten zur Verbesserung der Bildung der einheimischen Bevölkerung zu sammeln und lernte die späteren Präsidenten Hastings Kamuzu Banda, Nmandi Azikiwe und Kwame Nkrumah kennen.

Mit achtundvierzig wurde James Aggrey zum Leiter des Achimota College in Accra berufen. Drei Jahre später kehrte er in die USA zurück und starb im Alter von 51 Jahren.

 

 

 

Kurt Eisner

* 14.5.1867 in Berlin, † 21.2.1919 in München, deutscher Politiker

 

Kurt Eisner war der erste Ministerpräsident des Freistaats Bayern. Am 8. November erklärte er König Ludwig III. für abgesetzt und wurde von der Versammlung der Arbeiter- und Soldatenräte zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. Er versuchte, die Philosophie der „Marburger Schule“ mit der politischen Praxis der Sozialdemokratie zu verbinden, strebte theoretisch eine „Synthese von Kant und Marx“ an:

Denn sachlich gehört Marx zu Kant, in die Reihe der großen Aufklärer des 18. Jahrhunderts, wie tief und entscheidend er immer […] von Hegel beeinflußt ist.

In seinem „Revolutionstagebuch 1919“ verglich Victor Klemperer Kurt Eisner mit Gustav Landauer, der von Eisner gebeten worden war, zum Gelingen der Bayerischen Revolution beizutragen: „Landauer […] scheint der wieder lebendig, um kein Atom klüger, um einige Atome radikaler gewordene Eisner. Idealist wie er, Dichter wie er, Bohémien wie er, allen politischen Notwendigkeiten und Selbstverständlichkeiten meilenfern wie er (nur noch einige Meilen ferner), mit Fingern, die von Blut und Gier rein sind, wie Eisners Finger, und sicherlich bald wie Eisner zu Gewalttaten gedrängt oder von Gewalttaten beiseite geschoben“

Als Morddrohungen gegen Kurt Eisner laut wurden, sagte er: Man kann einem Mordanschlag auf die Dauer nicht ausweichen, und man kann mich ja nur einmal totschießen. Tatsächlich wurde er erste Ministerpräsident des Freistaats Bayern von einem vormaligen Offizier des Königlich Bayerischen Infanterie-Leib-Regiments auf dem Weg in den Bayerischen Landtag erschossen.

Die Revolution ist nicht die Demokratie. Sie schafft erst die Demokratie.

 

 

 

Carl Borromäus Neuner

* 29.7.1778 (getauft) in Au, † 1.4.1830 in München, deutscher Kontrabassist und Komponist

 

Im Alter von 19 Jahren schloss Carl Neuner seine Schulzeit am Münchner Wilhelmsgymnasium um, studierte am angeschlossenen Lyzeum Philosophie, und wurde mit Zweiundzwanzig Accesist und Ballettrepetitor im Münchner Hoforchester und avancierte neun Jahre später zum „wirklichen Hofmusicus“, weiter fünf Jahre darauf wirkte er dort als Kontrabassist.

Carl Neuner komponierte die „Tragödie der Freyschütze“, zahlreiche Ballettmusiken, so „Harlekins Hochzeit“ oder „Die Zauberhöhle“ sowie das Weihnachtslied „Schlaf wohl, di Himmelsknabe, du“.

Im Alter von 49 Jahren ging er in den Ruhestand und verstarb zwei Jahre darauf.

 

  

 

 

Paul Verlaine

* 30.3.1844 in Metz, † 8.1.1896 in Paris, französischer Lyriker

 

Nachdem der Dichter Paul Verlaine auf seinen jungen Kollegen und Intimfreund Arthur Rimbaud im Suff geschossen hatte, wurde er während seiner zweijährigen Haftzeit (vorübergehend) fromm und verfasste im Knast sein berühmtes Gedicht „Art poétique“, das zu einer Art Manifest des Symbolismus wurde.

Anatol France schrieb: „Wenn man ihn ansieht, könnte man glauben, man habe es mit irgendeinem dörflichen Hexenmeister zu tun. Mit seinem nackten, kupfernen, wie ein alter Kessel zerbeulten Schädel, seinen kleinen, schiefen, leuchtenden Augen, dem platten Gesicht, der aufgeworfenen Nase, dem kurzen, dünnen und harten Bart gleicht er einem Sokrates ohne Philosophie und Selbstbeherrschung. – Sein Anblick überrascht, schockiert. Er wirkt gleichzeitig ungesellig und einschmeichelnd, wild und familiär. Ein instinktmäßig handelnder Sokrates, oder besser: ein Faun, ein Satyr, ein halb tierisches, halb göttliches Wesen, das wie eine keinem bekannten Gesetz unterworfene Naturkraft erschreckt. O ja! das ist ein Vagabund, ein alter Vagabund der Landstraßen und der Vorstädte.“

Verlaines Gedicht „Chanson d’automne“, insbesondere die zweite Strophe wurde Anfang Juni 1944 sogar zur Geheimbotschaft des Senders Radio Londres der BBC, um die Résistance über die binnen weniger Stunden bevorstehende Landung der Allierten in Frankreich zu informieren:

Vom Schmerz erstickt

Mein Herz erschrickt,

     Schlägt die Stunde.

Die Träne rinnt,

Da sich’s entsinnt

     Alter Wunde…

Edmund Lepelletier sagte: „Die Reime Paul Verlaines sind seltsam, in ihnen blüht die Assonanz; seine Rhythmen sind unerwartet. Er macht mit dem neunsilbigen Vers, was Paganini mit seinem Geigenbogen machte.“

Stefan Zweig urteilte: „Seine ganzen Gedichte sind – in Goethes Sinn – Bruchstücke einer einzigen großen Konfession. In seinen Versen kann man Schritt um Schritt Entfaltung, Aufstieg, Krise und Abbruch seines Lebens wie an einer Blüte Blatt für Blatt verfolgen.“

Zwei Jahre vor seinem Tod wurde Paul Verlaine sogar zum „Prince des poètes“, zum „Dichterfürsten“ gewählt, doch starb infolge seiner Syphilis-Erkrankung mit einundfünfzig.

Sein letztes Gedicht „Mort!“ endet:

Der Tod, wir lieben ihn, für uns war immer er

Das Ziel des Weges, wo der Dornbusch wächst, verbündet,

Mit Nesseln; o der Tod, ohn schwere Ängste mehr,

Der köstliche, den im voraus der Sieg verkündet!

 

 

 

Roger David Casement

* 1.9.1864 in Sandycove, Irland, † 3.8.1916 in London, britischer Diplomat

 

„Die Geschichte von Roger Casement wirft nach seinem Tod ihre Schatten“, schreibt Mario Vargas Llosa im Epilog seines Romans „Der Traum des Kelten“, „erlischt und glimmt wieder auf wie einer jener Feuerwerkskörper, die in die Nacht aufsteigen, in einem donnernden Sternenregen explodieren und stumm verebben, ehe sie kurz darauf mit erneutem Geschmetter den Himmel entflammen.“

Als irischstämmiger britischer Diplomat trug er maßgeblich zur Aufdeckung der Gräuel bei, die das belgische Kolonialregime im Kongo wie die Peruvian Amazon Company in Peru verübte. Dafür wurde er geadelt.

Während des Ersten Weltkrieges verhandelte er jedoch heimlich mit der deutschen Regierung über eine Unterstützung des irischen Aufstandes gegen die Briten. Dafür wurde er verhaftet, zum Tode verurteilt und gehängt.

49 Jahre nach seinem Tode wurden Roger Casements Überreste von seiner Londoner Hinrichtungsstätte nach Irland überführt und feierlich auf dem Dubliner Glasnevin Cemetery beigesetzt. Roger Casement gilt als einer der Nationalhelden seines Heimatlandes.

 

 

 

Alexander Grin

* 23.8.1880 als Alexander Stepanowitsch Grinewski in Slobodskoi, † 8.7.1932 in Straryj Krym, russischer Schriftsteller

 

„Grin hat nicht nur eine ethische Kontrastwelt zur Alttagsrealität geschaffen. Seine romantische Welt ist erfüllt von den Tragödien des menschlichen Herzens, von gesellschaftlichem Unrecht und sozialem Leid, von den drohenden Katastrophen des 20. Jahrhunderts, die Grin unwahrscheinlich genau und prophetisch erfühlt hat“, schrieb die Lektorin Lola Debüser in ihrem Nachwort zu Alexander Grins Novellenband „Der Rattenfänger“.

In „Das Automobil hatte Alexander Grin gewarnt: Hütet euch vor den Dingen! Ehe ihr’s euch verseht, haben sie euch versklavt!

Der Schriftsteller Wladimir Iljitsch Amlinski sagte: „Grin hat auf seine Weise die Pest des 20. Jahrhunderts erfühlt – das Motiv der Gefahr allmenschlichen Untergangs. […] Grin versenkte seine Helden in eine Welt von Visionen, Gespenstern, Fieberphantasien, in eine Grenzzone zwischen seelischen Zusammenbruch und Wahn. Wir hören das Motiv der Angst vor der Stadt, vor den Menschen, vor der Gesellschaft. […] Ohne Anspruch darauf zu erheben, das soziale Wesen des Faschismus darzustellen, erspürte er dessen unterirdischen, mystischen und zugleich verbrecherisch-vulgären Geist. […] Grin schrieb darüber etwa in der gleichen Zeit wie Kafka, vor Camus, vielleicht mit gleicher Ausdruckskraft, aber gewiß mit tieferem Glauben an die menschlichen Möglichkeiten.“

„Kein Schriftsteller vermochte die Funktionen des Gehirns so glänzend zu beschreiben und ein so erstaunlich genaues, verzweigtes Bild von der Neuronentätigkeit seiner Rinde zu erschaffen wie Grin in ‚Die zurückgegebene Hölle’“, urteilte der Psychologe Alexander Romanowitsch Lurija.

Etliche Werke Grins wurden verfilmt, nicht zuletzt sein Märchen „Das Purpursegel“. Berühmte Kollegen widmeten ihm Gedichte oder Romane: Jewtuschenko, Majakowski, Paustowski…

Alexander Grin starb wenige Wochen vor seinem 52. Geburtstag an Lungen- und Magenkrebs.

Ich kann es nicht leiden, wenn sich Leute aus müßiger Neugier in fremde Seelen drängen. Ein Schriftsteller ist doch kein Schaufenster, in dem alles vorgezeigt werden muß! Mein Leben ist in meinen Büchern, dort sollen die Nachfahren die Antwort suchen.

 

 

Carry van Bruggen

* 1.1.1881 als Carolina Lea de Haan in Smilde, Pseudonym: Justine Abbing, † 16.11.1932 in Laren, niederländische Schriftstellerin

 

Carry van Bruggen debütierte im Alter von 29 Jahren mit dem Roman „De Verlatene“, dem folgten „Heelen“, „Een coquette vrouw“, dann „Prometheus“ und „Het huisje aan de sloot“ (für den sie den „Haagsche Postprijs“ erhielt) sowie schließlich 1929 „Eva – Rückenwind des Verlangens“. In ihren Roman beschreibt sie mit autobiografischen Bezügen die Lebensumstände in der jüdischen Gemeinde und deren Isolation in einer nicht-jüdischen Gesellschaft.

Carry van Bruggen starb im Alter von 51 Jahren geistig verwirrt.

 

 

 

 

Gerd Domhardt

* 19.2.1945 in Wolmirstedt, † 18.2.1997 in Halle/Saale, deutscher Komponist

 

Gerd Domhardt kümmerte sich mit Hans Jürgen Wenzel um junge Komponisten, ich mich um schreibende Schüler. Keine Frage, dass wir unsere Zöglinge eines Tages zusammenbrachten, und so nach Texten meiner Schüler Kompositionen seiner Schüler entstanden, ja, und Komponierende dann Schreibende zu neuen Ideen brachten. Sogar ein Stück entstand schließlich, das in Regie hallescher Theaterleute in mehreren Schulen des Bezirkes Halle aufgeführt wurde.

Seine eigenen Werke wie „Zu einer Radierung Goyas“ wurden vor allem durch das Hallesche Händelfestspielorchester und das Leipziger Gewandhausorchester aufgeführt. Er schrieb aber auch die Oper „Weiberkomödie“ oder Chorwerke wie „Hölderlin á capella“. Zudem schuf Gerd Domhardt die Musik für mehrere Hörspiele.

Sicherlich hätten wir gemeinsam noch so manches Projekt für begabte Heranwachsende auf den Weg gebracht, doch Gerd Domhardt starb einen Tag vor seinem 52. Geburtstag beim Joggen nach einem Herzinfarkt.

 

 

 

Carl Ferdinand August Linger

* 15.3.1810 in Berlin, † 16.2.1862 in Adelaide, australischer Komponist

 

Carl Ferdinand August Linger wanderte in Jahr 1849 infolge der gescheiterten 1848er Revolution nach Australien aus und gründete in Adelaide das erste Philharmonische Orchester dieses Kontinents, die „Adelaide Liedertafel“. Bekannt wurde er vor allem durch seine Komposition „Song of Australia“.

166 Jahre nach Carl Ferdinand August Linger kamen Jeanny und ich für einen Tag nach Adelaide: Les Wicks, australischer Lyriker, den ich letztes Jahr bei Struga-Festival kennenlernte, hatte mich eingeladen, ihn daheim in Adelaide zu besuchen. Doch leider nimmt er nun, da ich in Adelaide bin, an einem Poesie-Festival in Nicaragua teil… Da Les mich in Struga beim Weingedicht-Wettbewerb (bei dem ich meine herben Blütengrund-Texte zum besten gegeben hatte) mit seiner vollmundigen Poesie klar geschlagen, den ersten Platz belegt hatte (Preis: 5 Liter mazedonischer Wein – den er allerdings mit mir und den anderen unterlegenen Weintextern umgehend teilte), trinke ich heute in der Hauptstadt Südaustraliens ein Gläschen besten Adelaide-Weines auf Les. Cheers!

Temperatur über 30°C, dennoch Stadtrundfahrt. Alles sehr weitläufig, sauber, beliebig. Interessanter: The Cleland Wildlife Park, ansprechendes Wildgehege im Buschland oberhalb der Stadt. Koalas, Kängeruhs aller Größen und Farben und sogar reichlich Potoroos, Emus, Warane, Schnabeligel, Wombats – Herz, was willst Du mehr! Und als Zugabe noch ein wunderbarer Blick vom Mount Lofty auf die skylinelose Millionenstadt und ihre langen, schönen Küsten.

Passend ein Satz des bislang einzigen australischen Literaturnobelpreisträgers Patrick White aus seinem Entdecker-Roman „Voß“: „Es schien, als wäre die ganze Gegend eine Befestigungsanlage, die die Weite verteidigen sollte.“

 

 

 

William Shakespeare

getauft am 26.4.1564 in Straford-upon-Avon, † 23.4.1616 ebd., englischer Dramatiker

 

Ludwig Tieck sagte zu Shakespeares Sonetten: „Früh führte mich die Verehrung des Dichters zu diesen trefflichen Gesängen, die mir um so lieber wurden, je inniger ich mich mit ihnen vertraut machte. Wäre es auch nur, um des Dichters Sprache zu studieren und seine dramatischen Werke besser verstehen zu können, um ganz seine Eigenheit, seine innerste, kennenzulernen…“.

Mich sprach vor allem das Shakespeare-Sonett Nr. 3 (in der Übertragung Otto Gildemeisters) an:

 

Schau in den Spiegel, sprich zu deinen Zügen:

„Nun ist es Zeit, euch selbst zu konterfeien.“

Versäumst du das, wirst du die Welt betrügen,

Und unbeglückt wird eine Mutter sein.

Denn welcher Schönsten ungepflügter Schoß

Würd es verschmähn, von dir bestellt zu werden?

Und welcher Tor wär gern ein Grabmal bloß

Der eignen Selbstlieb, ohne Furcht auf Erden?

Wie du ein Spiegel deiner Mutter scheinst,

Der ihren holden Mai ihr ruft zurück,

So siehst du durch des Alters Fenster einst

Trotz Runzeln dieser Tage goldnes Glück.

 

Doch wenn du lebst und schaffst kein Denkmal dir,

Stirb einsam, und dein Bild stirbt hin mit dir.

 

 

 

 

Sitara Atschiksai

* um 1957, † 12.4.2009 in Kandahar, afghanische Politikerin

 

Sitara Atschiksai war Lehrerin, lebte mit ihrer Familie seit den frühen 1980er Jahren in Deutschland, engagierte sich in Bergisch-Gladbach in einem „Verein für Alphabetisierung, Berufsbildung und Infrastrukturaufbau in Südafghanistan“, sammelte Geld für die Eröffnung von Schulen in Kandahar.

Im Jahr 2001 kehrte sie nach Afghanistan zurück und wirkte als Provinzrätin und Abgeordnete im Regionalparlament der Provinz Kandahar, setzte sich nicht zuletzt nachdrücklich für die Rechte der Frauen ein.

Im Alter von 52 Jahren wurde Sitara Atschiksai von vier Taliban vor ihrem Haus ermordet.

 

 

 

 

Thomas Beckett

* 21.12.1118 in London, † 29.12.1170 in Canterbury, englischer Lordkanzler und Erzbischof

 

Auf dem Merseburger Neumarktfriedhof lagen meine Großeltern (mütterlicherseits), liegen nun meine Eltern begraben, ein Familiengrab im Schatten der Neumarktkirche St. Thomae, geweiht Thomas Beckett.

Seit dem Jahre 1188 besteht dieses Patrozinium, 1170 war er ermordet und bereits 1173 heilig gesprochen wurden. Besiegelt hatte dieses Patrozinium, zusammen mit dem Merseburger Neumarkt als solchen, immerhin Kaiser Barbarossa.

Brutal war Thomas Beckett, Erzbischof von Canterbury, infolge eines Zerwürfnisses mit dem englischen König über Kirchenfragen, Thomas Beckett, der einst sogar englischer Lordkanzler war, am Altar seiner Kathedrale ums Leben gebracht worden. Die Schädeldecke wurde ihm abgeschlagen – drastisches Symbol dafür, dass selbst ein tonsurierter Kleriker nicht immun sei, rechtlich nicht über dem König stehen könne. Das sorgte für Empörung im ganzen Abendland. Ja, nicht allein in Deutschland wurden diesem Heiligen Kirchen geweiht.

St. Thomae Cantuariensis lockt heutzutage zuweilen sogar Pilger: das Portal ziert eine Knotensäule, höchst selten nördlich der Alpen und sogar die nördlichste wohl. Ein steinerner Knoten als Zeichen der Abwehr von Dämonen, des Bösen schlechthin?

Der Merseburger Neumarkt wuchs östlich der alten Königs- und Bischofsstadt, vom Ostufer der Saale aus. Hier war einst slawisches Gebiet, die Saale markierte die Grenze. Heiden könnten hier aber noch lange heimisch gewesen sein, Unangepasstheit, Widerständliches auf jeden Fall. Merseburger Bischöfe mussten bis zum 13. Jahrhundert zweisprachig sein!

Und meine Großmutter sprach noch ein Merseburgsch, das geheimnisvolle, sonst kaum zu hörende Worte enthielt. Worte heidnisch, slawischen Ursprungs? Und sie erzählte mir merkwürdige Spuk- und Dämonengeschichten, vom Teufelstümpel am Rande des Neumarkts beispielsweise.

Im Englischen spielt bekanntlich der true love knot, der wahre Liebensknoten, nicht unähnlich der Knotensäule im Portal von St. Thomae Cantuariensis, seit Menschengedenken eine Rolle.

Ja, der Geist Thomas Becketts scheint mich mein Leben lang zu begleiten, und wer weiß, womöglich sogar darüber hinaus.

 

 

 

Giordano Bruno

* Januar 1548 als Filippo Bruno in Nola, † 17.2.1600 in Rom, italienischer Philosoph und Astronom

 

Giordano Bruno postulierte die Unendlichkeit des Weltraums und die ewige Dauer des Universums. Dafür wurde er von der Inquisition als Ketzer zum Tode verurteilt und auf dem römischen Campo di Fiori öffentlichkeitswirksam verbrannt. Alle seine Schriften standen fortan auf dem päpstlichen Index. Seinen Richtern erwiderte er: Mit größerer Furcht verkündet ihr vielleicht das Urteil gegen mich, als ich es entgegennehme!

400 Jahre nach dem Tod Giordano Brunos verkündete Papst Johannes Paul II., die Hinrichtung des Gelehrten sei Unrecht gewesen. Da sein Pantheismus jedoch nicht mit der kirchlichen Lehre vereinbar sei, wurde Giordano Bruno nicht vollständig rehabilitiert, das dauert also noch…

 

 

 

Cuthbert von Lindisfarne

* um 635 wohl bei Dunbar, † 20.3.687 auf den Farne-Inseln, northumbrischer Mönch

 

Gut hundert Jahre bevor die Wikinger Lindisfarne überfielen, was gemeinhin als Beginn der Wikingerzeit gilt, wurde Cuthbert Bischof dieser Insel. Sein Onkel soll der Dichter Cenn Fáelad mac Ailella gewesen sein, und der junge Cuthbert fand zum Glauben, da ihm ein Engel offenbart habe, wie er seine lahme Hüfte heilen konnte.

Cuthbert wurden zahlreiche Wunder zugesprochen, so soll er Mönche aus Seenot gerettet, Kranke geheilt, Ereignisse vorausgesagt, Brände gelöscht, bei Hungersnöten geholfen, Wasser zu Wein verwandelt und Teufel ausgetrieben haben.

Viele Jahre lebte er als Einsiedler, sein Ruf lockte jedoch Pilger an, und um nistende Seevögel zu schützen, legte er Regeln für Inselbesucher fest. Die gelten als ältestes Naturschutzgesetz der Welt, und die Eiderente wird ihm zu Ehren auch St.-Cuthbert-Ente genannt.

Hundert Jahre nach den Wikingern versuchten Schotten Lindisfarne zu plündern, doch der Sage nach ließ sie der Heilige Cuthbert in eine Erdspalte stürzen.

 

 

 

Olaudah Equiano

* 1745 in Igbo (heute Nigeria), alias Gustavo Vassa, † 31.3.1797 in Middlesex, Abolitionist

 

Im Alter von 10 Jahren wurde Olaudah Equiano von Sklavenjägern gefangen und nach Barbados verkauft. Hier verhökerte ihn ein Plantagenbesitzer weiter an einen englischen Marineoffizier, als dessen Diener er dann am Siebenjährigen Krieg in Amerika teilnahm. Zurück auf den Westindischen Inseln konnte er sich freikaufen, arbeitete auf Handelsschiffen, gelangte bis ins Mittelmeer und sogar in die Arktis.

Als er dann im Alter von 30 Jahren einem früheren Arbeitgeber helfen sollte, eine Plantage in Zentralamerika einzurichten, versuchte er etwas gegen das noch allerorts herrschende Sklavenhaltersystem zu unternehmen. In England schloss er sich der Aboliotistenbewegung um Granville Sharp an, kämpfte für die Aufhebung der Sklaverei, initiierte ein Projekt zur Rückkehr von Sklaven nach Afrika und schrieb seine Autobiografie.

Die erschien unter dem Titel “The Interesting Narrative of the Life of Olaudah Equiano or Gustavus Vassa the African, written by himself” erreichte neun Auflagen und machte Olaudah Equiano reich.

 

 

 

Rokeya Sakhawat Hussain

* 9.12.1880 in Pairabondh, † 9.12.1932 in Kalkutta, bengalische Schriftstellerin

 

Im Alter von 22 Jahren debütierte Rokeya Sakhawat Hussain mit „Pipasa – Durst“. Nach dem Tod ihres Mannes, der Friedensrichter in Bihar war, gründete sie mit Neunundzwanzig ein Gymnasium für Mädchen in Bhagalpur, das sie nach einem Rechtsstreit zwei Jahre später nach Kalkutta verlegte. Zudem gründete sie den islamischen Frauenverband „Anjuman-e-Khawateen-e-Islam“.

Als Autorin verfasste sie auch die Bücher „Wesen des Lotos“ und „Die Frau in Gefangeschaft“, sowie „Sultanas Traum“, das als ein bedeutendes, frühes feministische Science-Fiction-Werk gilt, basierend auf einem Rollentausch von Mann und Frau.

Rokeya Sakhawat Hussain starb an ihrem 52. Geburtstag Jahren nach Herzproblemen.

 

  

 

 

Kondiaronk

* 1649, genannt auch: Gaspar Solaga, Souojas, Sastaretsi, Adario und the rat, † 1701, Huronen-Häuptling

 

Kondiaronk trug als Häuptling der Wendat, der Tionontati-Huronen und der Petun, wesentlich zum Großen Frieden von Montreal bei, der 1701 zwischen 40 Indianervölkern und Neufrankreich geschlossen wurde. Er galt als brillanter Redner und weitsichtiger Stratege.

Und in Gesprächen mit dem Baron de Lahortan äußerte er erstaunliche Ansichten, die das philosophische Denken im 18. Jahrhundert bis hin zur Französischen Revolution beeinflussen sollten:

Ich denke seit sechs Jahren über den Zustand der europäischen Gesellschaft nach und finde das Handeln der Menschen dort noch immer in allen Bereichen unmenschlich. Ich bin der Überzeugung, dass sich dies auch nicht ändern wird, solange ihr an eurer Unterscheidung zwischen ‚mein’ und ‚dein’ festhaltet. Ich versichere, dass das, was ihr Geld nennt,  der Teufel ist, der Tyrann der Franzosen, der Quell alles Bösen, das Verderben der Seelen und das Schlachthaus der Lebenden. Zu glauben, man könnte im Land des Geldes leben und seine eigene Seele bewahren, ist, als glaubte man, sein Leben am Grunde eines Sees bewahren zu können. Geld ist der Vater von Luxus, Ausschweifung, Schwindel, Lügen, Betrug, Unaufrichtigkeit – des schlechtesten Verhaltens der Welt. Väter verkaufen ihre Kinder, Ehemänner ihre Frauen, Ehefrauen betrügen ihre Männer, Brüder töten einander, Freunde sind falsch, und alles nur wegen des Geldes.

Kurz vor der Unterzeichnung des Friedensvertrages mit Neufrankreich starb Kondiaronk im Alter von 52 Jahren an einem Fieber.

 

 

 

Alexander Iwanowitsch Lebed

* 20.4.1950 in Nowotscherkassk, † 28.4.2002 im Jermakowski Rayon, russischer General und Politker

 

Für Alexander Iwanowitsch Lebed steht ein Denkmal in der transnistrischen Stadt Bender, unweit eines Denkmals für den Baron Münchhausen, der in der hiesigen Festung zu seinen berühmten Ritt auf der Kanonenkugel gestartet sein soll. Nicht von ungefähr, denn er unterzeichnete als Kommandeur der 14. Garde-Armee der russischen Streitkräfte den Friedensvertrag im transnistrischen Bürgerkrieg. Der russischen Bevölkerung galt er als der angesehenste Militär Russland, kandidierte 1995 als Präsident und erreichte immerhin den dritten Platz. Er handelte auch im ersten Tschetschenien-Krieg ein Friedensabkommen aus und wurde 1998 zum Gouverneur der Region Krasnojarsk gewählt. Vier Jahre später kam er bei einem Hubschrauberabsturz, dessen Ursachen nie geklärt wurden, ums Leben-

Elf Jahre nach seinem Tod kam ich durch Bender: Im Marschroutki, im Kleinbus also, nach Tiraspol, der Hauptstadt Transnistriens, präziser: der Pridnjestrowskaja Moldawskaja Respublika (PMR) Die Einreise gestaltet sich als erfreulich unkompliziert. Auf moldawischer Seite gibt es nur eine Polizeistation, da rumpelt das Marschroutki einfach durch (logisch, denn diese Grenze gibt es ja aus moldawischer Sicht überhaupt nicht), dann folgt aber eine Straßensperre – bewacht von voll aufmunitionierten russischen (!) Soldaten, eingegrabene Panzer sogar, schließlich die eigentliche Grenzstation: transnistrischer Zoll, transnistrische Passkontrolle - und dann nochmals Anstellen zur Registrierung. Glücklicherweise haben wir ein Hotel nachweislich vorgebucht, erhalten so je ein 24-Stunden-Visum, was heißt: ich muss laut Stempel bis morgen 10.41 Uhr Transnistrien verlassen haben, Axel (der hinter mir in der Schlange steht) 10.45 Uhr… Nicht so recht glauben kann ich jedoch anfangs, dass der Registrierungsbeamte mich nur einreisen lassen will, wenn ich neben Vor- und Nachnamen auch den Vatersnamen eintrage. Potschemu? Also gut: Jürgen Karlheinzowitsch Jankofsky. Charascho!

Als wir den Dnestr überqueren, öffnet sich der Blick auf die alte Festung Bender. Von hier aus soll der Baron von Münchhausen angeblich zu seinem Kanonenflug gestartet sein – zumindest steht im Innenhof der morcheltürmigen Festung ein Münchhausen-Denkmal (weiß mein Reiseführer). Der Lügenbaron also im Separatisten-Staat, schau an.

Tiraspol selbst hat den Charme einer Kaserne der Roten Armee. Unser hiesiges Hotel allerdings kann sich durchaus sehen lassen, ist jedoch auch das teuerste, das wir (mangels Auswahl) für diese Reise vorgebucht hatten. Klar, knappe Kapazitäten diktieren Preise…

Die Hauptstraße Tiraspols, die Straße des 26. Oktober (benannt nach der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution) wirkt im Gegensatz zur prosperierenden Hauptstraße Chisinaus wie aus einer anderen Welt. Axel (der aus Kassel stammt) grinst und sagt, nun bekäme ich Ossi endlich mal eine Ahnung davon, wie Wessis einst DDR-Städte sahen…

Die Straße des 26. Oktober weitet sich nach vom öden Boulevard zum Suvarow-Platz, der als Paradeplatz konzipiert wurde und offenbar auch noch als solcher dient. Hier steht vorm Parlamentsgebäude noch ein Lenin-Denkmal in alter Pracht und am Portal prangt signifikant das transnistrische Wappen mit rotem Stern, Hammer und Sichel. Auf der gegenüberliegenden Platzseite brennt auf einem Heldenfriedhof eine Ewige Flamme für die Gefallenen der Separierungskämpfe gegen die Moldawier – doch auch für die im Afghanistan-Krieg gefallenen Transnistrier (und Kosaken!). Und am Eingang zur Heldengedenkstätte protzt neben einer nagelneuen Georgskapelle (Georg, der Drachentöter!), ein alter Panzer…

Offenkundig sieht sich dieses Staatsgebilde trotzig als letzte, noch immer existierende Sowjetrepublik.

Jüngste Bevölkerungsumfragen ergaben wohl, dass die Transnistrier mit hohem Prozentsatz gegen eine Wiedervereinigung mit Moldawien votierten, sondern für einen Anschluss an Russland. Aha, deshalb steht die russische Armee also letztlich im Land, meldet schon mal demonstrativ Ansprüche an, falls diese ganze Region bis hin zur Ukraine noch weiter gen Europa driften sollte.

Die Ausreiseformalität besteht schnöde darin, dass uns, bevor wir im Tiraspoler Bahnhof auf den Bahnsteig dürfen, ein Polizeioffizier mit riesiger Tellermütze und ein Zolloffizier mit riesiger (etwas andersgrüner) Tellermütze die mühselig bei der Einreise ausgefüllten Registrierscheine (Jürgen Karlheinzowitsch Jankofsky!) abfordern. Bei aller Befürchtung – da war’s! (10.08 Uhr…)

 

 

 

Liutprand von Cremona

* 920 in Pavia, † vor Juli 972, Chronist

 

Liutprands Schriften gelten als wichtige Quellen für die Geschichtsschreibung des 10. Jahrhunderts, insbesondere für die Kultur- und Alltagsgeschichte in Westeuropa und Byzanz und die Beziehungen zwischen dem West-und Osteuropa.

Vier seiner Schriften sind erhalten: „Antapodosis - [Das Buch] der Vergeltung“, „Historia Ottonis - Buch von König Otto“, die „Homilia paschalis“, sowie die „Relatio de legatione Constantinopolitana - Bericht über die Gesandtschaft in Konstantinopel“.

Mehrmals reiste er als Gesandter auch nach Konstantinopel, nach seiner ersten Reise notierte er: „Bei meinem Eintritt erhoben die Löwen ihr Gebrüll und die Vögel zwitscherten je nach ihrem Aussehen; mich aber ergriff weder Furcht noch Erstaunen, da ich mich nach alledem bei Leuten, die damit wohl bekannt waren, genau erkundigt hatte. Nach dreimaliger tiefer Verbeugung vor dem Kaiser hob ich den Kopf empor und erblickte ihn, den ich zuerst gehoben auf einer kleinen Erhöhung sitzen sah, fast bis zur Decke der Halle emporgehoben und mit anderen Kleidern angetan. Wie dies zuging, kann ich mir nicht denken, es sei denn, daß er emporgehoben wurde wie die Bäume der Kelterpressen gehoben werden. Mit eigenem Munde sprach der Kaiser bei dieser Gelegenheit kein Wort; denn wenn er auch gewollt hätte, so wäre solches wegen der großen Entfernung unziemlich gewesen; durch seinen Kanzler (den λογοτέτης τοῦ δρόμου) aber erkundigte er sich nach Berengars Leben und Wohlergehen. Nachdem ich darauf in gebührender Weise geantwortet hatte, trat ich auf den Wink des Dolmetschers ab und wurde in die mir angewiesene Herberge zurückgebracht.“

 

 

 

Macbeth

* 1005 als Mac Bethad mac Findlàich , † 15.8.1057 in Luphanan, schottischer König

 

Wir kennen Macbeth ja als Titelfigur des Shakespeare-Stückes. Das allerdings basiert auf einer Darstellung dieses schottischen Königs des 11. Jahrhunderts durch den im 16. Jahrhundert schreibenden englischen Chronisten Raphael Holinshed, nach der sich Macbeth vom getreuen Heerführer zum Mörder an seinen König Duncan entwickelte und dann zunehmend dem Wahnsinn verfiel. Bullshit.

Tatsächlich fiel Duncan bei innerschottischen Machtkämpfen in der Schlacht von Elgin, und Macbeths Thronbesteigung führte zu einer Verbesserung der Lage in Schottlands. Macbeths Regierungszeit war geprägt von relativem Wohlstand, von Ruhe und Frieden im Inneren sowie nach außen. Er vereinigte die streitbaren schottischen Landesteile und sicherte Gesetz und Ordnung.

Doch alsbald wurde Schottland mehr und mehr von Engländern überfallen, die Macbeth in der „Schlacht der Siebenschläfer“ noch abwehren konnte. Nachdem er jedoch im Kampf gegen Duncans Sohn durch die Hand eines Angehörigen des MacDuffs-Clans fiel, kam es zu einer zunehmenden Verdrängung der keltischen Kultur auf der britischen Insel.

 

 

 

Johann Friedrich Meckel d.J.

* 17.10.1781 in Halle/Saale, † 31.10.1833 ebd., deutscher Anatom

 

Der Roman „Meckels Messerzüge“ von Wilhelm Bartsch setzt mit der Sezierung der Leiche Johann Friedrich Meckels Vater Philipp Theodor Meckel, der auch ein großer Anatom gewesen war, im Wohnhaus der Meckels, dem sogenannten Riesenhaus, ein,: „Wir köpften den Vater, natürlich vorsichtig, und wir weideten ihn aus. Dann entfleischten wir ihn und kochten seine Knochen.“ Bartschs Erzähler Albrecht August Meckel, der Bruder Johann Friedrichs und ebenso Anatom, berichtet weiter: „Diese sterblichen Überreste des Professors […] ist dann noch in einen Marmortopf getan und in christliche geweihter Erde auf dem Stadtgottesacker zu Halle noch im Monat März des Jahres 1803 im stummen Beisein des Meckel’schen Seelsorgers versenkt worden. Dies geschah nicht nur Sitte und Anstands, sondern auch des Kirchensprengels wegen, in welchem auch Leute wie wir ungläubigen Meckels am Nachbarschaftsleben und an der Stadtpolitik unseren Teil zu nehmen pflegten. Philipp Theodor Meckel war immerhin ein in der Stadt und ihrem weiten Umkreis zuhöchst beliebter Arzt und Daseinhelfer gewesen. Sein Sohn Johann Friedrich Meckel der Jüngere war ein paar Jahre später schon weltberühmt. In der Stadt trat er weiter nicht hervor – wenn er überhaupt in den deutschen Landen war. Zuweilen flanierte er aber durch ein paar Straßenzüge um das Riesenhaus herum und grüßte dabei niemanden. Er war auch stets unter einem sehr umfänglichen neapolitanischen Hut aus geschwärztem Fischbein so gut wie verborgen und spielte hinter seinem Rücken mit seiner kleinen schwarzen geflochtenen russischen Peitsche. Die Kinder nannten ihn bald Meckel Menschenfresser, ihre Eltern zuweilen Onkel Oger.“

Johann Friedrich Meckel  publizierte vor allem über Abnormitäten und gilt zusammen mit Étienne Geoffroy Saint-Hilaire als Begründer der Teratologie, der wissenschaftlichen Lehre von den Missbildungen. Und nicht zuletzt baute er die von seinem Vater aufgebaute Meckel’sche Abnormitäten-Sammlung weiter aus.

Geehrt wurde Johann Friedrich Meckel europaweit: mit dem Roten Adlerorden 3. Klasse, dem Eisernen Kreuz und dem Russischen Wladmir-Orden 4. Klasse. Zudem wählte man ihn in die Leopoldina, auch zum auswärtigen Mitglied der Bayerischen und der Göttinger Akademie der Wissenschaften sowie zum korrespondierenden Mitglied der französischen Académie des sciences.

134 Jahre nach seinem Tode wurden seine Gebeine exhumiert und in die Meckel’sche Sammlung eingegliedert.

 

 

 

Narekatsi

* 951, Gregor von Narek in Narek bei Van, † 1003 in Narekawank, armenischer Mönch

 

Narekatsis Hauptwerk, das „Matean voghbergut'ean - Buch der Klagelieder“ gilt als herausragendes Werk mittelalterlicher armenischer Dichtkunst. Der kanadische Literaturwissenschaftler Agop Jack Hacikyan hält es sogar für das „beliebtestes Werk der armenischen Literatur“.

Es besteht aus 95 Kapiteln und über 10.000 Zeilen und wurde u.a. ins Arabische, Englische, Französische und Russische übersetzt. Dem russischen Komponisten Alfred Schnittke diente es als Vorlage für ein Chorwerk. Fast alle Kapitel tragen den Titel „Worte an Gott aus der Tiefe meines Herzens“.  „Das zentrale Thema ist der metaphysische und existentielle Konflikt zwischen Gregors Wunsch, perfekt zu sein, und seiner eigenen Erkenntnis, dass es unmöglich ist, zwischen der göttlichen Gnade und seinem eigenen Gefühl der eigenen Unwürdigkeit, diese Gnade zu empfangen. Die Liebe und Barmherzigkeit der allumfassenden, allvergebenden und erstaunlichen Gnade Gottes gleicht jedoch die Unwürdigkeit des Menschen aus“, weiß Wikipedia.

Der Philosoph Michael Papazian sagte über Narekatsi, er sei: „das, was man bekommen würde, wenn man Augustin und James Joyce kreuzen würde. Aber seine Spiritualität ist auch von der einfachen Frömmigkeit der Wüstenväter durchdrungen; und obwohl er vor ihm lebte, gibt es auch in ihm ein Element des heiligen Franziskus. Er ist eine Synthese aus so vielen Strängen der christlichen Tradition.“

Und der niederländische Armenist Jos Weitenberg erklärte Narekatsi sogar zur „hervorragendsten theologischen, mystischen und literarischen Figur der armenischen Kultur.“ Die russische Kritikerin Karen A. Stepanyan verglich sein Genie mit dem Shakespeares, Cervantes und Dostojewskis.

Anlässlich des 100. Jahrestages des Völkermordes an den Armeniern, 1012 Jahre nach Narekatsis Tod, erhob Papst Franziskus Gregor von Narek zum 36. Kirchenlehrer der römisch-katholischen Kirche.

 

 

 

Nikolaus von Oresme

* um 1330 in der Normandie, † 11.7.1382 in Liseux, französischer Philosoph und Naturwissenschaftler

 

Nikolaus von Oresme gilt neben Wilhelm von Ockham und Johannes Buridan als einer der einflussreichsten Lehrer und Denker seiner Zeit. Möglicherweise erzog er sogar den Dauphin, den späteren französischen König Karl V., er wirkte Navarra und in Rouen, sowie zu guter Letzt als Bischof in Lieseux.

„Wegweisend war sein Versuch, mathematische Konzepte auf naturwissenschaftliche Erscheinungen anzuwenden. Dies wird besonders deutlich bei der erstmaligen Verwendung von Koordinaten, wenn qualitative Änderungen numerisch bestimmt werden sollen, so etwa bei der Frage, ob ein Liter heißes Wasser wärmer’ sei als fünf Liter lauwarmen Wassers. Oresme stellt beide Sachverhalte als zwei Rechtecke mit unterschiedlicher Abszisse (hier: Wassermenge) bzw. Ordinate (hier: Temperatur) dar und löst das Problem über einen Vergleich der Flächen. Dabei ist er nicht an konkreten Messungen bzw. Vergleichen interessiert als vielmehr am grundsätzlichen Lösungsweg. Es zeigt sich rasch, dass dieselbe Überlegung auch angewendet werden kann auf Fragen wie: Wie verhält sich die ‚Bewegung’ einer langsamen, aber großen Masse zu der einer kleinen, schnellen Masse. Das heißt: auf alle Fragen, bei denen ‚intensive’ Größen im Sinne des Aristoteles eine Rolle spielen“, weiß Wikipedia.

Und Nikolaus von Oresme stellte sogar volkswirtschaftliche Überlegungen an: er bestand darauf, dass das Recht Münzen zu prägen nicht dem Souverän, sondern dem Volk zustehe, und wendete sich damit gegen die zunehmende Tendenz europäischer Herrscher, Finanzprobleme durch Geldentwertung zu lösen – vor einem dreiviertel Jahrtausend!

Hört, hört.

 

 

 

Petronius

* um 14, vollständiger Name wohl Titus Petronius Arbiter, † 66 in Cumae, römischer Senator und Autor

 

Petronius, der Autor des „Satyricon“, soll gesagt habe, es werde immer schwieriger keine Satire zu schreiben – vor zweitausend Jahren!

 

Was nutzen uns Gesetze, da das Geld allein

                            regiert,

Der Arme aber nie zu seinem Recht

                            gelangt?

Selbst Männer mit dem Ranzen eines

                            Kynikers

Verraten treulos Wahrheit und das Recht

                            für Geld.

Den Waren gleich ist käuflich jeder

                            Urteilsspruch.

Den Ritter muß bestechen, wer gewinnen

                            will im Streit.

 

„Woran liegt es, dass das ‚Satiricon’ nach zweitausend Jahren noch immer gern gelesen wird? Nicht ohne Grund wird es als das amüsanteste Werk der Literatur des klassischen Altertums bezeichnet. Hier wird ungeschminkt, ohne falsches Pathos und rhetorischen Flitter, berichtet, ‚wie es die Leute trieben’“, schreibt der Übersetzer Fritz Tech.

 

Elende Schmeichler bestehen trotz Faulheit und

                            Nichtstun.

Wer eine Gattin verführt, zieht noch Geld aus

                            dem Laster.

Einzig der Dichter, frierend in seinen schäbigen

                            Lumpen,

Bittet vergeblich von allen verachteten Künsten um

                            Beistand.

 

Als Figur erscheint Petronius in Henryk Sienkiewicz „Quo vadis“ und Volker Ebersbach beschreibt das Leben des großen Satirikers in „Der Schatten eines Satyrs“

Der klassische Philologe Otto Weinreich sagt über Petronius: „Das, was er geben wollte, hat er mit einer Genialität zu geben vermocht, die in der römischen Literatur unerreicht dasteht.“ Und Ludwig Gurlitt urteilte: Petronius ist einer der Größten der Weltliteratur“.

Seine Figur Eumolpos lässt Petronius den Verfall der Künste beklagen und am Ende verkünden: „Alle, die in meinem Testament bedacht sind, sollen mit Ausnahme meiner Freigelassenen das Erbteil nur unter der Bedingung erhalten, daß sie meinen Leichnam in Stücke schneiden und im Beisein von allem Volk verzehren. Wie wir wissen, hat sich bei einigen Völkerschaften bis auf den heutigen Tag die Sitte erhalten, daß die Abgeschiedenen von den eigenen Angehörigen aufgegessen werden. Aus diesem Grunde müssen sich die Kranken oft dem Vorwurf anhören, sie verdürben durch allzu langes Siechtum ihr Fleisch. Ich fordere meine Freunde auf, mir meine letzte Bitte nicht abzuschlagen, sondern mit dem gleichen Eifere, mit dem sie mein langes Leben verfluchten, auch keine Leiche zu verspeisen.“

Vermutlich wird das „Satyricon“ auch in zweitausend Jahren noch Lese- und Erkenntnisgewinn bringen. Hoffen wir’s.

 

 

 

Sueton

* um 70 als Gaius Suetonius Tranquillus in Hippo Regius, † nach 122, römischer Schriftsteller

 

Suetons Hauptwerk sind die „Kaiserviten – De vita Caesarum libri VIII“ – acht Bücher über das Leben Caesars und der römischen Kaiser von Augustus über Tiberius, Caligula, Claudius, Nero, Galba, Otho, Vitellius, Vespasian, Titis bis Domitian.

Sein Förderer Plinius der Jüngere charakterisierte Sueton: „Für Stubengelehrte, wie dieser einer ist, genügt weitaus soviel an Grund und Boden, wie viel sie brauchen, um ein Nickerchen zu machen.“

In seinen Biografien ging Sueton stets systematisch vor, selbst die Geliebten Caers brachte er in ein Schema: a) die aus Rom, b) die aus den Provinzen, c) die von ausländischen Königshöfen.

Er diente dem Geschichtsschreiber Marinus Maximus ebenso zum Vorbild wie dem Kirchenvater Hieronymus oder Einhard, dem Biografen Karls des Großen und Jahrhunderte später sogar Francesco Petrarca.

Sueton selbst stand in der Tradition der römischen „Laudatio funberis, der Grabrede. Diese Reden wollten unterhalten oder sogar Neugier befriedigen. Moderne Kritiker nannten Sueten einen römischen Klatschreporter. Er suchte sich aber bewusst die Herrscher Roms als handelnde Figuren aus, weil sie für alle Bewohner des römischen Reiches von großer Bedeutung waren und er sah das Leben der Kaiser weniger durch ihre geschichtliche Rolle bestimmt als durch ihre Persönlichkeit. Mit seinen Anekdoten, Klatsch und allzu menschlichen Zügen entsprach Sueton dabei dem Geschmack seiner Leser: Interesse an Einzelheiten war eine typisch römische Eigenschaft.

Salve!

 

 

 

Thomasîn von Zerclaere

* um 1186 in Friaul, † wohl 1238 in Aquileja, Kanoniker und Autor

 

Thomasîn von Zerclaere diente als Ministeriale am Hofe Wolfger von Erlas, des deutschsprachigen Patriarchen von Aquileja und frühen Förderers Walthers von der Vogelweide. Weder Wunder noch Zufall also wohl, dass er das erste monumentale deutschsprachige Lehrgedicht des Mittelalters verfasste, den „Wälschen Gast“.

In 14.750 Versen versucht Thomasîn von Zerclaere, der selbst aus dem romanischen, dem welschen Friaul stammte, junge Adlige, „Fremdlinge aus der Romania“, mit höfischen Tugenden vertraut zu machen: staete, mâze, milte, reht - .Bildung, Minne, Ethik, Ritterlichkeit. Und er leitet seine Morallehre nicht von religiösen Wahrheiten, sondern aus kosmischen, in Naturgesetzen verankerten Gesetzmäßigkeiten her. Allerdings geht ihm Walther von der Vogelweides Kritik auf die bestehende Ordnung und den Papst zu weit.

Ein weiteres Novum der mittelhochdeutschen Literatur: mit seinen Texten konzipierte Thomasîn von Zerclaere auch die reiche Illustration seines bedeutenden Werks. Weder Wunder noch Zufall also wohl, dass der „Wälsche Gast“ gern zur Hand genommen und in mehr als zwanzig Handschriften überliefert wurde.

 

 

 

Gotthold Ephraim Lessing

* 22.1.1729 in Kamenz, † 15.2.1781 in Braunschweig, deutscher Dichter

 

Lessing, großer Aufklärer: Welches seiner Stücke würde er heute, angesichts weltweit grassierender Wissenschaftsungläubigkeit, schwindender Vernunft, empfehlen? -„Emilia Galotti“, „Miss Sara Simpson“, „Minna von Barnhelm“, „Nathan der Weise“? Welche seiner Schriften? – „Laokoon“, „Fragmente eines Ungenannten“, „Die Erziehung des Menschengeschlechts“? Alle?

 

Gibt einst der Leichenstein von dem, was du gewesen,

Dem Enkel, der dich schätzt, so viel er braucht, zu lesen,

So sei die Summe dies: „Er lebte schlecht und recht,

Ohn Amt und Gnadengeld und niemands Herr noch Knecht.“

 

Ende Januar 1781 zog sich Gotthold Ephraim Lessing auf der Fahrt von Wolfenbüttel nach Braunschweig, wo er sich bei den Behörden für die Freilassung eines jungen jüdischen Kaufmannes aus dem Gefängnis einsetzen wollte, bei eisigen Temperaturen eine schwere Erkältung zu und starb wenige Tage darauf in der Wohnung seines Freundes Simson Alexander David. Der berichtete: „Lessing „ist gestorben, wie er gelebt hat: Als ein Weiser, entschlossen, ruhig, voll Besinnung bis zum letzten Augenblick.“

 

 

 

John O’Donohue

* 1.1.1956 im County Clare, † 4.1.2008 in Maubec, Frankreich, irischer Priester und Philosoph

 

Im Alter von 34 Jahren promovierte John O’Donohue an der Universitär Tübingen mit der Schrift „Person als Vermittlung“. Er beschäftigte sich mit der Philosophie Hegels ebenso wie mit keltisch-christlichem Gedankengut. 1997 erschien sein Bestseller „Anam Ċara – Das Buch der keltischen Weisheit“. In den folgenden Jahren publizierte er die Werke „Echo der Seele“, „Schönheit. Vom Reichtum des Lebens“, „Benedictus. Das Buch der irischen Segenswünsche“ sowie den Gedichtband „Connemara Blues“

Drei Tage nach seinem 52. Geburtstag starb John O’Donohue während eines Ferienaufenthaltes in Frankreich.

 

  

 

 

Grigori Alexandrowitsch Potjomkin

* 24.9.1739 in Tschischowo, † 16.10.1791 bei Jassy, russischer Fürst

 

Wer war noch nie in einem Potjomkinschen Dorf? Wem wurden noch nie Fassaden vorgegaukelt hinter denen schlichtweg nichts war? Melden bitte!

Dabei soll der Begriff „Potjomkinsches Dorf“ einer Legende entspringen, und die wiederum dem Neid russischer Adliger, die dem Ansehen des Geliebten Katharinas der Großen schaden wollten. Angeblich habe er bei Inspektionsreisen durch neuerworbene und -erschlossenen Gebiete Russlands der Zarin mit Dorfattrappen die zügig vorankommende Besiedlung vorgetäuscht.

Tatsächlich wurden in Regie Potjomkins große Städe wie Odessa, Sewastopol, Nikolakew und Jekaterinoslaw angelegt, zudem baute die Schwarzmeerflotte auf der Krim auf.

Grigori Alexandrowitsch Potjomkon starb im Alter von 52 Jahren an Malaria.

 

 

 

Christopher D’Olier Reeve

* 25.9.1952 in New York City, † 10.10.2004 in Mount Kisco, New York, amerikanischer Schauspieler

 

Im Alter von 26 Jahren wurde Christopher Reeve als Superman berühmt. Im Alter 44 Jahren stürzte er von seinem Pferd, brach sich zwei Nackenwirbel und war fortan querschnittsgelähmt.

Dennoch trat er gelegentlich weiter als Schauspieler auf, so in der Fernsehserie „Smalville“ als Dr. Virgil Swann, der dem künftigen Supermann über seine Herkunft aufklärt.

Im Alter von 52 Jahren starb Christopher Reeve infolge einer Infektion, die er sich durch eine wundgelegene Stelle zugezogen hatte.

„In loving memory of Christopher Reeve: He made us believe a man could fly“, war dann im Abspann einer weiteren Folge von Smalville” zu lesen.

 

 

 

Narcís Casanoves i Bertran

* 17.2.1747 in Sabadell, † 1.4.1799 in La Vinya Vella, katalanischer Organist und Komponist

 

Der Benediktinermönch Narcís Casanoves i Bertran gilt als herausragender Vertreter der Orgelschule von Montserrat. Er war ob seiner Fingerfertigkeit und Improvisationskunst hochgelobter Organist des Klosters Montserrat und Lehrer des Knabenchors Escolania de Montserrat. Narcís Casanoves i Bertran komponierte zahlreiche lateinischsprachige Vokalwerke teilweise mit Orgel- oder Orchesterbegleitung wie Messen, Responsorien, Psalmen, Antiphonen und Motetten sowie Orgelmusik.

Narcís Casanoves i Bertran starb wenige Wochen nach seinem 52. Geburtstag.

 

  

 

 

Glenn Hammond Curtiss

* 21.5.1878 in Hammondsport, New York, † 23.7.1930 in Buffalo, amerikanischer Erfinder

 

Im Alter von 29 Jahren erfand Glenn Hammond Curtis den Gasdrehgriff und stellte mit 219,4, km/h einen inoffiziellen Geschwindigkeitsweltrekord für Motorräder auf, somit galt er für mehrere Jahre als schnellster Mann der Welt. Und nachdem er sich auch auf den Flugzeugbau verlegt hatte, stellte er im Alter von 31 Jahren mit 76,749 km/h einen offiziellen Weltrekord für Flugzeuge auf.

Im Jahr darauf flog Curtiss von Albany entlang des Hudson River nach New York City und gewann so den mit 10.000 $ dotierten Pulitzer-Preis für einen Flug über 100 Meilen Entfernung über Wasser, und er erhielt die erste in den USA ausgestellte Pilotenlizenz. Im Alter von 38 Jahren entwickelte er das erste Flugboot mit einem neuartigen entwickelten Stufenrumpf. Seine Firma ging an die Börse, und er wurde ihr erster Präsident.

Er verfasste sogar Bücher wie „The Curtiss aviation book“, wurde in die „Motorcycle Hall of Fale“ aufgenommen und starb im Alter von 52 Jahren nach einer Blinddarmoperation.

 

 

 

Richard Nathaniel Wright

* 4.9.1908 in Roxie, Mississippi, † 28.11.1960 in Paris, amerikanische Schriftsteller

 

Im Alter von 16 Jahren veröffentlichte Richard Wright, dessen Großeltern noch Sklaven gewesen waren, seine erste Erzählung „The Voodoo of Hell’s Half Acre“ in einer afro-amerikanischen Zeitung. Als er dreißig war, erschien sein erstes Buch „Uncle Tom’s Children“, eine Sammlung von Erzählungen über den Rassismus in den Südstaaten. Mit zweiunddreißig wurde er mit „Native Son“, dem ersten Bestseller eines afro-amerikanischen Autors, berühmt. Eine Bühnenfassung wurde von Orson Welles im Jahr darauf am Broadway aufgeführt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übersiedelte er nach Frankreich, in den 1950er Jahren bereiste er Afrika und Asien und verfasste nicht zuletzt politische und soziologische Texte, so „Black Power“, ein Titel, der im folgenden Jahrzehnt zum Schlagwort werden sollte.

Im Klappentext seines Kurzgeschichten-Bandes „Der Mann, der nach Chicago ging“ steht zu lesen: Richard Wright zeigt „in seinen lange vor dem Aufschwung der Bürgerrechtsbewegung entstandenen Short Stories Schwarze, die sich nicht mehr nur als angepasste, resignierte Opfer sehen, mag ihr Protest auch ins Leere zielen und ihr Ausweg aus dem Dilemma in der Flucht vor den eigenen Ängsten bestehen. Die bald tragischen, bald grotesken Situationen, in die sie im offen rassistischen Süden der USA, in den nach außen toleranten Metropolen des Nordens und bei Begegnungen mit Weißen in Afrika und Europa kommen, spiegeln häufig Wrights eigenen Erlebnisse wider, die er als ‚Black Boy’ am Mississippi, Hilfsarbeiter in Chicago und Emigrant in Paris hatte. Durch die eindringliche Gestaltung seiner Erfahrungen beweist sich erneut, dass Wright auch in seinen Kurzgeschichten ein sensibler Beobachter und aufrüttelnder Chronist der amerikanischen Realität gewesen ist, einer Realität, in der man Schwarze noch heute jene Bürgerrechte verwehrt, für die er mit seinem ganzen Werk eingetreten ist.“

Am Ende der Titelgeschichte dieses Bandes schreibt Richard Wright: Das Krankenhaus hielt uns vier Neger, als wären wir nahe Verwandte der Tiere gewesen, die wir versorgten: zusammengedrängt in den unterirdischen Korridoren, durch eine gewaltige psychologische Entfernung getrennt von den bedeutsamen Vorgängen im übrigen Krankenhaus – geradeso, wie uns Amerika dreihundert Jahre lang eingekerkert gehalten hatte in der dunklen Unterwelt des amerikanischen Lebens, und wir hatten uns unseren eigenen Sittenkodex geschaffen, unsere eigenen Werte, unseren eigenen Begriff von Loyalität.

Richard Wright starb im Alter von 52 Jahren durch einen Herzinfarkt.

 

 

 

Miguel Alfonseca

* 25.1.1942 in Santo Domingo, † 6.4.1994 ebd., dominikanischer Lyriker

 

Miguel Alfonseca beteiligte sich am Widerstand gegen das Trujillo-Regime in seiner karibischen Heimat, wurde verhaftet und gefoltert. In den 1960ern trat er als Wortführer gegen eine folgende Marionettenregierung auf, gründete mit anderen dominikanischen Autoren die Schriftstellervereinigung „El Puño - Die Faust“.

Seine Gedichte erschienen in diversen Zeitschriften, seine Erzählungen in Anthologien. Und er veröffentlichte einen Roman: „El enemigo – Der Feind“.

 

 

 

Mariama Bâ

* 17.4.1929 in Dakar, † 17.8.1981 in Paris, senegalesische Schriftstellerin

 

In Rufisque, einem Vorort der senegalesischen Hauptstadt Dakar, besuchte Mariama Bâ die École Nationale, auf der Insel Gorée trägt ein Elite-Internat für hervorragende Schülerinnen ihren Namen, gegründet 1977 vom ersten Präsidenten des freien Senegal und großen Schriftsteller Léopold Sédar Senghor. In ihrem Todesjahr wurde sie als Schriftstellerin zudem mit dem ersten „Noma Award“ für richtungweisende Veröffentlichungen in Afrika geehrt.

Als ich 2002 auf Einladung eines senegalesischen Freundes das Land bereiste, kam ich auch nach Rufisque ebenso wie nach Gorée:

 

Tabaski in Rufisque

Schafe über Schafe auf staubigen, vermüllten Plätzen da doch längst geschächtet sein sollte. Wir nähern uns einem Hirten: Salaamaalekum – Maalekum salaam, und erfahren, dass ihnen die Mauretanier das Geschäft versauten, einfach zu viel Vieh. Wohin nun mit den Herden? Mitleidig schenken wir einen Schein. Und da kehrt der Toucouleur seine Hand­flächen gen Himmel und beginnt zu murmeln und sich übers Gesicht, sich übers Herz zu streifen, und all die Umstehen­den tun es ihm gleich, ein ums andere Mal. Ja, zum ersten Mal in meinem Leben wird für mich gebetet, zum falschen Gott zwar, was aber macht das schon.

 

Gorée: so absurd mir das erscheint: die Sklaveninsel erscheint mir heute als der idyllischste Flecken des Senegal, den wir sahen. Schmucke Häuser im Kolonialstil, viel Grün, Palmen, Bougainvillas und nicht zuletzt, nirgendwo der übliche Dreck und Müll, dazu keine Autos, also auch kein Smog. Sinnbild insofern vielleicht für die Janusköpfigkeit Afrikas.

Auf dem Platz nahe des Gouverneurspalastes die Bühne auf der die Sklaven feilgeboten wurden. Im so genannten Sklavenhaus, das nun als Museum eingerichtet ist, sind die Zellen zu begehen, in denen die zur Verschiffung nach Amerika zusammen getriebenen Männer, Frauen und Kinder eingepfercht wurden, in der Mitte des Hauses die „Tür ohne Wiederkehr“. In einem Raum entdecke ich ein handbeschriebenes Pappschild: Goreé – Dachau – Auschwitz...

Mir geht durch den Kopf, ob heutige Versuche Menschen gänzlich zu Willen machen, sie ihrer Herkunft und Kultur somit ihrer Zukunft zu berauben, sie zum bedingungslosen Konsum zu versklaven, nicht wesentlich effektiver sind, obwohl nicht geraubt und verschifft und angekettet und geschlagen und körperlich verstümmelt wird, da dies alles gleichermaßen subtiler wie brutaler vor sich geht? Aitmatow hatte in diesem Zusammenhang den Begriff der Mancourtisierung geprägt. Aber vielleicht wäre es mittlerweile präziser von Fastfoodisierung zu sprechen, Fastfood und nicht nur zum Fressen, sondern in allen Bereichen menschlichen Lebens, Fastfood zum Hören, zum Sehen, allenthalben Oberflächlichkeit, Beliebigkeit, Ziel- und Wurzellosigkeit. Aus Alex Haileys „Roots“ hatte ich mir hierzu notiert: „Indes die Tage vergingen, wurde ihm klar, dass diese Schwarzen zwar ein besseres Leben führten als die auf seiner früheren Toubob-Farm, sich aber genauso wenig wie diese bewusst zu sein schienen, dass sie ein verlorener Stamm waren – man hatte ihnen die Selbstachtung offenbar so gründlich ausgeprügelt, dass sie glaubten, ihr Leben müsste so sein, wie es war!“

Zu meiner Überraschung entdecke ich beim Inselrundgang, dass sich in der Kasematten der einstigen Festung Künstler einquartiert haben, in diesen genial umfunktionierten Räumen vor allem Malereien anbieten, manche haben die muffigen Räume sogar zu einer Art Museum umfunktioniert. Ich erstehe eine schön naive Hinterglasmalerei, nach so etwas hatte ich schon lange Ausschau gehalten.

Selbstredend befassten sich senegalesische Dichter immer wieder mit Gorée. Birago Diop schrieb:

Es ruhten Augen einst auf mir, so müd und schwer,

so sanft, dass ihren Blicken ich vertraute blind.

Es klangen Stimmen, die, verschollen überm Meer,

für andre tot, für mich allgegenwärtig sind.

 

Schein, auf der Straße meines Zögerns vor mir her,

Trug jener Zeit, verweht von namenlosem Wind,

ich suche oft, mich wendend, eure Wiederkehr:

Woher – wenn eure Spuren nicht geblieben sind?

 

Es lachen Münder mir in fremdem Angesicht,

es kamen Körper, Furchen lassend auf dem Pfad,

die jetzt durchgeistern fremder Körper Labyrinth.

 

Es schwoll ein Takt, der sich in andre Lieder flicht;

Doch aus des Schein- und Trugbilds längstverblichner Saat

Erwuchsen Träume mir, schwer wie ein totes Kind.

 

Und David Diop:

Der Weiße hat meinen Vater getötet,

mein Vater war stolz.

Der Weiße hat meine Mutter geschändet,

meine Mutter war schön.

Der Weiße hat meinen Bruder unter die Sonne der Straßen gekrümmt,

mein Bruder war stark.

Der Weiße hat seine geröteten Hände,

gerötet von schwarzem Blut,

mir zugewandt

mit Herrenstimme:

„He Boy! Einen Knaben, ein Handtuch und Wasser!“

 

Marianna Bâ sagte zur speziellen Rolle der afrikanischen Autorinnen: „Die Schriftstellerin in Afrika hat eine besondere Aufgabe. Sie muss die Position der Frau in Afrika in all ihren Aspekten darstellen. Es gibt immer noch so viel Ungerechtigkeit… In der Familie, in den Institutionen, in der Gesellschaft, auf der Straße, in politischen Organisationen herrscht Diskriminierung… Als Frauen müssen wir für unsere eigene Zukunft arbeiten, müssen wir den Status quo stürzen, der uns schadet und dem wir uns nicht mehr unterwerfen dürfen. Wie Männer müssen wir Literatur als gewaltfreie, aber wirksame Waffe einsetzen.“

 

 

 

Walter Matthias Diggelmann

* 5.7.1927 in Mönchaltdorf, † 29.11.1979 in Zürich, Schweizer Schriftsteller

 

Jean Villain sagte über Walter Matthias Diggelmanns Prosa: „Authentische, wenn auch auf den ersten Blick ‚banale’ Widrigkeiten und Ärgernisse werden hier mittels literarischer Verfremdung als das entlarvt, was sie effektiv sind, als systemimmanente, das heißt für sich allein nicht zu verändernde gesellschaftliche Missstände, die im Begriff sind, sich zum riesengroßen, die offene Gesellschaftskrise auslösenden kollektiven Stein des Anstoßes auszuwachsen!“

In seinem Roman „Die Hinterlassenschaft“ beispielsweise setzte er sich über zwei der strengsten gehüteten schweizerischen Tabus hinweg, die Verweigerung des Asylrechts für Juden während des Zweiten Weltkriegs und das geschürte Zusammenwirken von Antisemitismus und Antikommunismus im beginnenden Kalten Krieg, und löste damit den größten Literaturskandal der schweizerischen Nachkriegsgeschichte aus.

Walter Matthias Diggelmann veröffentlichte mehr als 20 Bücher und starb im Alter von 52 Jahren an Krebs.

 

 

 

Hrant Dink

* 15.9.1954 in Malatya, Türkei, † 19.1.2007 in Istanbul, armenisch-türkischer Journalist

 

Jahr für Jahr kommen hunderte Journalisten bei ihrer Arbeit ums Leben, manche geraten in Schusslinien, andere werden ermordet. So auch Hrant Dink:

Hrant Dink gründete 1996 in Istanbul die armenische Zeitung „Agos“., in der mit Freunden heikle politische Themen, wie den Völkermord an den Armeniern des Jahres 1915 diskutierte - auf Türkisch und Armenisch. Mehrfach musste er daraufhin wegen „Beleidigung des Türkentums“ vor Gericht erscheinen. 2005 wurde er schließlich nach einigem Hin und Her zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, da er eine achtteilige Artikelserie über das durch jenen Genozide belastete Verhältnis der Türken zu den Armeniern geschrieben hatte, die in der türkischen Öffentlichkeit Empörung hervorrief. Er beklagte darin, „dass ein Volk, das 4000 Jahre auf diesem Boden gelebt hat, ausgemerzt worden ist.“

Hrant Dink reichte nun seinerseits im Oktober 2006 Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschrechte gegen dieses Urteil ein.

Am 19. Januar 2007 wurde Hrant Dink vorm Agos-Verlagshaus von einem sechzehnjährigen Türken ermordet, der dabei gerufen haben soll. „Ich habe den Ungläubigen erschossen!“

 

 

 

Diether Krebs

* 11.8.1947 in Essen, † 4.1.2000 in Hamburg, deutscher Komiker

 

Bekannt wurde Diether Krebs als Schwiegersohn des „Ekels Alfred“ in der Kultserie „Ein Herz und eine Seele“. Dann spielte er vor allem in Krimis mit, bis er durch seine Fernsehserie „Sketchup“ selbst zur Kultfigur aufstieg.

Er erkrankte an Lungenkrebs, musste sich im Alter von 50 Jahren einer schweren Operation unterziehen, stand aber noch drei Tage vor seinem Tod letztmals auf einer Kabarettbühne.

Sein letzter Wunsch war, dass am Kopfende seines Grabes ein handgroßer Kieselstein mit nichts als seinen Lebensdaten liegen möge.

 

 

Súsanna Helene Patursson

* 27.8.1864 in Kirkjubøur, † 15.12.1916 ebd., faröische Schriftstellerin

 

Als Jugendliche erhielt Helena Patursson Unterricht im Klavierspielen und in Handarbeit in Kopenhagen und arbeitete dann dort bis zu ihrem 40. Lebensjahr als Rechtsanwaltsgehilfin.

Seit 1888 engagierte sich in der nationalen Erweckungsbewegung insbesondere für die Emanzipation der färöischen Frauen, schrieb darüber im Jahr darauf auch das Theaterstück „Veðurføst“.

Nach ihrer Heimkehr gründete sie die erste färöische Frauenzeitschrift „Oyggjarnar“, die lange Zeit die einzige Zeitung war, die regelmäßig auf Färöisch erschien. 1909 veröffentlichte sie das Kochbuch „Matreglur fyri hvørt hús – Gerichte für jedes Haus“ und 1912 „Friðka um búgvið – Schöner Wohnen“.

 

 

 

 

 

Teodomiro Alberto Azevedo Leite de Vasconcelos

* 4.8.1944 in Arcos de Valdevez, Portugal, † 29.1.1997 in Johannesburg, mosambikanischer Autor und Journalist

 

Am 25. April 1974, um 0.25 Uhr, verlas Teodomiro Alberto Azevedo Leite de Vasconcelos im portugiesischen Radiosender Rádio Renascença bei dem er als Journalist arbeitete, die erste Strophe des antifaschistischen Kampfliedes „Grândola, Vila Morena“ von José Afonso: „Grândola, braungebrannte Stadt, Heimat der Brüderlichkeit. Das Volk ist es, das am meisten bestimmt in dir, o Stadt...“ Dann sang Josè Afonso das Lied in voller Länge zweimal. Das galt als Signal für den Beginn der Nelkenrevolution, des Aufstands gegen den Diktator Salazar.

Nachdem Mosambik im Zuge der Nelkenrevolution unabhängig geworden war, schrieb er dort Zeitungen, wirkte er als Leiter des staatlichen Rundfunksenders sowie im Vorstand des Journalisten- und des Schriftstellerverbandes.

In den 1990er Jahren verfasste er zudem Lyrik, Prosa und Theaterstücke. Seine Erzählung „O Gotejar da Luz – Das Tröpfeln des Lichts“ wurde vier Jahre nach seinem Tod verfilmt.

 

 

 

Meri Te Tai Mangakāhia

* 22.5.1868 bei Whakarapa, Hohianga Harbour, † 10.10.1920 in Panguru, neuseeländische Suffragette

 

Meri Te Tai Mangakāhia war die Tochter eines einflussreichen Maori-Stammesführers und heiratete einen Assessor, der die autonome Eigenverwaltung der Maori anstrebte. Vermutlich bekam sie durch die Women’s Christian Temperence Union Kontakt zur neuseeländischen Suffragetten-Bewegung.

Wenige Tage vor ihrem 25. Geburtstag stellte sie sie im Te Kotahitanga-Parlament in der Hawke’s Bay einen richtungweisenden Antrag. Sie sagte: Ich stelle diesen Antrag vor dem Hauptabgeordneten und allen ehrenwerten Mitgliedern, damit aus diesem Parlament ein Gesetz hervorgeht, das Frauen das Wahlrecht und die Aufnahme von Frauen als Abgeordnete ermöglicht. Im Folgenden sind meine Gründe für die Einreichung dieses Antrags, dass Frauen das Wahlrecht erhalten und dass es weibliche Mitglieder gibt: Es gibt viele Frauen, die verwitwet sind und viel Land besitzen. / Es gibt viele Frauen, deren Väter gestorben sind und die keine Brüder haben. / Es gibt viele Frauen, die sich mit der Verwaltung von Land auskennen, wo ihre Ehemänner es nicht tun. / Es gibt viele Frauen, deren Väter alt sind, die sich auch mit der Verwaltung von Land auskennen und Land besitzen. / Es gab viele männliche Anführer, die sich mit einer Petition an die Königin gewandt haben, was die vielen Probleme angeht, die uns alle betreffen, aber wir wurden noch nicht angemessen entschädigt, wie es diese Petitionen vorsahen. Deshalb bete ich zu dieser Versammlung, dass weibliche Mitglieder ernannt werden. Vielleicht werden wir auf diese Weise in den vielen Fragen, die uns und unser Land betreffen, zufriedengestellt. Vielleicht hört sich die Königin die Petitionen an, wenn sie von ihren Māori-Schwestern vorgetragen werden, denn auch sie ist eine Frau.

Vier Jahre später gewannen die Maori-Frauen dann tatsächlich das Recht für das Te Kotahitanga-Parlement wählen zu dürfen. Im Alter von 52 Jahren starb Meri Te Tai Mangakāhia an einer Grippe.

 

 

 

 

 

Robert Franklin Palmer Jr.

* 19.6.1945 in Little Rock, Arkansas, † 20.11.1997 in Valhalla, New York, amerikanischer Musikjournalist und Produzent

 

Robert Franklin Palmer Jr. gründete in den 1960er Jahren die psychadelic Band „The Insect Trust“, spielte in den 1970ern Flöte und Klarinette auf Ornette Colemans Album „Dancing In Your Heart“, wirkte als Musikkritiker für den „Rolling Stone“, hielt Vorlesungen über Musikethnologie an der Yale University oder am Smithsonian Institut ab und schrieb Bücher wie „Deep Blues“ oder „Rock & Roll: die Geschichte einer Kulturrevolution“, das als Vorlage für die zehnteilige Dokumentation „History of Rock and Roll“ diente.

Dann erkrankte er jedoch schwer infolge einer nicht behandelten, verschleppten Gelbsucht, und da er wie viele Musiker und Autoren in den USA über keine ausreichende Krankenversicherung verfügte, konnte er die Kosten für eine lebensnotwendige Lebertransplantation nicht aufbringen. Befreundete Künstler wie Alex Chilton, Tony Joer White, Patti Smith, Allen Toussaint, Yoko Ono spielten das Geld zwar nach und nach bei Benefizkonzerten ein, doch starb Robert Franklin Palmer Jr. Im Alter von 52 Jahren, als er auf eine geeignete Transplantationleber wartete.

 

 

 

John Christopher Stevens

* 18.4.1960 in Grass Valley, Kalifornien, † 11.9.2012 in Bengasi, Libyen, amerikanischer Diplomat

 

John Christopher Stevens studierte in Berkeley, arbeitete in Washington D.C. als Rechtsanwalt und ab 1991 für das US-Außenministerium, wirkte als Diplomat in Jerusalem, Damaskus, Kairo, Riad und ab 2007 in Libyen, wo 2011 im Zuge des „Arabischen Frühlings“ ein Bürgerkrieg ausbrach.

Ab Mai 2012 fungierte John Christopher Stevens als Botschafter seines Landes im Benghazi und kam am 11. September 2012, dem 11.Jahrestag von Nine-Eleven, bei einem Angriff auf das amerikanische Konsulat ums Leben.

 

 

 

William Makepeace Thackeray

* 18.7.1811 in Kalkutta, † 24.12.1863 in London, britischer Schriftsteller

 

William Makepeace Thackeray definierte in seinem „Book of Snobs“ als erster den Snobismus: Um jeden Preis mehr scheinen als sein!

Der Anglist Walter Martin schrieb im Nachwort zu Thackeray wohl berühmtesten Werk „Vanity Fait: A Novel without a Hero – Jahrmarkt der Eitelkeiten“: „…er kann große Zusammenhänge äußerst kurz und sehr komplexe Dinge äußerst einfach sagen. Thackeray schreibt von Natur leicht und fließend […]. Mag sein, dass gelegentlich der Inhalt dessen, was er zu sagen hat, ‚leicht’ ist; aber auch, wenn der Inhalt gewichtig ist, schreibt er leicht.“ Und: „Etwas von dem gleichen Snobismus, den er so schonungslos geißelte, hat ihm schließlich selber angehangen.“

Seit seinem schweren Fieber, das William Makepeace Thackeray im Alter von 38 Jahren durchlitten hatte, befielen ihn immer wieder Krampfanfälle. Und wenige Monate nachdem er in Kensington ein luxuriöses Palais bezogen hatte, starb er im Alter von 52 Jahren.

 

 

 

Gaspard II. de Coligny

* 16.2.1519 in Châtillon-sur-Loing, † 24.8.1572 in Paris, französischer Admiral

 

Gaspard II. de Coligny, Comte de Coligny, bewies auf Schlachtfeldern so großen Mut, dass er zum Ritter geschlagen und im Alter von 32 Jahren sogar zum Gouverneur von Paris und der Île-de-France ernannt wurde. Und nachdem er an der Seite Königs Henri II. die Bistümer Metz, Toul und Verdun erobert hatte, stieg er sogar zum Admiral von Frankreich auf.

Dann trat der Katholik de Coligny jedoch zum Calvinismus über und wurde zum Führer der Hugenotten. Folgerichtig wurde er im Alter von 52 Jahren in der Bartholomäusnacht als erster ermordet. Wikipedia berichtet: „Um Mitternacht drang der Herzog von Guise mit Bewaffneten in de Colignys Wohnung ein. Sie überfielen ihn, während er gerade Calvins Kommentar zum Ijob las, und stießen ihn nieder. Er sollte aus dem Fenster gestürzt werden, wehrte sich aber und wurde getötet. Sein Leichnam wurde, nachdem ihm das Haupt abgeschlagen worden war, auf Parlamentsurteil hin zum Richtplatz geschleift und an den Galgen von Montfaucon gehängt. Montmorency ließ ihn nach drei Tagen abnehmen und ihn erst in Chantilly, dann in Montauban verwahren. Erst 1599, als de Colignys Andenken durch königliche Briefe wieder gereinigt war, wurde er in Châtillon in der Gruft seiner Ahnen beigesetzt.“

An Gaspard II. de Coligny wird von der Evangelischen Kirche Deutschlands stets am 23. August, und stellvertretend für alle Opfer der Bartholomäusnacht, gedacht.

 

 

 

Béla Kun

* 20.2.1886 in Szilágycseh, Siebenbürgen, Pseudonym: Emmerich Schwarz, † 29.8.1938 in Moskau, ungarischer Journalist

 

Seit jeher lebten nach Wahrheiten suchende Journalisten gefährlich, so auch Béla Kun:

Schon vor dem Ersten Weltkrieg gab Béla Kun in Budapest eine sozialistische Zeitung heraus. Im Krieg geriet er dann in russische Kriegsgefangenschaft und wurde zum Anhänger der Bolschewiki. Die sandten ihn 1918 nach Ungarn zurück, wo er die „Rote Zeitung“ leitete und für die kommunistische Revolution agitierte. Er wurde verhaftet, kam aber frei und bildete in den Nachkriegswirren eine Räteregierung, in der er als Volksbeauftragter für Außenbeziehungen fungierte. Die wurde allerdings alsbald gestürzt und Béla Kun floh nach Österreich, wo er einmal mehr verhaftet wurde, schließlich jedoch in die Sowjetunion fliehen konnte.

Hier wurde Béla Kun dann im Zuge der „Stalinschen Säuberungen“ erschossen.

 

 

Leo Fall

* 2.2.1873 in Olmütz, † 16.9.1925 in Wien, österreichischer Komponist

 

Leo Fall studierte am Wiener Konservatorium, wurde im Alter von 19 Jahren Kapellmeister in Hamburg, bald darauf Sologeiger am Berliner Metropol-Theater und dann Hauskomponist des Berliner Kabaretts „Böse Buben“. Eine seiner Kompositionen aus dieser Zeit „Und Meyer sieht mich freundlich an“ würdigte Kurt Tucholsky als das „klassische Berliner Couplet“ (Text: Rudolf Bernauer):

 

Ich sitze in der Kneipe trüb'

Um meinen Schlund zu taufen –

Das Geld, das mir noch übrig blieb

Das will ich heut' versaufen!

Der Teufel hol's, was liegt daran?

Und Meier sieht mich freundlich an!

 

Der Meier ist Kapitalist

Kein Debet und viel Credit –

Und was das allerfeinste ist:

Es sitzt bei ihm die Edith!

Ich fang mit ihr zu äugeln an –

Und Meier sieht mich freundlich an!

 

Er kennt mich vom Theater her

Von dort kennt auch sie mich

Man lädt mich ein, mein Glas ist leer

"Prost, prost!" – in Wonne schwimm ich

Weil ich mit Edith fussen kann –

Und Meier sieht mich freundlich an! ...

 

Dann wandte sich Leo Fall der Operette zu, schaffte mit „Die Dollarprinzessin“ den Durchbruch und wurde mit „Die Rose von Stambul“ weltweit bekannt. Neben Franz Lehár und Oscar Straus zählt Leo Fall zu den bedeutendsten Komponisten der sogenannten „Silbernen Oprettenära“.

 

 

 

 

 

Harry Houdini

* 24.3.1874 als Erik Weisz in Budapest, † 31.10.1926 in Detroit, Michigan, Entfesselungskünstler

 

Der Name Houdini ging im Laufe der Zeit in die amerikanische Umgangssprache ein: to houdinize – entkommen. Tatsächlich wurde Harry Houdini durch spektakuläre Entfesselungs-Shows weltberühmt. Und auf dem New Yorker Times Square ließ er sogar einen Elefanten verschwinden.

Harry Houdini kämpfe allerdings auch entschlossen gegen Scharlatane, vor allem gegen betrügerische Spiritisten, versprach als Präsident der „Society of American Magicians“ jeden von Spiritisten angewandten Trick analog und überzeugend vorführen, ergo bloßstellen, zu können. Er beriet sogar den seinerzeit an der Untersuchung und Aufklärung von grassierenden Geisterphänomenen interessierten US-Kongress. Und in seinem Buch „Miracle Mongers“ enthüllte Harry Houdini gängige Tricks von Fakiren, Spiritisten, Feuerspuckern, Schwertschluckern und Kraftartisten, die ihm aus seiner frühen Artistenzeit bekannt waren.

Dann behauptete er, dass er wie ein Fakir jeden Schlag in den Unterleib allein durch Anspannung seiner Bauchmuskulatur unbeschadet überstehen könne. Bei einem Gastspiel in Montreal versetzte ein Student Harry Houdine jedoch so kräftige Schläge, dass er wenige Tage darauf an einem Blinddarmriss verstarb.

Beerdigt wurde Harry Houdini in einem Bronze-Sarg, den er sich gerade für einen weiteren Fakirtrick, die „Krematoriumsillusion“ hatte bauen lassen.

 

 

 

Upendrakishore Raychaudhuri

* 10.5.1863 in Moshua, Bengalen, † 20.12.1915 in Kalkutta, indischer Autor, Illustrator und Komponist

 

In den 1880er Jahren zog Upendrakishore Raychaudhuri nach Kalkutta und komponierte Hymnen für die hinduistische Reformorganisation „Brahmo Samaj“. Er selbst spielte die Instrumente Esraj und Pakhaway, entwickelte eine neue Halbton-Technik, begann dann Bücher zu verlegen und gründete im Alter von 50 Jahren ein eigenes Druck- und Verlagsunternehmen. Vor allem gab er Kinderliteratur heraus, die er meist selbst illustrierte, und begründete er zudem das Kindermagazin „Sandesh“. Seine Sammlung von Tiermärchen „Tuntonir Boi“ gilt als Klassiker der bengalischen Kinderliteratur.

Upendrakishore Raychaudhuris Erzählung „Goopy Gyne Bagha Byne“ über zwei völlig untalentierte Musiker wurde von Satyajit Ray erfolgreich verfilmt.

 

 

 

 

 

Eduard Karl Oskar Theodor Schnitzer

* 28.3.1840 als Isaak Eduard Schnitzer in Oppeln, bekannt als Emin Pascha, † 23.10.1892 in Kinena, Kongo, Afrikaforscher

 

Eduard Schnitzer studierte Medizin in Breslau, Berlin und Königsberg, doch als er nicht zum Staatsexamen zugelassen wurde, wanderte er ins Osmanische Reich aus und wurde Hafen- und Distriktsarzt in Montenegro.

Hier gewann er die Freundschaft des Generalgouverneurs von Albanien, und nachdem er Gouverneur von Ioannina in Griechenland geworden war, avancierte Schnitzer zum Chefarzt dieser Provinz und trat zum Islam über. Nach dem Tod seines Gönners gelangte er auf abenteuerlichen Wegen nach Ägypten, wurde Chefarzt des von Gordon Pascha, der als Gouverneur der neueroberten Provinz Äquatoria im Südsudan fungierte. Hier erhielt er den Auftrag, Forschungs-Expeditionen anzuführen, zuerst nach Buganda, dann in ein Sultanat östlich des Albertsees. Und schließlich stieg Schnitzer sogar selbst zum Gouverneur von Äquatoria und erhielt den Titel Bey.

Nun brach er als Emin Pascha in Gebiete auf, die nie zuvor von Europäern erreicht worden waren, das Uferland des Mwutan, das Makara- und das Monbuttuland, Gebiete von Rohl und Amadi sowie der Niam-Niam-Länder, und verleibte sie seiner Provinz ein. Offenbar verstand er es erfolgreich zu wirtschaften, führte neue Kulturpflanzen ein und versuchte, das Straßensystem auszubauen.

Der Mahdi-Aufstand in den Gebieten nördlich seiner Provinz schnitt Emin Pascha jedoch vom ägyptisch-osmanischen Einflussbereich ab und er geriet in seiner Residenz in Wadelai in eine äußerst gefährliche Lage. Mehrere Expeditionen wurden ausgesandt ihn zu retten, was schließlich Henry Morton Stanley nach mehreren Versuchen gelang. Nun gelangte Schnitzer nach Deutsch-Ostafrika und stellte sich in die Dienste der deutschen Kolonialverwaltung.

Die beauftrage ihn, Gebiete um den Viktoria-See für das Deutsche Reich zu sichern. Hierbei allerdings wurde er von arabischen Sklavenhändlern ermordet.

Tatsächlich hat Eduard Schnitzer, alias Emin Pascha, auf seinen Expeditionen aber auch geforscht und ausführlich darüber berichtet. Nicht von ungefähr war er korrespondierendes Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften, Mitglied der Leopoldina und Ehrenmitglied des Thüringisch-Sächsischen Vereins für Erdkunde. Und nach ihm benannt sind die Pflanzengattungen Eminia Taub. aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) und Eminium (Blume) Schott aus der Familie der Aronstabgewächse (Araceae).

 

 

 

Christian Friedrich Daniel Schubart

* 24.3.1739 in Obersontheim, † 10.10.1791 in Stuttgart, deutscher Dichter

 

Klabund schrieb: „Christian Schubart mußte die Auflehnung gegen die Tyrannei mit der Hölle einer zehnjährigen Gefangenschaft auf dem Hohenasperg büßen. Er schleuderte den Fürsten die Verse der „Fürstengruft“ wie Pfeile entgegen.“

 

Die Fürstengruft

 

Da liegen sie, die stolzen Fürstentrümmer,

     Ehmals die Götzen ihrer Welt!

Da liegen sie, die vom fürchterlichen Schimmer

Des blassen Tags erhellt!

 

Die alten Särge leuchten in der dunkeln

     Verwesungsgruft wie faules Holz;

Wie matt die großen Silberschilde funkeln,

     Der Fürsten letzter Stolz!

[…]

Da liegen Schädel mit verloschnen Blicken,

     Die ehmals hoch herabgedroht.

Der Menschheit Schrecken! – Denn an ihrem Nicken

     Hing Leben oder Tod.

 

Nun ist die Hand herabgefault zum Knochen,

     Die oft mit kalten Federzug

Den Weisen, der am Thron zu laut gesprochen,

     In harte Fesseln schlug…

 

Zerrüttet von der langen Haft starb Christian Friedrich Daniel Schubart im Alter von 52 Jahren, und hartnäckig hält sich das Gerücht, er sei lebendig begraben worden.

 

Also, ihr Herrscher der Erde

 

Soll wieder unsere Welt im Blute schwimmen,

     Weil euer Herrscherstolz gebeult

Und euer Donnerruf die Stimmen

     Der Friedenssöhne überschreit?

Ach, schrecklich ist’s der Menschen Mark vergeuden

     Und mit der Würgehand

Umwühlen in der Menschen Eingeweiden,

     Vom Schlachtendurst entbrannt

Steckt eure Schwerter in die Scheide,

     Laßt eute Donnerschlünde ruhn!

Gibt’s größern Ruhm, gibt’s reinre Freude,

     Als Friede geben, Gutes tun?

 

 

 

Angelus Silesius

* 25.12.1624 als Johannes Scheffler in Breslau, † 9.7.1677 ebd., deutscher Lyriker

 

Gott ist ja nichts als gut: Verdammnis, Tod und Pein,

und was man böse nennt, muss, Mensch, in Dir nur sein.

 

Hermann Hesse sagte über Angelus Silesius’ wohl bekanntestes Werk: „Der cherubinische Wandersmann des Angelus Silesius gehört zu den sublimsten Blüten deutscher Frömmigkeit und Dichtung“.

 

Halt an, wo läufst du hin, der Himmel ist in dir:

Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.[

 

Der Philosoph Erich Brock schrieb in seinem Nachwort zu einer Ausgabe im Diogenes-Verlag: „Wer wollte leugnen, es seien zumal im ‚Cherubinischen Wandersmann’ eine Reihe von Versen derartig strahlender Schönheit und Gültigkeit gelungen, dass sie, obwohl wenig über Deutschland hinausgedrungen, dem ewigen Besitz der Menschheit zuzurechnen sind? Und die in so einschmeichelndem Tone dargebotenen Gedanken haben genug Eigenkraft und –leben, um auch da, wo der Dichter ihnen nur Teilwahrheiten zu verliehen vermochte, im willigen Leser zu Ganzwahrheiten zu werden.“

 

Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein.

Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein.

 

Im Alter von 37 Jahren trat Angelus Silesius zum Katholizismus über und wurde zum Priester geweiht. Er war bekannt dafür, „ekstasetrunken an spektakulären Prozessionen“ teilzunehmen. Im Alter von 52 Jahren verstarb Angelus Silesius an Tuberkulose. In seiner Leichenrede sagte der Jesuit Daniel Schwartz: Silesius sei bei seiner ersten Wallfahrt nicht als ein „Privat Clericus, und minderer Priester“ aufgetreten, sondern als ein „Engel und Gottes-Both, unerschrocken und unüberwindlich, mit einer brennenden Fackel in der Lincken, mit einem Crucifix in der Rechten, mit einer dörnern Cron auff dem Haupt, mit einem Seraphischen Eyfer und Resolution im Hertzen.“

 

Kein Ding ist hier noch dort,

das schöner ist als ich,

weil Gott, die Schönheit selbst,

sich hat verliebt in mich.

 

 

 

Michail Iwanowitsch Glinka

* 1.6.1804 in Nowospasskoje, Gouvernement Smolensk, † 15.2.1857 in Berlin, russischer Komponist

 

Michail Iwanowitsch Glinka gilt als „Vater der russischen Musik“. Seine 1836 uraufgeführte Oper „Ein Leben für den Zaren“ war die erste auf Russisch gesungene Oper, die zum Klassiker wurde, zur Nationaloper. Sechs Jahre darauf folgte „Rustan und Ljudmila“ nach einem Gedicht Puschkins.

Glinka reiste gern, nicht zuletzt, um andere Komponisten kennenzulernen, seine Einflusssphäre zu erweitern, Italien, Polen, Frankreich. In Berlin erkältete er sich aber und starb im Alter von 52 Jahren.

Von 1990 bis 2001 war seine Klavierkomposition „Motif de chant national“ unter dem Titel „Patriotisches Lied Nationalhymne der Russischen Föderation.

 

 

 

Johann Karl August Musäus

* 29.3.1735 in Jena, † 28.10.1787 in Weimar, deutscher Schriftsteller

 

Volksmärchen sind keine Volksromane, oder Erzählungen solcher Begebenheiten, die sich nach dem gemeinen Weltlaufe wirklich haben zutragen können, schrieb Johann Karl August Musäus 1782 für den „Vorbericht“ zu seiner Sammlung „Die deutschen Volksmärchen“: jene veridealisieren die Welt, und können nur unter gewissen konventuellen Voraussetzungen, welche die Einbildungskraft, solang sie ihrer bedarf, als Wahrheit gelten lässt, sich begeben haben. Ihre Gestalt ist mannichfaltig, je nachdem Zeiten, Sitten, Denkungsart, hauptsächlich Theogenie und Geisterlehre jedes Volkes, auf die Phantasie gewirkt hat. Doch dünkt mich, der Nationalcharakter veroffenbare sich darin ebenso wohl, als in den mechanischen Kunstwerken jeder Nation. Reichtum an Erfindung, Üppigkeit und Überladung an seltsamen Verzierungen, zeichnet die morgenländischen Stoffe und Erzählungen aus; Flüchtigkeit in der Bearbeitung, Leichtigkeit und Flachheit in der Anlage […]; Anordnung, und Übereinstimmung und handfeste Komposition, die Gerätschaft der Deutschen und ihrer Dichtungen. Volksmärchen sind aber auch keine Kindermärchen; denn ein Volk, […] bestehet nicht aus Kindern, sondern hauptsächlich aus großen Leuten, und im gemeinen Leben pflegt man mit diesen anders zu reden, als mit jenen. Es wär also ein toller Einfall […], alle Märchen müssten im Kinderton […] erzählet werden.

Johann Karl August Musäus verfasste auch Romane, Novellen sowie ein Libretto und starb im Alter von 52 Jahren an „einem Polypen am Herzen“.

Viele und zum Teil berühmte Männer, haben das Bedürfnis, der angenehmen Lektüre ein neues Feld zu eröffnen, damit der Leserenthusiasmus nicht erkalte, der die edle Bücherfabrik in Atem erhält, bereits erkannt, und demselben möglichst abzuhelfen sich bestrebt.

 

 

 

Roy Kelton Orbison

* 23.4.1936 in Vernon, Texas, † 6.12.1988 in Hendersonville, Tennessee, amerikanischer Sänger

 

Im Alter von 9 Jahren gewann Roy Orbison einen Talentwettbewerb bei einem lokalen Radiosender und erheilt eine wöchentliche Samstagabend-Sendung. Mit siebzehn trat er erstmals öffentlich mit einer Band auf. Mit zwanzig erschien seine erste Single, und mit 24 wurde er mit „Only the lonely“ sogar rasch international bekannt. Mit siebenundzwanzig tourte er mit den Beatles durch Großbritannien, mit neunundzwanzig mit den Rolling Stones durch Australien. Und „Pretty Woman“ wurde zum Welthit.

Dann folgten jedoch lange, erfolglose Jahre, obwohl ihn Elvis Presley 1976 sogar „the greatest singer in the world“ genannt hatte. 1988 feierte er dann aber mit den Traveling Wilburys, gemeinsam mit Bob Dylan, George Harrison, Jeff Lynne und Tom Petty also, ein erstaunliches Comeback. Die Veröffentlichung des Albums dieser Supergroup erlebte er jedoch nicht mehr.

Roy Orbison starb im Alter von 52 Jahren an einem Herzinfarkt.

 

 

 

François Truffaut

* 6.2.1932 in Paris, † 21.10.1984 in Neuilly-sur-Seine, französischer Regisseur

 

François Truffaut gilt als Begründer der „Nouvelle Vague“, der „Neuen Welle“, prägend seine Filme „Sie küssten und sie schlugen ihn, „Jules undJim, „Geraubte Küsse“, „Die amerikanische Nacht“, „Das wilde Kind“ oder „Die letzte Metro“.

Nachdem bei ihm im Alter von 51 Jahren ein Gehirntumor diagnostiziert wurde und er eine Operation überstanden hatte, schrieb François Truffaut an seine einstige Verlobte Claude Jade:  „Ich begann damit, die andere Seite des Spiegels zu betreten, nicht im Sinne von Alice im Wunderland – vielmehr im Sinne des Orphée in den Filmen von Cocteau... Madame la Mort reichte mir ihre Hand, aber ich verweigerte sie letztlich, entfernte mich, und nun ist es ein Genesender, der dir schreibt...“. Im Jahr darauf verstarb er.

 

 

 

Gisi Fleischmann

* 21.1.1892 als Gizela Fischer in Bratislavag, † 18.10.1944 im KZ Auschwitz, slowakische Frauenrechtlerin

 

Gisi Fleischmann war Präsidentin der slowakischen Sektion der „Women’s Inter-national Zionist Organisation“. Nach 1933 half sie als Mitglied des Zentralkomitees der Juden in Bratislava aus Deutschland – und dann auch aus besetzten Ländern Europas – geflohenen Juden zur Ausreise nach Palästina. Nachdem mehr als 80.000 slowakische Juden ins Generalgouvernement nach Polen deportiert worden waren, versuchte sie durch Verhandlungen und Geldzahlungen die verbliebenen 20.000 slowakischen Juden vor der Deportation zu bewahren.

Nach dem slowakischen Nationalaufstand am 28. September 1944 wurde Gisi Fleischmann im Arbeitslager Sered’ inhaftiert und da sie sich weigerte, andere Widerstandkämpfer zu verraten, schließlich nach Auschwitz gebracht und sofort nach ihrer Ankunft ermordet.

 

 

 

 

 

Paul Carl Wilhelm Scheerbart

* 8.1.1863 in Danzig, Pseudonyme Kuno Küfer und Bruno Küfer, † 15.10.1915 in Berlin, deutscher Schriftsteller und Zeichner

 

Paul Scheerbart versuchte das Perpetuum mobile zu erfinden und er gründete den „Verlag deutscher Phantasten“. Bekannt wurde er als Sciencefiction-Autor, er schrieb jedoch auch Gedichte.

 

Notturno

Ich liege ganz still.

Der Nachtwind rauscht leise vorbei.

Eine große Sehnsucht zieht mich noch tiefer.

Dies Sehnsucht – nach – ich weiß nicht was!

Das macht so traurig.

Ich möchte – ich weiß nicht was!

Ich denke an ferne, ferne Zeiten…

 

Paul Scheerbart starb im Alter von 52 Jahren an einem Gehirnschlag.

 

Schlussweisheit

Wer sich mit Anderen verbindet,

Auf Erden niemals Ruhe findet.

 

 

 

Gjorgij Abadžiev

* 7.10.1910 in Dojran, † 2.8.1963 in Skopje, mazedonischer Autor und Historiker

 

Der mazedonische Schriftsteller Vlada Urošević schrieb in seinem großartigen Roman „Meine Cousine Emilia“ über die Stadt, in der er geboren wurde, und wo der mazedonische Autor und Historiker Gjorgij Abadžiev starb:

„Ich weiß nicht, ob es euch bewusst ist: Skopje ist eine Stadt, die man nur über Gebirgspässe erreichen kann. Das Meer ist weit entfernt; vom Drin-Golf sind es quer durch die albanischen Berge achtzig Seemeilen Luftlinie, gute hundertzehn vom Golf von Thessaloniki. Der Vardar ist ein Fluss, der im Sommer nur wenig Wasser führt und über den niemals auch nur ein Kahn nach Skopje gelangt ist. Und dennoch lässt sich manchmal in der Stadt das Tuten eines Schiffes vernehmen, jeder Einwohner hat seine Stimme mindestens einmal im Leben gehört. Das ist jener tiefe, langgezogene Ton, der in Novembernächten über dem alten Basarvierteln und den ehemaligen Lagerhäusern für Kolonialwaren in der Bahnhofsstraße zu hören ist, der aber auch weit darüber hinaus trägt und Erregung und Unruhe in die vom Nebel eingehüllten Häuser bringt…“

Im Jahr 2014 lernte ich Vlada Urošević beim Poesiefestival Struga persönlich kennen. Auf dem Weg dorthin war ich auch durch die mazedonische Hauptstadt gekommen. Ich notierte:

Ich weiß nicht, ob ich diesen Nebel erleben werde, da ich nach Skopje nicht im November, sondern Ende August, im Hochsommer also, kam.

„Poet?“ spricht mich ein Mann an, als ich durch die Ankunftshalle des Flughafens Skopje irre.

„Da!“

Tatsächlich sammelt er mit offenkundig sicherem Blick die Ankömmlinge ein, die er als Autoren erkennt. Fahrt mit klapprigen Autos zu einem Hotel in den Innenstadt. Und während die erste Fuhre schon bei Schaschlyk und Bier sitzt, kommen nach und nach weitere Festivalteilnehmer aus der ganzen Welt hinzu. Unkompliziert kommt man ins Gespräch. Interessant der junge Engländer Harry Man, der Brasilianer Márcio André, die Chinesin Zhao Si.

Und schon geht’s mit einem großen Bus gen Struga. Drei Stunden Gekurve durch gebirgiges Land, vor allem von Albanern offenbar bewohnt, den überall prangen im Westen Mazedoniens albanische Flaggen.

Der Festivalort liegt direkt am Ausfluss des Crni Drin aus dem Ohrid-See, landschaftlich ähnlich dem Südufer des Gardasees. Und sogar eigener Hotelstrand! Das sieht nach unbeschwerten Tagen aus. Und die Preise sind himmlisch: ein Bier (umgerechnet) 1,10 €, ein Schoppen Wein 2 € …

Kann sein, dass ich da auch den Namen Gjorgij Abadžiev erstmals hörte.

Gjorgij Abadžiev starb Anfang August 1963, sieben Tage, nachdem ein schweres Erdbeben Skopje verwüstet hatte.

„…Hört auch ihr an nebligen Novemberabenden manchmal das Schiff? Was sagt es euch? Überzeugt es euch davon, dass das weit Entfernte manchmal ganz nah ist? Habt auch ihr dann das Gefühl, das wir auf dem Meer treiben? Und dass wir schon im nächsten Augenblick das Unbekannte erreichen werden, dessen Umrisse wir bereits erahnen?“

 

 

 

Hiram Bullock

* 11.9.1955 in Osaka, † 25.7.2008 in New York City, amerikanischer Jazz-Gitarrist

 

Hiram Bullock studierte mit Pat Metheney und Jaco Pastorius, spielte mit David Sanborn und den Brecker Brothers, Gil Evans, und Anfang der 1980er Jahre sogar in der Hausband der „David Letterman Show“.

Er wirkte auf zahllosen Alben von Stars wie Pete Townshend, Chaka Khan, James Taylor, James Brown, Miles Davis, Branra Streisand, Sting, Burt Bacharach, Roberta Flack oder Eric Clapton mit und tourte mit eigenen Bands - nicht zuletzt in Europa – und stand dabei stets barfuss auf der Bühne.

Hiram Bullock starb im Alter von 52 Jahren nach einer für überstanden gehaltenen Kehlkopfkrebs-Erkrankung.

Er veröffentlichte 15 Alben, postum erschien ein Live-Mitschnitt eines grandiosen Konzerts mit Billy Cobham und der WDR Big Band „Hiram Bullock Plays the Music of Jimi Hendrix“

 

 

 

Grace Patricia Kelly

* 12.11.1929 in Philadelphia, ab 1956: Princesse Grace de Monaco bzw. Grace Patricia Grimaldi, † 14.9.1982 in Monaco, amerikanische Schauspielerin

 

Grace Kelly hatte bereits in 11 Spielfilmen und mehr als 40 Fernsehproduktionen mitgewirkt, einen Golden Globe und einen Oskar erhalten, als sie bei den Filmfestspielen in Cannes Fürst Rainier III. von Monaco kennenlernte.

1956 beendete sie mit dem Musikfilm „Die oberen Zehntausend“ ihre Karriere als Schauspielerin und heiratete den betuchten Landesfürst. Im Jahr zuvor hatte sie in einem Interview noch geäußert: …meine Karriere liegt mir mehr am Herzen als der Gedanke an die Ehe. Wenn ich jetzt aufhörte – und aufhören müsste ich, weil die Ehe nach meiner Auffassung eine Frau ganz beansprucht –, dann würde ich mich womöglich mein Leben lang mit dem Gedanken quälen, welch große Schauspielerin ich hätte werden können.

Und anlässlich ihres 10. Hochzeitstages sagte sie dem „Playboy“: Ich suche nicht nach Glück. Also bin ich auf gewisse Weise vielleicht sehr zufrieden im Leben. […] Ich nehme an, mit sich im Frieden zu sein, nicht mit aller Macht etwas zu begehren und nicht zu verzweifeln, weil man etwas nicht erreicht hat. […] Ich liege im Dauerstreit mit mir selbst, also bin ich wohl nicht im Frieden mit mir.

Ihr Biograph James Spada schrieb: „Die neue Rolle als Ehefrau nach der Beendigung ihrer Karriere als Schauspielerin hatte einen Orientierungsverlust zur Folge, der auch durch Aufgaben wie die Modernisierung des Krankenhauses, des Altersheimes sowie der Palasträume und des Feriendomizils Roc Agel kaum kompensiert werden konnte. Darüber hinaus kam sie mit dem Zwang zur Beachtung höfischer Etikette und der Autorität Rainiers anfangs nicht zurecht.[…] Der Fürst war in seiner Rolle als Monarch nicht an Kompromisse gewöhnt und machte auch bei Meinungsverschiedenheiten mit seiner Ehefrau keine Ausnahme.“

Im Alter von 52 Jahren stürzte Fürstin Gracia Patricia mit ihrer Limousine auf der Rückfahrt aus ihrem Feriendomizil am Ortseingang von von Cap-d’Ail einen Abhang hinunter und erlag tags darauf ihren schweren Verletzungen.

 

 

 

Townes Van Zandt

* 7.3.1944 in Fort Worth, Texas, † 1.1.1997 in Smyrna, Tennessee, amerikanischer Musiker

 

Townes Van Zandt begann im Alter von 9 Jahren Gitarre zu spielen, und während seines Jurastudiums gab er erste Konzerte in Houston, Texas. 1968 erschien sein erste Album „For the Sake of the Song“, weitere 16 Alben folgten zu seinen Lebzeiten, so das Doppelalbum „Live at the Old Quarter Houston“ oder „Flyin’ Shoes“, mehr als 20 postum. Er genoss in der „alternativen Country-Szene“ zwar Kultstatus, schaffte aber den kommerziellen Durchbruch nie.

Der Schlagzeuger Leland Waddell erinnerte sich: „Ich lernte Townes kennen, als ich 1973, 1974 Schlagzeug bei Steve Earle spielte. Townes war erfolgreich, hatte ein paar gute Alben herausgebracht. Ich dachte, er hätte ein tolles Haus mit ein paar schicken Autos vor der Tür. Als wir dort ankommen, sehen wir einen ollen Wohnwagen ohne Fenster, keine Möbel, eine Matratze im Schlafzimmer, eine Couch und ein paar Hühner, die herumlaufen. Da wusste ich – dem geht’s um die Musik.“

Noch einen Monat vor seinem Tod war er in Europa auf Tournee. Townes Van Zandt starb im Alter von 52 an einem Herzinfarkt infolge einer schweren Hüftoperation und Delirium tremes.

 

 

 

 

 

Frank Vincent Zappa

21.12.1940 in Baltimore, † 4.12.1993 in Laurel Canyon, Kaliformien, amerikanischer Musiker und Komponist

 

Zappa for president!
Mit 52 aber, goddam, bist Du gestorben, Frank, wolltest allerdings noch gegen
Clinton antreten (obwohl dem da ja derzeit nicht mal der Schwanz gelutscht war
wow, what a wonderful idea for another fucking song!).
Und dass es Obama schaffen könnte (sogar zweimal), hätte ja auch niemand geglaubt
(von Trump ganz zu schweigen, der nun nochmals auf der Matte steht…).
Keine Frage, dass ich also den ganzen Tag Zappa höre,
Lust hätte, mich dazu nackt aufs Scheißhaus zu hocken und zu twittern (obwohl ich
das noch niemals tat), zu twittern und twittern, was Du schon damals warnend,
wahrsagerisch sangst: I am gross and perverted / I'm obsessed 'n deranged /…
For I
am destined to rule / And regulate you…/ I may be vile and pernicious / But you can't
look away / I make you think I'm delicious / With the stuff that I say /
I'm the best you can get… / I'm the slime oozin' out / From your TV set! /
You will obey me while I lead you / And eat the garbage that I feed you /
Until the day that we don't need you… / Your mind is totally controlled /
It has been stuffed into my mold / And you will do as you are told /
Until the rights to you are sold… / I am the slime from your video… /
I am the slime from your TV set…
Und (sicherheitshalber, unmissverständlich)
noch auf Gut-Deutsch: Ich bin grob und pervers, / ich bin besessen und verrückt… /
denn ich bin dazu bestimmt, zu herrschen / und dich zu regulieren… /
Ich mag gemein und bösartig sein, / aber du kannst nicht wegsehen. /
Ich bring dich dazu zu denken, dass ich köstlich bin / mit dem Zeugs, das ich sage. /
Ich bin das Beste, was du bekommen kannst… /
Ich bin der Schleim, der aus deinem Fernseher kommt! /
Du wirst mir gehorchen, während ich dich führe / und den Müll essen, den ich
dir füttere / bis zu dem Tag, an dem wir dich nicht mehr brauchen… /
Dein Verstand ist völlig unter Kontrolle. / Er wurde in meine Form gestopft. /
Und du wirst tun, was dir gesagt wurde / bis die Rechte an dir verkauft sind…. /
Ich bin der Schleim aus deinem Video… / Ich bin der Schleim aus deinem Fernseher ...

Zappa for president!

 

 

 

Vitale de Bologna

* um 1308 in Bologna, auch Allgretto Nuzi, † vor 1361, italienischer Maler

 

Welch Ehre, an der ältesten Universität Europas Vorlesungen halten zu dürfen! Keine Frage, dass ich die Einladung eines Bologneser Germanisten, mein Buch „Anna Hood“ vorzustellen, gern annahm. Und es blieb Zeit, Bologna zu erkunden, letztlich in Museen sogar Werke des Malers zu entdecken, dem diese vitale Stadt den Namen gab: Vitale de Bologna, bedeutendster Vertreter der Bologneser Schule: in der Nationalpinakothek der „Kampf des Heiligen Georg mit dem Drachen“ von 1330, im Museo Civico Davia Bargellini die „Madonna die Denti“ von 1345.

Wikipedia: „Die Universität Bologna (italienisch: seit 2000 Università di Bologna – Alma mater studiorum, vorher Università degli studi di Bologna; lateinisch Universitas Bononiensis) ist eine staatliche Universität in Bologna und gilt als älteste Universität in Europa. Die Universität Bologna ist darüber hinaus die drittgrößte Universität in Italien, nach der Sapienza Universität von Rom und der Universität Neapel Federico II.. An den 23 Fakultäten sind etwa 100.000 Studenten eingeschrieben. Seit 1989 betreibt die Universität neben ihrem Hauptsitz in Bologna auch Abteilungen in Cesena, Forlì, Ravenna und Rimini, 1998 wurde eine Zweigstelle in Buenos Aires eingerichtet. Motto: Petrus ubique pater legum Bononia mater.“

Einchecken im Hotel und sogleich neugierig auf zu einer ersten Stadterkundung. Kilometerweit läuft man hier unter Arkaden – insgesamt sollen diese Wandelgänge 40 Kilometer lang sein. Eindrucksvoll, stimmungsvoll. Am Vormittag scheint hier der Rosenmontagszug durchgekommen zu sein, überall werden noch Reste zusammen gefegt.

Imposant die riesige Basilica di San Petronimo im Zentrum, und als wir die Kirchenschiffe und all die Kunstwerke bestaunen, beginnt jemand auf der Kirchenorgel zu üben. Was für eine Zugabe – dies ist immerhin die älteste Orgel ihrer Art in der Welt, von 1471! Dann die beiden, die Stadt prägenden Türme, die Due Torri im Übergang zum Universitätsviertel.

Am Abend Köstlichkeiten, die in Bologna kreiert wurden: Ragú natürlich, uns bekannt als Sauce Bolognese, die hier aber niemand mit Spaghetti essen würde. Um Himmelswillen! Tagliatelle werden dazu gereicht. Weiter Mortadella in feinen Riesenscheiben und Kalbsschnitzel a la Bolognese… Ja, hier lässt sich’s leben!

Bummeln zurück zum Hotel. Wir besichtigen dabei dies und jenes, so die Basilica di San Domenico, wo der Gründer des Domikanerordens, Domenico di Guzmán, begraben liegt. Hier läuft Monteverdi vom Band, wow – da verharrt man doch gern. Dann ein Rosé auf der Piazza Maggiore, Frühlingssonne und Kinderkarneval – Carnevale dei Bambini. Wohlsein!

Weniger erhebend: per Mail teilt mir Lufthansa mit, dass der Rückflug verschoben sei, offenkundig, weil in Bologna gestreikt wird. Da Freitag ist, blitzt mir der Gedanke auf, dass meine Anna-Hood-Friday-for-future-Missionierung schon Früchte trage – es sind aber nicht die Studenten oder Schüler, die streiken, sondern die Frauen, die am Frauentag mit Unterstützung der Gewerkschaften mehr Rechte fordern.

Gut, nutzen wir die gewonnene Besuchszeit, um Bologna weiter zu erkunden, Sehenswertes gibt’s ja mehr als genug, Museen über Museen… Und zum Abschluss finden wir die Basilica die Santo Stefano, Ursprünge in Langobardischer Zeit. Grandioses Ensemble von sieben labyrinthisch an- und ineinander erbauter Kirchen, Kreuzgänge, Höfe. Ein Glück, dass unser Rückflug problematisch wurde, wir hätten uns geärgert, Santo Stefano nicht gesehen zu haben…

 

 

 

Bonaventura

* 1221 als Giovanni di Fidanza in Bagneregio, † 15.7.1274 in Lyon, italienischer Philosoph

 

Bonaventura gilt als einer der wirkungsmächtigsten Theologen der Scholastik. Papst Leo XII. nannte ihn den „Fürst unter allen Mystikern“, Papst Sixtus IV. sprach ihn heilig, und Sixtus V. erklärte ihn gut 300 Jahre nach seinem Tod sogar zum Kirchenlehrer, zum „Doctor seraphicus“.

Sein Ordensname soll auf Franz von Assisi zurückgehen, der ihn als Kind wundersam heilte und dann, als der Knabe mit seiner Mutter Franz von Assisi am Sterbebett besuchte, ausgerufen habe: „O buona ventura! (Guter Wind…) Später, als Generalminister der Franziskaner, verfasste Bonaventura eine Frazsiskus-Biografie, die weitverbreitete „Legenda Sancti Francisci“.

In weiteren bedeutenden Schriften widmete sich Bonaventura moralischen Themen: „Collationes de decem praeceptis“ (über die zehn Gebote) oder „Collationes de septem donis Spiritus sancti“ (über die sieben Gaben des Heiligen Geistes).

Bei der legendären, mit einer Dauer von fast drei Jahren längsten Papstwahl der Geschichte in Viterbo soll Bonaventura sogar selbst als Kandidat gehandelt worden sein, schlug schließlich aber Teobaldo Visconti vor, der sich als Papst Gregor X. nannte, Bonaventura zum Kardinalbischof von Albano erhob und ihn mit der Vorbereitung des zweiten Konzils von Lyon beauftragte, das die Wiedervereinungsverhandlungen mit der orthodoxen Kirche zum Erfolg führen sollte.

Bonaventura verstarb jedoch während des Lyoner Konzils nach kurzer, schwerer Krankheit.

Denn das Gute wird das sich selbst Verströmende genannt; das zuhöchst Gute ist also das, was sich im höchsten Maße selbst verströmt. Das höchste Sich-Verströmen aber kann nur ein Wirkliches und Innerliches sein, ein In-sich-Stehendes und Personales, ein dem Wesen Entsprechendes und Willentliches, ein Freies und Notwendiges, ein Unaufhörliches und Vollendetes.

 

 

 

Giovanni Falcone

* 18.5.1939 in Palermo, † 23.5.1992 ebd., italienischer Jurist

 

Giovanni Falcone gilt als Symbolfigur des Kampfes gegen die Mafia.

Als Richter leitete er ab Februar 1986 einen 22 Monate andauernden Prozess gegen etwa 400 Mafiosi, die nicht zuletzt durch seine Ermittlungen gefasst worden waren. Während dieses Prozesses war das Gerichtsgebäude durch 500 Polizisten und einen Panzer gesichert, der Luftraum wurde überwacht.

Im Mai 1992 fiel Giovanni Falcone mit seiner Frau, die mit ihm im Auto auf dem Weg in einen Wochenendurlaub war, jedoch einem Bombenattentat zum Opfer.

Noch in seinem Todesjahr begründeten Familienmitglieder die Stiftung „Giovanni e Francesca Falcone“, die sich der Forschung zur Förderung einer von der Mafia unabhängigen Kultur widmet. 1996 erhielt die Stiftung einen Beraterstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen.

18 Jahre nach seiner Ermordung wurde ein Asteroid nach ihm benannt: Falcone.

 

 

 

Jerry Garcia

* 1.8.1942 als Jerome John Garcia in San Francisco, † 9.8.1995 in Lagunitas-Forest Knolls, Kalifornien, amerikanischer Rock-Gitarrist

 

Mit vier Jahren verlor Jerry Garcia den Mittelfinger seiner rechten Hand, als sein älterer Bruder ihm diesen beim Holzhacken mit einer Axt abtrennte. Dennoch wurde er als Gitarrist der richtungweisenden Hippie-Band Grateful Dead zur Legende.

Als Fünfzehnjähriger rauchte er erstmals Marihuana, ab seinem 23. Lebensjahr nahm er regelmäßig Drogen, wurde heroinsüchtig. Im Alter von 44 Jahren fiel er in ein mehrtägiges Koma, Diagnose: Diabetes. Fünf Jahre darauf kollabierte er erneut.

Schließlich erzählte Jerry Garcia im Sommer 1995 seinen Bandkollegen, er flöge mit seiner Frau nach Hawaii in den Urlaub. Er begab sich jedoch in ein Drogen-Rehabilitationszentrum nördlich San Franciscos, wo er wenige Tage nach seinem 53. Geburtstag eines Morgens tot aufgefunden wurde.

 

 

 

Kunigunde

* um 980 in Luxemburg, † 3.3.1033 in Kaufungen, deutsche Kaiserin

 

Ach, wenn die Heilige Kunigunde doch nicht im Bamberger, sondern im Merseburger Dom ihre letzte Ruhestätte gefunden hätte…

Immerhin hatte Kunigunde, Gattin König Heinrich II. und consors reguorum (später, nach der Kaiserkrönung, sogar consors imperii) - Mitregentin also, dazu beigetragen, dass im Jahre 1004 das Bistum Merseburg wiedererrichtet werden konnte. In Urkunden Heinrich II., die aus diesem Anlass ausgestellt wurden, die Dotierungen, Schenkungen und dergleichen festschrieben, findet sich die Formel: nos una cum dilectissima nobis coniuge et regnorum consorte Cunigundawir selbst mit unserer liebsten Ehefrau und Teilhaberin an der Herrschaft Kunigunde.

Natürlich war Kunigunde bei den Feierlichkeiten zur Neuaufrichtung des Bistums Merseburg im Februar 1004 dabei. Bereits im Jahr zuvor ist ihr Aufenthalt in der Pfalz Merseburg bezeugt, 1003 weilte sie mit ihrem Gatten zu Himmelfahrt hier, reiste dann mit ihm weiter über Walbeck nach Quedlinburg. Und man kann wohl auch davon ausgehen, dass Kunigunde ein weiteres Jahr zuvor in Merseburg war, als Heinrich II. im Juni 1002 seinen ersten Hoftag in Merseburg hielt und von den sächsischen Würdenträgern als neuer König bestätigt wurde. Das Königspaar war oft gemeinsam unterwegs, führte später, in problematischen Situationen, die Reichsgeschäfte aber auch von verschiedenen Orten getrennt aus.

So scheint Kunigunde im Jahr 1012 für längere Zeit, womöglich sogar den ganzen Sommer über, in Merseburg gewesen zu sein, um hier die Ostgrenze des Reiches zu sichern, vor allem gegen polnische Ansprüche wohl, während ihr Gatte im Westen des Reiches zu handeln hatte. Und wer weiß, vielleicht weilte Kunigunde noch öfter als Heinrich II., der bekanntlich so oft wie kein anderer deutscher König in Merseburg war, in dieser großen, reichen, wichtigen Pfalz. Mit ihm, ohne ihn, wie auch immer…

Mit Bischof Thietmar hatte sie hier sicherlich jederzeit einen klugen Gesprächspartner, wenn nicht gar Freund, begleitete sie Thietmar doch auch zuweilen auf Reisen. Nicht von ungefähr kommt Kunigunde des Öfteren in Thietmars Chronik vor. Und wer weiß, vielleicht haben die beiden, vielleicht sogar in jenem langen Sommer des Jahres 1012 über die Errichtung einer Bischofskirche in Merseburg diskutiert? Denn zu jener Zeit stand auf dem Merseburger Saalehochufer nördlich der von Heinrich I. erbauten Burganlage erst die von Heinrich I. gegründete Johanneskirche – wohl längst nicht mehr den Ansprüchen und Erfordernissen eines Bistums gerecht werdend. Gut vorstellbar also auch, dass Kunigunde an der Seite ihres Gatten Heinrich II., der ja als Stifter des Merseburger Domes gilt, bei der Grundsteinlegung im Mai des Jahres 1015 und bei der Einweihung im Oktober des Jahre 1021 mit anwesend war, mit feierte.

Zweimal kann man Abbildungen der Heiligen Kunigunde im Merseburger Dom entdecken: an Wangen des Chor- und des Seitenschiffgestühls, und ein Altar dieser alten Kirche trägt ihren Namen.

Weithin bekannt sind mit Kunigunde verbundene Sagen, verortet im Umfeld ihrer Heiligsprechung. So gleich im doppelten Sagensinne, dass Heinrich II, an ihrer Keuschheit zweifelnd, Kunigunde zwang, über glühende Pflugschare zu laufen und nach seiner Heiligsprechung alles daran setzte, dass seine Gattin, die diese Probe ja unbeschadet überstanden hatte, auch zur Heiligen erklärt wurde. Dann die Sage von der Kristallschale, in die Bauarbeiter hineingreifen und auf wundersame Weise jeweils ihren gerechten Lohn empfingen. Oder die Sage, dass sich Staub in der Nähe ihres Grabes für Notleidende in Getreide verwandelte…

Noch heute soll in Bamberg kursieren, dass die Stadt ihre mittelalterliche Pracht erhielt, im Zweiten Weltkrieg von alliierten Bombardements verschont blieb, da Kunigunde im Gefahrenfalle stets schützend einen Nebelschleier über dem Ort ausbreitete.

Ach, wenn die Heilige Kunigunde doch nicht im Bamberger, sondern im Merseburger Dom ihre letzte Ruhestätte gefunden hätte…

 

 

 

Dulduityn Rawdschaa

* im Winter 1803, auch: Danzanrwadschaa, † 1856, mongolischer Dichter

 

Dulduityn Rawdschaa gilt als mongolischer Nationaldichter, neben Gedichten verfasste er aber auch astrologische, medizinische und philosophische Schriften, komponierte, malte und war der fünfte Noyon Khutagt, der Lama der Gobi.

Dulduityn Rawdschaa gründete die Klöster Burdeni, Choylogiin und Khamar , die zu Zentren für Kultur, Kunst und Bildung wurden, sowie Tempel in der gesamten Gobi, die zu seinen Lebzeiten als religiöse Orte der Verständigung zwischen der Mongolei, China und Tibet dienten, und sogar einen „Tempel der Kinder“ – die erste allgemeinbildende Schule für Jungen wie Mädchen in der Mongolei. Weiterhin sind ihm ein Museum und eine Bibliothek im Tempel Givaadin Ravjaalin zu verdanken, und er schrieb für eine von ihm aufgestellte Theatergruppe, so die Operette „Saran Khukhuu - Die Geschichte des Mondkuckucks“, in der er Heuchler und korrupte Personen verspottete.

In seinen Texten bezeichnete sich Dulduityn Rawdschaa selbst gern als sokhtaku, als Säufer und er hatte zwei Liebhaberinnen – als Angehöriger der buddhistischen Nyingma-Schule war er nicht verpflichtet auf Alkohol und Sexualität zu verzichten und war bekannt dafür, das Leben zu genießen. Zeitgenossen nannten ihn auch „Trinker der Gobi“.

Überliefert sind über 300 Gedichte, 100 Lieder, zahlreiche religiöse Gemälde und eine Vielzahl buddhistischer, philosophischer, medizinischer und astronomischer Abhandlungen, Thesen und Monographien, die Dulduityn Rawdschaa auf Tibetisch und Mongolisch verfasst hatte. Er starb unter nie geklärten Umständen, und da er nicht zuletzt unter den Mandschu, den chinesischen Besatzern, Feinde hatte, wurde sogar vermutet, er sei vergiftet worden.

 

 

 

Frieda Ritzerow

* am 1.1.1834 als Frieda Burrmeister in Mechelsdorf, † nach 1887, deutscher Autorin

 

Zwölf Jahre lang arbeitete sie in den führenden Hotels Schwerins und heiratete dann in Rostock im Alter von 30 Jahren den Sprachlehrer Bernhard Ritzerow.

Vier Jahre später veröffentlichte sie ihr „Mecklenburgisches Kochbuch. Ein Rathgeber für Alle, welche der Kochkunst beflissen sind, speciell für Mecklenburgische Hausfrauen und Solche, die es werden wollen. Seitdem erfuhr ihr Kochbuch 20 Nachauflagen.

Anlässlich der Hochzeit ihrer Tochter in Rostock wird Frieda Ritzerow als Witwe erwähnt. Danach verliert sich ihrer Spur.

 

 

 

 

 

Ludwig Senfl

* um 1490 wohl in Basel, † zwischen Januar und März 1543 in München, deutscher Komponist

 

Ludwig Senfl gab im Jahre 1520 den ersten deutschen Motettendruck „Liber selectarum cantionum heraus; diese Sammlung enthielt fast das gesamte Repertoire der kaiserlichen Hofkapelle, der er seit seiner Kindheit selbst angehört hatte, eigene Werke, wie der Rätselkanon „Salva sancta parens und Motetten von Pierre de la Rue, Heinrich Isaac, Josquin Desprez, Jacob Olbrecht und Jean Mouton. Drei Jahre später ernannte ihn der Bayern-Herzog Wilhelm IV. zum Hofkomponisten.

Luther, dem Senfl wohl auf dem Reichstag in Worms begegnet war, schätzte ihn und seine Münchner Hofkapelle sehr, äußerte sich entsprechend in Tischreden und einem Brief und gab bei ihm sogar Kompositionen in Auftrag.

„Senfls kompositorisches Schaffen umfasst sämtliche Gattungen der damaligen Zeit: Messen, Motetten, mehrstimmige Proprienvertonungen, ein 8 Werke umfassender Magnificatzyklus, Lieder, Oden sowie einzelne Instrumentalsätze; seine deutschen Lieder (mit über 250 Sätzen), seine Proprien für Messe und Stundengebet (ca. 80 erhaltene Zyklen mit etwa 240 Einzelsätzen, dazu mindestens 10 verlorene Zyklen) sowie seine Motetten (ca. 140 Werke einschließlich 12 verlorenen Sätzen) machen davon den Hauptbestandteil seines Gesamtwerks aus, das in ca. 360 Quellen (Handschriften und Drucken) überliefert ist“, weiß Wikipedia. Als sein bekanntestes Werk gilt die Psalmvertonung „De profundis clamavi ad te Domine - Aus der Tiefe rufe ich zu dir, Herr“.

 

 

 

Arthur Alexander

* 10.5.1940 als Arthur Bernard Alexander jr. in Florence, Alabama, † 9.6.1993 in Nashville, Tennessee, amerikanischer Soul-Sänger

 

Paul McCartney sagte: „Die Beatles wollten immer nach Rhythm & Blues klingen. Das war es, was wir hörten, was wir mochten und wie wir sein wollten. Wir wollten ‚schwarz’ klingen, wie Arthur Alexander.“

John Lennon: „Wir versuchten, diesen basslastigen Sound hinzubekommen, wie Arthur Alexander in Muscle Shoals; wir lieben seine Platten.“

Ringo Starr: „Aus Liverpool zu sein hatte viele Vorzüge, denn es war eine Hafenstadt. Halb Liverpool schien bei der Handelsmarine zu arbeiten und so kamen all diese Platten aus Amerika hierher. Auf diese Weise entdeckten wir Arthur Alexander und solche Sachen.“

George Harrison: „Anna von Arthur Alexander war auch auf unserem Album (Please Plaese me). Ich weiß noch, dass ich mehrere Platten von ihm hatte, und John sang drei oder vier seiner Lieder. Soldier of Love war eins davon, es erschien mit den BBC-Aufnahmen.“

Keith Richards: „Als die Beatles und die Rolling Stones ihre ersten Gelegenheiten zum Plattenaufnehmen bekamen, spielten die einen Anna und die anderen You Better Move On. Das sagt eigentlich genug.“

Weitere Songs Arthur Alexanders wie coverten Elvis Presley, Bob Dylan, Dr. Hook, Dusty Springfield, die Bee Gees, Ike & Tina Turner und weitere Stars. Otis Reding sang Alexanders Johnny Heartbreak.

1963, am Anfang seiner Karriere, wurde Arthur Alexander eines Abends im „New Era Club“ von Nashville vom Bassisten Billy Cox begleitet, der einen Kumpel aus Armeezeiten mitbrachte, einen „lauten“ Gitarristen – den jungen Jimi Hendrix.

Nach dem Tod von Elvis stieg Arthur Alexander aus dem Musikgeschäft aus und zog sich nach Cleveland zurück, wo er als Busfahrer und Hausmeister jobbte. Als dann aber 1993 ein Comeback plante, erlitt er wenige Minuten nach Unterzeichnung eines Vertrages, der ihm die Rechte an seinen früheren Kompositionen sichern sollte, einen Herzinfarkt und starb drei Tage später im Alter von 53 Jahren.

 

  

 

 

Hippoliet Jan Van Peene

* 1.1.1811 in Kaprijke, † 19.2.1864 in Gent, flämischer Arzt und Autor

 

Hippoliet Jan Van Peene studierte Medizin in Löwen und ließ sich in Gent als Arzt nieder. Als Dramatiker debütierte er im Alter von 24 Jahren mit dem Vaudeville-Stück „La viellesse de Stanislas“. Sechs Jahre später war sein auf Flämisch geschriebenes Stück „Keizer Karl en de Berchemsche boer“, sehr erfolgreich. Weitere Stücke folgten. 1880 erschien eine 38-bändige Gesamtausgabe seiner Werke.

Hippoliet Jan Van Peene verfasste auch den Text der flämischen Nationalhymne „De Vlaamse Leeuw“:

Sie werden ihn nicht zähmen, den stolzen flämischen Löwen,

Wenn sie seine Freiheit auch mit Fesseln und Geschrei bedrohen.

Sie werden ihn nicht zähmen, solange ein Flame lebt,

Solange der Löwe Klauen hat, solange er Zähne hat.

Sie werden ihn nicht zähmen, solange ein Flame lebt,

Solange der Löwe Klauen hat, solange er Zähne hat,

Solange der Löwe Klauen hat, solange er Zähne hat…

 

 

 

 

 

Maurice Ernest Gibb

* 22.12.1949 in Douglas, Isle of Man, † 12.1.2003 in Miami Beach, Florida, australischer Musiker

 

Auf dem zweiten Album der Bee Gees „Speaks and Specks“ war 1966 erstmals auch eine Komposition von Maurice Gibb zu hören: „Where are you now“. Und er schrieb auch „All by myself“: … I live my life all by myself / My car ain’t big, / I can’t go fast / And ev’ry drink I takes the last / I’m always tryin’ to save my health…

1970 veröffentlichte er eine erste Solo-Single:Railroad”.

Colin Petersen, der Schlagzeuger der Bee Gees sagte über Maurice Gibb: „Er hat den gleichen Humor wie ich. Wir haben andere gemeinsame Interessen wie Schachspielen. Er ist der Typ, der vorbeikommt und Ihnen beim Autowaschen hilft.“

Zum letzten, 2001 erschienenen Studioalbum der Bee Gees trug Maurice Gibb noch die Kompositionen „Walking on Air“ und „Man in the Middle“ bei: I’m just the man in the middle / The only man / The fool of a man in the middle / Nowhere to run to / Nowhere to hide…

Sein erstes Solo-Album „The Loner“ wurde nie veröffentlicht.

Maurice Gibb starb wenige Tage nach seinem 53. Geburtstag aufgrund von Komplikationen infolge einer Darmoperation.

 

 

 

Charles Lillard

* 26.2.1944 in Long Beach, Kalifornien, † 27.3.1997 in Victoria, British Columbia, kanadischer Schriftsteller

 

Immer mal wieder wurde ich bei Lesungen oder in Interviews gefragt, was für mich die schönste Stadt der Welt sei. „Schwer zu sagen“, hatte ich wohl meist geantwortet, doch gern hinzugefügt: „Wenn ich das notwendige Kleingeld hätte, würde ich als Alterssitz Victoria auf Vancouver Island wählen“.

Der aus den USA stammende Schriftsteller Charles Lillard, bekannt als „Chronist des pazifischen Nordwestens“, hatte das womöglich ebenso gesehen, und wer weiß, vielleicht sind wir einander in seiner Wahlheimat Victoria sogar begegnet. Ich kam zwei Jahre vor seinem Tod erstmals hierher, eingeladen von Germanisten der hiesigen Universität:

Mit der Pacific Coast Line nach Victoria. Wie aber gelangt ein durchgehender Bus auf eine Insel? Klar, mit der Fähre. Von Vancouver bis Tsawwassen über den Highway, dann bis Swartz Bay über den Pacific und schließlich nochmals Highway bis zur Hauptstadt der Provinz British Columbia, bis Victoria.

Unser Freund Günter hatte gemeint, dass die Fährfahrt mit zum Schönsten zählen würde, was wir auf dieser Reise erleben. Keine Frage, er hat recht. Zwar müssen wir am Hafen von Tsawwassen fast zwei Stunden warten, da aufgrund eines Sturmes vorübergehend keine Fähre fährt, aber dann geht’s los: durch die breite Strait of Georgia, dann vorbei an den malerischen Gulf Islands, Bilderbuch Kanada, und nach gut anderthalb Stunden der Fährhafen des südlichen Vancouver Island, Swartz Bay. Und der Bus rollt von der Fähre und weiter nach Victiora. Hi, we’re coming! Der Himmel klart auf, überhaupt scheint hier eine ganz andere Welt, Blumen, gepflegtes Grün, der wärmste Ort Kanadas wohl, die Gartenstadt Victoria.

Am Busbahnhof mitten in der Stadt erwartet uns Walter Riedel, der mich eingeladen hatte. Phantastischer Rundumblick: Totempfähle in einem Park gegenüber, der sehr britische Gouverneurspalast, der geschäftige Inner Harbour. Immer an der Pazifikküste entlang fahren wir zum Quartier, halten hier und da, traumhafte Aussichten allenthalben, hinter der Strait Juan des Fuca ragen die schneebedeckten Olympic Mountain auf, das ist schon der Staat Washington, USA.

Nach einer kurzen Verschnaufpause in unserem familiären Bed & Breakfast Quartier holt uns Walter Riedel schon zu meiner Lesung an der hiesigen Uni ab. Voller Saal, interessierte, offene Blicke. Eine dreiviertel Stunde etwa sollte ich lesen, doch ich überziehe wohl, trage neben Texten zur ost-westdeutschen Situation (klar, am Tag der deutschen Einheit!) auch einiges über Walter Bauer vor, Notizen auf früherer Spurensuche.

Walter Riedel hatte vor der Lesung gemeint, dass spätestens gegen 9.00 p.m. alles vorbei sein würde. Gegen halb zehn sitzen wir aber immer noch und diskutieren, lebhaft und fair. Gutes Gefühl. Dann noch auf ein Bier. Angelika Arend, die derzeit an einem Essay über Walter Bauers Lyrik arbeitet, schließt sich an.

Angenehme Form des Behaustseins: Bed & Breakfast - das Bett war gut, und das Frühstück ist noch besser: Juice und Melone, Eggs and Ham and Sausages und Pilze und Toast. Ich staune, was ich am Morgen schon so alles in mich hineinschaufeln kann. Mit uns am Tisch ein Paar aus Italien, beide Physiker zu Gast an der hiesigen Uni. Er spricht sogar etwas Deutsch. Konversation im einstündigen Frühstück also inbegriffen. Dann zum Pazifik, zur Cadboro Bay, nur wenige hundert Meter entfernt, Strandwanderung bei Ebbe. Traumhafte Häuser oberhalb des Strandes, dahinter weitläufige Parkanlagen, darin Villengrundstücke. Hier haben sich einige recht wohlhabende Leutchen aufs Altenteil gesetzt.

Halb zwölf haben wir eine Verabredung. Eine emeritierte Professorin hatte uns nach meiner gestrigen Lesung spontan zum Lunch eingeladen. Eigentlich wollte auch ihr Mann dabei sein, aber ihm geht es heute nicht gut (sagt sie). Beide sind emeritierte Mathematikprofessoren, wanderten in den fünfziger Jahren aus der Schweiz ein. Marianne (hier duzt man sich stets wie selbstverständlich, auch für ursprünglich Deutschsprachige scheint das Fehlen der Sie-Form im Englischen völlig korrekt übertragbar) ist eine sehr angenehme, mütterliche Gesprächspartnerin, die viel über die ostdeutschen Nachwendeverhältnisse erfahren will, sehr interessiert, sehr verständnisvoll fragt und hinterfragt: Beim gemeinsamen Mittagessen im Faculty Club der Universität, bei der Fahrt zum Oak-Village, beim Spazieren am Inner Harbour. Zum Kaffeetrinken lädt sie uns ins Blue Crab ein, Loggia eines Hotels direkt am Hafen, tolle Aussicht, auf landende und startende Wasserflugzeuge, auf die vom Whale Watching zurückkehrenden Boote voller in Gummi gekleideter, rotgesichtiger Touristen, auf die Fähren in die USA, nach Port Angeles, Bellingham und Seattle.

Dann verabschiedet sich Marianne. Ich verspreche, ihr mein nächstes Buch zu schicken. Jeanny und ich schlendern allein weiter durch die Stadt, die uns auf dieser Reise wohl am meisten beeindruckt hat, ja schwärmen läßt. Wir entdecken Underwater World, eine Art Zoo-Show, ein Taucher spielt in einem Riesenaquarium mit Seesternen ebenso wie mit Kraken oder Moränen. Im nahen Thunderbird Park bestaunen und betasten wir haushohe Totems, gehen dann ein bisschen shoppen, (hier erscheint selbst der obligate Andenkenkauf reizvoll), und setzen uns zu guter Letzt in einem Hafenrestaurant zum Dinner. Verglaster Balkon, beleuchtet von Gasfackeln, erwärmt von Gasöfchen auf Ständern, phantastisch. Und dann sehen wir sogar, wie am gegenüberliegenden Gouverneurspalast Lichterketten aufflammen, die Silhouette dieses imposanten Gebäudes exotisch markieren. Dazu verspeisen wir Black Tiger Prawns und Halibut in madagassischer Pfeffersauce. Ein Gedicht! Dann ein letztes Mal am Hafen entlang und mit dem Taxi zurück ins Quartier.

Am nächsten Morgen zum Frühstück heute das, was sich Jeanny schon lange wünschte: Eierkuchen mit Maple-Sirup. Dann nochmals zur Uni, zur letzten Lection, die ich auf dieser Reise gebe. Und einmal mehr aufgeschlossene Studenten und Professoren. Danach lädt uns der Chairman zum Lunch ein, doch wir schlagen aus, lassen uns von ihm lieber downtown fahren, um noch möglichst viel von Victoria sehen zu können. Crystal Garden: tropische Pflanzen und Tiere, freifliegende Schmetterlinge sogar, und was für Prachtexemplare! Dann China-Town, dann Hafenrundfahrt mit einer der kleinen Harbour Ferries, die Jeanny „Bügeleisen“ nennt. Das hiesige Wachsfiguren-Kabinett erweist sich als nicht allzu sehenswert, dafür aber das Museum of British Columbia. Großartige Zeugnisse indianischer Kulturen. Unvorstellbar fast, dass diese Völker hier noch vor 70, 80 Jahren wie zu Urzeiten lebten, und so schamlos und restlos aus ihren Paradiesen vertrieben wurden.

Am Abend holt uns Angelika Arend zum Dinner bei Walter Riedel ab, Fahrt in einen phantastischen Sonnenuntergang hinein. Wir lernen Rodney Symington kennen, Mitherausgeber des Walter-Bauer-Buches von Walter Riedel, dem ich auch einen Artikel beisteuerte. Walter Riedel, der sich auch als Maler versucht, präsentiert uns stolz seine Bilder.

Zurück in der Herberge heißt es Kofferpacken. Unsere letzte Nacht in Kanada, verrückt, wie schnell die Zeit hier verging. Da ist am Ende dieser Reise noch kein Funke von Heimweh, keinerlei Vorfreude auf Gewohntes. Ich könnte mir durchaus vorstellen, morgen zur nächsten Station weiterzureisen, ja noch ein bisschen Kanada mehr, bitte!

Letzter Tag hier: nach dem Frühstück noch einmal zum Pazifik, Abschied nehmen sozusagen. Um 10 Uhr holt uns Angelika ab, fährt uns zum Airport. Zwischenstopp auf dem Mount Douglas, herrlicher Rundumblick über Victoria, und die vorgelagerten Inseln. Dann fängt es an zu regnen und der Abschied fällt etwas leichter. Tschüß Victoria! Und in Vancouver habe wir sogar das Glück ein upgrading zu bekommen, dürfen Business-Class fliegen. Wie nobel! Zwischenlandung in Calgary, und dann ab gen Frankfurt, straight ahead - leider.

 

 

 

Samora Moisés Machel

* 29.9.1933 in Xilambene, † 19.10.1986 bei Mbuzini, Südafrika, mosambikanischer Politiker

 

Als Mosambik 1975 seine Unabhängigkeit von Portugal erstritten hatte, wurde der Freiheitskämpfer Samora Moisés Machel zum Staatspräsident seines Heimatlandes.

Elf Jahre später kam er bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz auf dem Wege von Mbala in Sambia nach Maputo auf südafrikanischem Territorium ums Leben. Eine von der südafrikanische Apartheid-Regierung eingesetzte Untersuchungskommission kam im Jahr darauf zu dem Schluss: „Die Unglücksursache war, dass die Besatzung den Sinkflug nicht den Vorgaben eines Instrumentenflugs folgend, sondern weiterhin in Dunkelheit und einigen Wolken im Sichtflug, das heißt ohne Verbindung zur Flugsicherung, unterhalb der Sicherheitsflughöhe und der angewiesenen Mindesthöhe fortsetzte und darüber hinaus den GPWS-Alarm ignorierte.“

Da das Flugzeug eine sowjetische TU-134 und die Besatzung eine erfahrene sowjetische Crew war, gab es auch eine sowjetische Untersuchung. Und die verwies auf einen unerklärlichen 37-Grad-Schwenk des Flugzeuges nach rechts in Richtung hügeligen Geländes und vermutete ein falsches Bodensignal, auf Grund dessen die Cockpitcrew weiterhin von flachem Areal ausgegangen sein müsste und die Regierungsmaschine letztlich an den Lembombobergen zerschellte.

Im Jahr 2003 behauptete Hans Louw, zu Apartheidzeiten, Mitglied des Civil Cooperation Bureau (CCB), der eine langjährige Haftstrafe in Südafrika abbüßte, dass er seinerzeit an einem Komplott zur Ermordung Machels beteiligt gewesen und in der Nähe der Absturzstelle eingesetzt worden sei. Diese Aussage wurde zwar von einem weiteren angeblichen Mitglied der Verschwörergruppe, Edwin Mudingi, gestützt, doch konnten weitere südafrikanische Ermittlungen diese Angaben nicht verifizieren.

1999 weihte Nelson Mandela an der Absturzstelle das „Samora Machel Monument“ ein: ein Denkmal mit 35 Windpfeifen, das die 35 Opfer dieses vermutlichen Anschlags symbolisiert.

 

 

 

Amalie Emmy Noether

* 23.3.1882 in Erlangen, † 14.4.1935 in Bryn Mawr, Pennsylvania, deutsche Mathematikerin

 

Emmy Noether gilt als Begründerin der modernen Algebra. Mit ihrem Artikel „Invariante Variationsprobleme“ leistete sie zudem Außerordentliches für die Theoretische Physik und legte mit dem Noether-Theorem den Grundstein zu einer neuartigen Betrachtung von Erhaltungsgrößen.

Im Alter von 25 Jahren war sie die erste Deutsche, die an einer deutschen Universität in Mathematik promoviert wurde. Als sie als Dreiunddreißigjährige in Göttingen jedoch einen Antrag auf Habilitation stellte, kam es zu heftigen Diskussionen, da die Habilitation von Frauen an preußischen Universitäten noch untersagt war. Schließlich erging ein offizielles Schreiben an den zuständigen preußischen Minister: „Eure Exzellenz, bittet die mathematisch-naturwissenschaftliche Abteilung der philosophischen Fakultät der Göttinger Universität ehrerbietigst, ihr im Falle des Habilitationsgesuches von Fräulein Dr. Emmy Noether (für Mathematik) Dispens von dem Erlaß des 29. Mai 1908 gewähren zu wollen, nach welchem die Habilitation von Frauen unzulässig ist. […] Unser Antrag zielt auch nicht dahin, um Aufhebung des Erlasses vorstellig zu werden; sondern wir bitten nur um Dispens für den vorliegenden einzigartig liegenden Fall.“

Der Minister antwortete: „Die Zulassung von Frauen zur Habilitation als Privatdozent begegnet in akademischen Kreisen nach wie vor erheblichen Bedenken. Da die Frage nur grundsätzlich entschieden werden kann, vermag ich auch die Zulassung von Ausnahmen nicht zu genehmigen, selbst wenn im Einzelfall dadurch gewisse Härten unvermeidbar sind. Sollte die grundsätzliche Stellungnahme der Fakultäten, mit der der Erlaß vom 29. Mai 1908 rechnet, eine andere werden, bin ich gern bereit, die Frage erneut zu prüfen.“

Nachdem in der Weimarer Republik dann auch  Frauen zur Habilitation zugelassen werden konnten, durfte Emmy Noether im Alter von 37 Jahren 1919 als erste Frau in Deutschland in Mathematik habilitieren, und erhielt den Status einer Privatdozentin, unbezahlt allerdings. Und als Vierzigjährige wurde sie „nicht beamteter außerordentlicher Professor“ und somit die erste Frau Deutschlands, die eine solche Professur innehatte.

1928/29 wirkte Emmy Noether als Gastprofessorin in Moskau, 1930 in Frankfurt am Main. 1932 hielt sie einen Plenarvortrag auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Zürich mit dem Titel „Hyperkomplexe Systeme und ihre Beziehungen zur kommutativen Algebra und zur Zahlentheorie“.

Obwohl nichtverbeamtet wurde Emmy Noether 1933 von den Nazis „mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspensiert“ und schließlich entlassen. Sie emigrierte und erhielt Ende 1933 eine Gastprofessur am Women’s College Bryn Mawr in Pennsylvania, ihre erste angemessen bezahlte Stelle. Und ab 1934 hielt sie auch Vorlesungen am Institute for Advanced Study in Princeton.

Im Alter von 53 Jahren starb Emmy Noether nach Komplikationen infolge einer Uterleibskrebs-Operation.

 

 

 

George Pastell

* 13.3.1923 als George Pastellides in Nikosia, † 4.4.1976 in Dade County, Florida, zyproitischer Schauspieler

 

George Pastell spielte fast immer Bösewichte, so in „The Mummy“ den Mehemet Bay oder in „Licence to kill“ einen sowjetischen Agenten. Dabei hätte er dank seiner Herkunft sogar sehnsuchtsvolle bis himmlische Rollen spielen können. Jeanny und ich bereisten seine Heimatinsel Zypern anlässlich meines 64. Geburtstages:

Ankunft in Larnaca gegen Mitternacht. 27°C. Rasante Taxifahrt ins Hotel. Aufwachen in Agia Napa.

Nach der Teilung Zyperns vor gut 40 Jahren, als die Inselgriechen die klassische Urlaubsregion Famagusta an die Türken verloren, wurde unweit südlich dieses alte Fischerdorf (in dessen Wäldchen wohl einst eine Ikone gefunden wurde: Agia Napa – heiliges Waldland) zum neuen Touristenparadies auf- und ausgebaut.

Sanft ansteigende, felsige Küstenlandschaft, Macchia, Blick bis Cap Greco, dem südöstlichsten Zipfel der Insel.

Mittag am Hafen. Wir bestellen zum Bier Meze, was laut Reiseführer eine Folge kleiner Gerichte, vergleichbar spanischen Tapas, sein soll. Es wird uns jedoch unglaublich aufgetafelt: zuerst eine Riesenschüssel Salat mit Schafskäse, frisch gepuhlte Krabben an Tzatziki, Fischrogenpaste in Knoblauch, Rote Beete Salat, frisch gebackenes Brot und Pita, dann gegrillte Scampi und Tintenfischarme, Muscheln in Ouzo-Sauce, Kalamari, Octopus-Stifado (fantastisch!), dann Pommes und eine ganze Seebarbe und schließlich nochmals Tintenfische aller coleur, grüne Heringe und Hummerbällchen… Der ganze Tisch steht schließlich voller Teller und Platten, Platz nur noch für einen abschließenden Brandy sour – der zypriotische Nationalcocktail.

Kein Schriftsteller, der über Zypern schrieb (Lawrence Durrel, Joachim Sartorius) und sich nicht über die großartige hiesige Küche ausgelassen hätte.

Im Café (zumindest im griechischen Teil der Insel) scheint es nun aber geraten, besser keinen türkischen, sondern einen zypriotischen Kaffee zu bestellen – was selbstredend das Gleiche ist (ergo nicht minder gut schmeckt).

Zur Inselbevölkerung sagt Sartorius: „Ich bildete mir ein, ich könnte die türkischen Zyprer und die Festlandtürken auseinanderhalten, an ihrer Kleidung, an ihren Gebärden. Aber gibt es überhaupt so etwas wie „Zyprioten“? Die Inselgriechen meinen, sie stammen von den Mykenern ab, auch von den Ptolemäern und den Phöniziern. Ihr Griechisch sei näher an Homer als das Griechisch, welches heute die Athener sprächen. Die Inseltürken berufen sich auf die Osmanen. Aber wer kann das alles noch zurückverfolgen, nach zehn, zwölf, fünfzehn Besatzungswellen und ebenso vielen Kolonialherren und so viel ethnischem und religiösem Her und Hin?“

Interessant, was der zypriotische Dichter Nikos Orfanidis zur Literatur der geteilten Insel (zumal Wiedervereinigungs-Verhandlungen erst jüngst wieder scheiterten) schreibt: „Ich bin der Ansicht, dass jedes Volk seine eigene Identität hat, und ich erwarte weder von den Türken, sich wie Griechen zu fühlen, noch von den Griechen, sich nicht mehr wie Griechen zu fühlen. Aber wir können herausfinden, was uns miteinander verbindet: Alltägliche Sorgen, unsere Heimat. Die gemeinsamen Themen bestimmen unsere Literatur, natürlich in den beiden verschiedenen Sprachen. Sprache, das Material des Schriftstellers, ist das Hauptmerkmal jeder Literatur. Und daher wird es meiner Auffassung nach weiterhin, wie seit Jahrhunderten, griechische Literatur auf Zypern geben, und zudem werden zyprische Schriftsteller türkische Literatur hervorbringen. Und wir werden weiterhin zusammen arbeiten, auf Zypern und in der Europäischen Gemeinschaft.“

Abends geht’s in die Altstadt, wobei die - neben einem bestens restaurierten kreuzfahrergotischen Kloster (über das immerhin Seferis dichtete und das nun als ökumenisches Zentrum der christlichen Kirchen im Nahen und Mittleren Osten dient) – nur noch aus Clubs und Pubs, Restaurants und Discos zu bestehen scheint. Brüllend laut alles und die Luft geschwängert von Testosteron. Die Einheimischen haben all ihre Häuser verkauft oder verpachtet und auf den umliegenden Hängen neu gebaut.

Nur wenige Kilometer westwärts soll die Heilige Thekla, die ja dem Apostel Paulus auf die Insel folgte, in Katakomben gehaust haben. Die sind noch immer zu besichtigen.

Hilfreich jedoch, was Durell schrieb: „… hier auf Cypern begreift man deutlicher als an jedem anderen Ort, daß das Christentum nur ein leuchtendes Mosaik von Halbwahrheiten ist.“

Und natürlich ist dies vor allem die Insel der griechischen Mythologie! Stets deftig.

Kronos sichelte seinem Vater Uranos auf seiner Mutter Gaia Geheiß hin das Gemächt ab und schleuderte es hinter sich ins Meer. Und der so hochkochenden Gischt entstieg ja bekanntlich Aphrodite, die Schaumgeborene.

Von der erhabenen Aphrodite will ich singen,

der gold-gekrönten und schönen,

deren Reich die ummauerten Städte

des meerumschlungenen Zypern sind.

Dort wehte der feuchte Atem des Westwinds

sie über die Wellen

des laut stöhnenden Meeres einher…

                                         HOMER „Odyssee“

Deren Heiligtum stand in Paphos, da soll’s jahrhundertelang hoch hergegangen sein. Die Pygmalion-Geschichte, die ja ebenfalls hier verortet wird, wirkt dagegen glatt wie ein zölibatärer Narrativ.

Und einmal mehr zweifele ich an der Seriosität von Reiseführer-Autoren: Wir folgen der Empfehlung für eine griechische Taverne mit der angeblich besten Küche weit und breit. Tatsächlich sitzen wir dann in der wohl einzigen der vielen hundert Gaststätten hier, die kein Draught-Bier ausschenkt. Und das Stifado, das ich bestellte, erweist sich als schlichter Rindergoulasch mit Aldente-Gemüse, der auch in Deutschland nur als versalzen gegolten hätte. Immerhin sind die Restaurantstühle – wie beschrieben – blau gestrichen…

Dann entdecke ich ein Hinweisschild auf einen Aquädukt. Den kennt mein Reiseführer überhaupt nicht. Aber vielleicht besser so: Am Ende eines mit teuren, doch völlig verkeimten Steinplatten ausgelegten Fußwegs verkündet eine fast völlig zugewucherte Tafel, dass hier mit EU-Geldern gebaut wurde. Tatsächlich ist hier auch eine etwa 100 Meter lange, tipptopp verputzte und halbwegs alt aussehende Mauer zu entdecken – das Aquädukt? Die Umgebung gleicht einer Müllhalde, verdorrt die Blumen und Ziersträucher trotz moderner (doch offenkundig nie benutzter) Bewässerungsanlage. Und niemand, der sich noch hierher verlaufen hätte – rasch zurück also aus diesem Subventions-Niemandsland ins seriöse, quirlige Inselleben.

Denn der Anlass dieses Zypern-Trips ließe sich sogar besingen:

Will you still need me, will you still feed me / When I’m sixty-four?

Ja, ich werde 64 und irgendwie stand mir in diesem Jahr der Sinn nicht nach dem üblichen Besäufnis mit „alten“ Freunden und Bekannten, wollten Jeanny und ich mal allein zusammensein – mit Abstand zum Alltag nach dem Tod meines Vaters. Und da es von Haus zu Haus via Flughafen Leipzig-Halle nur etwa acht Stunden braucht, verschlug es uns kurzentschlossen nach Zypern. Und JA: we still feed us, we still need us – nicht der kleinste Urlaubsstreit, when I’m sixty-four…

Hätten wir mehr Zeit eingeplant, hätten wir die geteilte Insel (neuerliche Vereinigungsverhandlungen scheiterten erst vor wenigen Wochen) sicher weiter erkundet, auch die nahe Geisterstadt Famagusta, auch Nikosia, die letzte geteilte Stadt Europas, auch den nun türkischen Norden (Kyrenia, Bellapais), den Durrell wie Sartorius so verlockend beschrieben, vielleicht auch Aphrodite-Paphos, mal sehen. Ja, könnte sein, dass wir wiederkommen.

 

 

 

Hans Aßmann Freiherr von Abschatz

* 4.2.1646 als Johann Erasmus Freiherr von Abschatz in Breslau, Pseudonym Hans Erasmus Aßman, † 22.4.1699 in Liegnitz, deutscher Lyriker

 

In seinem Gedicht „Betrachtung funffzig-jährigen Lebens-Lauffs“,

sagte Hans Aßmann Freiherr von Abschatz: der Adel ohne persönliches Verdienst sei ein leeres Haus auf fremden Grund gebaut.

Tatsächlich bewirtschaftete er nicht nur Güter in Lederhose, Nieder-Göllschau, Ob er-Bärschdorf, Petschekendorf, Wirrwitz und Zobel, wirkte als Landesbestellter des Erbfürstentums Liegnitz und Abgeordneter der Liegnitzer Stände bei den Schlesischen Fürstentagen, übersetzte Werke von Alexander Adimari, Giovanni Battista Guarini und Marc Antoine de Saint-Amant, sondern brachte auch selbst barocke Dichtungen hervor:

 

Beschwer über den Bart

Was ist bey schönem Mund ein starck gewachsner Bart/

Der Liebe Wespen-Nest/ ein Dornstrauch um die Rosen/

Ein Stoppel süsser Frucht/ ein scharffer Distel-Zaun/

Ein Schrancken/ welchen wir den Hafen sperren schaun/

Ein spitzer Schifer-Felß in stiller Venus-Fahrt?

Wer preist die Käste/ so die Stachel-Schale deckt.

Die Perle/ welche noch in rauher Muschel steckt?

Mit was für Anmutt ist dem Barte liebzukosen.

 

 

 

Daphne Caruana Galizia

* 26.8.1964 als Daphne Anne Vella in Sliema, † 16.10.2017 in Bidnija, maltesische Journalistin

 

Jahr für Jahr kommen hunderte Journalisten bei ihrer Arbeit ums Leben, manche geraten in Schusslinien, andere werden ermordet. So auch Daphne Caruana Galizia:

Geert Mak schreibt in seinem Buch Große Erwartungen. Auf den Spuren des europäischen Traums: „Das vom Tourismus abhängige Malta, gesellschaftlich tief gespalten und mit einem gewaltigen Korruptionsproblem, missbrauchte schon bald die EU-Mitgliedschaft, indem es maltesische Pässe an reiche Russen und Saudis verkaufte. Eine solche Eintrittskarte zur Europäischen Union kostete 900.000 Euro, und der Handel brachte Malta und maltesischen Politikern Hunderte Millionen ein. Im Jahr 2007 wurde die wichtigste investigative Journalistin des Inselstaates, Daphne Caruana Galizia, kaltblütig ermordet, weil sie Mafiakontakte von Politikern und Geschäftsleuten im Zusammenhang mit diesen ‚goldenen Visa’ und dazu vielerlei kriminelle Machenschaften aufgedeckt hatte. Der letzte Eintrag in ihrem Blog lautete: ‚Wohin man auch schaut, überall sind Ganoven.“

Mehrfach hatte Daphne Caruana Galizia Morddrohungen erhalten und diese auch angezeigt, zuletzt zwei Wochen vor ihrer Ermordung – erfolglos. Am 16. Oktober 2017 explodierte eine Bombe in dem Mietauto, das sie gerade fuhr.

Bei ihrer Beerdigung sagte Christophe Deloire, Direktor von „Reporter ohne Grenzen“: „Die Mörder wollten sie zum Schweigen bringen, sie wollen uns zum Schweigen bringen. Aber sie werden keine Minute Schweigen bekommen.“

Immerhin erklärten seitdem einige maltesische Regierungsmitglieder, einschließlich des Premierministers, ihren Rücktritt.

 

 

 

Enrico Fermi

* 29.9.1901 in Rom, † 28.11.1954 in Chicago, Illinois, italienischere Physiker

 

Im Alter von 37 Jahren erhielt Enrico Fermi den Nobelpreis für Physik. Er gilt als einer der bedeutendsten Kernphysiker des 20. Jahrhunderts. Und im selben Jahr emigrierte Enrico Fermini aus dem Mussolini-Italien in die USA, wo ihm vier Jahre später an der University of Chicago erstmals eine kritische Kernspaltungs-Kettenreaktion gelang.

Nach ihm benannt wurden die Fermionen, die Fermi-Dirac-Statistik, Fermis Goldene Regel, die Fermifläche, die Fermi-Flüssigkeit, die Fermi-Geschwindigkeit, die Fermi-Resonanz, die Fermi-Wechselwirkung, das Intrinsische Fermi-Niveau, das Fermi-Gas, das Thomas-Fermi-Modell, das Fermi-Pasta-Ulam-Experiment, die Fermi Questions und das Fermi-Paradoxon, ein Mondkrater und ein Asteroid, das chemische Element Fermium sowie der Enrico-Fermi-Preis für die Forschung an der Entwicklung, Nutzung oder Kontrolle der Kernenergie.

Enrico Fermi starb im Alter von 53 Jahren an Magenkrebs.

 

 

 

Johann Georg Albini d.Ä.

* 16.3.1624 in Nessa bei Weißenfels, auch: Albinus, † 4.6.1679 in Naumburg, deutscher Schriftsteller

 

Albinis Werk wurde durch all das, was er im Dreißigjährigen Krieg erfahren musste, geprägt:

 

Straf mich nicht in deinem Zorn,

Großer Gott, verschone;

Ach lass mich nicht sein verlorn,

Nach Verdienst nicht lohne.

Hat die Sünd dich entzündt,

Lass um Christi willen

Deinen Zorn sich stillen.

 

Herr: wer denkt im Tode dein,

Wer dankt in der Höllen?

Rette mich aus jener Pein

Der verdammten Seelen,

Dass ich dir für und für

Dort an jenem Tage,

Höchster Gott, Lob sage…

 

Albini veröffentlichte 12 Bücher, wirkte zuletzt als Rektor der Naumburger Domschule und Hauptpastor der Naumburger Kirche St. Othmar und starb im Alter von 53 Jahren.

 

Ich habe mich als ein armer Geselle Tag und Nacht bemüht, etwas Ehrliches und Gründliches zu lernen, weil ich mich auf nichts als auf Gott und gute Leute, so mir allenthalben fortgeholfen, habe verlassen können.

 

 

 

Philip K. Dick

* 16.12.1928 in Chicago, † 2.3.1982 in Santa Ana, amerikanischer Schriftsteller

 

Philip K. Dick war kein Mensch. Philip K. Dick hieß eigentlich Chipklidip und war außerirdischer Botschafter, der zwar die Erde auszukundschaften, jedoch auch die Menschheit zu informieren und zu warnen versuchte. Allein so wohl sind all seine Geschichten, von „Griff nach der Sonne“ über „Nach dem Weltuntergang“ oder „Die Zeit läuft zurück“ bis „Eine außerirdische Intelligenz“ zu verstehen.

Am 2. März 1982 verließ er die Erde, führte seine extragalaktische Mission andernorts fort. Entsprechend seines Lebensrhythmus, der exponential der Beziehung zu seinen Lesern entsprach, könnte er sich derzeit im Urknall befinden.

 

 

 

Anne Dufourmantelle

* 20.3.1964 in Paris, † 21.6.2017 in Pampelonne, französische Philosophin und Psychoanalytikerin

 

Anne Dufourmantelle promovierte im Alter von 29 Jahren an der Sorbonne mit der Dissertation „La vocation prophétique de la philosophie - Die prophetische Berufung der Philosophie“. Wenige Jahre später erhielt sie den Preis der Académie Francaise für Philosophie.

Über sich selbst sagte sie: Ich bin schon immer gleichermaßen auf zwei Gebiete fokussiert, Philosophie und Psychoanalyse, wobei eine sehr leidenschaftliche Verbindung zur Literatur meine wichtigste Inspirationsquelle für Arbeit und Leben ist.

Doch Anne Dufourmantelle verstand es nicht nur zu analysieren und zu philosophieren, sondern auch zu handeln: Im Alter von 53 Jahren erlitt sie am Strand von Pampelonne einen Herzstillstand, als sie versuchte zwei Kinder vor dem Ertrinken zu retten. Die Kinder überlebten

 

 

 

Joachim Ringelnatz

* 7.8.1883 als Hans Gustav Bötticher in Wurzen, † 17.11.1934 in Berlin, deutscher Schriftsteller

 

Ringelbietz mit Ringelnatz

im Geburtshaus Crostigall (Nr. 14).

Witz, uralt:

„Waren sie mit der Frau intim?“

„Nee, in Wurzen.“

 

 

 

 James Williams

* 8.3.1951 in Memphis, Tennessee, † 20.7.2004 in New York City, amerikanischer Jazz-Pianist

 

Als Jugendlicher spielte James Williams Orgel in einer Baptistenkirche. Nach seinem Studium der Musiktheorie an der Memphis State University lehrte er für einige Jahre am Berklee College of Music in Boston, später an der William Paterson University in Wayne.

Berühmt wurde er als Pianist von Art Blakeys legendären „Jazz Messengers“. Er spielte auch mit Ray Brown, Thad und Elvin Jones, Joe Henderson, Wynton Marsalis, Woody Shaw, Sonny Stitt sowie weiteren Größen des Jazz und leitete auch eigene Gruppen.

James Williams starb im Alter von 53 Jahren an Leberkrebs.

 

 

 

 

Kurt Walter Barthel

* 8.6.1914 in Garnsdorf, Pseudonym Kuba, † 12.11.1967 in Frankfurt am Main, deutscher Schriftsteller

 

Sein Förderer Louis Fürnberg empfahl dem jungen Autor Kurt Walter Barthel sich künftig besser „Kuba“ zu nennen, um Verwechselungen mit dem rechten Autor Max Barthel auszuschließen. Kennengelernt hatte Barthel Fürnberg 1933 in der Tschechoslowakei, wohin er vor den Nazis geflohen war.

1939 floh Kuba weiter nach Großbritannien, kehrte 1946 nach Deutschland zurück, wurde Redakteur im Berliner Karl Dietz Verlag und Sekretär des Schriftstellerverbandes und wirkte von 1956 bis zu seinem Tod als Chefdramaturg des Volkstheaters Rostock, wobei er mit seinem Störtebeker-Stück die Störtebeker-Festspiele auf Rügen begründete.

Brecht verspottete ihn, nachdem Kuba 1953 protestierende Arbeiter als unreif bezeichnet hatte:  „Nach dem Aufstand des 17. Juni ließ der Sekretär des Schriftstellerverbandes in der Stalinallee Flugblätter verteilen, auf denen zu lesen war, daß das Volk das Vertrauen der Regierung verscherzt habe und es nur durch verdoppelte Arbeit zurückerobern könne. Wäre es da nicht einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“ 12 Jahre später nannte Kuba diese Äußerung ein wunderbares Bonmot und er habe überhaupt keine Lust und keine Ursache, mit Brecht hier eine Kontroverse anzufangen.

Im November 1967 gastierte das Volkstheater Rostock mit der Revolutionsrevue „50 Rote Nelken“ in Frankfurt am Main. Dabei protestierten während einer Aufführung im Zoo-Gesellschaftshaus lautstark Studenten. Kuba erlitt einen Herzanfall und starb auf dem Weg ins Krankenhaus.

 

Sagen wird man über unsre Tage:

Altes Eisen hatten sie und wenig Mut,

denn sie hatten wenig Kraft nach ihrer Niederlage.

Sagen wird man über unsre Tage:

Ihre Herzen waren voll von bittrem Blut.

Und ihr Leben lief auf ausgefahrnen Gleisen,

wird man sagen…

 

 

 

José Raúl Capablanca y Graupera

* 19.11.1888 in Havanna, † 8.3.1942 in New York City, kubanischer Schachspieler und Diplomat

 

José Raúl Capablanca galt als Wunderkind und lernte schon im Alter von vier Jahren Schach zu spielen. Mit Zwölf gewann er einen Wettkampf gegen den kubanischen, mit Einundzwanzig gegen den Landesmeister der USA. Zwei Jahre darauf gelang ihm bei einem Turnier in San Sebastián der internationale Durchbruch, und im Alter von 33 Jahren wurde er Schachweltmeister.

Mit Dreiundfünfzig starb José Raúl Capablanca nach eiem Schlaganfall in derselben Klinik, wie sein einstiger Kontrahent um die Weltmeisterschaft, Emanuel Lasker, im Jahr zuvor.

 

  

 

 

Henrietta Swan Leavitt

* 4.7.1868 in Lancaster, Massachusetts, † 12.12.1921 in Cambridge, Massachusetts, amerikanische Astronomin

 

Henrietta Swan Leavitt gilt als Pionierin der Wissenschaft und war sogar für den Nobelpreis im Gespräch.

Für Astronomie interessierte sich Leavitt bereits am College. Durch eine Krankheit wurde sie fast vollkommen taub. Trotzdem bekam sie 1895 am Harvard College Observatory eine Volontärstelle, und sieben Jahre später wurde ihr eine feste Anstellung angeboten (für 30 Cent die Stunde). Dort beobachtete und katalogisierte Leavitt veränderliche Sterne, allein 1904 konnte sie 172 veränderliche Sterne in der großen und 59 in der kleinen Magallanschen Wolke entdecken. Ihre Beobachtungen musste sie auf die Auswertung von Fotografien beschränken, weil Frauen der Gebrauch des Teleskops verboten war. Ein Jahr darauf berichtete sie von 843 neuen veränderlichen Sternen in der kleinen Magellanschen Wolke. 1912 entdeckte Leavitt die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung bei Cepheiden“, weiß Wikipedia, „Als 1920 durch Edwin Hubble Cepheiden identifiziert wurden, die Millionen Lichtjahre entfernt lagen, wies er mit Hilfe des Modells von Leavitt nach, dass es sich dabei um Sterne in anderen Galaxien wie in der Andromedagalaxie handelte. Auch konnten erstmals Entfernungen zwischen verschiedenen Galaxien bestimmt werden.“

Henrietta Swan Leavitt war Mitglied der American Association of University Women, der American Astronomical and Astrophysikal Society, der American Association for the Advancement of Science und von Phi Beta Kappa.

Sie starb im Alter von 53 Jahren an Krebs.

 

 

 

Michail Wassiljewitsch Lomonossow

* 19.11.1711 in Mischaninskaja, † 15.4.1765 in Sankt Petersburg, russischer Universalgelehrter

 

Puschkin sagte über Lomonossow, er habe nicht nur die erste Universität Russlands geschaffen, sondern er selbst sei eine ganze Universität gewesen. Er gilt als erster russischer Wissenschaftler von Weltrang.

Als Neunzehnjähriger ging Michail Wassiljewitsch Lomonossow von seinem Heimatort nach Moskau im Winter gut 1.000 Kilometer zu Fuß, um studieren zu können. Später setzte er sein Studium in Deutschland fort, erwarb umfassende Kenntnisse in Bergbau und Hüttenwesen, Chemie, Mathematik, Mineralogie, Philosophie und Physik. Und sein Ruf beruht nicht allein auf seinen Leistungen als Naturwissenschaftler, vor allem in der Metallurgie, Geologie, Meteorologie, Geographie und Kartographie, sondern auch als Förderer der Mosaikkunst, Historiker, Dichter und Reformer der russischen Sprache.

So bestimmte er den Gefrierpunkt von Quecksilber, postulierte er das Gesetz der Massenerhaltung bei chemischen Prozessen, bereitete die kinetische Gastheorie vor, entwickelte eine mechanische Gravitationserklärung, vermutete, dass sich Licht wellenartig ausbreite, stellte einen Zusammenhang von Polarlichtern und der elektrischen Ladung der Atmosphäre her, beschrieb als Erster die Corioliskraft oder erkannte als Erster, dass sich nur 10% von Eisbergen oberhalb der Wasseroberfläche bewegen – nicht von ungefähr heißt „Eisberg“ auf russisch: Айсберг – Aisberg.

 

 

 

Leo Joseph Ryan Jr.

* 5.5.1925 in Lincoln, Nebraska, † 18.11.1978 in Port Kaituma, Guyana, amerikanischer Politiker

 

Leo Joseph Ryan war kalifornischer Kongressabgeordneter  im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten. Nachdem sich Angehörige von Bürgern, die sich in Jonestown, dem Lager der Peoples Temple Sekte im Regenwald von Guyana aufhielten, mit Klagen über Freiheitsberaubung und Misshandlungen an ihn gewandt hatten, wollte er die Anschuldigungen vor Ort untersuchen.

In Jonestown erklärten 16 Sektenmitglieder, dass sie mit ihm in die USA zurückkehren möchten. Jedoch kurz bevor sie das Flugzeug besteigen konnten, eröffneten treue Anhänger des Sektenführers Jones das Feuer und fünf Menschen, darunter auch Leo Joseph Ryan starben.

Danach erklärte Jones seinen Sektenmitgliedern, dass nun bald Soldaten kommen und ihre Sekte auslöschen würden. Er sagte:  „Wenn man uns nicht in Frieden leben lässt, so wollen wir jedenfalls in Frieden sterben. Der Tod ist nur der Übergang auf eine andere Ebene.“ Und dann wurde in Pappbechern ein Gemisch aus Saft, Valium und Zyankali ausgereicht. Eltern tranken gläubig das Gift, nachdem sie ihre Kinder hatten sterben sehen. Mehrfach hatte Jones zuvor Suizid-Übungen mit seinen Anhängern durchgefürht. Von etwa 1.110 Sektenmitgliedern kamen 913 ums Leben, darunter 216 Kinder.

Im englischsprachigen Raum wird seitdem der Ausdruck „drinking the Kool-Aid“ als Metapher verwendet, etwa „die blind auf eine Ideologie vertrauen“.

Leo Joseph Ryan wurde postum mit der Congessional Gold Medal geehrt.

 

 

 

Mary Wollstonecraft Shelley

* 30.8.1797 als Mary Godwin in London, † 1.2.1851 ebd., englische Schriftstellerin

 

Im April 1815 brach auf Sumbawa der Vulkan Tambora aus. Diese Eruption verdunkelte die Atmosphäre derart, dass das Folgejahr in Europa und Nordamerika als „Jahr ohne Sommer“ bezeichnet wurde.

Mary Shelley weilte in diesem Sommer mit ihrem Mann Percy bei ihrem Freund Lord Byron am Genfer See. Nicht enden wollender Regen zwang sie für Tage im Haus zu bleiben und Byron schlug schließlich vor, dass sie, um sich die Zeit zu vertreiben, Schauergeschichten schreiben und sich an den langen Abenden am Kamin vorlesen sollten.

Mary Shelley fiel jedoch lange nichts ein, doch dann will sie einen Wachtraum gehabt haben:ich sah den bleichen Schüler unheiliger Künste neben dem Ding knien, das er zusammengesetzt hatte. Ich sah das bösartige Phantom eines hingestreckten Mannes und dann, wie sich durch das Werk einer mächtigen Maschine Lebenszeichen zeigten und er sich mit schwerfälligen, halblebendigen Bewegungen rührte […]. Sein Erfolg würde dem Künstler Angst einjagen; er würde voll Grauen vor dem abscheulichen Werk fliehen. Er würde hoffen, dass der schwache Lebensfunke, den er übertragen hatte, verblassen würde, wenn er ihn sich selbst überließe […] und er könnte in dem Glauben schlafen, dass die Stille des Grabes die flüchtige Existenz dieses bösartigen Leichnams, den er als Quelle des Lebens betrachtet hatte, für immer ersticken würde. Er schläft; doch er wird geweckt; er öffnet die Augen; sieht das grässliche Ding an der Seite seines Bettes stehen, die Vorhänge öffnen und ihn mit gelben, wässrigen, doch forschenden Augen anstarren. - Frankenstein war geboren!

Doch Mary Shelley verfasste im Laufe ihres Lebens nicht nur Schauergeschichten, sie schrieb sechs weitere Romane, zahlreiche Erzählungen, Novellen und Reiseberichte und gilt als eine der wesentlichen Autorinnen der Romantik. Zudem kümmerte sie sich um die Herausgabe des Werks ihres früh verstorbenen Mannes Percy Bysshe Shelley.

Mary Shelley starb im Alter von 53 Jahren wahrscheinlich an einem Hirntumor.

Im Vorwort zu „Frankenstein“ hatte sie gesagt: Der eigentliche Umstand, auf welchem meine Geschichte beruht, verdankt sich der Anregung durch eine zwanglose Konversation. Die Erzählung selbst wurde zum Teil aus Gründen des Zeitvertreibs begonnen, zum Teil aber auch um an ihr einige bislang ungenutzt gebliebene Fähigkeiten des Geistes zu erproben. Das Fortschreiten des Werkes förderte noch einige weitere Beweggründe zutage, welche sich mit den Erstgenannten verflochten. Obschon es mir keineswegs gleichgültig ist, auf welche Art und Weise die den Charakteren oder Sentiments dieses Buches innewohnenden moralischen Tendenzen auf den Leser wirken mögen. Hat sich in dieser Hinsicht mein Hauptaugenmerk doch darauf beschränkt, den enervierenden Effekten der zeitgenössischen Romane aus dem Wege zu gehen, hingegen das Liebenswerte verwandtschaftlicher Zuneigung sowie die Vortrefflichkeit der Tugend im Allgemeinen nach Gebühr ins Licht zu rücken. Die Meinungen, welche gegebenermaßen dem Charakter und der Situation des Haupthelden entspringen, mögen indes auf keine Weise mit meiner eigenen Überzeugung gleichgesetzt werden.

 

 

 

Pjotr Iljitsch Tschaikowski

* 7.5.1840 in Wolkinsk, † 6.11.1893 in Sankt Petersburg, russischer Komponist

 

Pjotr Iljitsch Tschaikowski gilt als bedeutendster russischer Komponist des 19. Jahrhunderts - weltberühmt sein Klavierkonzert Nr.1, b-moll, seine Oper „Eugen Onegin“, seine Ouvertüre „Romeo und Julia“ und nicht zuletzt seine Ballette „Der Nussknacker“, „Dornröschen“ und „Schwanensee“.

Zudem wirkte er als Dirigent: in Russland, Deutschland, England wie den USA, und sogar als Musikkritiker, wobei er Zeitgenossen zuweilen recht kritisch sah. Über Verdi beispielsweise schrieb er: Dieser Sohn des sonnigen Südens hat viel an seiner Kunst gesündigt, indem er die ganze Welt mit seinen abgeschmackten Leierkastenmelodien überflutete, aber vieles muss ihm verziehen werden um des unzweifelhaften Talents, der Innigkeit des Gefühls willen, die jeder der Verdischen Kompositionen eigen ist.

Pjotr Iljitsch Tschaikowski starb im Alter von 53 Jahren, als in Sankt Petersburg die Cholera grassierte, an einer Urämie, einer Urinvergiftung, nachdem er in einem Lokal ein Glas unabgekochtes Wasser getrunken hatte.

Sein Bruder Modest sagte später: „Seine Seelenstimmung war in den letzten Tagen weder ausschließlich fröhlich noch besonders gedrückt. Im Kreise seiner intimen Freunde war er munter und zufrieden, in Gesellschaft Fremder wie gewöhnlich nervös und erregt und später erschöpft und welk. Nichts gab Anlass, an das Herannahen des Todes zu denken.“

 

 

 

Hans Fallada

* 21.7.1893 als Rudolf Wilhelm Friedrich Dietzen in Greifswald, † 5.2.1947 in Berlin, deutscher Schriftsteller

 

„Geschichten aus der Murkelei“ heißt ein Kinderbuch, das Hans Fallada schrieb. Und der Kampf um die Deutungshoheit über Leben und Werk Falladas, das sich seine beiden Biografen Tom Crepon und Werner Liersch lieferten, könnte wohl auch unter diesem Titel stehen.

Tom Crepon schreibt am Ende seines Buches „Leben und Tod des Hans Fallada“: „Wer ist jener, den sie hier an einem bitterkalten Wintertag des Jahres 1947 zu Grabe reden? Ein Unglücklicher? Zweifellos, denn Fallada litt darunter, nicht wie andere Menschen unbeschwert das Leben genießen zu können, stets von fremden Figuren und Gestalten bedrängt zu werden. Er hatte, wie er zu sagen pflegte, mehr Geschichten im Kopf, als er in hundert Jahre hätte niederschreiben können. Aber Hirn und Herz waren kaum einmal frei für andere Pläne. Wer war jener Mann, über den sie am Grabe reden, als sei er noch mitten unter ihnen? Ein Glücklicher? Zweifellos, denn Schreiben bedeutete ihm zu leben. Nur wenn ihn seine Helden umgaben, wenn es galt, ihre Schicksale zu meistern, lebte er wirklich.“

Werner Liersch schreibt in der Nachbemerkung seiner Biografie „Hans Fallada. Sein großes kleines Leben“: „Er sah sich oft am Rande und allein mit seinem Schicksal, und am Rande und allein wurde er oft gesehen. Als Gestrauchelter galt er in seiner nächsten Umwelt und sein Wunsch, ein Schriftsteller zu werden, als etwas Unsinniges. Überdies wußte man von gelegentlicher Existenz am Rande der üblichen Moral. Doch auch außerhalb des Privaten erweckte der Bücherschreiber Fallada den Anschein des Einzelgängers. Seine Leistung schien mit den zeitgenössischen Strömungen und den literarischen Zeitgenossen kaum verbunden. Sein bürgerliches Scheitern als ein historisches Problem zu verstehen war sein Lebensproblem…“

Also: Kleiner Mann, was nun?

Denn: Wer einmal aus dem Blechnapf frisst

Und: Jeder stirbt für sich allein

 

 

 

Johannes Grob

* 16.9.1643 in Oberglatt, † 1.4.1697 in Herisau, Schweizer Autor

 

Im Alter von 18 Jahren wurde Johannes Grob Musketier in der Leibgarde des sächsischen Kurfürsten Georg II. in Dresden, dann reiste er nach Paris, Bremen, Hamburg, London und durch die Niederlande. Mit einundzwanzig übernahm er die väterliche Leinwandhandelsfirma und wurde Landeskommissär in Toggenburg. Im Alter von 31 Jahren zog er nach Herisau, wirkte als Diplomat und war als Bauherr und Armenpfleger Mitglied des Appenzeller Großen Rats.

Als Autor verfasste er vor allem satirische Gedichte und Epigramme und veröffentlichte 1678 den Band „Dichterische Versuchsgabe“ und 1689 „Treugemeinter Eydgenössischer Aufwecker“, postum erschien „Reinholds von Frauenthals Poetisches Spazierwäldlein“.

Für seinen Einsatz für die deutsche Kultur wurde Johannes Grob von Kaiser Leopold I. geadelt.

 

 

 

 

 

Jürgen Ponto

* 17.12.1923 in Bad Nauheim, † 30.7.1977 in Frankfurt am Main, deutscher Manager

 

Jürgen Ponto war Vorstandssprecher der Dresdner Bank, beriet Bundeskanzler Helmut Schmidt und galt als Kandidat für das Amt des Bundesbankpräsidenten.

Zum Verhängnis wurde ihm jedoch, dass er Patenonkel der Schwester einer RAF-Terroristin war. So gelangte ein Kommando der Roten Armee Fraktion unbehelligt in Pontos Haus und versuchte den Banker zu entführen, wollte Lösegeld und die Freilassung von Gesinnungsgenossen erpressen. In einem Handgemenge trafen Jürgen Ponto aber mehrere Pistolenkugeln in den Kopf und den Körper und er verstarb zwei Stunden später im Frankfurter Universitätsklinikum.

Wenige Monate nach dem Mord gründeten Pontos Frau und die Dresdner Bank die Jürgen-Ponto-Stiftung zur Förderung junger Künstler.

 

 

 

Karl Radek

* 31.10.1885 in Lemberg als Karol Sobelsohn, † vermutlich 19.5.1939 in Nertschinsk, Sowjetunion, Journalist und Politiker

 

Seit jeher lebten nach Wahrheiten suchende Journalisten gefährlich, so auch Karl Radek:

Schon als Schüler schrieb Karl Radek für polnische Arbeiterzeitungen. Wegen seiner Beteiligung an der russischen Revolution des Jahres 1905 wurde er inhaftiert und emigrierte dann nach Deutschland. Hier trat er der SPD bei und arbeitete für die „Bremer Zeitung“, die „Leipziger Volkszeitung“, die „Dortmunder Arbeiterzeitung“ und die „Neue Zeit“. Er kritisierte Rosa Luxemburg, Karl Kautsky und Friedrich Ebert und wurde 1912 aus der Partei ausgeschlossen. Nun schloss sich Radek in der Schweiz Lenin an und schrieb unter dem Pseudonym Parabellum für die „Berner Tagwacht“.

Während der russischen Februarrevolution des Jahres 1917 redigierte Radek in Stockholm das Journal „Der Bote der russischen Revolution“ und nach der Oktoberrevolution in St. Petersburg die Zeitung „Der Völkerfriede“ und in Moskau das Blatt „Die Weltrevolution“.

1918 reiste er illegal nach Deutschland, wurde jedoch wegen „Beihilfe zum Spartakusputsch, Aufreizung und Geheimbündelei“ verhaftet. In seiner Zelle in Moabit besuchte ihn sogar der spätere deutsche Außenminister Walter Rathenau und beide schufen in Gesprächen die Grundlage für die Verträge von Rapallo.

Zurück in der Sowjetunion wurde er Sekretär für Deutschland im Exekutivkomitee der Komintern, 1925 erster Rektor der Sun-Yatsen-Universität in Moskau, die ausschließlich chinesischen Parteikadern offenstand. Da Radek im Zentralkomitee der KPdSU zur Trotzki-Opposition zählte, schloss man ihn auch aus dieser Partei aus und verbannte ihn nach Sibirien. Nachdem er „Selbstkritik“ geübt hatte, fungierte er von 1930-1937 als Redakteur der „Iswestija“. Er zog sich aber Stalins Zorn zu, da er immer wieder Witze über die Parteiführung erzählte. 1937 wurde er im Zweiten Moskauer Schauprozess angeklagt und zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt.

Im Gulag brachten dann angeblich Mithäftlinge Karl Radek ums Leben. 1988 wurde Karl Radek im Zuge der Perestroika rehabilitiert.

 

 

 

Folke Bernadotte Graf von Wisborg

* 2.1.1895 in Stockholm, † 17.9.1948 in Jerusalem, schwedischer Philanthrop

 

Als Henri Dunant im Jahre 1863 mit der Tätigkeit des Roten Kreuzes begann, gab er der Bewegung folgende Losung: Inter arma caritas – Inmitten von Waffen (d.h. im Kriege) Barmherzigkeit. Die seitherigen Geschehnisse und nicht zuletzt die Erfahrungen, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg machten, wecken den Gedanken, diese Losung weiter zu fassen und zu sagen: Post arma caritas – Nach den Waffen Barmherzigkeit, und einmal wird die Menschheit auch dahin kommen, daß man sagen darf: Pro armis caritas – An Stelle von Waffen Barmherzigkeit, schrieb Folke Bernadotte in seinem Buch „An Stelle von Waffen.

Folke Bernadotte, Angehöriger des schwedischen Königshauses, wurde 1943 Vizepräsident, dann Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes. Anfang 1945 verhandelte er mit Himmler über die Freilassung von KZ-Häftlingen und erreichte, dass etwa 8.000 Häftlinge skandinavischer und etwa 10.000 Häftlinge anderer Nationalität, sogar Juden, vor allem Ravensbrück und Theresienstadt in Neuengamme zusammengeführt und bis kurz vor Kriegsende nach Schweden überführt, also gerettet, wurden. In die Geschichte des Roten Kreuzes ging diese Aktion unter der Bezeichnung „Weiße Busse“ ein. Himmler seinerseits wandte sich an Bernadotte am 23. April 1945 mit der Bitte, ein Angebot über die schwedische Regierung an die Westmächte weiterzuleiten: das Dritte Reich würde vor den USA und Großbritannien kapitulieren, wenn es den Krieg gegen die Sowjetunion weiterführen dürfe. Bernadotte gab das Angebot tatsächlich weiter, die Westmächte gingen darauf allerdings bekanntermaßen nicht ein. Der Leibarzt Himmlers veröffentlichte 1952 einen angeblich von Bernadotte in diesem Zusammenhang geschriebenen und ihn kompromittierenden Brief, in der schwedische Graf sogar Ziele für V2-Einschläge in London skizziert haben solle. Erst 1978 konnte ein englischer Historiker zweifelsfrei nachweisen, dass dieser „Bernadotte-Brief“ eine Fälschung war.

„Am 20. Mai 1948 wurde Bernadotte zum ersten Vermittler in der Geschichte der Vereinten Nationen (UNO) gewählt und in Palästina eingesetzt. Während seiner Tätigkeit im ersten Palästinakrieg von 1948 legte er unter anderem den Grundstein für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA). Er setzte sich in den Verhandlungen mit Israel für eine Anerkennung des Rückkehrrechtes der palästinensischen Flüchtlinge ein; konkret bat er Israel am 17. Juni 1948, die Rückkehr von 300.000 Flüchtlingen zu ermöglichen. Am 17. September 1948 wurde er zusammen mit dem UN-Beobachter André Serot von militanten Führern der jüdischen Terroristen-Gruppe Lechi erschossen. Grund für die Ermordung war sein öffentliches Bekenntnis, die palästinensischen Flüchtlinge hätten einen Anspruch, in ihre Heimat zurückkehren zu dürfen. Darüber hinaus stieß auch sein Plan, die Stadt Jerusalem unter internatiionale Aufsicht zu stellen sowie den Negev an die Araber abzutreten, auf massiven Widerspruch Israels. Seine Vorschläge zur Lösung des Flüchtlingsproblems waren die Basis für die Resolution 194 der UN-Generalversammlung vom 11. Dezember 1948, in der das Recht auf Rückkehr der Flüchtlinge festgestellt wurde“, weiß Wikipedia.

Folke Bernadotte wurde nur 53 Jahre alt und im Mausoleum seines Vaters Prinz Oskar auf dem Norra begravningsplatsen in Solna beigesetzt.

 

 

 

James Maury „Jim“ Henson

* 24.9.1936 in Greenville, Mississippi, † 16.5.1990 in New York, amerikanischer Puppenspieler

 

Jim Henson wurde durch seineMuppet Show” und dieSesamstraße“ weltberühmt. Wer kennt nicht das Krümelmonster, Ernie und Bert, Miss Piggy, Oscar, Gonzo, Fozzy Bär oder Kermit den Frosch (der als Hensons Alter ego gilt)?

Und die Star-Wars-Figuren Yoda, Jabba the Hutt sowie die Ewoks hatte er mitentwickelt.

Jim Henson wurde mit einem Grammy, zwei Emmis und zahlreichen anderen Awards geehrt und postum in die Science Fiction Hall of Fame aufgenommen.

Jim Henson starb im alter von 53 Jahren an einer verschleppten Lungenentzündung.

 

 

 

Uladsimir Karatkewitsch

* 26.11.1930 in Orscha, † 25.7.1984 in Minsk, weißrussischer Autor

 

Als junger Autor gelangte ich im Jahr 1982 an der Seite eines Arbeiterveteranen mit einem Freundschaftszug auf dem Weg nach Lettland, wo ich in einem Pionierlager lesen und Erfahrungen sammeln sollte, auch in die Hauptstadt der damaligen Belorussischen SSR, nach Minsk. Hier lebte damals noch der Autor Uladsimir Karatkewitsch, Verfasser von Werken wie „Die wilde Jagd des Königs Stach“ oder „Das schwarze Schloss von Alschany“, und wer weiß, vielleicht sind wir uns begegnet? Beim Wodka?

Ankunft in Minsk. Spalier auf dem Bahnsteig, Pioniere, Blasmusik, aus den Bahnhofslautsprechern dröhnt’s deutsch. Was für eine Begrüßung! Und schon geht’s ab zum hiesigen Lenin-Denkmal. Meeting unter praller Sonne. Kinder kippen Kinder um. Endlich ins Hotel. Mittagessen um halb vier, doch schmackhaft, keine Frage. Dann mit Wilhelm Spaziergang durch Minsk. Große, breite Straßen, Bauten á la Stalinallee, wohl alles erst nach dem Kriege entstanden, mehr als die Hälfte der Millionenstadt soll von deutschen Truppen zerstört worden sein. Immerhin entdecken wir einige Häuser im altrussischen Stil, gruppiert um eine gelbgetünchte Zwiebelturmkirche.

Nach dem Abendbrot erkunden wir das Etagenbüfett des Hotels. Kaum sitzen wir, spricht uns ein am Nebentisch sitzender Mann auf Russisch an, „Nemez?“ - Deutsche? - „Da!“ - „Ja!“, bringt Dörrfisch, fordert uns freundlich zum Essen auf. Klar, ein fremdes Land muss man nicht nur mit Augen und Ohren, sondern auch mit der Zunge kennenlernen. Und mit der Nase. Doch nach was riecht dieser Fisch? - Moschus, Knoblauch, Schweiß, Dieselöl? Mühselig würge ich ein Stück hinunter, spendiere mir und dem Spender daraufhin ein Bier, was mir aber noch ein Stückchen Stinkefisch einbringt.

Glücklicherweise kommen einige unserer Betreuer auf dem Weg zu einem nächtlichen Stadtbummel vorbei. Wir schließen uns sofort an, gelangen so in ein Lokal mit Tanzbetrieb. Die Betreuer, Lehrer oder Pionierleiter zumeist, bestellen schließlich Fisch. Oh, nein! Doch nachdem ich soeben erstmals in meinem Leben Dörrfisch kennenlernen musste, genieße ich nunmehr erstmals köstlich frischen Lachs. Das ist mehr als Neutralisierung. Danke, Poschaluista!

Und da ist noch eine Premiere an diesem Abend: In einem Park sehe ich Scharen von Männlein wie Weiblein mit roten Armbinden patrouillieren, um offenkundig Scharen von Besoffenen in Schach zu halten. Und zu guter Letzt bietet mir ein finster aussehender Typ in einer finsteren Ecke sogar seine Freundin an... Wie geht das mit dem Bild der heldenhaften Sowjetunion zusammen, das mir zeit Lebens vermittelt wurde – und das ich also weiter vermitteln soll?

Gegen Mitternacht zurück im Hotel. Erschöpfung.

 

 

 

Pier Paolo Pasolini

* 5.3.1922 in Bologna, † 2.11.1975 in Ostia, italienischer Regisseur

 

Der geniale italienische Regisseur Pier Paolo Pasolini drehte nicht nur Filme wie „Mamma Roma“, „Das 1. Evangelium – Matthäus“, „Teorema“, „Medea“, „Decameron“, „Pasolinis tolldreiste Geschichten“ oder „Die 120 Tage von Sodom“, sondern schrieb auch Gedichte:

 

Der Quell

 

Jede Verruchtheit ist mir vergeben

im Schoße des Präsenz

wo mein Leben,

Welt erblickend, sich lauscht.

 

Aber alles ist Imperfekt

in dieser tollen Zuversicht,

in der ich mich selber

hochspiele und demütige.

 

Im Alter von 53 Jahren wurde Pier Paolo Pasolini in Ostia ermordet. 54 Jahre danach kamen Jeanny und ich zum ersten Mal nach Ostia:

Da wir Rom schon vor Jahren erkundet hatten, das antike vor allem, fahren wir heute zum antiken Hafen Roms, nach Ostia. Wären wir  bei unserem Rombesuch nach dem Durchschreiten des Konstantinbogens nicht weiter zum Colosseum spaziert, sondern wären auf die hier beginnende Via Ostiensis eingebogen, wären wir nach gut 25 Kilometern schnurstracks da angekommen, wo wir nun heute stehen, in den Ruinen Ostias Anticas an der Mündung des Tibers ins Tyrrhenische Meer.

Wir kommen am Nachmittag hier an und haben wunderbares Wetter, Sonnenschein, knapp 30° C, leichte Brise. Die riesige alte Stadtanlage überzeugt wahrscheinlich auch bei schlechtem Wetter, nun aber wirkt sie einfach faszinierend. All diese großen Gebäudekomplexe an den schnurgeraden, gepflasterten Straßen unter hohen Pinien: Amphitheater, Forum, Tempel, Therme, Ladenzeilen, Waschhaus, Wirtshäuser, Villen – diese Ruhe, dieser Nadelduft – kein Problem, sich 2000 Jahre zurückzuversetzen und das geschäftige Treiben der Römer zu verstehen.

Hätten wir allerdings auch den Strand von Ostia erkundet, wären wir unweigerlich zu der Stelle gekommen, wo Pier Paolo Pasolini in der Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen des Jahres 1975 ermordet wurde, vielleicht von einem Stricher, vielleicht von rechtsradikalen Schlägern, um die Fertigstellung seines Romans „Petrolino“, der kriminelle Machenschaften der italienischen staatlichen Erdölgesellschaft aufdecken wollte, zu verhindern. Nach diversem Hin und Her wurde die Untersuchungen ohne abschließendes Ergebnis 2015 eingestellt.

 

 

 

Gertrude „Ma“ Rainey

* 26.4.1886 als Gertrude Pritgett in Columbus, Georgia, † 22.12.1939 in Rome, Georgia, amerikanische Blues-Sängerin

 

Ma Rainey gilt als „Mutter des Blues“. Zeitlebens nahm sie gut 100 Songs auf und wurde dabei von Jazz-Größen wie Louis Armstrong, Thomas A. Dorsey, Coleman Hawkins, Fletcher Henderson oder Jelly Roll Morton  begleitet.

Erstmals trat sie im Alter von 12 Jahren auf, im Alter von 53 Jahren starb sie durch Herzinfarkt.

Ihr wohl bekanntester Song „See See Rider“ wurde zum Blues- und Jazz-Standard und auch lange nach ihrem Tod immer und immer wieder gecovert, so von Ray Charles, Ella Fitzgerald, Elvis Presley, Jimmy Smith, Archie Shepp, Joe Tex, Eric Burdon, B. B. King, Frank Zappa, Mitch Ryder… 2004 wurde Ma Raineys „See See Rider“ für das National Recording Registry ausgewählt und erhielt einen Grammy, 2018 nahm die Blues-Foundation diesen Song als „Classic of Blues Recording“ in die Blues Hall of Fame auf.

 

I'm so unhappy,

I feel so blue.

I always feel so sad.

I made a mistake

Right from the start.

Oh, it seems so hard to part.

Oh, but this letter

That I will write,

I hope he will remember,

When he receive' it.

See, see, rider.

See what you done…

 

 

 

 

Frank Wedekind

* 24.7.1864 als Benjamin Franklin Wedekind in Hannover, † 9.3.1918 in München, deutscher Dramatiker

 

Frank Wedekind gehörte mit seinen gesellschaftskritischen Theaterstücken zu den meistgespielten Dramatikern seiner Epoche, weltberühmt sein „Frühlingserwachen“ oder „Lulu“. Aufschlussreich sein Satz: Der Mensch wird abgerichtet, oder er wird hingerichtet.

„Who’s who“ urteilt: „Der deutsche Schriftsteller und Dramatiker war einer der schärfsten literarischen Provokateure der Wilhelminischen Epoche. In seinem Werk wandte sich Frank Wedekind gegen die verlogene, lebensfeindliche Moralvorstellung seiner Zeit. Dabei trat er in seinem literarischen Schaffen für die körperliche Freizügigkeit ein sowie für die menschliche Natur und Schönheit des Leibes. Mit seiner Kritik an der gesellschaftlichen Moral war auch der satirische Angriff auf die kapitalistischen Lebensformen verbunden. Die Form seiner Dramenkunst ist geprägt von Offenheit und Verbindung unterschiedlicher Elemente wie Musik, Satire oder Komödie.“

Frank Wedekind wirkte auch als Schauspieler. Sein Biograf Anatol Regnier sagte dazu: „er hat […] nicht geschauspielert, sondern die Leute wie ein Rechtsanwalt angesprochen, überzeugt, kraft des Gedankens und des Arguments, und ich denke, das ist das neue deutsche Theater, ohne das Brecht zum Beispiel überhaupt nicht denkbar gewesen wäre.“

Frank Wedekind starb im Alter von 53 Jahren infolge von Komplikationen nach einer Blinddarmoperation.

Einmal interviewte er sich selbst: Ihre Idee vom Glück? – Seinen Anlagen gemäß verbraucht zu werden. / Ihr Hauptcharakterzug? – Ich hoffe: Starrköpfigkeit. / Worin sind Sie am geschicktesten? – Lügen. / Lieblingsbuch? – Casanova. / Lieblingsfarbe? – Rot.

 

 

 

Maria Callas

* 2.12.1923 als Maria Anna Sofia Cecilia Kalogeropoulou in New York City, † 16.9.1977 in Paris, griechisch-amerikanische Opernsängerin

 

Maria Callas schrieb 20 Jahre vor ihrem Tod in einem Brief: „Es ist mein Schicksal, begleitet von ständigen Schlägen und Beleidigungen verherrlicht zu werden.“

Ja, die weltberühmte Sopranistin, „die Göttliche“, die „Stimm-Kanone“, die „kapriziöse Diva“ durchlebte offenkundig nicht nur Höhen. Litsa, ihre Mutter, die sich während des Zweiten Weltkriegs in Athen prostituiert hatte und auch ihre Tochter Soldaten anzubieten versuchte, wünschte der Sängerin einmal Kehlkopfkrebs. Woraufhin die Callas in einem anderen Brief bekannte: „Gott hat mir zwei Kreuze gegeben, die ich zu tragen habe. Erstens meine Mutter, die nicht ganz zurechnungsfähig ist, und zweitens meinen lieben Gatten, der mich ständig verleumdet.“ Und in einem Interview sagte sie einmal über ihren Gatten Titta, der sie unerbittlich zu Auftritten antrieb, selbst wenn es ihr schlecht ging: „Ich erkannte, das mein Mann ein Zuhälter war.“ Über Onassis, ihren Geliebten, sagte sie: „Er wußte, wo er dich schlagen muß, damit es wehtut und wo man es am nächsten Morgen nicht sehen würde.“

Lyndsy Spence urteilte: „Sie war so erzogen worden, dass sie nach toxischen Menschen suchte. Sie war, wenn man es in Worte packen will, die wir heute verwenden, süchtig nach Stress.“

 

 

 

Simon Dach

* 29.7.1605 in Memel, † 15.4.1659 in Königsberg, deutscher Dichter

 

Anke van Tharaw öß, de my geföllt,

Se öß mihn Lewen, mihn Goet on mihn Gölt.

 

„Nirgendwo hat die rhetorisch geprägte Poesie des siebzehnten Jahrhunderts ihr Pathos, ihre Bilder- und Prunkrede so weit zurückgenommen wie in den Versen Simons Dachs“, urteilt der Germanist Eberhard Haufe, „Kein anderer gab dem zeittypischen Gelegenheitsgedicht soviel Menschlichkeit, Bürgerlichkeit, greifbare Wirklichkeit seiner Tage mit. Keiner hob es zugleich so sicher und einfach über den Anlaß hinaus, knüpfte es so leicht an die europäische Renaissancetradition an. Weltliches und Geistliches, horazisches Carpe-Diem und christliche Innigkeit verbinden sich in den besten Liedern zu wundersamer, schlichter Einheit.“

 

Anke van Tharaw heft wedder eer Hart

Op my geröchtet ön Löw on ön Schmart.

 

Die Red ist uns gegeben,

damit wir nicht allein

vor uns nur sollen leben

und fern von Leuten sein;

wir sollen uns befragen

und sehn auf guten Rat,

das Leid einander klagen,

so uns betreten hat.

 

Anke van Tharaw, mihn Rikhdom, mihn Goet,

Du mihne Seele, mihn Fleesch on mihn Bloet.

 

Anno 1647 des Nachts,

Da ich vor Engbrüstigkeit nicht schlafen

Können, auf dem Bette gemacht

 

Wie? ist es denn nicht genug, gern einmal sterben wollen?

Natur, Verhängnis, Gott, was haltet ihr mich auf?

Kein Säumnis ist bei mir, vollendet ist mein Lauf,

soll ich die Durchfahrt euch denn tausendmal verzollen?

 

Was kränkt es, fertig sein und sich verweilen sollen!

Ist Sterben ein Gewinn? o, mir eine teurer Kauf,

mich töten so viel Jahr und Krankheiten zuhauf,

ich lebe noch und bin wohl zehnmal tot erschollen.

 

Weib, Kinder, macht es ihr? Verlängert ihr mein Licht?

Seht meinen Jammer an, ist dieses Liebenspflicht,

zu schlechtem Vorteil euch, mein Vorteil mir nicht gönnen?

 

Ach kränket mich nicht mehr durch euer Angesicht!

Die allerletzte Pein ist, glaube ich, ärger nicht

Als leben müssen, tot sein wollen und nicht können.

 

Simon Dach verfasste mindestens 1.000 Gelegenheits- und sonstige Gedichte, die, auf Blätter gedruckt rasch in Königsberg zirkulierten. Eine Ausgabe in Buchform gab es jedoch erst mehr als 200 Jahre nach seinem Tod. Johann Gottfried Herder hatte immerhin das „Ännchen von Tharau“ gut 100 Jahre davor aus dem Ostpreußischen übertragen und in seine berühmte Sammlung „Stimmen der Völker in Liedern“ aufgenommen.

 

Anke van Tharaw, mihn Licht, mihne Sönn,

mihn Lewen schluht öck ö dihnet henönn.

 

 

 

Mehmedalija „Mak“ Dizdar

* 17.10.1917 in Stolac, † 14.7.1971 in Sarajevo, bosnischer Dichter

 

Mak Dizdars Gedichtband „Kameni spavač - Steinschläfer“ gilt als eines der einflussreichsten bosnisch-herzegowinischen Werke des 20. Jahrhunderts. Die Texte kreisen um die einzigartigen mittelalterlichen Grabsteine des Landes, die Stećci, in deren Inschriften er die Geheimnisse Bosniens gesehen habe. Er sagte: Stećak ist für mich nicht dasselbe wie für andere, Dinge die auf oder in ihnen wären, andere beschrieben sie nicht oder konnten sie nicht sehen. Es ist Stein, aber auch ein Wort. Es ist Erde, aber auch Himmel, es ist Substanz, aber auch Geist, es ist ein Schrei, aber auch ein Lied, es ist Tod, aber auch Leben, es ist die Vergangenheit, aber auch die Zukunft.

Und eines seiner Gedichte wurde 24 Jahre nach Mak Dizdars Tod zum Epitaph für die Opfer des Tuzla-Massakers im Bosnienkrieg:

Hier lebt einer nicht

zu leben.

Hier lebt einer nicht

zu sterben.

Hier stirbt einer

zu leben.

 

 

 

Wladimir Iljitsch Lenin

* 22.4.1870 als Wladimir Iljitsch Uljanow in Simbirsk, † 21.1.1924 in Gorki, russischer Revolutionär

 

In den 1980-ern kam in der DDR der Witz auf: „Kennst Du schon die neue Maßeinheit LEN?“ – „LEN, was soll denn das sein? – „Der Abstand zwischen zwei Lenin-Denkmalen.“

Dagegen war die Parole „Von Lenin lernen heißt, siegen lernen! immer weniger zu hören.

In meiner Vaterstadt Merseburg stand das Lenin-Denkmal am Ostufer des Gotthardteiches: in der üblichen Pose wies Lenin übergroß mit ausgestrecktem Arm in die Zukunft. In Merseburg spottete der Volksmund jedoch, er weise auf den Eingang der gegenüberliegenden Spelunke „Zur grünen Linde“.

Und als dann in Merseburg Anfang der 1990-er Lenin mit schwerer Technik vom Sockel gehoben und in einem leerstehenden Hangar der abziehenden Roten Armee eingelagert wurde, war die „Grüne Linde“ im Zuge der „sozialistischen Rekonstruktion“ der Stadt längst abgerissen, und die Planung, diese freie Fläche mit einer Einkaufspassage samt Bankgebäude zu bebauen, kam richtungweisend voran.

 

 

 

Leif Panduro

* 18.4.1923 in Frederiksberg, † 16.1.1977, dänischer Schriftsteller und Zahnarzt

 

Der Lektor Anfred Antkowiak meinte: „Leif Panduros unverkennbares Vergnügen am Fabulieren, der hierbei hervortretenden Gusto für das Groteske und der in späteren Werken überschäumende, gerade diabolische Humor – dies alles sind […] Mittel und Voraussetzungen, um eine groß angelegte und bitterernst gemeinte Enquete über die zeitgenössische Bürgerexistenz in Gang zu setzen. […] alle seine Romane sind, spezifiziert auf dänische Verhältnisse und Bedingungen, Prosaakte aus dem bürgerlichen Alltagsleben einer Epoche, das sich stets als Komödie oder Farce entlarvt.

Leif Panduro verfasste zehn erfolgreiche Romane und zahlreiche Stücke und Drehbücher. Nicht von ungefähr wählten ihn die dänischen Buchhändler zum „Autor des Jahres 1970“. Im Jahr darauf erhielt er den Ehrenpreis der dänischen Akadamie.

In seinem Roman „Daniels andere Welt“ lässt er seinen Protagonisten am Ende sagen: Ich weiß, sie haben irgendeine Karte über mich in ihrer Kartothek. Darauf steht, daß ich ein ausgezeichneter und solider Staatsbürger gewesen sei, bis ich irgendwann im Frühling unter einen gewissen Einfluß geriet. Darauf setht, sicherlich mit anderen Worten, daß ich plötzlich verrückt geworden sei. In Wirklichkeit ist es genau umgekehrt!

 

 

 

Rolf Herricht

* 5.10.1927 als Rolf Oskar Ewald Günter Herricht in Magdeburg, † 23.8.1981 in Berlin, deutscher Komiker

 

Ich lege zwar keinen Wert darauf, ‚ernst‘ zu werden, denn ich betrachte es als wichtige und schöne Aufgabe, Vergnügen zu bereiten. Die Menschen werden schöner, wenn sie lachen. Ihre Augen bekommen einen anderen Glanz, wenn sie sich freuen, bekannte Rolf Herricht.

Er wirkte in mehr als 20 DEFA-Filmen mit, so in „Auf der Sonnenseite“, „Geliebte weiße Maus“, „Der Reserveheld“, „Der Mann, der nach der Oma kam“, „Nicht schummeln, Liebling“ oder „Der Baulöwe“, in mehr als 35 Fernsehfilmen: „Mein lieber Kokoschinsky“, „Du und icke und Berlin“ oder in „Maxe-Baumann“ sowie in den populären Fernsehserien „Rentner haben niemals Zeit“ und „Geschichten übern Gartenzaun“.

Seinen Ruf begründete er jedoch durch sein Zusammenwirken mit dem Komiker Hans-Joachim Preil, mit dem er mehr als dreißig Jahre auf der Bühne stand.

Aber, Herr Preil!

Rolf Herricht sang sogar Schlager wie „Ich soll stets die Leute nur zum Lachen bringen“ und wurde zweimal mit dem Kunstpreis der DDR geehrt. Der Kettenraucher Rolf Herricht starb im Alter von 53 Jahren auf der Bühne des Berliner Metropol-Theaters während einer Aufführung von „Kiss me Kate“ an Herzversagen.

Nur vertrauen – alles wird gut!

 

 

 

Alexis de Tocqueville

* 29.7.1805 als Alexis Charles-Henri-Maurice Clérel de Tocqueville in Verneuil-sur-Seine, † 16.4.1859 in Cannes, französischer Publizist

 

Der Philosoph Wilhelm Dilthey urteilte: „Tocqueville ist der Analytiker unter den geschichtlichen Forschern seiner Zeit, und zwar unter allen Analytikern der politischen Welt der größte seit Aristoteles und Machiavelli.“

Alexis de Tocqueville gilt als Begründer der Vergleichenden Politikwissenschaft. Die französische Regierung hatte ihn beauftragt, das Rechtssystem und den Strafvollzug in den USA zu studieren. Im Ergebnis dieser Reise verfasste er sein Hauptwerk „De la démocratie en Amérique – Über die Demokratie in Amerika“, dessen erster Band im Jahr 1835 erschien.

„Das Buch erhielt 1836 den ‚Prix Montyon’ der Academie francaise, deren Mitglied Tocqueville 1841 wurde, und wird heute noch an den Universitäten behandelt. In seiner Analyse der amerikanischen Demokratie arbeitete er die Ursachen für die Art und Weise des Funktionierens der Demokratie in den USA heraus. Er zeigt die Gefahren demokratischen Regierens, die zu einer ‚Tyrannei der Mehrheit’ führen könne, und er beschreibt, wie die amerikanische Verfassung und ihr Verfassungsleben dieser Gefahr durch Dezentralisation und aktive Teilnahme der Bürger entgegenwirkten (Band 1). Im zweiten Band des Werkes macht er dann noch eine weitere Gefahr aus, die für ihn der Demokratie inhärent ist: die Allgewalt der Regierung, die die Bürger der Eigeninitiative berauben, sie schrittweise des selbständigen Handelns entwöhnen und sie so zu unmündigen Privatleuten degradieren könne, die sich nur um ihre wirtschaftlichen Probleme kümmerten. Auch hier zeigt er, wie die amerikanische Demokratie dieser Gefahr begegnete: durch Dezentralisation, durch die Lehre vom wohlverstandenen Eigennutz und durch eine Beeinflussung der dominierenden Verhaltensstandards durch das Christentum“, weiß Wikipedia.

Alexis de Tocqueville verfasste weitere vielbeachtete Werke wie „Mémoire sur le paupérisme -  Das Elend der Armut. Über den Pauperismus“, „Travail sur l’Algérie - Gedanken über Algerien“ und nicht zuletzt „L’ancien régime et la révolution - Der alte Staat und die Revolution“.

Und der Historiker Carl J. Burckhardt weiß zudem: „Tocqueville, der seine öffentliche Laufbahn als Richter begonnen hatte, beendete sie als Außenminister der Ersten Republik nach der 48er Revolution und vor dem Staatsstreich Louis Napoleons. Sein politisches Wirken als Parlamentarier und Staatsmann enttäuschte ihn und ließ sich in seiner Bedeutung in keiner Weise mit dem Wirken des Denkers und Schriftstellers vergleichen.“

Nach ihm benannt sind: der Tocqueville-Effekt  - ein soziologisches Phänomen, nachdem Revolutionen nicht dann ausbrechen, wenn die Repression am schärfsten ist, sondern wenn das Regime sich bereits gemildert hat und zu Reformen bereit ist, die Unzufriedenheit sich also risikoloser äußern kann – sowie das Tocqueville-Paradoxon – nachdem sich mit dem Abbau sozialer Ungerechtigkeiten gleichzeitig die Sensibilität gegenüber verbleibenden Ungleichheiten erhöht.

Alexis de Tocqueville starb im Alter von 53 Jahren an Tuberkulose, mit der er sich wohl auf seiner Amerikareise infiziert hatte.

 

 

 

Jacques Turgot

* 10.5.1727 als Anne Robert Jacques Turgot in Paris, † 18.3.1781 ebd., französischer Ökonom

 

Eigentlich sollte Jacques Turgot eine kirchliche Laufbahn einschlagen, entschied sich dann jedoch für eine weltliche im Zeichen der Aufklärung. Zu seinen Freunden gehörte Voltaire und er verkehrte in den meinungsbildenden Pariser Salons, begegnete dort auch einflussreichen Ökonomen. Turgot studierte diverse Wissenschaften, veröffentlichte einige Schriften, arbeitete an Diderots „Encyclopédie“ mit und wurde im Alter von 34 Jahren zum Intendanten der Provinz Limoges ernannt.

Acht Jahre später veröffentlichte er sein „Mémoire sur les préts a intérêt“, worin erstmals die verzinste Verleihung von Geld nicht aus kirchlicher, sondern aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet wurde. Im Jahr darauf begründete er zur Förderung der örtlichen Landwirtschaft und Industrie die Porzellanmanufaktur von Limoges und schrieb seine „Lettres sur le liberté du commerce des grains“ über den freien (und gerechten) Getreidehandel.

Nach der Veröffentlichung seines wohl berühmtesten Werks „Réflexions sur la formation et la distribution des richesses“, in dem er Theorie des „impôt unique“ vorstellte, nachdem der Boden die einzige Quelle des Wohlstands sei und nur der Nettogewinn aus dem Land besteuert werden solle, wurde er im Alter von 47 Jahren zum Marineminister berufen. Bei Ludwig XVI. setzte er sich für eine sparsame Politik und gegen die verschwenderische Vergabe von Stellen und Pensionen. Und nachdem er in seinen „Six Edits“ die Abschaffung sämtliche Privilegien gefordert hatte, wurde er durch Intrigen zwei Jahre später gestürzt.

Über Jacques Turgots Rolle als Staatsmann, nicht zuletzt durch seine Niederschlagung des Dijoner „Mehlkrieges“, gilt als janusköpfig, doch herrscht Übereinstimmung, dass zahlreiche Ideen und Reformen der Französischen Revolution auf sein Wirken zurückgeführt werden können.

 

  

 

 

Gustav Albin Weißkopf

* 1.1.1874 in Leutershausen, in USA: Gustave Whitehead, † 10.10.1927 in Bridgeport, Connecticut, deutscher Flugpionier

 

Gustav Weißkopf wanderte als Jugendlicher nach Brasilien aus und kam im Alter um 18954 in den USA an, wo er sich Gustave Whitehead nannte. Da er in Brasilien angeblich Segelflugzeuge gesteuert hatte, beauftragte ihn die Boston Aeronautical Society 1897 zwei Fluggeräte zu bauen, die dann aber beide nicht flogen.

Er ging nach New York, dann nach Buffalo, Baltimore und, Johnstown in Pennsylvania nach Pittsburgh, wo er Arbeit in einem Kohlebergwerk fand. Hier versuchte er auch wieder Flugzeuge zu bauen und will dann zum ersten bemannten Motorflug, noch vor den Gebrüder Wright, gestartet sein. Seine Gehilfe Louis Darvarich erklärte später eidesstattlich: „Es war entweder im April oder im Mai 1899, als ich zugegen war und mit Mr. Whitehead flog, dem es gelang, seine von einem Dampfmotor angetriebene Maschine vom Boden abzuheben. Der Flug in etwa 8 m Höhe erstreckte sich etwa über eine Meile. Er fand in Pittsburgh statt, und zwar mit Mr. Whiteheads Eindecker. Dabei gelang es uns nicht, ein dreistöckiges Gebäude zu umfliegen, und als die Maschine abstürzte, trug ich von dem Dampf schwere Verbrennungen davon, denn ich hatte den Kessel beheizt. Deswegen musste ich einige Wochen im Krankenhaus verbringen. Ich erinnere mich genau an den Flug. Mr. Whitehead war unverletzt, denn er hatte im Vorderteil der Maschine gesessen und sie von dort gelenkt.“

1900 ging Gustave Whitehead nach Bridgeport, Connecticut und arbeitete als Nachtwächter und fand so Zeit, seine Flugideen weiter zu entwickeln. Am 18. August 1901 wurde im „Bridgeport Herald“, berichtet, dass Mr. Whitehead mit seinem Motorflugzeug vier Tage zuvor eine halbe Meile geflogen und sanft gelandet sei. Im Herbst 1901 gründete Gustave Whitehead eine Flugzeugfabrik. Im Februar 1902 verkündete er, mit seinem neuen Flugzeug „Nr. 22“ zwei erfolgreiche Flüge über dem Long Island Sound mit sanfter Wasserung absolviert zu haben. Er habe jedoch wegen schlechten Wetters kein Foto seines Flugzeugs machen können. Und obwohl er noch weitere Flugzeuge baute und diverse Startversuche unternahm, gelang es ihm nie mehr, diese angebliche Leistung zu wiederholen.

1901 stellte sein Geldgeber das Sponsoring ein, und gab als Grund dafür an, dass es Whitehead nie gelungen sei, ein selbststartfähiges Flugzeug zu bauen.

Gustave Whitehead starb im Alter von 53 Jahren an einem Herzanfall und wurde in einem Armengrab bestattet. Erst 1964, 37 Jahre später, konnte das Geld für einen Grabstein aufgetrieben werden.

 

  

 

 

René Descartes

* 31.3.1596 in La Haye, † 11.2.1650 in Stockholm, französischer Philosoph

 

Cogito ergo sum – Ich denke, also bin ich.

René Descartes führte das Selbstbewusstsein als genuines Thema in die Philosophie ein. Er begründete mit seinem „cartesianischen Dualismus“ den modernen Rationalismus: im Menschen existieren, seiner Auffassung nach, zwei verschiedenen, miteinander wechselwirkende Substanzen – Geist und Materie. Und die denkende Seele sei der Ursprung der Erkenntnis. Zudem gilt Descartes auch als Begründer der analytischen Geometrie

Sein wirkungsmächtigstes Buch war wohl sein „Discours de la méthode pour bien conduire sa raison et chercher la vérité dans les sciences, plus la Dioptrique, les Météores et la Géométrie qui sont des essais de cette méthode - Abhandlung über die Methode, seine Vernunft gut zu gebrauchen und die Wahrheit in den Wissenschaften zu suchen, dazu die Lichtbrechung, die Meteore und die Geometrie als Versuchsanwendungen dieser Methode“. Kernpunkte des „Discours“ sind: „eine Erkenntnistheorie, die nur das als richtig akzeptiert, was durch die eigene schrittweise Analyse und logische Reflexion als plausibel verifiziert wird, eine Ethik, gemäß der das Individuum sich im Sinne bewährter gesellschaftlicher Konventionen pflichtbewusst und moralisch zu verhalten hat, eine Metaphysik, die zwar (durch logischen Beweis) die Existenz eines vollkommenen Schöpfer-Gottes annimmt, aber kirchenartigen Institutionen wenig Raum lässt, eine Physik, die die Natur als durch zwar gottgegebene, aber allgemein gültige Gesetze geregelt betrachtet und dem Menschen ihre rationale Erklärung und damit letztlich ihre Beherrschung zur Aufgabe macht.“ (Wikipedia)

Im Spätsommer 1649 erhielt René Descartes eine Einladung der jungen schwedischen Königin Christina, nach Stockholm zu kommen und ihr seine Philosophie zu erklären. Wenige Monate darauf starb der große Philosoph jedoch im Alter von nur 53 Jahren in der schwedischen Hauptstadt, wahrscheinlich an einer Lungenentzündung.

13 Jahre nach seinem Tod wurden seine Schriften vom Vatikan auf den Index gesetzt, 31 Jahre später verbot das französische Königshaus, seine Lehren  an französischen Schulen zu verbreiten. Descartes’ Grundgedanke jedoch, war nicht zu verbieten.

Cogito ergo sum….

 

 

 

Dian Fossey

* 16.1.1932 in San Francisco, † 27.12.1985 (ermordet aufgefunden) im Karisoke Research Center, Ruanda, amerikanische Zoologin

 

„Gorillas im Nebel“ hieß der Film, der Dian Fossey weltweit bekannt werden ließ. Drei Jahre zuvor war sie in Ruanda, wo sie von den Einheimischen „Nyirmachabelli“ genannt wurde - „die Frau, die einsam im Wald lebt“, ermordet worden.

Lange Zeit hatte Dian Fossey das Verhalten der Berggorillas studiert, hatte versucht einen Schutz dieser vom Aussterben bedrohten Primaten zu bewirken, hatte unermüdlich gegen Wilderer gekämpft.

Wer sie ermordete, konnte nie geklärt werden, Wilderer wurden ebenso verdächtigt wie das ruandische Tourismusministerium, dem ihre Bemühungen um einen Nationalpark für die Gorillas offenkundig nicht passten.

Entsprechend ihres Wunsches wurde Dian Fossey auf den Gorillafriedhof bestattet, den sie in der Nähe ihrer Forschungsstation angelegt hatte.

 

 

 

al-Hamdānī

* 10.5.893 als Abū Muhammed al-Hasan ibn Ahmad al-Arhabī al-Bakīlī al-Hamdānī in Sanaa , † 947 (?), arabischer Gelehrter

 

Al-Hamdānī bereiste den Irak und lebte lange in Mekka. Er verfasste Schriften als Historiker, Dichter, Philologe und über den Bergbau. Als seine wichtigsten Werke gelten die „Beschreibung der Arabischen Halbinsel“ und „Das Diadem“. Er gilt als einer der bedeutendsten muslimischen Gelehrten des Mittelalters.

Nachdem er in Machtkämpfe geraten war, wurde er inhaftiert und starb im Gefängnis.

 

 

 

 

 

Adni Mahmud-paša Anđelović,

* 1420 in Novo Brdo, Kosovo, † 18.7.1474 in Konstantinopel, Großwesir und Lyriker

 

Mahmud Pascha wurde Großwesir des osmanischen Sultans Mehmed II. nachdem er Janitscharen-Kommandeur an der Eroberung Konstantinopels beteiligt war. Maßgeblich war er auch an den Eroberungsfeldzügen gegen Serbien, die Walachai, Sinope und Trapezunt.

Mahmud Pascha wirkte aber auch als Bauherr, der Mahmutpaşa-Moschee in Istanbul beispielsweise, wo er auch begraben ist, einer Medres und einer Schule sowie des Basars „Mahmut Paşa Bedesteni“ in Ankara. Zudem unterstützte er Schriftsteller und Wissenschaftler und dichtete sogar selbst:  

Wenn der Tod endlich den Streit verlässt, sieht er Frieden […] / Wir sind klein, aber großer Stolz erwacht in uns / Umso mehr gaben wir den Menschen zumindest türkische Bücher...

Unklar ist, ob sich Mahmud Pascha, nachdem man ihn als Großwesir abgesetzt hatte, selbst das Leben nahm, oder er verleumdet, verhaftet und hingerichtet wurde.

 

 

 

Farah Mohamed Jawa Awl

* 1937 in Laasqurey, † April 1991 in Somalia, somalischer Schriftsteller

 

Farah Mohamed Jama Awl war Generaldirektor der somalischen National Transport Agency und schrieb den ersten auf Somalisch erschienenen Roman, der zugleich als erstes somalisches Buch ins Englische übersetzt wurde: „Aqoondarro waa u nacab jacayl - Ignorance is the Enemy of Love“, die Liebesgeschichte zwischen einen Derwisch-Agenten und einem Mädchen, die tragisch mit dem Tod des Mädchens endet.

Und Farah Mohamed Jama Awl verfasste zwei weitere Bücher: „Garbaduubkii gumeysiga - The Shackles of Colonialism“, in dem ein alter Mann seinem Sohn die Geschichte Somalias diktiert und bei einem Überfall auf ihr Dorf durch äthiopische Soldaten tödlich verwundet wird. Da die Tinte zu Ende geht, verwendet der Sohn letztlich das Blut seines Vaters, um die Geschichte weiterzuschreiben…

Und: „Dhibanaha aan Dhalan - The Unborn Victim“, die Geschichte einer jungen Frau im Ogaden-Krieg.

Farah Mohamed Jama Awl wurde im somalischen Bürgerkrieg mit seinem Sohn und weiteren Angehörigen seines Clans erschossen.

 

 

 

Baibars I.

* um 1223 als Al-Maik az-Zahir Rukn ad-Din Baibars al-Bunduqdari in der Steppe zwischen Krim und Kaspischem Meer, † 1277 in Damaskus, Sultan von Ägypten und Syrien

 

Tamir Ansary berichtet in seinem Buch „Die unbekannte Mitte der Welt“ auch über Baibars I., der gegen den Enkel Dschingis Khans, Hülegü Khan, kämpfe: „… der größte ägyptische Mamluckengeneral Baibars al-Bunduqdari stellte sich ihm in der Nähe eines Ortes namens Ayn Dschalut, was so viel bedeutet wie ‚Goliaths Quelle’ entgegen. In biblischen Zeiten hatte David hier der Legende nach den Riesen Goliath besiegt. Im Jahr 1260 war Baibars der neue David und Hülegü der neue Goliath. Und wieder gewann David. Was vielleicht auch damit zusammenhing, dass die Muslime eine neue Waffe zum Einsatz brachten: das Gewehr. Es war möglicherweise die erste Schlacht, in der Feuerwaffen den Ausschlag gaben.“

Nach diesem Sieg schwang er sich in Ägypten zum Herrscher auf. Wikipedia weiß: „Baibars gilt als der eigentliche Begründer des ägyptisch-syrischen Mamlukenstaates, der bis zur osmanischen Eroberung 1517 Bestand hatte. Sowohl von islamischen als auch von christlichen Historikern wurde er als besonders grausamer Despot und Gewaltherrscher charakterisiert. Dennoch stilisierte ihn die orientalische Historiographie zum größten muslimischen Helden seit Saladin. Seine erfolgreichen Abwehrkämpfe gegen Kreuzfahrer und Mongolen sowie seine Feldzüge gegen die Franken in der Levante machten ihn zum Abu l-Futuh, zum ‚Vater der Eroberungen’.

Baibars starb im Alter von 54 Jahren nach der Rückkehr von einem Feldzug. Angeblich soll er versucht haben, einen Rivalen zu vergiften, trank jedoch durch ein Versehen den Krug mit dem vergifteten Kumys selbst aus.

Durch die Märchengeschichte „Sirat al-Malik az-Zahir“ ging Baibars schließlich als Volksheld in die arabische Folklore ein.

 

 

 

Luiz Vaz de Camões

* wohl 1525 in Coimbra, † 10.6.1579 in Lissabon, portugiesisischer Dichter

 

Luís Vaz de Camões gilt als Nationaldichtere Portugals, sein Todestag wurde zum Nationalfeiertag erklärt und Jahr für Jahr zieht seine Grabstätte im Mosteiro dos Jerónimos zu Belém Verehrer an, und dies obwohl der Kenograph bekannterweise leer ist, da Camões während einer Pestepidemie starb und in einem Massengrab verscharrt worden war.

Sein Hauptwerk, „Die Lusiaden“, zählt mit seinen zehn Gesängen als maßgebliches Werk der Renaissance. „Geschrieben hat Camões das Werk zur Erinnerung und Würdigung der wichtigsten Ereignisse der portugiesischen Geschichte und ihrer Hauptfiguren, er erzählt die Historie der portugiesischen Nation von den Anfängen bis in die Zeit des Autor selbst“, steht im Vorwort einer deutschen Ausgabe zu lesen. „Als Rahmenhandlung dient dabei die 1497 beginnende Geschichte der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch eine portugiesische Flotte unter dem Befehl Vasco da Gamas. […] während dieser Reise lässt Camões einige der Protagonisten – unter anderen Vasco da Gama und dessen Bruder und Begleiter Paulo, den Seemann Veloso oder die Meeresgöttin Tethys – zu verschiedenen Anlässen aus der Geschichte des portugiesischen Königsreichs erzählen.“

Alexander von Humboldt urteilte: „Unnachahmlich sind in Camões die Schilderungen des ewigen Verkehrs zwischen Luft und Meer, zwischen der vielfach gestalteten Wolkendecke, ihren meteorologische Prozessen und den verschiedenen Zuständen der Oberfläche des Ozeans. Er zeigt uns diese Oberfläche, bald wenn milde Winde sie kräuseln und die kurzen Wellen im Spiel des zurückgeworfenen Lichtstrahls funkelnd leuchten, bald wenn Coelhos und Paul de Gamas Schiffe in einem furchtbaren Sturme gegen die tief aufgeregten Elemente ankämpfen. Camões ist im eigentlichen Sinne des Wortes ein großer Seemaler. Zweimal hatte er das Kap umschifft, und, mit tiefem Naturgefühl begabt, sechzehn Jahre lang an dem indischen und chinesischen Gestade alle Phänomene des Weltmeers belauscht.“

Nicht von ungefähr also wurden „Die Lusiaden“ auch als „das maritime Epos“ bezeichnet. Und nicht zufällig findet sich der Sarkophag Vasco da Gamas neben dem Kenograph Luis Vaz de Camões im Mosteiro dos Jerónimos zu Belém.

 

 

 

Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen

* um 1622 in Gelnhausen, † 17.8.1676 in Renchen, deutscher Schriftsteller

 

„Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen ist ein Kind des  Volkes, dessen Leiden er in der schweren Zeit des großen Krieges in Deutschland am eigenen Leibe erfuhr; als Dichter die erstaunlichste Persönlichkeit seiner Zeit, überragt er selbst die bedeutendsten Poeten des 17. Jahrhunderts, Gryphius, Logau und Fleming“, schrieb der Lyriker Günther Deicke. „Grimmelshausen hat […] in seinen letzten Lebensjahren eine ganze Reihe von Büchern unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht, die rasch bekannt und weit verbreitet wurden. Das bedeutendste davon ist ‚Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch’, das er unter dem Pseudonym eines German Schleifheim von Sulsfort 1669 herausgab. Der Simplicimus des Grimmelshausen ist ein Nachfahre des Till Eulenspiegel, und auch aus den Bauernschwänken, wie sie Wickram und Pauli gesammelt und herausgegeben hatten, hat er sein Gutteil Weisheit und Witz gezogen. […] Grimmelshausen ‚Simplicissimus’ ist ein Werk von ungeheurer Vielgestaltigkeit; eine Fülle von Ereignissen stürmt auf den Leser ein, immer wieder sich verwandelnd und entwickelnd […], reich an Konflikten, logisch in der Lösung der Konflikte, durchsetzt mit wunderbaren und dabei klug durchdachten Allegorien, atemberaubend in seiner Abenteuerlichkeit und bei alle Vehemenz des Geschehens zielstrebig  gesetzt, verantwortlich im nationalen Leben seiner Zeit wurzelnd, klar und konkret in seiner reichen und dichten Sprache: ein in jeder Phase realistisches Wer, das wie der Vogel Phönix vom Titelkupfer der Erstausgabe immer wieder aufersteht, die Jahrhunderte überdauert und seine nationale Botschaft neu verkündet.“

Seine Pseudonyme waren Anagramme seines Namens verkürzt um „Hans“ und „Jakob“: Melchior Sternfels von Fuchshaim, Simon Leugfrisch von Hartenfels, Michael Rechulin von Sehmsdorff, Samuel Greifnson von Hirschfeld, German Schleifheim von Sulsfort, Israel Fromschmidt von Hugenfelß, Erich Stainfels von Grufensholm, Philarchus Grossus von Trommenheim und tauchten auch als Figuren in seinen Ich-Erzählungen auf.

In seinem „Ewigwährenden Kalender“ sagte er im Kapitel LXXXI „Alte“: Einer fragte, warum doch die alten Leut so ungern stürben. Simplic. antwortet: „Darüber ist nicht zu verwundern; weil sie dies Leben schon lange Zeit gewohnt seien.

Über seinen Tod am 17. August 1676 ist im Renchener Kirchenbuch vermerkt: „Es verstarb im Herrn der ehrbare Johannes Christophorus von Grimmelshausen, ein Mann von großem Geist und hoher Bildung, Schultheiß dieses Ortes, und obgleich er wegen der Kriegswirren Militärdienst leistete und seine Kinder in alle Richtungen verstreut waren, kamen aus diesem Anlass doch alle hier zusammen, und so starb der Vater, vom Sakrament der Eucharistie fromm gestärkt, und wurde begraben. Möge seine Seele in heiligem Frieden ruhen.“

 

 

 

Izumi Shikibu

* 976 in Kyoto, † 1030 in der Provinz Tango, japanische Dichterin

 

Das trockene Gras niedertrampelnd macht der wilde Eber sein Bett und schläft. Ich würde nicht so tief schlafen, selbst wenn ich diese Gefühle nicht hätte.

 

Izumi Shikibu gehört zu den 36 „chūko sanjurokkasen“, den unsterblichen Dichtern des Mittelalters.

 

Mein schwarzes Haar ist ungekämmt; unbekümmert legt er sich nieder und glättet es erst sanft, mein Geliebter!

 

Berühmt sind ihr halbautographischer Roman „Izumi Shikibu Nikki - Tagebuch der Izumi Shikibu“ und ihre Izumi Shikibu Shū - Izumi-Shikibu-Sammlung“.

 

Unter dem Moos, unvergänglich, ihr Name hoch geachtet: dies zu sehen bringt große Traurigkeit.

 

 

 

Moctezuma II.

* 1466 in Tenochtitlán, 29.6.1520 ebd., Azteken-Herrscher

 

Während meines Literaturstudiums stieß ich eines Tages auf William Prescotts „Die Eroberung Mexikos“, war schwer beeindruckt, nicht zuletzt vom tragischen Schicksal Moctezumas, des drittletzten Herrschers über das riesige Azeteken-Reich und feilte wochenlang an einem Text:

 

Eins Rohr Neun Wind

 

Am Tage

                                        Im Jahre

Eins Rohr Neun Wind

                                        FünfzehnNeunzehn

Des aztekischen Kalenders

                                        Des Gregor’an’schen Kalenders

Würde der bärtige

                                        Landete aber der

                            Weiße

                                        Weiße

Weise - Quetzalcóatl

                                                    Eroberer Cortez

Übers Meer kommen

                                        Nahe VeraCruz

Schöpfer der fünften Sonne

                                        Und der erhoffte Schöpfer

Sein Herz der Morgenstern

                                        Sein Herz pure Goldgier

Sagten die Priester

                                        Brachte Entmannung

Und das

                                        Und Tod -

Volk hoffte Peyotl kauend

                                        Daß die Sonne weiter um

Taub auf den Überfluß

                                        Die Erde kreise.

 

 

 

Peter K. Palangyo

* 1939 in Nkoaranga, † 18.1.1993, tansanischer Schriftsteller

 

Peter K. Palangyo studierte in den USA Biologie, Chemie und promovierte an der State University of New York. In seinem Heimatland wirkte er als Schuldirektor und war dann tansanischer Botschafter in Kanada.

Sein bekanntester Roman „Dying in the Sun“ war der erste tansanischer Roman in englischer Sprache: ein junger Tansanier lebt in Armut und sucht nach einem Weg, sich mit seinen existentiellen Problemen zu arrangieren.

Peter K. Palangyo starb im Alter von 54 Jahren bei einem Verkehrsunfall.

 

 

Johannes Stabius

* vor 1468 in Hueb bei Steyr, † 1.1.1522 in Graz, österreichischer Humanist

 

Johannes Stabius studierte und lehrte an der Universität Ingolstadt. 1502 wurde er zum „poeta laureatus“ ernannt und wirkte als Mathematik-Professor und Berater Kaiser Maximilian I. in Wien, erstellte auch eine Genealogie der Habsburger. Mit Albrecht Dürer, der sein Wappen gestaltete und ihn mehrfach porträtierte, war Johannes Stabius befreundet.

Als sein bedeutendstes Werk gilt die erste flächengetreue Darstellung der Erdkugel, die er vor 1507 entwickelte. 1515 erschien dann die „Stabius-Dürer-Karte“.

 

  

 

 

John Wyclif

* um 1330 in Hipswell, 31.12.1384 in Lutterworth, englischer Philosoph

 

Eric Vuilard schreib in seinem Buch „Der Krieg der Armen“: „John Wyclif hatte die Idee von einer direkten Beziehung zwischen den Menschen und Gott. Aus dieser ersten Idee folgte logisch, dass sich mithilfe der Heiligen Schrift jeder selbst zurechtfinden kann. Und aus dieser zweiten Idee folgt eine dritte: Es braucht keine Prälaten mehr. Fazit: die Bibel muss ins Englische übersetzt werden. Wyclif – dem es sichtlich nicht an Ideen mangelte – hatte noch zwei, drei andere schreckliche Einfälle: Er schlug zum Beispiel vor, die Ernennung der Päpste auszulosen. Was für ein Irrsinn! In seinem Eifer kam es auf einen Irrsinn mehr oder weniger nicht an, er erklärte die Sklaverei zur Sünde. Dann betonte er, der Klerus solle künftig in evangelischer Armut leben. Schließlich, um endgültig alle vor den Kopf zu stoßen, verwarf er die Transsubstantiation als geistige Verwirrung. Und zu guter Letzt hatte er seinen allerschrecklichsten Einfall und predigte die Gleichheit aller Menschen.“

John Wyclifs Schriften wurden zwar von der Synode in Oxford als ketzerisch verurteilt und er verlor alle Ämter am Londoner Hof, aus Furcht vor einem Volksaufstand wurde er aber nicht offiziell angeklagt, behielt sogar sein Pfarrerstelle in Lutterworth, wo er während einer Messe nach einem Schlaganfall verstarb.

 

 

 

Kenule Beeson „Ken“ Saro-Wiwa

* 10.10.1941 in Bori, † 10.11.1995 in Port Harcourt, nigerianischer Schriftsteller

 

Tanz, deinen Zorn, tanz deine Freude

Tanz, bis die Gewehre schweigen

Tanz, Tanz, Tamz…

 

In seinem Text „Zum Tode Ken Saro-Wiwas“ hatte Ken Saro-Wiwa vorausgesehen, dass seine Henker Pfuscharbeit leisten würden. Tatsächlich musste der Mann, der ihn hinrichtete, fünfmal Hand anlegen, bevor der weltweit hochangesehene und –geehrte nigerianische Schriftsteller tot war.

Nach dem ersten Versuch soll er aus dem Hinrichtungsschuppen gerufen haben: Was ist das für ein Land, das Vergnügen daran findet, seine besten Männer zu töten? Was habe ich anderes getan, als die Wahrheit auszusprechen und Gerechtigkeit für mein armes Volk der Ogoni zu fordern? Ich war immer ein Mann der Ideen, und ob man mich auch tötet: Meine Ideen werden fortleben. Und die Ogoni, für die ich sterbe, werden eines Tages das Joch der Unterdrückung abwerfen.

1989 hatte Ken Saro-Wiwa die MOSOP gegründet, die „Bewegung für das Überleben des Ogoni-Volkes - Movement for the Survival of the Ogoni People“, die für die politische und kulturelle Autonomie für seine Volk, die Ogoni, und vor allem die Sanierung der durch die Erdölförderung des Shell.Konzerns geschädigten Stammes-Gebiete sowie die Beteiligung der Ogoni an den Einnahmen aus der Erdölförderung.

The flames of Shell are the flames of hel!.

Im Mai 1994 wurden Ken Saro-Wiwa und acht weitere MOSOP-Mitglieder von MOSOP Mal mit der Begründung verhaftet, sie hätten einen Mord an Stammesältesten der Ogoni angestiftet. „Nach über einem Jahr Haft kam es zu einem spektakulären Schauprozess vor einem eigens einberufenen Tribunal. Der Prozess war dermaßen stark inszeniert, dass fast alle Verteidiger ihr Mandat aus Protest niederlegten, was aber zur Folge hatte, dass die Angeklagten sich selbst verteidigen mussten. Im Verlauf des Prozesses wurden von der Anklage viele Zeugen aufgerufen, die die Schuld der Angeklagten bestätigten. Später gaben viele dieser angeblichen Zeugen offen zu, von der nigerianischen Regierung bestochen worden zu sein, damit sie vor dem Tribunal falsch aussagen“, weiß Wikipedia.

Die Männer, die diesen Schandprozess, diese tragische Farce veranstalten und überwachen, haben Angst vor dem Wort, vor der Macht der Idee, der Macht der Feder; sie haben Angst vor der Forderung nach Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit. Es fehlt ihnen jeglicher Geschichtssinn. Sie haben so viel Angst vor der Macht des Wortes, dass sie gar nicht lesen. Und das ist hir Untergang.

Sie Sohn Ken Wiwa berichtet in seinem Buch „ Im Schatten des Märtyrers“: „Als seine letzten Worte verhallt waren, wurde der Mechanismus betätigt. Man sah ein Rauchwölkchen aus der Hütte aufsteigen. Der Gefängnisarzt wurde gerufen. Ein paar Minuten später wurde die Leiche meines Vaters herausgeschleppt und neben die anderen gelegt. Am 10. November 1995, um 12.45 Uhr, wurden die Leichen von neun Ogoni – John Kpuinen, Barine Kiobel, Kenule Saro-Wiwa, Barbor Bera, Nordu Eawo, Paul Levura, Damiel Gbookoo, Saturday Doobee und Felix Nuate – auf einen LKW verladen, mit einer Plane bedeckt und auf dem nahe gelegenen Friedhof verscharrt.“

In einer Red vor dem nigerianischen Schriftstellerverband hatte Ken Saro-Wiwa zwei Jahre zuvor gesagt:  Der Autor darf nicht lediglich Geschichtenerzähler sein, nicht lediglich ein Lehrer, er darf nicht nur die Schwächen der Gesellschaft durchleuchten, ihre Gebrechen und Gefahren. Er oder sie muss sich aktiv für die Gestaltung der Gegenwart und der Zukunft engagieren.

 

 

 

Theo Harych

* 19.12.1903 in Doruchow, † 22.2.1958 in Berlin, deutscher Schriftsteller

 

Im Klappentext einer Neuausgabe von Theo Harychs Buch „Hinter den schwarzen Wäldern. Gesichte einer Kindheit“ im Mitteldeutschen Verlag steht zu lesen: „Theo Harych […] war Sohn eines Landarbeiters. Er arbeitete als Hütejunge und Knecht, später im Geiseltal als Kohlekumpel. Teilnahme am mitteldeutschen Aufstand 1921. Jahrelange Arbeitslosigkeit und Gelegenheitsbeschäftigung festigten sein proletarisches Bewusstsein. Erst nach 1945 konnte der Autor zu schreiben beginnen. Er wurde systematische gefördert und publizierte bis zu seinem frühen Tod einige bedeutende Bücher, die seinen Rang als urwüchsigen proletarischen Erzähler ausweisen. Seine Romane ‚Hinter den schwarzen Wäldern’ (1951) und ‚Im Geiseltal’ (1952 gehören zum besten ihrer Art.“

Sein Lektor Martin Reso schrieb: „Der 1903 in Doruchow (Provinz Posen) geborene Autor hat die im Werk dargestellten Ereignisse schmerzlich erfahren und erlebt, und es ist nur zu verständlich, daß ihn beim Fixieren dieser Kindheit die Ereignisse wieder und wieder überwältigen, daß er den Blick über das Individuelle auf das Vorher und Nachher richtet, um das Spezifische dieser Kindheit nicht allein von den Fakten her zu erhellen, sondern es im Gesamt der gesellschaftlichen, familiären und zeitgeschichtlichen Vorgänge zu zeigen.“

Theo Harych verfasste zudem das Kinderbuch „Bärbel und Lothars schönster Tag“, die Erzählung „Rabenspuk“ sowie den dokumentarischen Roman „Im Namen des Volkes?“.

Theo Harych wurde 1954 mit dem Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR geehrt, doch nahm sich im Alter von 54 Jahren bald darauf das Leben.

 

 

 

Kalākaua

* 16.11.1836 als David Laʻamea Kamanakapuʻu Mahinulani Nalaiaehuokalani Lumialani Kalākaua in Honolulu, † 20.1.1891 in San Francisco, König von Hawaii

 

Kalākaua war der letzte männliche Monarch des hawiischen Königreiches.

Im Alter von 45 Jahren unternahm Kalākaua als erster hawaianischer Monarch eine Reise um die Erde, in Deutschland besuchte er Berlin, Essen und Potsdam, in Österreich-Ungarn Wien. In Berlin war Kalākaua  Gast einer Parade auf dem Tempelhofer Feld. Danach schenkte ihm Kaiser Wilhelm I. einen Schellenbaum mit der Inschrift „no ka hoomanao ana ia Berlin - zur Erinnerung an Berlin“.

Kalākaua führte in seinem Palast das Telefon ein und ließ elektrische Beleuchtung einbauen. Und kurz bevor er im Alter von 54 Jahren verstarb wurde seine Stimme in San Francisco auf einer Phonographenwalze aufgezeichnet.

Im folgte die Königin Lili’uokalani nach, die allerdings 1893 vom Thron geputscht wurde. Sechs Jahre zuvor hatten die USA bereits ihren Flottenstützpunkt Pearl Harbour eingerichtet, und 1898 wurde die dem Königreich nachfolgende Republik Hawaii von den USA annektiert. 1959, 68 Jahre nach Kalākuas Tod wurde Hawaii dann als 50. Bundesstaat in die USA integriert.

 

 

 

Grigor Zohrab

* 26.6.1861 in Konstantinopel, † 2.8.1915 bei Urfa, armenischer Schriftsteller

 

Grigor Zohrab wurde im Konstantinopeler Stadtteil Besiktas geboren. Nachdem er das örtliche Makruhean-Gymnasium absolviert hatte, wechselte er an Galatasaray-Gymnaisum, eine Eliteschule im europäischen Teil der türkischen Hauptstadt. Im Alter von 19 Jahren begann er in der Anwaltskanzlei seines Stiefvaters zu arbeiten und bezog zugleich die Juristische Fakultät der Galatasaray-Universität. Mit Dreiundzwanzig legte er im osttürkischen Edirne das Juristische Staatsexamen ab und wirkte fortan in Konstantinopel als Anwalt bis ihm 1906 der türkische Justizminister verbot, weiterhin bei Gericht zu agieren. Grigor Zohrab emigrierte nach Paris, wo er sich mit einer preisgekrönten Verteidigungsschrift in der Dreyfus-Affäre einen Namen machte. Zudem gelang es ihm sein bisheriges schriftstellerisches Werk auf Französisch zu veröffentlichen.

Als er 1908 vom Aufstand der Jungtürken hörte, kehrte er nach Konstantinopel zurück, gründete als christlicher Armenier den „Osmanischen Verfassungsklub“ mit und sagte auf dessen Gründungsveranstaltung: „Unsere gemeinsame Religion ist die Freiheit“. Auf Vorschlag des Verfassungsklubs wurde er als Abgeordneter des türkischen Parlaments gewählt.

1909 kritisierte er die Regierung für das Massaker an Armeniern in Adana. 1914 forderte er, die Situation der armenischen Minderheit in der Türkei zu klären und bat die großen europäischen Staaten hierbei um Unterstützung.

Am 24. April 1915 wurde Grigor Zohrab bei den Massenhaftungen, die den Auftakt zum Genozid am armenischen Volk markierten, festgenommen, dann nach Aleppo gebracht und schließlich wie hunderttausend andere Armenier in die Wüste geschickt. Am 2. August ermordeten Agenten der Teskilat-i-Mahsusa unter Cerkez Ahmet den vierundfünfzigjährigen Autor an einer Schlucht namens Şeytan Deresi im Umland von Urfa.

In der armenischen Literatur gilt Grigor Zohrab als Begründer der Kurznovelle, wurde sogar der „Fürst“ diese Genres genannt. Seine bedeutendsten Werke sind: „Stimmen des Gewissens“, „Das Leben wie es ist“, „Stille Leiden“ und „Eine verschwundene Generation – Anhetazats serund me“…

 

 

 

Maria Cunitz

* 29.5.1610 in Wöhlau, † 22.8.1664 in Pitschen, deutsche Astronomin

 

Maria Cunitz war eine der bedeutendsten Astronominnen der Frühen Neuzeit in Europa.

Johann Caspar Eberti schrieb in seinem Buch „Schlesiens Hoch- und Wohlgelehrtes Frauenzimmer, Nebst unterschiedenen Poetinnen, So sich durch schöne und artige Poesien bey der curieusen Welt bekandt gemacht“: „Cunicia (Maria) oder Cunitzin, des berühmten Herrn Henrici Cunitii Tochter, […]. Ein gelehrtes Weib, die gleichsam als eine Königin unter dem Schlesischen Frauenzimmer hervorleuchtet; redete 7 Sprachen/ Deutsch/ Italienisch/ Französisch/ Polnisch/ Latein/ Griechisch und Hebräisch, war in der Music wohl erfahren und konnte ein nettes Gemählde verfertigen. Dabey war sie der Astrologie sehr ergeben […]; sie hatte in den Astronomischen Speculationibus ihr größtes Vergnügen […]“

Maria Cunitz war aufgefallen, dass die Keplerschen Berechnungstabellen nicht immer zweckmäßig zu nutzen waren und fand verschiedene neue Methoden, um die Umlaufbahnen der Planeten leichter vorhersagen zu können. Ihre langjährigen Forschungsergebnisse veröffentlichte sie im Jahr 1650 in ihrem deutsch-lateinischen Werk „Urania propitia“, ein großes Quarto mit einer großen Anzahl von Tabellenseiten, die es den Menschen ermöglicht, sowhl den Längen- als auch den Breitengraf jedes Planeten zu bestimmen, auch zusammen mit anderen Parametern.

Nach Maria Cunitz wurde der Kleinplanet 12624 und ein Venuskrater benannt.

 

 

 

Christian Fürchtegott Gellert

* 4.7.1715 in Hainichen, † 13.12.1769 in Leipzig, deutscher Dichter

 

In seiner Fabel „Die Biene und die Henne“ schreibt Christian Fürchtegott Gellert:

Du fragst, was nützt die Poesie?

Sie lehrt und unterrichtet nie.

Allein wie kannst du doch so fragen?

Du siehst an dir, wozu sie nützt:

Dem, der nicht viel Verstand besitzt,

Die Wahrheit durch ein Bild zu sagen.

 

Gellert stand mit Leopold Mozart seit 1754 in einem Briefwechsel, der ihn im Jahr 1766 mit seiner Frau und den Kinder Wolfgang und Nannerl auf dem Rückweg von ihrer großen Konzertreise durch Europa besuchte. Nach Gellerts Tod schrieb der 14-jährige Wolfgang Amadeus Mozart an seine Schwester: „Neues weis ich nichts als das: gelehrt, der poet zu leipzig gestorben ist, und dan nach seinen doth keine poesie mehr gemacht hat.“

Christian Fürchtegott Gellert galt zu Lebzeiten als der der meistgelesenen deutschen Schriftsteller. Goethe, der in Leipzig seine Vorlesungen hörte, nannte Gellerts Morallehre ein „Fundament der deutschen sittlichen Kultur“. Und Goethe beschrieb Gellert so: „Nicht groß von Gestalt, zierlich, aber nicht hagere, sanfte, eher traurige Augen, eine sehr schöne Stirn, eine nicht übertriebene Habichtsnase, ein feiner Mund, ein gefälliges Oval des Gesichts: alles macht seine Gegenwart angenehm und wünschenswert.“

 

Mein größter Ehrgeiz besteht darin, daß ich den Vernünftigen dienen und gefallen will, und nicht den Gelehrten in engerem Verstande.

 

Christoph Martin Wieland erhob ihn zu seinem „Liebling“, Gotthold Ephraim Lessing lobte besonders den Gellerts Briefstil.

Einige seiner „Geistlichen Lieder und Oden“ wurden von Carl Philipp Emanuel Bach, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven vertont. Nicht zuletzt haben ihn seine Fabeln überlebt.

Im Herbst 1763 besuchte ihn Prinzessin Christine von Sachsen und fragte: „Also denkt er, daß bessre Zeiten kommen?“ Gellert antwortete: „Ja, wenn bessre Leute kommen.“

 

Haut ganze Wälder um, legt teure Gärten an.

Viel habt ihr für die Pracht, nichts für die Welt gtan.

 

 

 

Laurence Sterne

* 24.11.1713 in Clonmel, Irland, † 18.3.1768 in London, britischer Schriftsteller

 

Berühmt wurde Laurence Sterne durch sein 9-bändiges Hauptwerk „The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman“. Zu den Subskribenten der 1774 erschienenen ersten deutschen Ausgabe gehörte auch Goethe, der später über Laurence Stern in sein Tagebuch notierte: „Er war der erste, der sich und uns aus Pedanterey und Philisterey emporhob“. Der Lektor Alfred Antkowiak schrieb: „Wenn man dieses Wort Goethes in seiner vollen, zeitbedingten Bedeutung nimmt, so darf freilich gesagt werden, daß der ‚Tristam Shandy’ eine einzige Proklamation gegen die Respektabilität der englischen herrschenden Schichten ist, die das Philistertum auf ihre Fahnen geschrieben hatten; ein einziger Ruf gewissermaßen zur freien Entfaltung des Menschseins unter Loslösung von starren, hergebrachten Konventionen, gleichgültig, welches Lebensgebiet sie umfassen.“

Und skandalträchtig beginnt schon dieser Roman: Wenn doch mein Vater oder meine Mutter, oder eigentlich beide – denn beide waren gleichmäßig dazu verpflichtet – hübsch bedacht hätten, was sie vornahmen, als sie mich zeugten! Hätten sie geziemend erwogen, wie viel von dem abhinge, was sie damals taten – dass  also nicht nur die Erzeugung eines vernünftigen Wesens galt, sondern daß möglicherweise die glückliche Bildung und ausgiebige Wärme des Körpers, daß vielleicht des Menschen Geist und seine ganze Gemütsbeschaffenheit, ja sogar – denn was wußten sie vom Gegenteile? – das Wohl und Geschicke seines ganzen Hauses durch ihren damals vorherrschenden Seelen- und Körperzustand bestimmt werden konnte: wenn sie, wie gesagt, das alles getreulich erwogen und überdacht hätten und dementsprechende vorgegangen wären, so würde ich nach meiner Überzeugung eine ganz andere Figur in der Welt gemacht haben als die, in welcher mich fortan der Leser dieses Buches erblicken wird.

Nicht von ungefähr also war auch Friedrich Nietzsche Laurence-Sterne-Fan: „Der freieste Schriftsteller. – Wie dürfte in einem Buche für freie Geister Lorenz Sterne ungenannt bleiben, er, den Goethe als den freiesten Geist seines Jahrhunderts geehrt hat! Möge er hier mit der Ehre fürlieb nehmen, der freieste Schriftsteller aller Zeiten genannt zu werden, in Vergleich mit welchem alle Andern steif, vierschrötig, unduldsam und bäurisch-geradezu erscheinen. An ihm dürfte nicht die geschlossene, klare, sondern die ‚unendliche Melodie’ gerühmt werden: wenn mit diesem Worte ein Stil der Kunst zu einem Namen kommt, bei dem die bestimmte Form fortwährend gebrochen, verschoben, in das Unbestimmte zurückübersetzt wird, so dass sie das Eine und zugleich das Andere bedeutet. Sterne ist der grosse Meister der Zweideutigkeit, – diess Wort billigerweise viel weiter genommen als man gemeinhin thut, wenn man dabei an geschlechtliche Beziehungen denkt. Der Leser ist verloren zu geben, der jederzeit genau wissen will, was Sterne eigentlich über eine Sache denkt, ob er bei ihr ein ernsthaftes oder ein lächelndes Gesicht macht: denn er versteht sich auf Beides in Einer Faltung seines Gesichtes; er versteht es ebenfalls und will es sogar, zugleich Recht und Unrecht zu haben, den Tiefsinn und die Posse zu verknäueln.“

Laurence Sterne starb im Alter von 54 Jahren an Tuberkulose.

 

 

 

Benazir Bhutto

* 21.6.1953 in Karatschi, † 27.12.2007 in Rawalpindi, pakistanische Politikerin

 

Der Vater Benazir Bhutto, der pakistanische Premierminister Zulfikar Ali Bhutto, wurde weggeputscht als sie 24 Jahre alt war. Zwei Jahre später wurde er hingerichtet und seine Tochter unter Hausarrest gestellt. Im Alter von 31 Jahren durfte sie nach Großbritannien ausreisen und wurde Vorsitzende der Partei ihres Vaters.

Nach dem Tod des Putschisten-Generals Zial ul-Haq ging Benazir Bhutto aus den Wahlen als Siegerin hervor, als erste Frau in einem islamischen Staat, und sie wurde Regierungschefin. Nachdem Islamisten 1990 zum „Heiligen Krieg“ aufgerufen hatten, wurde ihre Regierung wegen angeblicher Korruption aufgelöst, drei Jahre später setzte man sie später aber wieder ein, und weitere drei Jahre später wieder ab.

Im Alter von 46 Jahren emigrierte sie nach Dubai, kehrte jedoch 2007 nach Pakistan zurück, um bei den bevorstehenden Wahlen nochmals für das Amt der Regierungschefin zu kandidieren.

Auf der Fahrt vom Flughafen Karatschi zum Mausoleum des Staatsgründers Jinnah explodierten zwei Sprengsätze in der Nähe ihres Konvois. 139 Menschen starben, Benazir Bhutto blieb unverletzt. Zwei Monate später aber wurde sie bei einer Wahlkampfveranstaltung im Alter von 54 Jahren Opfer eines weiteren Attentats

 

 

 

Franz Wilhelm Junghuhn

* 26.10.1809 in Mansfeld, † 24.4.1864 in Lembang, Java, deutscher Arzt, Geologe, Botaniker und Landvermesser

 

Franz Wilhelm Junghuhn gehöre „zu den Zierden deutscher Wissenschaft“, meinte der Geograph Oscar Ferdinand Peschel meinte. Junghuhn wurde auch als der „größte deutsche Forscher auf malaiischem Boden“ gerühmt. Zuweilen wurde er sogar mit seinem Vorbild Alexander von Humboldt verglichen. Als sein Hauptwerk gilt „Java, seine Gestalt, Pflanzendecke und innere Bauart“.

Im Alter von 26 Jahren reiste er erstmals nach Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien, und notierte dabei:

Übe die Körperkräfte und härte Dich ab.

Beschäftige den Geist stets und lerne.

Schweige.

Komme nie außer Fassung.

Sei stark und Dir selber treu.

Verehre die Natur.

Übersteig das Alltägliche.

Lebe für Dich allein. – Gehe mit Niemanden um. –

Laß Dich in keine Händel, keine Intriguen ein.

Nimm an keiner Neuigkeitskrämerei Theil.

Suche keine Befriedigung bei Andern,

kein Glück außer Dir

kein Ergötzen außer der Natur;

Dein Glück, – Dein Trost, – Deine Hoffnung, – Dein Glaube

sei allein die N a t u r in ihren Körpern,

in ihren stillen, sich ewig gleichen Kräften.  

Zuerst wirkte er auf Java als Militärarzt, dann begann er zäh und keine Hindernisse scheuend zu forschen. Im Alter von 38 Jahren berichtete er: In Tobah, wo es weite, völlig flache Räume giebt, wurde mir das Abmessen von Standlinien unter Drohungen verweigert, weil man dies für eine Landesaufnahme für anzulegende Festungen hielt! – Aus ähnlichen Gründen konnte ich in Hurung meine Beobachtungen nur aus dem Gebüsch, versteckt und heimlich machen, – in Silindong wurde mir das Messen von Sonnenhöhen in einem künstlichen Horizont bestimmt untersagt, weil dies pure Zauberei sei; ich wurde dringend gebeten, meinen Sextanten ein- und mich selbst aus dem Lande zu packen. – Dazu kommt die gebirgige Unwegsamkeit des Landes; man kann keinen Schritt weit anders, als zu Fuss kommen; – in einem Tage muss man zuweilen 30 bis 40 Bäche, wovon einige (in der Thalsohle ausgetretene) sehr warm, und andere gleich darauf (dicht am Bergfusse fliessend) eiskalt sind, durchwaten und, wenn man bis an die Achseln im Wasser steht, seine Instrumente über dem Kopf emporhalten. – In den Wäldern ist man über Tag von kleinen Springblutegeln geplagt, die sich zu 20–30 an alle Theile des Körpers zugleich ansaugen und durch die Fusskleider hindurchstechend schmerzhafte Geschwüre erregen, und des Nachts von Mosquiten. Endlich muss man bei allem diesen noch stete Sorge auf persönliche Sicherheit verwenden, und selbst des Nachts in den Hütten, wo man ein hartes Lager mit etwas Mais und Bataten findet, wenigstens 6 Gewehre geladen und mit seinen Bedienten abwechselnd Wache halten, um die Eingebornen durch Furcht zu verscheuchen.

Auf einer Expedition durch Westjava erkrankte Junghuhn an Amöbenruhr zu, und erholte sich nie wieder vollständig. Zu Beginn des Jahres 1864 wollte er nochmals nach Europa, konnte diesen Genesungsurlaub aber wegen eines Leberabszesses nicht mehr antreten. Franz Wilhelm Junghuhn starb im Alter von 54 Jahren in seinem Studierzimmer in Lembang. Seinem Hausarzt soll er noch gesagt haben: Kannst du das Fenster öffnen? Ich will meinen geliebten Bergen Lebewohl sagen. Ich will zum letzten Mal den Urwald sehen. Ich will die reine Bergluft noch einmal einatmen.

 

 

 

Konstantin VII.

* 18.5.905 als Konstantinos Porphryrogennetos in Konstantinopel, † 9.11.959 ebd., byzantinischer Kaiser

 

Im Alter von 39 Jahren schwang sich Konstantin zum Alleinherrscher von Byzanz auf. Er verteidigte sein Reich erfolgreich gegen die Araber in Kleinasien und gegen die Magyaren auf dem Balkan. Mitte des 10. Jahrhunderts war das bis dahin schwächelnde Byzanz wieder die einflussreichste Macht im Mittelmeerraum, was sich auch in weitgreifenden diplomatischen Aktivitäten niederschlug: Prunkgesandtschaften Konstantins reisten unter anderem zum Kalifen Abd ar-Rahman III. von Córdoba und zu König Otto I. nach Quedlinburg. Im Herbst 957 kam Olga von Kiew, Prinzessin der Kiewer Rus, nach Byzanz, um sich taufen zu lassen. Und Konstantin VII. erließ Gesetze zum Schutze von Kleinbauern und Söldner.

Kaiser Konstantin VII. schrieb aber auch „oder ließ in seinem Namen drei Werke zur byzantinischen Staatskunst verfassen. Konstantin selbst gab den Werken keine Titel, da sie nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren, sondern nur für seine Nachfolger“, weiß Wikipedia. „Sie sind in griechischer Sprache verfasst; die heute üblichen Titel stammen von den ersten Druckausgaben, die später in Italien entstanden sind und daher lateinische Titel haben. De cerimoniis aulae byzantinae (Die Zeremonien am Kaiserhof), beschreibt das oströmische Hofzeremoniell und die Funktionen der Palastbediensteten und gibt einen Einblick in das Machtzentrum des byzantinischen Staates zur Zeit der makedonischen Dynastie. De thematibus (Über die Themen) enthält eine Beschreibung der byzantinischen Themen, welche die alte Zivilverwaltung der Provinzen ablösten. De Administrando Imperio (Von der Regierung des Reiches) befasst sich mit der Innen- und Außenpolitik des Reiches; das Buch war als Richtschnur für Konstantins Nachfolger gedacht. Der Kaiser war zudem ein eifriger Sammler von Büchern und Kunstwerken und er betätigte sich auch als Maler.“

Gerüchten zufolge soll Konstantin VII. von seinem Sohn Romanus II., der ihm auf dem Thron nachfolgte, im Alter von 54 Jahren vergiftet worden sein.

 

 

 

Jean-Baptiste Lully

* 28.11.1632 als Giovanni Battista Lulli in Florenz, † 22.5.1687 in Paris, italienischer Komponist

 

Jean-Baptiste Lully stieg unter Ludwig XIV. zu den höchsten musikalischen Ämtern am Hofe des Sonnenkönigs auf, wurde Surintendant de la musique du roi,  und gilt als einer der einflussreichsten Komponisten der französischen Musikgeschichte.

Für die Einweihung eines Palastes des Finanzminister Fouquet schuf Lully die erste seiner zwölf Ballett-Komödien. Und als im Jahre 1664 die ersten Arbeiten am Park von Versailles abgeschlossen waren, lud Ludwig XIV. zu einem unglaublichen Fest ein: „Les Plaisirs de l’îsle enchantée, es dauerte vom 7. bis 13.Mai. Sein Höhepunkt war thematisch auf die Geschichte aus Ariosts Orlando furioso mit der Zauberin Alcina ausgerichtet. Eröffnet wurde mit einem ‚Carrousel’, einem Pferdeballett, in dem sich der Hof in kostbaren Kostümen präsentierte. Der König selbst führte, kostümiert als ‚Ritter Roger’, den Zug an. Molières La Princesse d'Elide mit Lullys Musik wurde gegeben und den Abschluss des siebentägigen Festes bildete das Ballet des Saisons (Ballett der Jahreszeiten), in dem unter anderem der Frühling auf einem Pferd, der Sommer auf einem Elefanten, der Herbst auf einem Kamel und der Winter auf einem Bären einzogen. Lullys Musik dazu ist verschollen. Es gab Lotterien, Bankette, Bälle und Aufführungen weiterer getanzter Stücke von Molière-Lully: Les Fâcheux (11. Mai), Le Mariage forcé (Die Zwnnagsheirat, 13. Mai) und am 12. die Premiere des Tartuffe, der ein Verbot des Stückes folgte. Das Fest gipfelte in der Erstürmung des ‚Palastes der Alcina’ auf einer künstlichen Insel im großen Kanal von Versailles, die in einem aufwändigen Feuerwerk unterging“, weiß Wikipedia.

Acht Jahre später erhielt Lully das Privileg zur Aufführung von Opern und brachte seine erste Oper Les Fêtes de l’Amour et de Bacchus auf die Bühne der dann jährlich eine neuen „Tragédie lyrique“ folgte. Seine letzte Oper wurde nach seinem Tode von seinem Sekretär Pascal Colasse vollendet.

Jean-Baptiste Lully starb im Alter von 54 Jahren, nachdem er bei der Aufführung einer Motette, die er für die Feier der Genesung des Sonnenkönigs nach einer Operation, komponiert hatte, mit einem Stock, den er zum Schlagen des Taktes zu nutzen pflegte, versehentlich seine Fußspitze traf. Die kleine Verletzung entzündete sich und führte zu Wundbrand, und da Lully sich weigerte, dem Zeh amputieren zu lassen, erlag er schließlich dieser Sepsis.

 

 

 

Flann O’Brian

* 5.10.1911 als Brian O’Nolan in Strabane, Nordirland, weitere Pseudonyme: Brother Barnabas, George Knowall, , † 1.4.1966 in Dublin, irischer Schriftsteller

 

Im Nachwort ihres Auswahlbandes „Flann O’Brian für Boshafte“ sagt die Redakteurin Anna Mikula: „Seinem Freund und Biographen Anthony Cronin zufolge, sah der kleingewachsene Mann aus wie eine Mischung aus Pfarrer, babygesichtigem Chicago-Gangster, leicht bourgeoisem Whiskey-Trinker und Dubliner Gentleman-Literatur. Ein breitkrempiger Hut und ein dunkler Gabardine-Mantel waren seine Markenzeichen, der Gürtel baumelte lässig geschlungen am Rücken. […] Der messerscharfe Analytiker und spitzfindige Spötter wird beschrieben als streitsüchtig, intolerant, hochfahren, pedantisch, apodiktisch. Der Publizist Niall Sheridan, sein Freund und Bewunderer, versteigert sich sogar zu einem erschreckenden ‚Faschistoid’. Und doch steht am Ende fast jeder überlieferten Charakterisierung: ‚Er war wunderbar!’“

Nicht von ungefähr übersetzten Harry Rowohlt, Annemarie und Heinrich Böll Werke Flann O’Brians ins Deutsche.

Berühmt geworden in Irland war er als Kolumnist. Der Herausgeber John Wyse Jackson erinnert sich: „Die Kolumne lief in der ‚Irish Times’ schon lange, bevor ich geboren war, und sie wurde von einem Mann mit dem absonderlichen Namen Myles na gCopaeen geschrieben. Myles war in Wirklichkeit ein ganz anderer Mann in Dublin, ein Schriftsteller namens Brian O’Nolan, der wiederum in Wirklichkeit Beamter war und einen weiteren Namen zum Schreiben von Roman führte: Flann O’Brian. Er war der der komischste Autor, den es gab. Er hörte sich völlig wahnsinnig an, fand ich.“

In seinem Roman „Zwei Vögel beim Schwimmen“, den Anthony Burgess in seine Liste der „99 großartigen Romane“ aufnahm, stellte Flann O’Brian die Theorie auf: ein ordentlicher Roman habe ein offenkundiger Schwindel zu sein, dem der Leser den Grad seiner Leichtgläubigkeit nach Beleiben anpassen könne. Es sei undemokratisch, Romanfiguren zu zwingen, eindeutig gut oder böse, arm oder reich zu sein. Jedem von ihnen sollte ein Privatleben, Selbstbestimmung und ein anständiger Lebensstandard gewährt werden. Dies werde Selbstachtung, Zufriedenheit und Dienstleistung steigern. Es sei unkorrekt zu sagen, daß dadurch ein Chaos herbeigeführt werde.

Und Anthony Burgess urteilte: „Wenn wir das Werk von Flann O’Brien nicht wertschätzen, sind wir dumme Narren, die es nicht verdient haben, bedeutende Männer zu haben. Flann O’Brien ist ein sehr bedeutender Mann.“

Neben seinen fast 3.000 Kolumnen und „Zwei Vögel beim Schwimmen“ verfasste Brian O’Nolan / Flann O’Brian vier weitere Romane: „Der dritte Polizist“, „Das Barmen“, „Aus Dalkeys Archiven“  und „Das harte Leben“.

Er starb, alkoholabhängig und an Kehlkropfkrebs erkrankt, im Alter von 54 Jahren durch einen Herzinfarkt.

 

 

 

Knud Johann Victor Rasmussen

* 7.6.1879 in Illulissat, Grönland, † 21.12.1933 in Kopenhagen, dänischer Polarforscher

 

Wir sollten vor Ilulissat, dem Ort, wo Knud Rasmussen, der bedeutende Grönlandkenner und Autor, geboren wurde, auf Reede liegen.

Allerdings lässt die Eissituation dies nicht zu. Zu dicht treibt die endlos weiße Kette der frischgekalbten Eisberge des Sermeq Kullaleq Gletschers wie eine unüberwindbare Barriere vor dem Städtchen. Nach stundenlanger, erfolgloser Suche nach einer sicheren Passage gehen wir schließlich südlich der Eisberge in den Schären vor dem Dorf Ilimanaq vor Anker. Wie zur Begrüßung schwimmt eine Walfamilie gemächlich backbords vorbei.

Mit einem Inuit-Fischkutter dann zum Eisfjord Kangia, UNESCO-Weltnaturerbe, mitten in die Welt also der soeben erst gekalbten Eisberge hinein. Giganten dabei, unglaubliche Formen, Kathedralen, Zugspitzen, Hallen, gleißendes Weiß, fantastische Blautöne… Und immer wieder Wale, Buckelwale offenbar, flutsch die Fluke! - und neugierig aus dem Eiswasser lugende Robben. Eine Traumwelt.

Spaziergang durch Ilimanaq, wenige bunte Häuschen, immerhin ein Laden, eine Post, ein Gasthaus. Und ganz neue Touristenhütten. Aber möchte man hier begraben sein?

In seinem Buch „Der Sängerkrieg“ erzählt Rasmussen, die Inuit-Sage „Von Mond und Sonne“: „Einst soll der Mond mit seiner jüngeren Schwester, der Sonne zusammen in einem Haus gewohnt haben. Sie liebten einander sehr, und der Mond, der schließlich von Leidenschaft zu seiner Schwester ergriffen wurde, begann sie nachts zu besuchen. Die Sonne aber wusste nicht, wer zu ihr kam, weil es immer im Dunkel der Nacht geschah. Eines Nachts aber, als er neben ihr lag, bestrich sie seinen Arm mit Ruß, um ihn zu zeichnen, und auf diese Weise erkannte sie ihren Liebhaber.

Die Sonne schämte sich und machte sich gleich zur Flucht bereit; sie steckte ein Stück Torf, das in Tran getaucht war, in Brand und lief damit aus dem Hause. Leute aber, die es sahen, riefen:

„Da fliegt die Schwester des Mondes!“

Als der Mond das hörte. Steckte auch er ein Stück Torf in Brand, lief aus dem Hause, schwang sich aufwärts und verfolgte die Schwester.

Die Schwester ab flog schneller, und das Torfstück des Mondes verlöschte bald. Die Sonne gelangte ganz bis zum Himmel hinauf, der Mond aber blieb mitten im Raum stehen.

So entstanden Sonne und Mond. Die Sonne wärmt, weil ihre Fackel noch brennt, der Mond aber ist kalt, weil die seine verlöscht ist.

Doch noch heutigentags verfolgt der Mond die Sonne am Himmel.“

 

 

 

Lodwijk van Mierop

* 1.1.1876 als Dirk Lodwijk Willem van Mierop in Rotterdam, Pseudonyme: Homo und Labrador, † 13.6.1930 in Bussum, niederländischer Autor

 

Lodewijk van Mierop studierte Theologie, Mathematik und Naturkunde in Amsterdam und Leiden. Im Alter von 22 Jahren begann der christliche Anarchist Schriften zu veröffentlichen. Er war der Überzeugung, dass ein Leben im Sinne Christi die Möglichkeit bot, eine Leben ohne Gewalt, vegetarisch und geprägt durch sexuelle Enthaltsamkeit, die Gesellschaft zu verändern. Er gründete mehrere Vereine wie die „Vereiniging Internationale Broederschap“, den „Nederlandsche Vegetariers Bond“ oder den „Algemeen Nederlandsche Geheel-Onthouder Bond“ und die Stiftung „Het Ingekeerde Leven“, deren langjähriger Vorsitzender er auch war. Zudem arbeitete er für Zeitungen und Zeitschriften wie „Vriede“, „Arbeiders-Weekblad“ oder „Levenskracht“.

1915, im Alter von 39 Jahren, unterzeichnete Lodewijk van Mierop ein „Manifest für Wehr- und Kriegsdienstverweigerung“ und wurde dafür zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er starb im Alter von 54 Jahren.

 

 

 

 

Bertrand François Mahé de La Bourdonnais

* 11.2.1699 in Saint-Malo, † 9.9.1753 in Paris, französischer General

 

Als Jeanny und ich unsere Silberhochzeitsreise nach Mauritius unternahmen, die erste Reise in ein exotisches Land unseres Lebens, tanzten wir so manchen Abend am Hotelstrand nach den Klängen von Sega-Bands. Und ein Sega-Titel, der immer wieder gespielt wurde, hatte einen gut mitsingbaren Refrain: „La Bourdonnais, Monsieur de La Bourdonnais…“. – La Bourdonnais, wer war das?

Ab 1734 Gouverneur von Mauritius, von dessen segensreichem Wirken für diese Insel auch im wohl bekanntesten mauritianischem Buch, in „Paul et Virginie“ die Rede ist, der jedoch bei französischen Mächtigen in Ungnade fiel, für drei Jahre in der Bastille schmachten musste, dann zwar für schuldlos erklärt wurde, doch alsbald nach seiner Freilassung starb.

Bertrand François Mahé de La Bourdonnais, „deine“ Insel beeindruckte uns: Wir durchqueren die Insel vom Südosten von Pleasance (wo der Flugplatz liegt) zum äußersten Nordosten nach Grand Gaube (wo unser Hotel steht), fahren durch das die Insel teilende Felsenburg­gebirge, vorbei an Curepipe und durch die Hauptstadt Port Louis. Fast anderthalb Stunden bei satten 30°C. Da steigt schon mal leise Müdigkeit auf trotz einzigartiger An- und Aussichten.

Alle Schläfrigkeit verfliegt aber, als wir unser Hotel Le Grand Gaube erreichen. Großzügige parkähnliche Anlage an weitgeschwungener Palmenbucht, toller Empfang mit eisgekühltem, hibiskusblütenverziertem Ananassaft. Schnell sind alle Formalitäten erledigt. Wir haben ein geräumiges Zimmer mit Balkon und Blick aufs Meer und die vorgelagerten Inseln. Raus aus den Klamotten, rein ins Meer. Anbaden, das tut gut!

Mittagessen am Strand. Tandoori-Huhn, dazu einen Cocosmilch-Rum-Drink. Als neben unserem Tisch zwei freilaufende Hunde zu kopulieren beginnen, holt der Kellner einen Polizisten, der die Hunde vertreibt...

Erster kleiner Spaziergang, um die umliegenden Buchten zu erkunden. Draußen am Riff bricht sich hochaufgischtend das Meer, Fische springen in der Lagune. Nach dem Laufen wieder baden und ein wenig dösen. Und als wir aufs Zimmer zurückkommen, steht eine Flasche Sekt und ein Früchtekorb voll exotischer Leckerbissen auf dem Tisch (Mini-Ananas, Mini-Bananen, Maracujas). Service für Hochzeitsreisende. Tolle Überraschung! Wir sitzen auf dem Balkon, umschwirrt von indischen Staren, Webervögeln und Bulbuls und beobachten wie langsam die Sonne von Norden nach Westen wandert. Gewöhnungsbedürftig wie Linksverkehr. Zum ersten Male in unserem Leben sind wir jenseits des Äquators. Also fungiert diese Flasche Sekt auch für unsere Äquatortaufe!

Bei Sonnenuntergang setzt ein unglaubliches Geschilpe ein. Offenbar streiten sich Scharen von Vögeln im umstehenden Grün um die besten Schlafplätze. Und dazu rauschen die Kasuarinen, diese seltsamen langnadligen Bäume, als huschten windige Züge vorbei...

Schließlich zum Dinner: vier Gänge, alles köstlich, süß und scharf in einem. Letztlich noch ein kleiner Verdauungsspaziergang, wir bewundern den hier unglaublich gleißenden Sternenhimmel. Doch dann bekommt die Müdigkeit langsam die Oberhand, macht sich der fehlende Schlaf der letzten Nacht bemerkbar.

Nach dem ausgiebigen Frühstück - reichlich frische Früchte, Papayas, Melonen, Bananen..., frischer Joghurt, auf der heißen Platte nach Wunsch frisch zubereitete Eier und was man sich halt noch so wünscht (unglaublich, ich frühstücke ausgiebig!) - lädt uns eine Dame vom Reiseveranstalter zu einem Informationsgespräch über Ausflugsmöglichkeiten. Dazu gibt’s mal wieder ein exotisches Erfrischungsgetränk. Als das Handy der Dame klingelt, plappert sie plötzlich englisch, französisch, deutsch satz- und halbsatzweise wild durcheinander. Darauf von uns angesprochen lacht sie und meint, das sei ihr gar nicht bewusst gewesen. Hier wechselte man häufig zwischen den Sprachen hin und her. Englisch lernen die Mauritianer in der Schule, das sei Amtssprache (schließlich war die Insel von 1810 bis 1968 englische Kolonie), Französisch sei die Hochsprache (da Mauritius davor französische Kolonie war und von der französischen Kultur geprägt wurde), Kreolisch ist die eigentliche Verständigungssprache der Inselbewohner, die Alltagssprache, und dazu beherrschen die Leute hier stets noch die Sprache des Landes aus dem ihre Vorfahren einst einwanderten: Tamilisch, Chinesisch, Hindi, Urdu, Madagassisch usw. (insgesamt wohl 23 Ursprünge). So wachse hier de facto einjeder viersprachig auf. Ein Modell für künftige Weltverständigung - rein kommunikativ gesehen?

Nachmittag fahre ich mit einer Gruppe zum Außenriff. Noch ein Service des Hotels: Schnorcheln. Und kaum tauche ich in die Unterwasserwelt wirklich ein, weiß ich, dass der Glasbooteindruck täuschte. Kein Vergleich zu dem was ich da sah und dem, was ich nun sehe! Das Riff lebt, ist voller Fische in aberwitzigen Farben, Anemonen wogen, die Korallenstöcke sehen aus der Nähe auch völlig anders aus. Ein großes Erlebnis, unfassbar fast. Und keine Frage - Schnorcheln am Außenriff war ich nicht das letzte Mal! Diese Korallentäler über die schwebt als gleite man wie ein Flugzeug durch phantastische Täler, beäugt von Fischschwärmen, tief hinunter tauchen zu besonders schönen Farben und Formen... Dieses Abenteuer allein wäre die Reise schon wert gewesen.

Dann mit dem Taxi nach Goodlands, einem nahen Städtchen. Mietwagen sind auf Mauritius ziemlich teuer, und in das Linksverkehrgewimmel möchte ich mich auch nicht unbedingt stürzen. Vor den Hotels warten jedoch eigens zugelassene Taxis, und an der Rezeption hängt eine Fahrpreistabelle. Unabhängig von der benötigten Fahrzeit gelten diese (sehr billigen) Festpreise (erklärt man uns - und es stellt sich heraus, dass das stimmt!). Zuerst besichtigen wir die hiesige Schiffsmodellfabrik samt zugehörigem Museum. Schiffsmodellbau, genauer: der detailgetreue Nachbar historischer Schiffe hat auf Mauritius Tradition, ist Wirtschaftszweig! Weiter zu einem Tempel, einem Tamilen-Tempel, was man an der roten Grundtönung erkenne (wie der freundliche Taxifahrer erklärt - auch das ist im Fahrpreis inbegriffen - wofür es am Ende selbstredend ein gutes Trinkgeld gibt...), Gelb stünde für Hindus, Grün für Moslems. Zu guter Letzt wagen wir uns für einige Minuten hinein ins Gewühl und die Abgasdünste der Hauptstraße von Goodlands. Jeanny ersteht einen farbenprächtigen Sari. Steht ihr gut!

Am nächsten Tag mit dem Taxi nach Pamplemousses, zum berühmten botanischen Garten. Wir engagieren einen Guide, der sogar halbwegs deutsch spricht. Ohne Guide wäre der Rundgang bestenfalls halb so interessant, denn all die Palmenarten (insgesamt wohl weit über hundert), die hier zu entdecken sind, all die Gewürzbäume, Tee-, Kaffeesträucher, Ingwer, Lotus, Teak-, Sandel-, Ebenholz und nicht zuletzt die riesigen Blätter der Wasserlilie Victoria regia hätten wir sicher nicht alle gefunden und erkannt. Immer wieder sammelt der Guide Blätter auf, zerreibt sie, lässt uns riechen: Muskat, Nelke, Piment... Dazu tauchen zwischen all den diffizilen Grüntönen und Formen des Blattwerks Inderinnen in leuchtend farbigen Saris auf. Ein Fest für Augen und Nase.

Weiter nach Port Louis, der Hauptstadt der Insel, umrahmt von ein einer imposanten Felsenkette, schwül-heißes Klima. Wir schlendern von der modernen Waterfront vorbei am Hafen zum Markt. Geschäftiges Treiben in den Hallen, Berge exotischer Früchte, Gemüse, Gewürze. In einer anderen Halle: Textilien, Souvenirs. In einer dritten (und schon von weitem deutlich am Geruch identifizierbar): Fleisch und Fisch. Die Händler sprechen dich zwar an, sind aber nicht lästig, wie ich es in Palästina erlebte. Allenthalben freundliche Gelassenheit. Beeindruckend auch das friedliche Nebeneinander (Miteinander?) dieses Vielvölkerstaates. Direkt hinter der großen Moschee beginnt China-Town...

Zurück zum Taxi vorbei am Regierungspalast mit dem Denkmal der Königin Victoria, durch die schöne Palmenallee mit dem Denkmal für La Bourdonnais, dem wohl bedeutendsten einstigen französischen Gouverneur der Insel.

In der Nacht regnet es. Einer der freundlichen Strandhändler erzählt mir, dass dies der erste richtige Regenguss seit fünf Monaten gewesen sei. Ein Problem für die Insel. Denn das Zuckerrohr, das Haupterwerbsgut von Mauritius kann nicht ordentlich wachsen, verkümmert im Norden sogar schon.

Heute geht’s zum Katamaransegeln. Wir fahren mit dem Zubringerbus quer durch die Insel bis Mahébourg zum Hotel La Croix du Sud, wo das Boot wartet. Bis dahin hat Ajay, unser heutiger Tagesguide, reichlich Gelegenheit uns Wissenswerts über die Insel zum Besten zu geben: Durchschnittseinkommen im Monat sind 3.500 Rupien, er, Ajay, verdiene 5.000, der Premierminister 90.000. Es gäbe jedoch kaum Arme hier, Ajay spricht vom „breiten Mittelstand“. 92% der Bevölkerung hätten Grund- und Immobilienbesitz (wobei auf manchem Grundstück durchaus erstmal nur eine Wellblechhütte stehe, die aber nach und nach zum Wohnhaus werde), auch die Versorgungsgrad mit Fernsehern, Videorecordern, Kühlschränken etc. läge ähnlich hoch. Weiter führen die etwa 1,2 Millionen Mauritianer ca. 250.000 Fahrzeuge, was für die 70 mal 40 Kilometer kleine Insel natürlich viel zu viele seien (zudem fast alle ohne Katalysator!). Eine von den englischen Kolonialherren gebaute Eisenbahnlinie wurde schon vor Jahrzehnten nach Israel und Simbabwe verkauft, Nun plane man allerdings den Neubau einer S-Bahn-Strecke vom Norden in den Süden, was aber etliche Millionen Rupien kosten würde. Doch habe die Regierung schon eines ihrer ehrgeizigen Ziele erreicht, habe dem Meer nahe Port Louis einige tausend Quadratmeter Land abgerungen. Und seit der Unabhängigkeit im Jahre 1968 haben sich neben dem ursprünglichen Haupterwerbszweig, dem Zuckerrohranbau, weitere Wirtschaftszweige entwickelt.

Im Gebirge bei Curepipe geraten wir in schweren Regen, und als wir die Ostküste erreichen, weht hier eine ziemlich „steife Brise“. Jeanny wird etwas blass, aber das Katamaransegeln erweist sich als unproblematisch. Durch türkisfarbene Wasser segeln wir an der imposanten, bizarren Ostküste entlang, bekommen reichlich zu trinken, Saft mit Rum, Cola mit Rum, Bier, Wein - was immer dein Herz begehrt, Blaue und Blauer Mauritius...!

In der Mündung des Grande Rivière Sud-Est steigen wir vom Katamaran in ein Motorboot um, fahren den Fluss bis zu einem Wasserfall hinauf, imposant. Als wir zurückkommen hat die Besatzung Marlin gegrillt, wir bekommen einmal mehr so viel wir wollen, dazu köstlicher bootgemachter Kartoffelsalat und eine vorzügliche Fischpastete, sahnig und fein mit Limetten abgestimmt. Schließlich legen wir an der Ile aux Cerfs an, die Badeinsel der Insel. Weite weiße Strände, aber ziemlich überlaufen. Jeanny und ich versuchen zur nahen Ile de l’Est hinüberzuschwimmen, aber die Strömung ist hier so stark, dass Jeanny auf halbem Wege umkehrt. Ich schaffe es, sitze schließlich schweratmend zwischen Mangroven. Dann schnorcheln wir durch seichte Wasser, beobachten einen höchst merkwürdigen Fisch, einen Fisch mit 4 Gliedmaßen?, und ich entdecke sogar einen prächtigen Kofferfisch. Gegen 14. 00 Uhr segeln wir zurück, geraten auf hoher See in einen tropischen Regen, sehen überm Meer unglaublich farbenprächtige Regenbögen stehen, dieses Violett über dem Türkis des Meeres, phantastisch! Und natürlich reicht man uns wieder reichlich zu trinken. Gegen 16.00 Uhr legen wir am Hafen an, schade. Ich tausche in Mahébourg auf der Bank meine Reiseschecks ein - hochbürokratischer Vorgang mit Ausfüllen und Abstempeln zahlreicher Papierchen, aber der Wechselkurs ist hier bedeutend günstiger als im Hotel.

Gegen 18.00 Uhr sind wir wieder „daheim“ und schon beginnt die Sega-Show: Sega, die typisch mauritianische Musik und Tanzform, endemisch wie Reggae... Interessante Rhythmen und Melodiebögen, farbenprächtige Kostüme. Begeisternd rundum.

Am nächsten Morgen starten wir zum nächsten Taxi-Ausflug: Wir fahren nach Triolet, zu den dortigen Hindu-Tempeln. Eine große Anlage mit mehreren, jeweils anderen Gottheiten geweihten, sehr farbenfrohen Sakralbauten. Wir beobachten, wie im Shiva-Tempel Frauen Opfer darbringen, Betelblätter auf dem Altar übereinanderschichten und zusammen mit Kampfer verbrennen. Betörender Rauch steigt auf, Jeanny wird es fast schwarz vor Augen. Als ich dann auf ein knallrotes Hakenkreuz, ein hinduistisches Sonnenzeichen also, an einer der Tempelfassaden aufmerksam werde und das Mam, unser heutiger Fahrer bemerkt und nachfragt, merken wir, dass er noch nie gehört hat, dass in Deutschland unter diesem Zeichen vor nicht allzu langer Zeit schwerstes Unrecht geschah. Von einem Herrn Hitler hat Mam noch nie gehört. Dabei studiert er Architektur, fährt nur nebenher Taxi, um nach dem Tod seines Vaters sein Studium finanzieren und die Familie ernähren zu können.

Weiter nach Trou aux Biches, an den weitgeschwungenen, schönen Sandstrand der Nordwestküste, dann durch Pointe aux Canonniers nach Grand Baie, dem Hauptbadeort der Insel. Die Frauen wollen ein bisschen durch die Boutiquen ziehen, Olaf und ich trinken am Hafen Bier. Weiter durch Péreybère zum Cap Malheureux, dem Unglückskap, wo angeblich die St. Geran mit Virginie an Bord in Seenot geriet, wo aber verbürgterweise Jahrzehnte später (1810) die Engländer landeten und Mauritius den Franzosen abspenstig machten. An der Stelle der Landung steht eine sehenswerte weiß-rote Kapelle. Was für ein Farbkontrast zu dem schwerblauen Himmel, der türkisfarbenen See, den sattgrünen Bäumen. Zur Erfrischung an diesem schwül-heißen mauritianischen Wintertag essen wir frische Guaven, die hier ein fliegender Händler anbietet. Köstlich.

In der Nacht dann absolute Windstille, noch immer schwül-warme, seidige Luft, das Wasser des Meeres liegt völlig unbewegt, keine Welle, nichts, spiegelglatte Oberfläche, aus der von Zeit zu Zeit Fische springen. Und darüber spannt sich ein unglaublich sternklarer Himmel, das weite Band der Milchstraße zum Greifen nahe, Großer Wagen und Kleiner Wagen verkehrt herum, Wasserschlange und natürlich das Kreuz des Südens.

Und Tage später eine weitere Tour, diesmal in den „Tiefen Süden“. Jeanny und ich sind die ersten, die vom Tourbus abgeholt werden. Entlang der Nordküste nimmt der Bus dann noch drei weitere deutsche Paare auf (davon auch mal wieder ein Schwulenpaar - irgendwie sind auf der Insel überdurchschnittlich viele homosexuelle Touristen, seltsam). Wir fahren also mehrere Hotels an, und um so exklusiver, desto zahlreicher werden die Wachmannschaften. Ob „Mittel- und Oberklasse-Touristen“ auch weiterhin nach Mauritius kommen, wenn die Touristenzahl wie geplant (so erzählt unser heutiger Guide) von derzeit jährlich 600.000 auf 1,2 Millionen gesteigert werden soll, scheint denkbar. Sollte sich eines der letzten Paradiese dieser Erde langsam aber unaufhaltsam selbst zerstören? Keine Chance auf Hoffnung, für Vernunft, oder? Ich will’s eigentlich nicht so recht wahrhaben.

Erste Station unseres heutigen Trips ist das Grand Bassin, bedeutendste Hindu-Pilgerstätte außerhalb Indiens. Alljährlich im Februar, wenn Maha Shivaratree gefeiert wird, versammeln sich hier bis zu 400.000 Gläubige! In meinem Reiseführer von Wolfgang Därr finde ich die Legende über die Entstehung des Grand Bassins: „Vor vielen Jahrtausenden reiste Gott Shiva in seinem Pushpak Veeman, einem aus Blumen gefertigten Schiff, um die Erde. Er wollte seiner Frau Parvati einige der schönsten Flecken der Erde zeigen, die der Schöpfergott Brahma geschaffen hatte. Auf dem Weg zurück in ihre Heimat Indien überflogen beide den Indischen Ozean, und Parvati sah inmitten eines blau und türkis leuchtenden Meeres eine winzige Insel. Bei der etwas holprigen Landung schwappten einige Tropfen des Ganges über, den Shiva mit sich trug, um die Welt während seiner Reise vor Überschwemmungen zu schützen. Sie flossen in einem erloschenen Vulkankrater zusammen - das Grand Bassin war entstanden. Der Ganges bat Shiva, das Wasser zurückzuschöpfen, das andernfalls nutzlos auf einer unbewohnten Insel bleiben würde. Doch Shiva tröstete ihn und prophezeite, dass Menschen von den Ufern des Ganges eines Tages die Insel besiedeln würden und - wie in Indien an den Ganges - jedes Jahr einmal zum Grand Bassin pilgern würden, um sich an seinen Ufer mit dem heiligen Wasser zu waschen und es Shiva als Geschenk darzubieten...“ Selbst an einem normalen Tag wie heute sind hunderte von Hindus hier und opfern und beten in den Schreinen rings um den kleinen See.

Vom Grand Bassin weiter zur Teeplantage und Teefabrik von Bois Chéri. Die Teepflückerinnen winken uns freundlich zu, als wir aus dem Bus heraus fotografieren. (Erstaunlich, wenn man erfährt, dass sie für 1 Kilo gepflückter Teeblätter 3 Rupien erhalten!) Auf einem Hügel oberhalb der Teefabrik werden wir in einem Pavillon mit weiter Aussicht auf den Süden der Insel zu einer Teeprobe gebeten. Natürlich kosten Jeanny und ich die Sorte „Paul et Virginie“, aber auch eine Sorte mit Vanille-Beimischung. Und siehe da, Jeanny, der es heute bislang nicht so gut ging, geht’s gleich besser...

Durch schier endlose Zuckerrohrfelder (wobei wir plötzlich ein hinduistisches Krematorium passieren, eine Art offener Betonsilo mit zwei Betontischen, weißgott, und Unmengen aufgestapelter alter Autoreifen...) weiter bis zum Cap Gris Gris. Nach dem nördlichsten Punkt der Insel, dem Cap Malheureux, sehen wir somit auch den südlichsten Punkt. Doch was für ein Unterschied! Hier ist die Küste durch kein Riff geschützt. Ungehemmt rollen an die Steilküste Wogen aus den Weiten des Indischen Ozeans an. Gewaltige Brecher, die Luft von feiner Gischt so gesättigt, dass Brillen und Objektive beschlagen. Wie muss es hier erst sein, wenn im Januar, Februar Zyklone aufprallen?

Im alten Farmhaus St. Auban, hochelegant im Kolonialstil, speisen wir, alles vom Feinsten, versteht sich. Dann ein Verdauungsspaziergang durch den sehenswerten Garten der Villa hin zu einer Anthurien- und Vanillezucht. Und schließlich als Höhepunkt des Trips La Vanille Crocodile Farm, angelegt in einem engen, dicht bewachsenen Tal. Schwül-heißes Mikroklima, mückendurchsirrt, das den klimatischen Verhältnissen der Insel vor der Besiedlung entsprechen soll. Neben einer Krokodilzucht zu kommerziellen Zwecken sind hier auch zooartig andere exotische Tiere zu bestaunen: Geckos, Chamäleons, Leguane, Seychellen-Schildkröten, Fliegende Hunde, Makaken. Und was für eine üppige Fauna, was für eine Formen-, was für eine Farbenpracht!

Und noch einmal (und leider zum letzten Mal) auf Taxi-Trip: Heute in den Südwesten der Insel. Da sich unser Driver verfährt (oder nicht richtig verstanden hatte, wohin wir wollen, da er offenkundig nur schlecht englisch und französisch spricht) kommen wir auf einem kleinen Umweg durch Quatre Bornes, eine weitere Stadt im Hochland, wo die meisten der Leute, die in Port Louis arbeiten, aufgrund des etwas kühleren Klimas wohnen. Foto vom Denkmal für Paul und Virginie beim hiesigen Theater. Und auf zum Casela Bird Park. Landschaftlich sehr schön gelegen, weiter Blick auf die Westküste, die Tierhaltung hier erweist sich jedoch alles andere als artgerecht. Dabei verlangt man reichlich Eintritt...

Durch Zuckerrohrfelder vorbei an den bizarren Felsformationen der Trois Mamelles nach Tamarin. Besichtigung der Meersalzgewinnung. Höchst einfache Methode: in weite, flache Becken wird Meerwasser gepumpt, das unter der prallen Sonne verdunstet und grobkörniges Salz bleibt zurück, braucht nur noch aufgeschaufelt zu werden. Wir überqueren den Riviere Noire und kurven ins Gebirge hinauf. Phantastische Aussicht auf die Ile aux Bénitiers und die Felsen der Halbinsel Le Morne Brabant, eine Lagune wie man sie eigentlich nur in der Südsee erwartet...

Völlig andere Farben dann in Chamarel, fette rotbraune Erde, üppig schweres Grün., riesige Bananenstauden und Wandererpalmen, sehenswert der 90 Meter in einen Krater stürzende Wasserfall von Chamarel, und als absolute Besonderheit gilt Terre de Coleurs, wunderliches Naturphänomen: siebenfarbige Erde, deren Entstehen sich die Wissenschaft wohl noch nicht so recht erklären kann, Ocker über Braunrot bis Schwarzbraun.

Schließlich fahren wir noch weiter hinauf, erreichen das atemberaubend gelegene Restaurant Varange sur Morne. Für die Dame einen Cocktail, für den Herr ein Bier. Und vorbei am Grand Bassin durch Curepipe und Abstecher zum erloschenen Vulkankrater Trou aux Cerfs nach Floréal, wo alle möglichen Markentextilien produziert und preiswert in Fabrikläden verkauft werden. Dann durch den Rushhour-Smog von Port Louis zurück ins Hotel. Baden und ans Büfett, letztmals mauritianisch heute. Na denn! Und zu guter Letzt natürlich nochmals Sega.

 

 

 

Jacques Étienne Montgolfier

6.1.1745 in Annonay, † 2.8.1799, französischer Erfinder

 

Jacques Étienne Montgolfier erfand gemeinsam mit seinem Bruder Joseph Michel den Heißluftballon.

Erstmals ließen sie ihre Montgolfière im Dezember 1782 in ihrem Heimatort Annonay unbemannt aufsteigen, ein halbes Jahr später erreichten sie mit einem verbesserten Gerät schon eine Höhe von 2.000 m.

Daraufhin bat der französische König Ludwig XVI. die Montgolfiers ihre „fliegende Kugel“ in Paris vorzuführen. Am 19. September 18783 ließen die Brüder in Anwesenheit des Königs vom Schloss Versailles aus einen Heißluftballon mit einem Hammel, einer Ente und einem Hahn aufsteigen. Der Flug dauerte gut acht Minuten, und da die Tiere das Experiment überlebten, gab der König die Erlaubnis zu einem Aufstieg mit Menschen. Am 15. Oktober stieg dann der Physiker Jean-Francois Pilatre de Rozier als erster Mensch in einer Montgolfière bis zu einer Höhe von etwa 26 Metern auf. Der Ballon war dabei noch mit Seilen am Boden verankert. Und am 21. November 1783 hoben Rozier und der Offizier Francois d'Aralndes erstmals in einer frei fliegenden Montgolfière für knapp eine halbe Stunde ab. Ursprünglich sollten Sträflinge als Versuchspersonen eingesetzt werden; nach Protesten ließ man diesen Gedanken jedoch fallen.

Den Brüder Montgolfier zu Ehren wurden ein Asteroid und ein Mondkrater benannt.

 

 

 

Oskar Schlemmer

* 4.9.1888 in Stuttgart, † 13.4.1943 in Baden-Baden, deutscher Künstler

 

Das weltberühmte Logo des Bauhauses, stammt von Oskar Schlemmer, der hier von 1920 bis 1929 als Meister wirkte. Ans Bauhaus nach Weimar berufen hatte ihn Walter Gropius und übertrug ihm die Leitung der Werkstatt für Wandbildmalerei; später die für Holz- und Steinbildhauerei. Nach dem Umzug des Bauhauses nach Dessau dann auch für die Bauhausbühne zuständig zeichnete. Hier entstanden dann auch seine zukunftsweisenden „Bauhaustänze“. Als Oskar Schlemmers bekanntestes Gemälde gilt die „Bauhaustreppe“ von 1932.

Die Nazis bezeichneten ihn als „Kunstbolschewisten“, und er wurde aus der Kunstszene mehr und mehr verdrängt. 1934 fielen seine Wandbilder für das Essener Museum Folkwang dem Bildersturm der Nationalsozialisten zum Opfer. „Ab dem 19. Juli 1937, einen Tag nach Eröffnung der Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus der Kunst in München durch Adolf Hitler, wurde im Galeriebau am benachbarten Hofgarten die Schmähausstellung "Entartete Kunst gezeigt, bei der Schlemmer mit fünf Gemälden vertreten war. Wenige Wochen später tauchte eines seiner Bilder in der Berliner Propagandaschau ‚Bolschewismus ohne Maske’ auf. 1937 war allerdings auch das Jahr, in dem die London Gallery eine große Schlemmer-Ausstellung zeigte“, weiß Wikipedia. „Die fremdbestimmte Lebenszeit durch Auftragsarbeiten sowie die fehlende Möglichkeit, eigenes Kunstschaffen vorantreiben zu können, lösten bei ihm in jener Zeit seelische und körperliche Erschütterungen aus, die in einen chronischen Schwächezustand mündeten. Nach diagnostizierter Gelbsucht und akutem Diabetes sowie einem Koma-Anfall folgten Aufenthalte in Krankenhäusern in Stuttgart und Freiburg im Breisgau. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich in den Folgemonaten noch weiter. Im April 1943 begab er sich in ein Sanatorium in Baden-Baden, wo er nach wenigen Tagen Aufenthalt einer Herzlähmung erlag. Er wurde auf dem Waldfriedhof Stuttgart in Stuttgart-Degerloch beigesetzt.“

Ihm zum Gedenken vergibt das Land Baden-Württemberg seit 2012 den Oskar-Schlemmer-Preis, den „Großen Staatspreis für Bildende Kunst“.

 

 

 

Ludwig Thoma

* 21.1.1867 in Oberammergau, † 26.8.1921 in Tegernsee, deutscher Schriftsteller

 

Alois Hingerl dürfte eine der bekanntesten Figuren Ludwig Thomas sein:

Alois Hingerl,

Dienstmann Nr 172 am Münchner Hauptbahnhof,

erledigte einen Auftrag mit solcher Hast,

dass er vom Schlag getroffen zu Boden sank

und starb.

 

Zwei Engerln schleppten ihn mit vieler Mühe in den Himmel,

wo er vom Hl. Petrus empfangen wurde.

Petrus eröffnet ihm zunächst, dass er von nun an

auf den Namen "Engel Aloysius" zu hören habe,

überreichte ihm eine Harfe und

machte ihn mit der himmlischen Hausordnung bekannt:

 

"Von morgens acht Uhr bis mittags zwölf Uhr »frohlocken«,

von mittags zwölf Uhr bis acht Uhr abends »Hosianna singen«."

-"Wos is?"

"Von morgens acht Uhr bis mittags zwölf Uhr »frohlocken«,

von mittags zwölf Uhr bis acht Uhr abends »Hosianna singen«."

-"Tja, hmhm"

Ja, wann kriagt ma nacha was z'trink'n?"

- "Sie werden Ihr Manna schon bekommen",

sagte Petrus leicht indigniert und ließ ihn stehen….

 

Zweifelhaft aber, ob Ludwig Thoma am Ende seinem Dienstmann Alois nachfolgte, schrieb Thoma in seinen letzten Lebensjahren für den „Miesbacher Anzeiger“ doch „extrem antisemitische und antidemokratisch ordinäre“ Aufsätze, wie der Rechtshistoriker Otto Gritschneder urteilte.

 

 

 

Stanisław Ignacy Witkiewicz

* 24.2.1885 in Warschau, Künstlername: Witkacy, † 18.9.1939 in Jezory, polnischer Schriftsteller und Maler

 

Stanisław Ignacy Witkiewicz erfand in seinem Hauptwerk „Unersättlichkeit“ die „Murti-Bing-Pillen“: wer eine solche Pille schluckt, übernimmt die darin enthaltene Weltanschauung, wird heiter und zufrieden und gegen Bedenken immun. Zu Lebzeiten erfuhr Witkiewicz kaum Anerkennung, wurde so gut wie nicht verstanden. Mittlerweile gilt er jedoch neben Witold Gombrowicz und Bruno Schulz als einer der wichtigsten Schriftsteller der polnischen Moderne. Der Literaturnobelpreisträger Czeslaw Milosz verwendet die Murti-Bing-Pillen in seiner Analyse „Verführtes Denken“ sogar als zentrale Metapher.

Nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen folgte er der Mobilmachung, wurde aber aufgrund seines Alters und Gesundheitszustands abgewiesen. Er floh nach Ostpolen, und als dort die Rote Armee einmarschierte, nahm er sich das Leben.

Am Ende von „Unersättlichkeit“ erhalten die polnischen Offiziere bei der Siegesfeier der Chinesen Rattenschwänze in Wanzensauce vorgesetzt und zum Nachtisch zerstampfte Kakerlaken. Und die Schlussworte dieses Buches sind: Abschied vom Herbst: Trotzdem ist alles bestens, alles ist bestens. Wie? Etwa nicht? Es ist bestens, verdammt noch mal, und wer das leugnet, kriegt eins aufs Maul!

 

 

 

Amandus Gottfried Adolf Müllner

* 18.10.1774 in Langendorf, † 11.6.1829 in Weißenfels, deutscher Autor

 

Adolf Müllners Mutter war die Lieblingsschwester Gottfried August Bürgers, seine Frau die Urgroßnichte Friedrich von Logaus. Und irgendwann kam der promovierte Jurist Müllner auf die Idee in Weißenfels das Liebhabertheater wiederzueröffnen und selbst Stücke zu schreiben. Sein bombastisches Trauerspiel „Die Schuld“ gehörte dann sogar für Jahrzehnte zum Standardrepertoire deutscher Bühnen. Jean Paul verspotte die Machart seiner Stücke als „Sentenzen-Stickerei“.

Und schließlich begann der als streitsüchtig bekannte Mann, dem Jean Paul eine „rachsüchtige Gemütlosigkeit“ nachsagte, auch als Kritiker zu wirken, wurde als solcher nicht von ungefähr alsbald der „Advokat von Weißenfels“ genannt.

Adolf Müller gab das „Literaturblatt“ von Johann Friedrich Cottas „Morgenblatt für gebildete Stände“ und kurzzeitig ein eigenes Blatt namens „Hekate“ heraus, und wirkte als Redakteur des „Mitternachtsblattes für gebildete Stände“ des Verlegers Friedrich Vieweg. Durch seine schonungslosen Kritiken war er vor allem in der Literaturszene der Preußischen Provinz Sachsen gefürchtet. Er gilt aber auch als Förderer nachkommender Autoren wie Louise von François.

Adolf Müllner starb im Alter von 54 Jahren an einem Schlaganfall. Bestattet wurde er gegenüber dem Grab von Novalis.

 

 

 

Andrej Arsenjewitsch Tarkowski

* 4.4.1932 in Sawraschje, † 29.12.1986 in Paris, sowjetischer Regisseur

 

Andrej Tarkowski drehte von 1974 bis 1979 einen Film, der nicht nur Film-, sondern auch Sprachgeschichte schreiben sollte: „Stalker“. Wann schon wurde ein Filmtitel weltweit zum umgangssprachlichen, ja sogar zum juristischen Begriff? Stalken...

Bevor er dieses, auf der Science-Fiction-Erzählung „Picknick am Wegesrand“ von den Brüdern Strugazki beruhende Meisterwerk produzierte, hatte er bereits mit Spielfilmen wie „Iwans Kindheit“, „Andrej Rubljow“ oder „Solaris“ auf sich aufmerksam gemacht. Nach „Stalker“ entstanden noch „Nosthalgia“ und „Opfer“, doch seinen Plan, die letzten Tage E. T. A. Hoffmanns ins Szene zu setzen, konnte er nicht mehr realisieren.

Andrej Tarkowski starb im Alter von 54 Jahren an Krebs,

 

 

 

Swiad Gamsachurdia

* 31.3.1939 in Tbilissi, † 31.12.1993 in West-Georgien, georgischer Schriftsteller und Politiker

 

Als ich im Sommer 2010 erstmals in Jerewan weilte, um einen Freundschaftsvertrag mit dem armenischen Schriftstellerverband auszuhandeln, drohte mir mein georgischer Kollege Dato Barbakadse, mir die Freundschaft zu kündigen, wenn ich übers Wochenende nicht ins nahe Georgien käme. Keine Frage, dass ich mich auf den Weg machte. Und in Georgien erzählte mir Dato dann viel über georgische Literatur und selbstredend auch von unserem Kollegen Swiad Gamsachurdia, der nach der Sowjet-Ära erster Präsident des freien Georgiens war, aber bei einem Militärputsch unter ungeklärten Umständen ums Leben kam. Und mein von Dato arrangierter Georgien-Trip führte mich tatsächlich von der Geburtstadt Gamsachurdias, der georgischen Hauptstadt Tbilissi, die lange Zeit Tiflis hieß, bis an die Küste des Schwarzen Meeres, bis nach West-Georgien, wo Swiat Gamsachurdia zu Silvester des Jahres 1993 starb:

Im Marschroutki, einem klapprigen Minibus, von Jerewan nach Tbilissi, meinen georgischen Schriftstellerfreund Dato besuchen. Alles ist bestens organisiert, man hat mir sogar den „Ehrenplatz“ neben dem Fahrer reserviert. Erstaunlich, dass neben dem Marschroutki nach Tbilissi auch eines steht, mit dem ich (laut an der Frontscheibe lehnenden Pappschild) auch nach Wladikawkas hätte gelangen können. Aber wie geht das? Da müsste man doch von Georgien aus ins separatistische, hermetisch abgeriegelte Südossetien und von da ins zu Russland gehörende Nordossetien? Der Fahrer dieses Marschroutki sieht allerdings so aus, als ginge das…

Wir durchqueren die karge armenische Hochebene, Gebirgsstöcke allenthalben. Dann erreichen wir das Gebiet, wo 1988 die Erde bebte und mehr als 25.000 Menschen starben. In den Dörfern noch so manche Haus- oder Kirchenruine, in den größeren Städten Spitak und Vanadzor sind innerstädtische Baulücken neben neuen, meist wellblechdedachten Reihenhäuschen unübersehbar. Und alle Industriegebäude und -anlagen, dieser heute offenbar einzig vom Kohlanbau lebenden Region, scheinen ruiniert.

Nach Vanadzor werden die Berge grün, erreichen wir den Kleinen Kaukasus, das Grenzgebirge zu Georgien, tiefe Schluchten und streckenweise abgrundtief schlechte Straßen.

Endlich die Grenze nach Georgien, eine Spur raus, eine rein. Geduld, Geduld, Geduld in brennender Mittagsglut auf armenischer Seite. Auf georgischer Seite hat man mit gesamtem Gepäck per pedes die Kontrollen zu passieren, nicht weniger schweißtreibend…

Die sich nun öffnende Landschaft erscheint mir als Mischung aus Provence und Voralpenland, allerdings mit voller riesigen Maispflanzen. Und auch hier wohin man blickt, Haus- und Industrieruinen, Verfall.

Die Verständigung per Handy klappt jedoch bestens und so empfängt mich Dato am Busbahnhof. Im Taxi sogleich zur Herberge, eine Privatwohnung mitten in der pittoresken Altstadt Tbilissis, von Freunden offenbar, dennoch nicht minder pittoresk…

Dato möchte mir in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit möglichst viel von seiner Heimatstadt zeigen. Und das ist dann sehr beeindruckend, aber extrem schweißtreibend: Rustaweli-Prospekt, Festung Narikala, Wachtang-Gorgassali-Platz, Irakli-Platz, Georgs-Denkmal, Platz der Republik, diverse Kirchen… In der neuen, großen, nein, riesigen Kathedrale wimmelts nur so von Menschen. Dabei ist augenscheinlich kein Gottesdienst, ja, man trifft sich hier einfach am Abend, bekreuzigt sich heftig und hält ein Schwätzchen. Und direkt vorm Altar sehe ich einen der rot gewandeten Priester inbrünstig Handy-Telefonieren. Mit wem der wohl spricht?

Und selbstredend werde ich von meinem Freund zu einem ausgiebigen georgischen Gastmahl eingeladen: wunderbar frisches Bier, Unmengen Salate, riesige Hackfleischrollen und dann Chinkali (Teigtaschen), köstlich, köstlich, doch einfach viel zu viel…

Und dann hat Dato noch eine besondere Überraschung parat: Tbilissi war und ist berühmt für seine heilkräftigen, heißen Schwefelquellen. Und im Königsbad hat Dato für mich ein Einzelbecken im Separee gebucht! Das allerdings ist nun der Gipfel des Schweißtreibens. Und dann kommt auch noch ein Masseur und rubbelt und seift mich auf einer Steinliege ab und knetet und walkt mich gehörig durch… Tatsächlich fühle ich mich nach dieser Tortur in der kaukasischen Hitze jedoch verdammt wohl. Da mundet das Nachtmahl-Bier im Freien doch bestens!

Am Vormittag bei erträglichen Temperaturen (oder gewöhne ich mich langsam ein) allein durch die fast noch menschenleere Altstadt bis zum malerischen Steilufer der Mtkwari, dem Denkmal König Wachtangs.

Und dann die Überraschung: Dato holt mich zur Zugfahrt nach Batumi ab und sagt, dass er leider nicht mitkommen könne, ja, sein Hund liege im Sterben, er müsse bei der Familie bleiben, die Kinder trösten. Es sei aber alles organisiert! In Batumi am Bahnhof werde ich abgeholt. Tja, was soll man dazu sagen? Keep smiling und Abenteuer nimm deinen Lauf…

Zum Abschied werden mir nochmals gut ein Dutzend Chinkali-Teigtaschen aufgetafelt und habe ich mit frisch gezapftem Bier nachzuspülen. Und schon sitze ich im Express-Zug, der am Ende für die 380 Kilometer bis Batumi 10 Stunden brauchen wird! Aus unerfindlichen Gründen steht man gleich mal zwei Stunden auf freiem Feld, dann ruckelts mal wieder kurz an und rollt aus, und erneut steht alles für eine halbe Stunde, und natürlich hat die Blechbüchse in der ich hocke (die man offenkundig nicht zum vorderen nicht zum hinteren Waggon verlassen kann) keine Klimaanlage, und es stinkt wie im Raucherpuff und es lässt sich kein Fenster öffnen…

Kurz nach Gori, unterwegs mit der zuckligen georgischen Eisenbahn, geht plötzlich nichts mehr: keine Klimaanlage, kein Lautsprecher: kein Schritt vor, keiner zurück, nichts, bange drei Stunden lang, nichts, nur der Anblick hitzeflirrender, verschlampter Landschaft. Baust Du, Iossif Wissarionowitsch Dschugaschwili, etwa immer noch Scheiße?

Die innergeorgischen Landschaften, die der Zug durchschleicht, haben offensichtlich schon bessere (Sowjet)Zeiten gesehen, allenthalben Industrieschrott und –ruinen, verkommene Häuser, Autowracks, kaputte Züge, Kräne, Unkraut, Müll, Verfall. Das ganze, eigentlich so fruchtbare, schöne, reizvolle Land sieht aus wie das aufgelassene Gelände einer LPG irgendwo in MeckPomm in den Neunzigern… Und dabei komme ich nun sogar ins sagenumwobene Kolchis, wo die Argonauten einst das Goldene Vlies lockte…

Nachts gegen 11 komme ich endlich in Batumi, der Haupstatdt Adchariens, an. Und natürlich klappt erst mal gar nichts. Ich stehe blöd im Bahnhof rum. Niemand da, mich abzuholen. Und Englisch scheint hier niemand zu sprechen. Zum Glück gibt’s Handys. Ich rufe Dato in Tbilissi an, der seine Leute in Batumi, und nach einer Weile erscheint dann tatsächlich seine einstige Kommilitonin (nunmehrige Professorin) Lali samt Lebensgefährten und Sohn. Nächste Hürde: die beiden Erwachsenen sprechen auch nicht Englisch (geschweige denn Deutsch). Zum Glück lernt der etwa zehnjährige Sprössling jedoch in der Schule Englisch. Na, das kann ja was werden, Mann, Dato, da hast du mir was Schönes eingebrockt…

(Verrückt umso mehr, da der Kaukasus ja als „Berg der Sprachen“ gilt, es hier Sprachen über Sprachen gibt, es offenkundig aber an einer –nicht zuletzt für Ausländer- brauchbaren lingua franca mangelt.)

Der Dolmetscher-Sohn übersetzt eine Frage seiner Mutter mit: ob ich jetzt spazieren gehen möchte? Das kann doch nur ein Missverständnis sein, oder? Nach einigem Hin und Her bringen sie mich schließlich nach halsbrecherisch rasanter Autofahrt zu einer kleinen Wohnung, sitzen vor mir und schauen mich erwartungsvoll an. Aber was soll ich denn sagen? Irgendwie und nachdem Dato noch zweimal angerufen wurde verstehe ich schließlich, dass ich hier allein bleibe, sie woanders übernachten, wo Brot und Butter und Honig fürs Frühstück stehen. Und dass sie mich morgen um 9.00 Uhr abholen werden, um mir Batumi zu zeigen. Na denn, schauen wir mal.

Absurd nach der Gluthitze der vergangenen Tage: in Batumi, dem weltberühmten Badeort am Schwarzen Meer, regnet’s am Morgen. Mit akademischer Verspätung werde ich abgeholt – und schon geht’s wieder los mit den Missverständnissen. Sohnemann fragt mich, ob ich nach Chatschapuri möchte? Was soll ich dazu sagen? Klar! So sitze ich denn morgens halb zehn plötzlich vor einem riesigen Fladen voller Weißkäse und Ei, da Chatschapuri kein Ort, sondern ein (National)Gericht ist. Gut, wir sitzen am Hafen, wunderbare Aussicht auf die Stadt, die Schiffe, die nahen Berge. Und auch weiter sind Lali und Familie rührend um mich bemüht, chartern sogar ein Boot für eine Küstenfahrt, besuchen mit mir den botanischen Garten, gehen mit mir schwimmen am Strand (denn der Himmel bleibt zwar schwer bewölkt, doch wird’s drückend schwül).

Und zum Dinner erscheinen wie aus dem Nichts auf einmal zwei Kolleginnen Lalis von der Uni – und die eine spricht Deutsch! Heureka, der gordische Knoten ist durchschlagen, wir können miteinander reden! Ein Wunder… Sofort großes Interesse an dem, was ich mache, was ich vorhabe, großes Interesse an Deutschland und an meiner Meinung über Georgien. Doch was sollte man, wenn man fürstlich bewirtet wird, anderes als loben…

Aber natürlich sehe ich auch hier, was ich schon im ganzen Land sah. Vom Strand zu den Hügeln des Botanischen Gartens fuhr einst ein Sessellift – alles Schrott, von subtropischer Vegetation überwuchert – das ehedem sicher traumhafte Strandrestaurant, die Landungsbrücke davor – Ruinen, Dreck, Müll… Nach dem Dinner Gang durch die Stadt – und kaum ist man von der Hauptstraße weg, werden die Straßen zu Schlagloch- und Buckelpisten, dann zu Feldwegen… Ähnliches hatte ich letztmals in Orten der Sahelzone gesehen… Allerdings stehen zwischen all dem Heruntergekommenen auch immer mal Prunkbauten… Am Abend werde ich zu guter Letzt in einem Park kitschig bunt beleuchtete Wasserspiele sehen. Präsident Saakaschwili will durch derartige Edelprojekte Touristen anlocken (höre ich). Immerhin sei heute Condoleeza Rice mit einem Luxusliner angekommen… Ich verkneife mir zu sagen, dass es vielleicht klüger wäre, erst einmal die Infrastruktur zu flicken, bevor man Dächer vergoldet.

Sehr imposant am Abend jedoch die historische Festung Gonio Apsarus, wo Medea den Argonauten Absyrtus erschlagen haben soll. Da weht zweifellos ein Hauch großer Geschichte heran!

Weiter auf der malerischen Küstenstraße bis zur nahen türkischen Grenze. Hört hier Europa auf – oder fängt es hier an?

Am nächsten Morgen werde ich in aller Herrgottsfrühe abgeholt: 4.45 Uhr. Privataxi zum Marschroutki, das von Kobuleti nach Jerewan fährt. Bis das aber kommt, stehe ich mal wieder blöd anderthalb Stunden herum, vertreibe mir die Zeit in der leise aufkeimenden Morgendämmerung mit der Beobachtung von mürrisch Dreck verteilenden Straßenkehrerinnen und kopulierenden Hunden…

Doch dann geht’s tatsächlich los, und natürlich sofort in atemberaubendem Tempo – bei selbstredend fast nur haarsträubenden Straßen und immer wieder Notbremsungen erzwingenden, die Straßen bevölkernden kompletten Haustierbeständen in den Dörfern Inguretiens. Vor allem die Kühe scheinen hier heiliger als in Indien…

Grenzübertritt dann ohne Probleme. Der andere, der beiden armenisch-georgische Grenzübergänge erweist sich als unglaublich provinziell.

 

 

 

Injannasi

* 20.5.1837 in Lianshuihe, † 25.2.1892 in Xinmin, mongolischer Schriftsteller

 

Injanassi war ein direkter Nachfahre Dschingis Khans und gilt als einer der Begründer des mongolischen Romans. Er beherrschte die mongolische und chinesische Sprache wie auch Manschurisch, Tibetisch und Sanskrit.

Nach dem unvollendet gebliebenen autobiographischen Jugendwerk „Die Tränen des Verliebten“ griffen seine Romane „Das einstöckige Haus“ und „Der Rote Pavillon der leisen Tränen“ (alle erst 1957 erschienen) Motive des chinesischen Romans auf. Besonders „Das einstöckige Haus“ enthält realistische, sozialkritische Passagen wie Das Lied vom armen Bauern (dt. 1972)“, weiß Wikipedia. „Zum Lebenswerk Injannasis wurde ‚Die Blaue Chronik des Aufstiegs der Großen Yuan-Dynastie“ (kurz ‚Die Blaue Chronik oder Blaue Sutra’ genannt), das sein Vater begonnen hatte (er hatte die ersten acht Kapitel geschrieben) und an dem er von 1866 bis zu seinem Tod arbeitete. Von ursprünglich 120 konzipierten Kapiteln des Romans wurden jedoch nur 69 aufgefunden, die nach handschriftlicher Verbreitung erstmals 1929 gedruckt vorlagen. Der Autor wollte darin den Mongolen in ihrer Not und Verzweiflung Mut machen, indem er sich der Gestalt Dschingis Khans als einem ‚idealen Herrscher’ und dem ‚glorreichen Mittelalter“ (der Yuan-Dynastie von 1271 bis 1368) zuwandte. Allerdings hat die von ihm geschaffene Figur nur wenig mit dem historischen Staatsgründer und Weltenherrscher zu tun, denn Injannasis Roman hat stark zeithistorische Bezüge. Seine Bedeutung liegt darin, dass er trotz idealisierend-romantischer Elemente als ein Werk des kritischen Realismus bezeichnet werden kann.“

Neben Dulduityn Rawdschaa wird Injanassi als Klassiker der mongolischen Literatur genannt.

 

 

 

Jan Potocki

* 8.3.1761 in Pików, † 2.12.1815 in Uładówka, polnischer Autor und Historiker

 

Jan Graf Potocki entstammte einer alten polnische Adelsfamilie, wurde in der Schweiz erzogen, diente in der österreichischen Armee, bereiste den Mittelmeerraum, Ägypten und Deutschland, hielt sich zur Zeit der Französischen Revolution in Paris auf, war an der „polnischen Konstitution von 1791“ beteiligt, erforschte die Vor- und Frühgeschichte des Slawentums, war Berater Zar Alexander I., erkundete die Wolgaregion und den Kaukasus, Sibirien, die Mongolei und China.

Weithin bekannt wurde Jan Potocki durch seinen Roman „Die Abenteuer in der Sierra Madre“. über den der Philologe Leszek Kukulski sagte: „Der Zweck von Potockis Roman lag vor allem darin, jene Tendenzen darzulegen und zu verteidigen, die für die Aufklärung – also für die Geistesströmung, in deren Namen Potocki auftrat – besonders kennzeichnend waren. ‚Was ist Aufklärung?’ fragt Kant und antwortet: ‚Befreiung vom Aberglauben.’ Potocki setzt den Kampf um diese Befreiung, den die französische Philosophie und Literatur geführt hat, fort.“

Sein Tod könnte seinem Roman entspringen: Jan Potocki, zunehmend an Depressionen leidend, feilte die silberne Kugel, die seinen Samowar bekrönt hatte, so lange klein, bis sie in seinen Pistolenlauf passte und er sich im Alter von 54 Jahren damit erschießen konnte.

 

  

 

 

Walther Rathenau

* 29.9.1867 in Berlin, † 24.6.1922 ebd., deutscher Politiker

 

Nach wie vor bekannt sein sollte, dass der deutsche Außenminister Walther Rathenau im Alter von 54 Jahren durch Mitglieder einer deutsch-völkischen, antisemitischen Organisation ermordet wurde. Wer aber weiß, dass Walter Rathenow der älteste Sohn des AEG-Gründers war und neben Philosophie auch Physik, Maschinenbau und Chemie studiert hatte und im Alter von 26 Jahren Bitterfeld zum Standort der Elektrochemie erhob, hier sogar eine Villa bezog?

Meine Lebensgeschichte ist eng mit Bitterfeld verknüpft. Als ich als junger Mann zum ersten Mal dorthin kam, bestand nur eine Verarbeitungsindustrie für die Tagebaukohle. […] Die erste chemische Anlage errichtete ich im Jahre 1893. Welche Entwicklung seitdem die Stadt in den beiden Richtungen der Elektrizität und der Chemie genommen hat. Ist weltbekannt.

Und wer weiß noch, dass Walter Rathenow im Alter von 50 Jahren sein Buch „Von kommenden Dingen“ veröffentlichte, in dem er wirtschaftliche Rationalisierungen, Verfassungsreformen, und notwendigen Bewusstseinsveränderungen anmahnte?

Die Bronzegrabplatte eines Gedenksteins in Berlin-Grunewald trägt die Inschrift:

„Die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands / Dem Andenken an / WALTHER RATHENAU / Reichsaußenminister der deutschen Republik / Er fiel an dieser Stelle durch Mörderhand / am 24. Juni 1922 / Die Gesundheit eines Volkes / kommt nur aus seinem inneren Leben / Aus dem Leben seiner Seele und seines Geistes / Oktober 1946“

In einem Brief an einen Freund hatte Walter Rathenow einmal geschrieben: …Menschen, die einen Teil ihres Lebens auf Haß gestellt haben, denen ist dieser Haß ein Bedürfnis und eine Existenzbedingung, die kann man ihnen nicht nehmen. Warum sucht denn jemand sein Glück in der Verfolgung seines Nächsten? Weil es ihn tröstet und erhebt, sich über andere zu stellen. Glückliche Menschen sind das nicht.

 

 

 

Reinhard Alfred Furrer

* 25.11.1940 in Wörgl, Tirol, † 9.9.1995 in Berlin, deutscher Astronaut

 

Der Physiker Reinhard Furrer wurde im Alter von 42 Jahren für die erste deutsche Spacelab-Mission nominiert und startet drei Jahre später an Bord des Space Shuttles „Challenger“ als Nutztlastspezialist zur D1-Mission.

Im Alter von 54 Jahren starb der Hobbypilot Reinhard Furrer bei einer Flugshow in Berlin-Johannisthal an Borde einer historischen Messerschmidt Bf 108.

 

 

 

Franz Geueke

* 15.12.1887 in Bracht, † 6.10.1942 im KZ Groß-Rosen, deutscher Journalist

 

Seit jeher lebten nach Wahrheiten suchende Journalisten gefährlich, so auch Franz Geueke:

Während seines Jura- und Ökonomie-Studiums arbeitete Franz Geueke als Redakteur für die „Schlesische Volkszeitung“ in Breslau. Dann avancierte er zum Chefredakteur des „Wiesbadener Volksblattes, das der katholischen Zentrumspartei nahestand. 1921/22 war er auch Vorsitzender dieser Partei in Wiesbaden.

1933 führte sein Engagement für christliche Werte zu Repressionen, er wurde in Wiesbaden auf offener Straße niedergeschlagen  und in „Schutzhaft“ genommen, konnte dann aber emigrieren.

1935 kam Franz Geueke nach Deutschland zurück, und versuchte gegen die Nazis anzuschreiben. So wurde er am 12. Mai 1942 wegen „Gefährdung der inneren Front“ von der Gestapo verhaftet, am 7. August 1942 ins KZ Buchenwald gebracht und am 15. September 1942 ins KZ Groß-Rosen verlegt.

Dort starb Franz Geueke am 6. Oktober 1942 an „Kreislaufstörungen“.

 

 

 

Rudolf Chametowitsch Nurejew

* 17.3.1938 bei Irkutsk, † 6.1.1993 in Levallois-Perret, Frankreich, Tänzer tatarischer Herkunft

 

Rudolf Nurejew gilt als einer der besten Ballett-Tänzer des 20 Jahrhunderts.

Er übertrug virtuose Technik und athletische Präsenz, wie sie im sowjetischen Ballett gepflegt wurden, in den Westen und leitete damit hier eine Renaissance des klassischen Balletts ein. Seine Ballettpartnerschaft mit der Primaballerina assoluta Margot Fonteyn vom Royal Ballet gilt als ein Interpretationshöhepunkt im klassischen Repertoire. Schon zu Lebzeiten eine Ikone des Tanzes, wurde er durch Medienpräsenz und Berichterstattung einem breiten, auch ballettfremden Publikum bekannt“, weiß Wikipedia, „Die Popularität von Nurejew/Fonteyn veranlasste 1963 den damaligen Chefchoreographen und späteren Direktor des Royal Ballet Frederick Ashton, ein abendfüllendes Handlungsballett Marguerite and Armand nach Alexandre Dumas' Kameliendame mit Musik von Liszt für die beiden zu choreographieren. Erst nach dem Tod von Fonteyn und Nurejew wurde diese Choreographie mit Sylvie Guillem und Nicolas Le Riche erstmals wieder aufgeführt. Zu Lebzeiten Fonteyns/Nurejews galt ein unausgesprochenes Verbot, das Ballett in anderer Besetzung einzustudieren. Ein weiterer wichtiger Schritt war Prokofjews Romeo und Julia mit einer Choreographie aus der Sowjetunion, die Ashton am 9. Februar 1965 im Londoner Royal Opera House Covent Garden herausbrachte. Nach der Vorstellung applaudierte das Publikum 40 Minuten lang.“

Wenige Monate vor seinem Tod ernannte ihm der französische Kulturminister Jack Lang zum Ritter des „Ordre des Arts et des Lettres“. Rudolf Nurejew starb im Alter von 54 Jahren an den Folgen von AIDS.

 

 

 

Peter Sellers

* 8.9.1925 als Richard Henry Sellers in Portsmouth, † 24.7.1980, britischer Komiker

 

Inspektor Closeau, der „rosarote Panther“ – ja, das war Peter Sellers. Die Presse bezeichnete ihn als den größten englischen Komiker seit Charlie Chaplin.

Begonnen hatte Peter Sellers seine Filmkarriere im Alter von 30 Jahren in „Ladykillers“, zuvor hatte er bei der BBC erfolgreich als Stimmenimitator gewirkt.

Der Filmwissenschaftler Johannes Binotto urteile: „In der Fähigkeit, die Verkleidung auf Distanz und das eigene Spiel in einer Art Schwebezustand zu halten, besteht die einmalige Brillanz Sellers [sic!]. Wo Komiker wie Chaplin oder Keaton ihre Figuren ganz und gar verkörpern, ist Sellers einer, der es schafft, immer mehrere Rollen zugleich zu spielen, der sich laufend häutet und wieder neu verpuppt und dabei diesen Prozess der Transformation niemals versteckt, sondern gerade in seiner Künstlichkeit ausstellt.“

Im Film „Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ trat er gleich in drei Hauptrollen auf, wechselte ständig zwischen Upperclass-Englisch, amerikanischem Englisch und deutschem Akzent hin und her.

Peter Sellers war sogar in der „Muppet Show“ zu sehen, und wurde für die Darstellung eines geistig zurückgebliebenen Gärtners in „Willkommen Mr. Chance“ mit dem Golden Globe geehrt. Der „Neuen Zürcher Zeitung zufolge“ hätte dieser Film den Grundstein „für einen Neubeginn jenseits der grellen Komik“ legen können, doch starb er kurze Zeit später im Alter von 54 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts.

 

 

 

Eugène Henri Paul Gauguin

* 7.6.1848 in Paris, † 8.5.1903 in Atuona auf Hiva Oa, französischer Maler

 

„Der entscheidende Beitrag Gauguins zur Kunst ist der Bruch mit der Vergangenheit und damit der Beginn der Moderne in der Malerei“, urteilte der amerikanische Kunsthistoriker Robert John Goldwater.

Und sein deutscher Kollege Albert Carl Richard Muther meinte: „Paul Gauguin ist der erste durch die Schule des Impressionismus hindurchgegangene Meister, der auf die neuen dekorativen Ziele hinwies. Ein wundervoller Sinn für das Zusammenklingen schöner Farben war ihm in die Wiege gelegt und für jenes Zusammenklingen, das wir an alten Kirchenfenstern oder den naiv sicheren Mustern bäuerlicher Gewebe bewundern.“

„Gauguin war der unumstrittene Meister der neuen Richtung in der Malerei, von dem man aufnahm, dessen paradoxe Auffassung man verbreitete“, schrieb der französischer Maler Maurice Denis.

Und Paul Gauguin selbst sagte: „Ich fühle, daß ich künstlerisch recht habe, werde ich aber auch die Kraft besitzen, das in entscheidender Weise auszudrücken? Auf alle Fälle werde ich meine Pflicht getan haben, und wenn meine Werke nicht bleiben, so wird die Erinnerung an einen Künstler bleiben, der die Malerei von alten akademischen Verschrobenheiten und von symbolistischen Schiefheiten befreit hat.“

Nicht nur an den genialen Maler erinnerte man sich in Polynesien, wohin er sich am Ende seine Lebens geflüchtet hatte, in das Paradies, wo er von kleingeistigen Kolonialbeamten aber sogar wegen Nacktbadens angezeigt wurde. P. L. Vernier, der Pfarrer von Atuona, wo Paul Gauguin im Alter von 55 Jahren starb, schrieb in einem Brief: „Solange ich Gauguin gekannt habe, war er krank und beinahe invalid. Er ging selten aus, und wenn man ihn ausnahmsweise im Tal von Atuona antraf, machte er einen eher peinlichen Eindruck, da er sich mühsam fortschleppte, die Beine mit Binden umwickelt, […] ein sehr liebenswürdiger Mensch, vollendet sanft und einfach mit den Marquesianern. […] Gauguin, sehr großherzig und ritterlich, hatte die Verteidigung der Eingeborenen übernommen. Zahlreich sind die Züge seiner Güte ihnen gegenüber.“

 

 

 

Max Herrmann-Neiße

* 23.5.1886 in Neiße, † 8.4.1941 in London, deutscher Schriftsteller

 

Das „Neiße“ fügte der kleinwüchsige Max Herrmann seinem Namen hinzu, als er nach ersten Veröffentlichungen nach Berlin zog und sozialistischen wie anarchistischen Kreisen nahekam. Else Lasker-Schüler und Oskar Loerke lobten seine Gedichtbände, und für „Sie und die Stadt“ erhielt er den Eichendorff-Preis, und nach der Veröffentlichung seines autobiografischen Romans „Cajetan Schalterman“ und des Erzählbandes „Die Begegnung“ den Gerhart-Hauptmann-Preis.

In den späten 1920er Jahren war Herrmann-Neiße einer der bekanntesten Berliner Literaten, wozu neben seinen Texten auch die auffällige Gestalt und Erscheinung beitrugen. Zahlreiche Künstler, darunter Ludwig Meidner, George Grosz und Otto Dix, porträtierten ihn zu dieser Zeit“, weiß Wikipedia. „Kurz nach dem Reichstagsbrand 1933 verließ Herrmann-Neiße gemeinsam mit seiner Frau Deutschland und ging zunächst in die Schweiz, dann über die Niederlande und Frankreich nach London, wo er sich im September 1933 niederließ. […] Herrmann-Neiße gründete Ende 1933 gemeinsam mit Lion Feuchtwanger, Rudolf Olden und Ernst Toller den Exil-PEN, doch blieb er in England ansonsten weitgehend isoliert. 1938 beantragte er, nachdem er aus Deutschland ausgebürgert worden war, ohne Erfolg die englische Staatsbürgerschaft.“

Bitter ist es, das Brot der Fremde zu essen,

bittrer noch das Gnadenbrot,

und dem Nächsten eine Last zu sein.

Meine bessren Jahre kann ich nicht vergessen;

doch nun sind sie tot,

und getrunken ist der letzte Wein.

Alter von 54 Jahren starb Max Hermann-Neiße infolge eines Herzinfarkts.

 

 

 

Franz Viktor Werfel

* 10.9.1890 in Prag, † 26.8.1945 in Beverly Hills, Kalifornien, österreichischer Schriftsteller

 

Franz Werfel forderte: Höchst mögliche Form der modernen Epik: die mystischen Grundtatsachen des Heisterreiches (Weltschöpfung, Sündenfall, Inkarnation, Auferstehung usw.) dargestellt mittels des verschlagen-bescheidensten Realismus in unauffälligen Geschehnissen und Figuren des gegenwärtigen Alltags.

"Franz Werfel gilt als einer der Wortführer des lyrischen Expressionismus. „In den 1920er und 1930er Jahren waren seine Bücher Bestseller. Seine Popularität beruht vor allem auf seinen erzählenden Werken und Theaterstücken, über die aber Werfel selbst seine Lyrik setzte. Mit seinem Roman ‚Verdi. Roman der Oper (1924) wurde Werfel zu einem Protagonisten der Verdi-Renaissance in Deutschland. Besonders bekannt wurden sein zweibändiger historischer Roman ‚Die vierzig Tage des Musa Dagh 1933/47 […] Sein letzter Roman ,Stern der Ungeborenen'' von 1945 offenbart Werfels Dante-Rezeption“, weiß Wikipedia.

Nach der Machtergreifung der Nazis wurde Franz Werfel 1933 auf Betreiben Gottfried Benns aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen. Und nach dem „Anschluss“ Österreichs ließ er sich mit seiner Frau Alma in Sanary-sur-Mer nieder. Als die Wehrmacht dann auch große Teile Frankreichs besetzte, fand er Zuflucht in Lourdes und gelobte, falls er gerettet würde, ein Buch über die heilige Bernadette zu schreiben – was er dann auch tat, nachdem er mit Alma Werfel, Heinrich, Nelly und Golo Mann zu Fuß über die Pyrenäen weiter nach Spanien geflohen und über Portugal zu guter Letzt nach Kalifornien gekommen war.

Franz Werfel veröffentlichte neun Romane, ebenso viele Lyrikbände, diverse Erzählungen und Novellen und verfasste zudem Dramen und Essays. Mehrere seiner Werke wurden verfilmt. Franz Werfel starb im amerikanischen Exil infolge eines Herzinfarkts.

In einer Nachbemerkung für die „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ hatte Franz Werfel gesagt: Dieses Werk wurde im März des Jahres 1929 bei einem Aufenthalt in Damaskus entworfen. Das Jammerbild verstümmelter und verhungerter Flüchtlingskinder, die in einer Teppichfabrik arbeiteten, gab den entscheidenden Anstoß, das unfassbare Schicksal des armenischen Volkes dem Totenreich alles Geschehenen zu entreißen. Postum wurde ihm die armenische Ehrenbürgerschaft verliehen.

 

 

 

Daniel Czepko von Reigersfeldl

* 22.9.1605 in Koischwitz, † 8.9.1660 in Wohlau, deutscher Dichter

 

„Unter den sprachgewaltigen Dichtern des 17. Jahrhunderts ist er einer der kräftigsten, unter den zeitkritischen einer der kühnsten, unter den mystischen ein erkenntnishungriger, unter den patriotischen ein friedliebender. Tatkraft, Tugend und Todesverachtung kürte er als Lebenswerte – gegen die mörderischen Wirren des 30jährigen Krieges und gegen die höfische Welt. Stolz und aufrichtig klingt diese Stimme in unsere Zeit hinein“, sagte Dorothea Oehme über Daniel Czepko von Reigersfeld.

Er resümierte:

 

Durch Irrtum zur Wahrheit

Über menschliche Bemühung

 

…Ich habe mein Gemüt auf manche Kunst gewandt,

   Auf manches Tun gelegt mein Arbeit und Verstand:

Das Licht der Welt hat mir die Bücher, wenn es kommen,

Gegeben in die Hand und wieder draus genommen.

 

   Kein Fleiß hat mir gefehlt: zu Rom und Athen

   Konnt als Bürger ich selbst hin und wider gehen:

Ich hab aus großer Huld des Himmels viel geschrieben,

Mich in der Heimlichkeit der Weisheit können üben:

 

   Getreten zum Gestirn, erforscht, was Tag und Nacht

   In Körpern über uns zu ihrem Wechsel bracht.

Die Tür stand mir zu Kriegs- und Friedenszeiten offen,

Fragt ihr, was ich zuletzt in diesen angetroffen?

 

   Ich hab, o großes Heil! den Irrtum so erkannt,

   Wißt aber, daß zunächst bei ihm die Wahrheit stand.

 

 

 

Paul Goesch

* 30.8.1885 in Schwerin, † 22.8.1940 in Brandenburg, deutscher Architekt und Maler

 

Im Alter von 25 Jahren schloss Paul Goesch sein Studium als „Regierungsbauführer“ ab, vier Jahre später bestand er das 2. Staatsexamen und wirkte als Regierungsbaumeister im westpreußischen Culm.

Als Vierunddreißigjähriger schloss er sich dem avantgardistischen „Arbeitsrat für Kunst“ und der „Novembergruppe“ an, im Jahr darauf Bruno Tauts Künstlergemeinschaft „Gläserne Kette“.

Paul Goesch schuf mehr als 2.000 Arbeiten, vor allem farbige Gouachen, aber auch monumentale Raumausmalungen und Architekturentwürfe.

Seit seinem Studium litt er immer wieder an psychischen Erkrankungen und weilte in mehreren Heil- und Pflegeanstalten. Im Alter von 54 Jahren wurde Paul Goesch in der NS-Tötungsanstalt Brandenburg/Havel vergast.

 

 

 

Gregor von Tours

* 30.11.539 als Georgius Florentius n Riom, † 17.11.594 in Tours, Bischof und Chronist

 

Gregor von Tours „Zehn Bücher Geschichten“ zählen zu den wichtigsten Quellen für die Übergangszeit von der Spätantike zur Frühmittelalter.

„Gregors Absicht war es, die Geschichte der Gesamtkirche aus eschatologischer Sicht darzustellen, von der Erschaffung der Welt bis zu den fränkischen Königen des 6. Jahrhunderts“, weiß Wikipedia. „Das erste Buch schildert die Zeit bis zum Tod des heiligen Martin von Tours (397), das zweite beschreibt die Zeit der ersten Merowinger bis zum Tod König Chlodwig I., den Gregor im Rahmen der Taufschilderung als ‚neuen Konstantin’ bezeichnet und so eine Brücke von der fränkischen zur (gallo-)römischen Geschichte baut. Mit dem vierten Buch erreicht Gregor seine eigene Zeit; es endet mit der Ermordung König Sigiberts I. Die restlichen sechs Bücher behandeln die weitere Zeitgeschichte bis in den Sommer 591. An den Schluss stellt Gregor eine Autobiographie mit einem Verzeichnis seiner Werke.“

Im Mittelalter wurde Gregors Geschichtswerk viel gelesen, und in den folgenden Jahrhunderten weitergeführt, vor allem von einem Fredegar und einem sogenannten Pseudo-Fredegar.

Und Gregor von Tours verfasste weitere Schriften wie die „Acht Bücher der Wunder“, das „Buch über die Wunder des seligen Apostels Andreas“, „Leiden der heiligen sieben Schläfer von Ephesos“ oder „De cursibus ecclesiasticis“, eine Abhandlung der Gestirnsbewegungen  zum Zweck der Bestimmung der Gebetseiten.

Gregor, der auch als Bischof wirkte und in Tours und Clermont als Heiliger verehrt wird, starb kurz vor seinem 55. Geburtstag.

 

 

 

Lu Xun

* 25.9.1881 als Pinyin Zhōu Shùrén in Shaoxing, † 19.10.1936 in Shanghai, chinesicher Schriftsteller

 

Es war lange her, seit ich irgendwelche Landsleute gesehen hatte, da wurde eines Tages ein Film vorgeführt, der einige Chinesen zeigte. Einer von ihnen war gefesselt, und viele meiner Landsleute standen um ihn herum. Sie waren alle kräftige Gesellen, schienen jedoch völlig apathisch zu sein. Der Kommentar besagte, dass der eine mit den gebundenen Händen Spion im Dienste der Russen gewesen sein, wofür ihm die japanischen Soldaten – zur Warnung der anderen – nun den Kopf abschlagen würden; die Chinesen rings um ihn seien gekommen, um das Schauspiel zu genießen. Noch vor Ende des Semesters war ich nach Tokio abgereist, weil ich nach diesem Film zu der Überzeugung gelangt war, die medizinische Wissenschaft sei gar nicht so wichtig. Ich hatte erkannt, dass Menschen eines schwachen und rückständigen Landes, wie stark und gesund sie auch sein mochten, zu nichts anderen dienten, als stumpfsinnige Zuschauer oder willenlose Objekte solch öffentlichen Schauspiels abzugeben; wie viele von ihnen auch an Krankheit stürben, ein Unglück wäre es nicht. Am wichtigsten war es darum, ihren Geist zu ändern, und da ich Literatur für das beste Mittel zu diesem Zweck hielt, beschloss ich, eine literarische Bewegung ins Leben zu rufen, erinnerte sich Lu Xun, wie er während seines Medizinstudiums in Japan zum Literaten wurde.

„Die Neuerungen der von Lu Xun mitbegründeten Literatur der Bewegung des vierten Mai bestehen […] darin, dass sich in ihr vielfach eine intellektuelle und ideologische Rebellion gegen die elitäre konfuzianische Tradition der Gesellschaft äußert. Denn obwohl es 1911 in der Xinhai-Revolution zum Sturz der Qing-Dynastie gekommen war und eine chinesische Republik gegründet worden war, trug die Gesellschaft weiterhin feudalistische Strukturen, in der die Bauern von den Grundherrn unterdrückt wurden“, weiß Wikipedia. „1926 ging Lu Xun nach Xiamen, um der Zensur und Verfolgung der nördlichen Kreigsherrn zu entgehen. Er wurde Professor an der Xiamen-Universität. 1927 war Lu Xun Professor in Kanton (heute Guangzhou) an der Sun-Yatsen-Universität. Nach der Arbeiterniederschlagung durch die Nationalisten in Shanghai 1927 ging er nach Shanghai, um sich für seine gefangenen Studenten einzusetzen und blieb dort bis zu seinem Tod. Eine Nominierung zum Literatur-Nobelpreis lehnte er ab. 1930 wurde er Mitglied der Liga linksgerichteter Schriftsteller. Während seiner Zeit in Shanghai schrieb Lu Essays, in denen er die reaktionäre Politik der Guomindang unter Chian Kai-shek sowie die imperialistische Aggression durch Japan, das seit der Mandschrei-Krise von 1931 mit der Besetzung Nordchinas begonnen hatte, aufdeckte. Er richtete seine Aktivitäten auch gegen den Konservatismus von Japan.“

Während Lu Xun in der Volksrepublik China als Begründer der modernen Literatur gilt, waren seine Werke in Taiwan bis in die 1980er Jahren, bis zur Aufhebung des Kriegsrechts, verboten.

Lu Xun starb kurz vor seinem 55. Geburtstag an Tuberkulose. In seinem Testament verfügte er für seine Hinterbliebenen:

1 - Nehmt von niemandem auch nur einen Pfennig für das Begräbnis - ausgenommen von alten Freunden.

2 - Macht es kurz, beerdigt mich, und Schluss.

3 - Bitte keine Grabreden.

4 - Vergesst mich und kümmert euch um euer eigenes Leben – wenn nicht, seid ihr selbst schuld.

5 - Wenn mein Sohn erwachsen ist und keine besonderen Talente zeigt, soll er einen bescheidenen Beruf ausüben, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Auf keinen Fall soll er ein nichtssagender Schriftsteller oder Künstler werden.

6 - Verlasst euch nicht auf die Versprechen anderer.

7 - Gebt euch nicht mit Leuten ab, die anderen Schaden zufügen, aber gleichzeitig das Prinzip der Vergeltung ablehnen und Toleranz predigen.“

 

 

 

Jakob van Hoddis

* 16.5.1887 in Berlin als Hans Davidsohn, † Mai 1942 im KZ Sobibór, deutscher Dichter

 

Weltende

 

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,

In allen Lüften hallt es wie Geschrei,

Dachdecker stürzen ab und gehen entzwei

Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.

 

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen

An land, um dicke Dämme zu zerdrücken.

Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.

Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

 

„Auch die kühnste Phantasie meiner Leser würde ich überanstrengen bei dem Versuch, ihnen die Zauberhaftigkeit zu schildern, wie sie dieses Gedicht ‚Weltende’ von Jakob van Hoddis für uns in sich barg. Diese zwei Strophen […] schienen uns in andere Menschen verwandelt zu haben, uns emporgehoben zu haben aus einer Welt stumpfer Bürgerlichkeit, die wir verachteten und von der wir nicht wußten, wie wir sie verlassen sollten. Diese acht Zeilen entführten uns, […] wir sangen sie, wir summten sie, wir murmelten sie, wir pfiffen sie vor uns hin […], wir riefen sie uns gegenseitig über die Straße hinweg zu wie Losungen“, erinnerte sich Johannes R. Becher.

 

 

 

Karim Abdullajewitsch Abdullayev

* 12.2.1901 in Taschkent, † nach 1956, usbekischer Komponist

 

Lieber Karim Abdullajewitsch Abdullayev, ich wage es einem usbekischen Komponisten, der in Taschkent die Musikabteilung des Volkshauses leitete, kaum zu gestehen, was mir in seiner Heimatstadt widerfuhr.

Auf der Reise hatte ich in Moskau ewig auf den Anschlussflug warten müssen, kam völlig übermüdet in Taschkent an. Kollegen des usbekischen Schriftstellerverbandes versuchten mich aufzumuntern, indem sie Karten fürs hiesige Opernhaus besorgten. Nach dem Abendbrot also auf in ins Nawoi-Theater. „Boris Godunow“, in Usbekisch versteht sich, stand auf dem Programm. Gespielt wurde dann aber „Fürst Igor“ - in Russisch. Dennoch beschlich mich in der schweren, samtenen Wärme der Oper der Schlaf, beschlich mich mehr und mehr. Tapfer kämpfe ich dagegen an, schließlich saß ich auf einem Ehrenplatz in der ersten Reihe, gähnte, nickte mal kurz weg, streckte die Beine aus, rieb mir die Stirn, gähnte. Doch schon vermischten sich Wirklichkeit und Traum - oder warum stand da plötzlich eine Stewardess auf der Bühne und bot mit satten Alt Kaffee an? „Slawa!“ Nach dem 2. Akt entschlummerte ich ganz und wurde schließlich sanft geweckt, als ich wohl lauter schnarchte, als die Sänger singen konnten. „Slawa? – Ruhm?“

„Iswenitje poschaluista, Karim Abdullajewitsch Abdullayev, „Entschuldigung“.

 

 

 

Abū Hāmid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazālī

* 1056 in Tūs, † 19.11.1111 ebd., persischer Theologe, Philosoph und Mystiker

 

Tanim Ansary nannte al-Ghazālī einen „Giganten der menschlichen Geistesgeschichte“, der bereits mit zwanzig als einer der bedeutendsten islamischen Religionslehrer galt. „Er meinte, die Philosophen ließen sich am ehesten besiegen, wenn man ihre Argumente lernte und ihre Tricks gegen sie verwendete. Also studierte er die antiken Philosophen, beschäftigte sich mit Logik und vertiefte sich in die klassischen Texte. Dann verfasste er ein Bich mit dem Titel ‚Die Absichten der Philosophen’. […] Ghazālī ging bewundernswert fair mit seinen Gegnern um. Seine Darstellung der aristotelischen Philosophie war derart klar und belesen, dass selbst ausgewiesene Aristoteles-Kenner sein Buch lasen und sagten: ‚Aha! Jetzt verstehe ich endlich, was Aristoteles gemeint hat.’“

Und al-Ghazālī verfasste einen nicht minder einflussreichen Nachfolgeband: „Die Inkohärenz der Philosophen“ und er lehr an der Nizamiyya Universität in Nischapur, „das Harvard der mittelalterlichen islamischen Welt“. Dann erlebte er jedoch „eine plötzliche spirituelle Krise, hängte sämtliche Ämter an den Nagel, verschenkte seinen gesamten Besitz, ließ alles Freunde zurück und ging in die Einsamkeit. Als er nach Monaten wieder auftauchte, schrieb er zwei weiter Bücher: „Das Elixier des Glücks“ und „Die Wiederbelebung der religiösen Wissenschaften“, mit denen er die orthodoxe Theologie mit dem aufkommenden Sufismus verband. „Vor Ghazālī hatten drei intellektuelle Bewegungen in der islamischen Welt um Anhänger konkurriert. Nach Ghazālī hatten sich zwei dieser Strömungen vereint und die dritte war weitestgehend verschwunden.“

Und durch die die Rezeption al-Ghazālīs durch Averroes und jüdische Gelehrte hatte er sogar einen signifikanten Einfluss auf die lateinische Tradition des Mittelalters.

Im Alter von 50 Jahren begann al-Ghazālīs seine Autobiographie „Der Erretter aus dem Irrtum“ zu schreiben, im Alter von 55 Jahren starb er.

 

 

 

Anakreon

* um 550 v. Chr. in Teos, † 495 v. Chr. in Athen, griechischer Dichter

 

Der sei nicht mein Genoss’, der mir zum Weine beim vollen

     Becher von Fehden erzählt und von dem leidigen Krieg;

Vielmehr der in geselligem Frohsinn gerne der Musen

     Und Aphrodites holdseliger Gaben gedenkt.

 

„’Reiz der Gelage, Betörer der Frauen’ nannte der jüngere Kritias […] Anakreon. Sein Ruhm werde währen, solange man Symposien veranstalte und Chöre von Frauen heilige Nachtfeiern durchführten, schrieb die Philologin Ilse Becher in ihrem Nachwort zu Anakreos Gedichten. „In der Zeit des Perikles (gest. 429 v. Chr.) stellte man seine Bronzestatue, ein Meisterwerk des Kresilas oder Phidias, auf der Akropolis auf. Sie zeigte den Dichter, wie er sich, dem Gesang hingegeben, auf einem Saiteninstrument begeleitete. Vielleicht schon zu seinen Lebzeiten und danach mehrfach erschien Anakreons Bild mit beigeschriebenem Namen auf Vasen. Die Zeit des Hellenismus schätzte seine leichte, heitere Wesensart besonders hoch. Die hellenistischen Epigrammdichter wetteiferten, ihn zu feiern. ‚Liebling der Musen’, ‚Singschwan von Teos’, der ‚Liebenswerte’, der ‚Honigsüße’ hieß er.“

Neben Alkaios, Alkman, Bakchylides, Ibykos, Pindar, Sappho, Simonides von Keos, Stesichorus zählt Anakreon zum antiken „Kanon der neun Lyriker“.

 

Weil ich sterblich bin geboren,

Auf des Lebens Pfad zu wandeln,

Weiß ich wohl, wie lang bis heute –

Nicht, wie lang ich fürder walle.

Drum, ihr Sorgen, lasset mich!

Nicht mit  Euch hab ich zu schaffen.

Eh das Ziel mich überraschet,

Will ich scherzen, lachen, tanzen

Mit dem schön Gott Lyäos.

 

Einer Legende nach soll Anakreon nicht 55, sondern 85 Jahre alt geworden und gestorben sein, nachdem er sich an einer Weinbeere verschluckt hatte.

Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in eine neue Art der Dichtung, die sich vor allem der Darstellung der Liebe, der Freundschaft und Geselligkeit, des Weingenusses und den Freuden der Natur widmete nach ihm benannt: die Anakreontik; Gleim, Klopstock, Lenz, Uz, Mörike…

In London gab es Ende des 18. Jahrhunderts eine „Anacreontic Society“, deren Clublied „To Anacreon in Heaven“ hieß, dessen Melodie zur Nationalhymne der USA wurde.

 

Denn das Leben flieht von hinnen,

Wie das Rad am Wagen hinrollt,

Und ist dies Gebein zerfallen,

Ruhn wir als ein wenig Asche.

Drum, was soll’s, den Grabstein salben?

Was, umsonst die Erde tränken?

Mich vielmehr, weil ich noch lebe,

Salbe! Schling um meine Stirne

Rosen, rufe mir ein Mädchen!

Ich, bevor ich muß wandern,

Hin zum Reihentanz der Toten,

Will die Sorgen mir verscheuchen

 

 

 

Carl Michael Bellman

* 4.2.1740 in Stockholm, † 11.2.1795 ebd., schwedischer Dichter und Komponist

 

König Gustav III. nannte Carl Michael Bellman einen „schwedischen Anakreon“, und dank seines zweibändigen Hauptwerks „Fredmann Episteln“ gilt er längst als schwedischer Nationaldichter.

Im Königlichen Schloss verfasster er am 8. Mai 1794 das Fragment „Bellmans Leben, von ihm selbst beschrieben“: Wie ich sowohl von der moralischen als physischen Seite allgemein bekannt bin, wird man mir zugestehen, daß ich ein Herr von sehr wenig Tiefsinnigkeit bin, und nichts danach frage, ob die Sonne geht oder die Erde stille steht. Was ich ferner betheuern kann, ist: daß ich keinem Wesen in der Natur übel will; daß ich unendlich einen edlen Mann, aber mit unauslöschlichen Flammen die Frauen und kleine, artige Kinder liebe; daß ich mit Appetit esse, wenig, aber gut: – sonntags Weißkohl; donnerstags Erbsen und sonnabends Strömming. Da es zu einer Lebensbeschreibung notwendig erscheint, das Todesjahr, oder richtiger gesagt, das Geburtsjahr zu nennen, so sehe ich mich veranlaßt, mein Erscheinen auf der Welt, nach dem Kirchenbuche von Sankt Maria Magdalena, auf den 4. Februar 1740 festzusetzen. Weil meine Eltern sich liebten, wurde ich, wie gesagt, geboren. – Meine Mutter, schön wie der Tag, unendlich gut, reizend in der Toilette, freundlich gegen alle Menschen, fein im Umgange, hatte eine vortreffliche Stimme und war 21mal in Wochen gewesen – honny soit qui mal y pense –, aber diese Spielerei machte des Hauses Ruin. Mit sechs Jahren kam ich in die Maria-Schule. – Mein Großvater, Magister Hermonius, war dort Prediger, und mein erster Informator war der allgemein bekannte Hübner. Ich war außerordentlich fleißig und besitze einen noch lebenden Schulkameraden in dem Königlichen Secretair Bryssel, der ausgezeichnet Klavier spielt. Nach vielen Informatoren erhielt ich zum Schluß Höckert und durch ihn letzte Feile; er schlug mir mit dem Lineal auf die Fingerspitzen, weil ich den Euklides und die Metaphysika nicht begreifen konnte. Heut' noch zuckt mein Hirn, mein müdes,

Denkt's, o Schrecken, an Euklides,

An die Geometrika

A B C und C D A.

Denk' ich jenen alten Liedes

Leide ich ein Golgatha; –

Endlich klärte sich der Himmel auf! Meine Eltern hatten bemerkt, daß ich einmal, im Fieber-Paroxismus, alles in Versen ausgesprochen und nachher auch mit einer solchen Vollkommenheit gesungen habe, daß es ein allgemeines Erstaunen erregte. Nun kamen damals aber in das Haus meiner Eltern: der jetzige Präsident Rosenadler, der Präsident Carlsson, der Kanzlei-Rath Rabbe, der Kanzlei-Rath Nordenflycht und der Königliche Secretär Abraham Salstedt. Diese wählten mir ein Genie zum Informator, in der Person des Herrn Clas Ludwig Ennes. Von ihm lernte ich Apollo's Lyra handhaben, und unter seiner Leitung habe ich viele Briefe und Poesien verfaßt, unter anderen 1775 die Übersetzungen der Psalmen im Hallischen Psalmbuch. Zu derselben Zeit wurde ich, gleichzeitig mit dem damaligen Rittmeister, jetzigen Hofmarschall Jennings, dem Professor Trozelius und dem Admiral Nordenankar, unter Rosenadlers Präsidentschaft, Eleve in der Königlichen Akademie der Wissenschaften und, nach der Sitte der Zeit, feierlich auf dem Ritterhause aufgenommen. 1759 war ich zum erstenmal betrunken, und schlief auf meiner Mutter Schoß, nachdem ich mir beim holländischen Minister Martewill einen Pontaksrausch geholt hatte.

Und Carl Michal Bellmann trug seine Lieder, die oft spontan oder beim Improvisieren entstanden, auch selbst vor, sang und begleitete sich auf der Mandoline, der Cister oder dem Citrinchen. Die etwa 1.8000 überlieferten Dichtungen Bellmans dürfte nur ein Teil seines Schaffens sein.

 

Seht Ulla, die Nymphe, die beglückt und leicht durch die Gräser

                                                                springt,

wie sie sich mit bunten Blumen geschmückt zu Mollberg aufs

                                                                Kutschbrett schwingt.

Nach Första geht's, dem Dörflein im Tal, zum Tanz und Trunk in

                                                                festlichem Saal.

Dem Gaul mißhagt das Festgespann, er trottet nur träge voran.

 

Am Ziel springt die Nymphe flink vom Bock, ein Bild, wie die Sünde

                                                                schön.

Beim Sprung von dem Bock verschiebt sich ihr Rock, es lohnt sich

                                                                schon hinzuseh'n.

Ein Hahn scheucht seine Hennen vom Mist, weil keine ähnlich

                                                                anmutig ist,

der Kirchturm gibt die Mittagszeit mit silbernem Festtagsgeläut.

 

Am Schanktisch kreist jetzt der Weinpokal, und Mollberg verliert

                                                                den Halt.

Da zieht ihn die Nymphe quer durch den Saal, weil er sich am Rock

                                                                festkrallt.

Schon tanzt sie nackt auf Tisch und auf Bank und schluckt dabei

                                                                manch köstlichen Trank,

die Wirtin führt das Protokoll und strichelt die Strichliste voll.

 

Das Fest ist vorbei, es geht nach Haus', der Gaul haßt den

                                                                Branntweingeruch,

er zittert und flieht und holt kräftig aus, und schon ist die Kutsche

                                                                Bruch.

Der Straßengraben wird nun zum Bett, die Ulla liegt mit off'nem

                                                                Korsett

an Mollbergs Seite recht kokett, so schnarchen sie froh im Duett.

 

Carl Michael Bellman war auch bekannt dafür, nicht mit Geld umgehen zu können und kam am Ende seines Lebens sogar in den Schuldturm. Er starb eine Woche nach seinem 55. Geburtstag an Tuberkulose.

 

Holt mir Wein aus vollen Krügen, notabene, Wein vom Sundgau,

und ein Weib soll bei mir liegen, notabene, eine Jungfrau.

Ewig hängt sie mir am Munde, notabene, eine Stunde.

 

Ach, das Leben lebt sich lyrisch, notabene, wenn man jung ist,

und es duftet so verführ'risch, notabene, wenn's kein Dung ist.

Ach, wie leicht wird hier erreicht doch, notabene, ein vielleicht noch.

 

Laß die Erde heiß sich drehen, notabene, bis sie kalt ist,

deine Liebste sollst du sehen, notabene, wenn sie alt ist.

Lache, saufe, hure, trabe, notabene, bis zum Grabe.

 

 

 

Joß Fritz

* um 1470 in Untergrombach, † um 1525, deutscher Bauernführer

 

Joß Fritz war einer der Initiatoren der Bundschuh-Bewegung in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts. Rasch folgten ihm nicht nur empörte Bauern aus seinem Heimatdorf Untergrombach, sondern mindestens 7.400 Menschen aus dem Mai-Neckar-Gebiet. Ihre Losung war: „Gott grüß dich Gesell! Was ist dir für ein Wesen?“ (Antwort) „Wir mögen von den Pfaffen (und Adel) nit genesen!“

Die legendäre Fahne der Aufständischen soll auf Joß Fritz zurückgehen: „Sie galt als Zeichen der Verschwörung, er gab sie nie aus der Hand, und sie wurde anfangs nur wenigen ausgewählten Personen gezeigt“, weiß Wikipedia, „Laut Angaben auf einem lokalen Schild in Lehen enthielt die Fahne auf der einen Seite ein weißes Kreuz und einen Bundschuh auf blauem Grund, auf der anderen Seite das Wappen des Kaisers und des Papstes sowie ein Kruzifix auf weißem Grund mit einem knienden Bauern samt der Inschrift: ‚Herr, steh' deiner göttlichen Gerechtigkeit bei’.“

Die Forderungen der Bundschuh-Bewegung wurden in 14 Artikeln festgeschrieben: „Erstens: solle niemand mehr einen anderen Herrn als Gott, den Kaiser und den Papst anerkennen; Zweitens: niemand anderswo, als an dem Ende, da er gesessen sei, vor Gericht stehen; das rottweilische Gericht soll ab, die geistlichen Gerichte sollen auf das Geistliche beschränkt sein; Drittens: alle Zinsen, die so lange genossen wären, daß sie dem Kapital gleichkämen, sollen ab sein und die Zins- und Schuldbriefe vernichtet werden; Viertens: bei Zinsen, da ein Gulden Geld unter zwanzig Gulden Kapital stände, solle so gehandelt werden, wie das göttliche Recht anzeige und unterweise; Fünftens: Fisch- und Vogelfang, Holz, Wald und Weide solle frei, Armen und Reichen gemein sein; Sechstens; jeder Geistliche solle auf eine Pfründe beschränkt sein; Siebtens: die Klöster und Stifter sollen an Zahl beschränkt, ihre überflüssigen Güter zu Handen genommen und daraus eine Kriegskasse des Bundes gebildet werden; Achtens: alle unbilligen Steuern und Zölle sollen ab sein; Neuntens: in der ganzen Christenheit soll ein beständiger Friede gemacht, wer sich dawidersetze totgestochen, wer aber durchaus kriegen wolle, mit Handgeld wider die Türken und Ungläubigen geschickt werden; Zehntens: wer dem Bund anhänge, solle seines Leibs und Guts gesichert sein; wer sich dawidersetze, gestraft werden; Elftens: solle eine gute Stadt oder Feste zu Handen des Bundes genommen werden als Mittelpunkt und Halt des Unternehmens; Zwölftens: jedes Bundesglied solle das Seinige zu den Mitteln der Ausführung beisteuern; Dreizehntens: sobald die Haufen des Bundes sich vereinigt haben, soll kaiserlicher Majestät das Vornehmen geschrieben, und Vierzehntens: wenn des Kaisers Majestät sie nicht annähme, die Eidgenossenschaft um Bündnis und Beistand angerufen werden.“

Die Spuren von Joß Fritz verlieren sich im berühmten Dunkel der Geschichte. Im Jahr 1517 soll er, nachdem seine ersten Aufstandsversuche erfolglos blieben, nochmals eine Verschwörung am Oberrhein angezettelt zu haben. Sieben Jahre später, noch vor Ausbruch des Deutschen Bauernkrieges, wird sein Name letztmals erwähnt.

 

 

 

Frank Hille

* 1949, † 24.11.2004 in Berlin, deutscher Rock-Schlagzeuger

 

Ach, Frankie, begegnet waren wir uns wohl, als mich dein Drummerkollege, mein Freund Dieter Ehrhardt, mal zu einer Probe der Klaus-Lenz-Band nach Münchehofe mitnahm. Oder hatten wir schon gelegentlich, als ich in Berlin bei Peter Baptist spielte, in den berühmt-berüchtigten Nach-Muggen-Kneipen, „Berolina Klause“, „Trümmer Kutte“ und so, zusammen gesüffelt?

Sicher allerdings bin ich mir, dass ich es nicht glauben wollte/konnte, als ich, nachdem wir uns aus den Augen verloren hatte, da ich ja vom Muggen zum Schreiben wechselte, in der „Berliner Zeitung“ von deinem Tod erfuhr: „In der letzten Zeit hat Frank Hille begonnen, eigene Lieder zu schreiben und überdies noch clowneske Geschichten über Männer, die von Frauen nicht verstanden werden. Außerdem gab es Überlegungen, die Musik von 4 PS mit Frank Hille als Trommler auf einer CD wieder zu beleben. Er wollte auch singen, denn er hatte eigentlich eine schöne, nur selten geforderte Stimme. Aber die Lieder, die Geschichten und die Musik von 4 PS blieben unveröffentlicht. Frank Hille, der beliebteste Trommler der DDR, der ständig ‚Schlagzeuger des Jahres’ wurde, ist gestern im Alter von 55 Jahren an Krebs gestorben. Hille spielte bei Panta Rhei, Veronika Fischer, 4 PS und zuletzt bei Pankow. Dann, 1985, ging auch er wie alle Musiker von 4 PS (Franz Bartzsch, Hansi Biebl und Michael Kaszubowski) in den Westen. ‚DDR-Rockmusiker sind wie die Sonne: Sie gehen im Osten auf und im Westen unter’, pflegte er zu sagen. Mit Frank Hille musizierte jeder gern:“

Stimmt.

 

 

 

Christoph Kolumbus

* um 1451 wohl in der Republik Genua, † 20.5.1506 in Valladolid, Kastilien, italienischer Seefahrer

 

„Wenn heute ein tollkühner Pilot sich entschlösse, nach dem Mars zu fliegen, diese Reise auch anträte, auf dem Wege aber einen unbekannten Planeten entdeckte und mit der Kunde von diesem neuen Stern zurückkehrte, von fremdartigen Menschenwesen und nie gesehenen Tieren und Pflanzen Nachricht brächte, die in einer fremdartigen Atmosphäre gedeihen, was das Auge bisher gewohnt gewesen, zwerghaft erscheinen ließe: so wäre die Revolution der Menschheitsphantasie ungefähr die nämliche, die damals die Entdeckung des Columbus hervorrief. Denn das und nichts anderes ist es, was sie zunächst bewirkte: Revolution der Phantasie“, schrieb Jakob Wassermann

Christoph Kolumbus wollte nach Indien und entdeckte eine Neue Welt, er versuchte hochaufzusteigen bei Hofe und fiel tief in Ungnade, er verlor allen Glanz und glaubte bis zuletzt, dass Amerika ein Teil Indiens sei, unglaublich.

Friedrich Schiller dichtete:

 

Columbus

Steure, mutiger Segler!

                 Es mag der Witz dich verhöhnen

Und der Schiffer am Steuer

                 senken die lässige Hand.

Immer, immer nach West! Dort

                 muß die Küste sich zeigen.

Liegt sie doch deutlich und liegt

                 schimmernd vor deinem Verstand.

Traue dem leitenden Gott und folge

                 dem schweigenden Weltmeer!

War sie nicht, sie stieg’

                 jetzt aus den Fluten empor.

Mit dem Genius steht

                 die Natur im ewigen Bunde;

Was der eine verspricht,

                 leistet die andre gewiß.

 

„Sein Lebenslauf hat manche Ähnlichkeit mit einer mittelalterlichen Legende. […] Aufsteigend aus dem Nichts, ein hergelaufener italienischer Abenteurer, wird er Großadmiral von Spanien, Vizekönig ungeheurer Reiche, bezahlt sieben Jahre des Glanzes und der Macht mit jähem Sturz und beispielloser Demütigung, und nach schwachen Wiederaufflammen stirbt er als beinahe vergessener Mann einen einsamen Tod“, urteilte Wassermann (sic!).

 

 

 

Janani Jakaliya Luwum

* 1922 in Acholiland, † 16.2.1977 bei Kampala, ugandischer Bischof

 

Da Janani Luwum es gewagt hatte, gegen herrschende Willkür im Lande zu protestieren, beschuldigte Idi Amin den Erzbischof von Uganda, Ruanda, Burundi und Boga-Zaire verhaften. Bei der Überführung Luwums ins Gefängnis soll es jedoch einen Autounfall gegeben haben, bei dem der Erzbischof und zwei christliche Minister ums Leben kamen. Doch es gab keinen Zweifel, dass die drei von Schergen des muslimischen Diktators ermordet worden waren, und es kursierten sogar Gerüchte, dass Idi Amin Janani Luwum eigenhändig erschossen haben soll, da der nicht vom Beten ablassen wollte.

 

 

 

Joanot Martorell

* 1410 in Gandia, † Anfang 1465, valencianischer Schriftsteller

 

Joanot Martorell war Ritter und schrieb den Ritterroman „Tirant lo Blanc“, der als Vorläufer des modernen Romans gilt. Cervantes nannte es „das beste Buch der Welt“, einen „Schatz der Zufriedenheit und eine Mine des Zeitvertreibs.“ Nicht von ungefähr diente ihm der „Tirant“ als Quelle. Der Literaturwissenschaftler Dámaso Alonso kürte den „Tirant“ zum „besten europäischen Roman des 15. Jahrhunderts“.

Im Buch muss der bretonische Ritter Tirant mit dem Beinamen „der weiße Ritter“ diverse Abenteuer bestehen, bis ihn der byzantinische Kaiser um Unterstützung im Kampf gegen die Osmanen bittet. Natürlich rettet er das oströmische Reich, stirbt allerdings, bevor er die schönste Frau des Mittelmeerraumes heiraten kann.

Fritz Vogelgesang, der Neuübersetzer des Werkes, wurde 2008 für seine jahrzehntelange Arbeit mit dem „Preis der Leipziger Buchmesse“ geehrt.

 

 

 

Plinius der Ältere

* 23 oder 24 in Novum Comum (Como), Gaius Plinius Secundus Maior, † Ende Oktober 79 in Stabiae bei Pompeji, römischer Gelehrter

 

Plinius der Ältere verfasste eine 37-bändige Naturgeschichte und beschrieb und katalogisierte darin auch Einhörner, fliegende Pferde und Meerjungfrauen. Was muss dieser Mann gedacht haben, bevor er starb, als im Jahre 79 der Vesuv ausbrach?

Im Jahre 2019 fahren Jeanny und ich nach Pompeji, wollen sehen, was der Vesuv hier vor 1940 Jahren angerichtet hatte. Fotos kennt man, Filme, Konzertmitschnitte (David Gilmore) , und vor Jahren besuchten wir im halleschen Landesmuseum sogar eine Pompeji-Ausstellung. Und selbstredend las ich zuvor u. a. das Buch über die Graffiti, die nach der Ausgrabung der Stadt zu tausenden an den Häuserwänden entdeckt wurden (nunmehr aber alle fast unlesbar verblasst sind). Graffiti wie: MALUM ME AMICI FELLENT QVAM INIMICI IRRVMENT – Besser von Freunden einen geblasen zu kriegen als von Feinden in den Mund gefickt. Oder: M POLLI(U)S PVDES FVTVIT CRATIS SI AMABIT GEM(ELLAM) – Marcus Pollius Pudens fickt kostenlos, wenn er Gemella lieben wird. Und einem Schreiber rutschte dann diese (prophetisch) Inschrift raus: Ich bewundere dich, Wand, dass du nicht in Trümmer gesunken bist, die du die Ekeleien so vieler Schmierfinken erträgst….

Wahrscheinlich genau in diesen Tagen vor 1940 Jahren, Ende Oktober 79 n. Chr. hatte der Vesuv diese blühende Stadt eingeäschert. In einem Brief des Augenzeugen Plinius des Jüngeren an Tacitus steht als Datum zwar der 24. August des Jahres 79 n. Chr. – dies dürfte jüngeren Forschungen zufolge jedoch verschrieben oder falsch übermittelt sein. Plinius schildert diese Katastrophe, die er dank rechtzeitiger Flucht überlebte, unvergesslich plastisch: …Als wir das Wohngebiet hinter uns hatten, machten wir Halt. Wir sahen dort viel Wundersames und litten viele Ängste. Denn die Wagen, die wir hatten mitnehmen lassen, schwankten hin und her, obwohl sie sich auf vollkommen ebenem Gelände befanden; und nicht einmal durch Steine blockiert blieben sie an derselben Stelle stehen. Außerdem sahen wir, wie das Meer in sich zurückflutete und vom Erdbeben sozusagen zurückgeschoben wurde. Der Strand jedenfalls hatte sich vergrößert und hielt auf trockenem Sand allerlei Seegetier fest. Auf der anderen Seite eine Wolke, schwarz und schreckenerregend durch ihren feurigen Luftzug; von gewundenen und zuckenden Schlangen- und Zickzacklinien unterbrochen, teilten sie sich in lange Feuerlinien; sie waren Blitzen ähnlich, doch größer… Schon regnete es Asche, zunächst noch spärlich. Ich blickte zurück: Dicker Qualm drohte von hinten, der, in der Art eines Sturzbaches über die Erde ergoss, und folgte… da wurde es auch schon Nacht, nicht wie eine ohne Mond oder eine bewölkte Nacht, sondern wie in geschlossenen Räumen, wenn das Licht gelöscht ist. Man hätte das Geheul der Frauen, das Gewimmer der Kinder und das Geschrei der Männer hören können. Die einen suchten durch Rufen nach ihren Eltern, andere nach ihren Kindern, wieder andere nach ihren Ehegatten, sie erkannten sie nur noch an den Stimmen. Die einen beklagten ihr eigenes Unglück, andere das Unglück der Ihren. Es gab welche, die aus Angst vor dem Tod den Tod erbaten; viele hoben die Hände zu den Göttern, nicht wenige erklärten, es gebe nirgends mehr irgendwelche Götter und jene ewige, letzte Nacht der Welt sei nun da…

Martial dichtete Jahre später:

Hier ist der Vesuv, eben noch grün von Schatten

                                                                spendendem Weinlaub,

hier hatte die wohlbekannte Traube ihren Saft in

                                                                Weinbottiche gepresst;

diesen Berg liebte Bacchus mehr als die Hügel der Nysa,

auf diesem Berg zeigten noch neulich die Satyrn ihre

                                                                Tänze;

 

Dies war der Sitz der Venus, angenehmer ihr noch als

                                                                Sparta,

dies ist der Ort, berühmt durch den Namen des Herkules.

Alles liegt nun am Boden, versunken in Flammen und

                                                                trauriger Asche,

Und selbst die Götter wünschten, ihnen sei dies nicht

                                                                möglich gewesen.

Und Cassius Dio notierte schließlich in seine „Römischen Geschichte“: … Währenddessen wurde eine unvorstellbare Menge Asche herausgeschleudert, die dann Land und Meer bedeckte und die ganze Luft erfüllte… Außerdem bedeckte sie vollständig zwei ganze Städte, Herkulaneum und Pompeji, dessen Einwohner gerade im Theater saßen. So groß war die gesamte Staubmenge, dass einiges davon sogar bis nach Afrika, Syrien und Ägypten gelangte; sie erreichte auch Rom, erfüllte die Luft über der Stadt und verdunkelte die Sonne. Tagelang herrschte auch hier nicht geringe Furcht, zumal die Menschen nicht wussten, was geschehen war, und es sich nicht vorstellen konnten. Aber auch sie dachten, dass alles drunter und drüber gehe, dass die Sonne in der Erde verschwinde und der Erde zum Himmel hinaufsteige.

Mit jedem Schritt, mit jedem Blick wird mir bewusst, welche Parallelen zwischen dem Schicksal Pompejis und der heutigen Welt bestehen. Das Gebiet um den Vesuv ist heute in vier Gefahrenzonen eingeteilt. Pompeji gehört zur roten Zone, die sich bis zum Fuße des Vulkans erstreckt. Hier leben heute etwa 700.000 Menschen, die ihre Häuser zwar ohne Genehmigung, samt und sonders als Schwarzbauten errichteten, doch sie leben hier. Und das im Bewusstsein, dass die Wissenschaft unmissverständlich sagt, es sei nicht die Frage ob, sondern ausschließlich wann der Vesuv wieder ausbricht. Und wenn dieser Ausbruch dem von Plinius beschriebenem gliche, könnten unversehens eine halbe Million Menschenleben zu beklagen sein. Also: Vesuv = Erde / Neapolitaner = Menschheit?

Als ich dann zu Mittag einen Wein von den äußerst fruchtbaren Hängen des Vesuvs genieße, ein Glas Lacryma Christi, dazu eine Pizza Napoli und dann eine köstliche Sfogliatelle, eine zitronencremegefülltes Blätterteiggebäck, esse, kommt mit all dieser Genuss zwar reichlich zynisch vor, aber wohl dem…

 

 

 

Rudolf von Schwaben

* um 1025, auch Rudolf von Rheinfelden, † 16.10.1080 in Merseburg, deutscher Gegenkönig

 

Gut ein Vierteljahr nachdem ihn süddeutsche und sächsische Fürsten zum Gegenkönig gewählt hatten, hielt Rudolf von Schwaben Hoftag in Merseburg. Der Empfang wird prächtig gewesen sein, schließlich galt der Merseburger Bischof Werner als einer der erbittertsten Feinde König Heinrich IV. Und noch um einiges heilsamer dürfte der Verlauf dieses Hoftages zu Peter und Paul des Jahres 1077 für die eine oder andere seelische Wunde Rudolfs von Schwaben gewirkt haben: die Großen Sachsens huldigten ihm! Aus Mainz hingegen hatte ihn die zu Heinrich IV, stehende Bürgerschaft schon bald nach seiner Krönung vertrieben. Und hätte Heinrich IV. zu Jahresbeginn nicht überraschend seinen Gang nach Canossa angetreten, um vom Papst aus dem Bann gelöst zu werden, wäre Rudolf von Schwaben höchstwahrscheinlich nicht nur von einigen, sondern von allen deutschen Fürsten gewählt, somit zum Alleinherrscher geworden.

Das Jahr 1080 schien dann für Rudolf von Schwaben den lang ersehnten Durchbruch zu bringen. Nachdem seine Streitmacht die Truppen Heinrich IV. bei Flarchheim erstmals besiegt hatte, wurde er endlich auch vom Papst Gregor VII. als König anerkannt. Über Heinrich IV. aber verhängte der Papst erneut den Bann und forderte: „Verhängt an dem genannten Heinrich so rasch euer Urteil, dass alle erkennen, er sei nicht durch Zufall, sondern durch euer Eingreifen gestürzt“. Am 15. Oktober 1080 trafen daraufhin die Heere der beiden deutschen Könige bei Hohenmölsen zur Entscheidungsschlacht aufeinander.

Zäh fochten Fußvolk und Reiterei miteinander, das Kampfgeschehen wogte im sumpfigen Gelände hin und her. Doch schließlich errang die Streitmacht Rudolfs, dank der Erfahrung des Heerführers Otto von Northeim, den Sieg. Heinrichs Truppen wurden in die angestauten oder Hochwasser führenden Bäche und Flüsse der Umgebung getrieben und ersoffen jämmerlich. Heinrichs Lager wurde geplündert. Eine vernichtende Niederlage.

Als die siegreichen Kämpfer, schwer mit Beute beladen, in ihr Lager bei Groitzsch zurückkehrten, mussten sie jedoch erfahren, dass ihr König, Rudolf von Schwaben, schwerste Verletzungen davongetragen hatte. Sein Unterleib war durchstochen und seine rechte Hand abgehauen worden.

Nicht von ungefähr würden sich bald Legenden darum ranken, wer ihm diese Wunden zugefügt hatte. Einmal wird Ferfried von Colonna genannt und somit eine frühe Aufwertung der Hohenzollern-Dynastie versucht, ein andermal eine Verbindung zum ersten Kreuzzug hergestellt, indem dessen vorgeblich heldenhafter Anführer Gottfried von Bouillon d. J. auch schon den Aufrührer Rudolf verstümmelte. Zumindest Herr Gottfried aber war bei Hohenmölsen gar nicht dabei...

Rudolf von Schwaben wurde in die Residenz seines Freundes Bischof Werner gebracht und in der „curia praepositurae“ südlich des Domes aufs Krankenlager gebettet. Doch selbst in Merseburg waren diese entsetzlichen Wunden Rudolfs nicht zu heilen. Er verschied am Tage nach der Schlacht.

Und sein Tod würde den schwer errungenen Sieg alsbald ins Gegenteil verkehren. Die Fürstenopposition zerfiel, Heinrichs Macht wuchs. Nach der Vertreibung Gregor VII. sollte Heinrich IV. sogar die Kaiserwürde erlangen.

Der Tod Rudolfs von Schwaben galt als Gottesurteil, bei seinen Gegnern allemal, aber wohl auch in breiten Kreisen der Bevölkerung. Immerhin war es die Schwurhand, mit der er ursprünglich seinem König Heinrich die Treue gelobt hatte und die ihm nun abgeschlagen worden war. Selbst Rudolf soll kurz vor seinem Tode noch einmal nach dieser, seiner abgetrennten Rechten verlangt und sich dementsprechend und reuevoll geäußert haben…

Nichtsdestotrotz wurde er königlich bestattet. Für Bischof Werner dürfte Rudolf von Schwaben sogar zum Heiligen geworden sein. Wahrscheinlich ließ er ihn in der Krypta des Merseburger Domes beisetzen, da wo noch heute ein Relief der segnenden Hand Gottes zu entdecken ist. Und die prächtige Bronzegrabplatte fand ihren Platz mitten in der Vierung - ja möglicherweise wurde aus diesem Anlass sogar ein Vierungsturm aufgesetzt? Die Inschrift der einst vergoldeten und mit Edelsteinen verzierten Grabplatte verkündet (übersetzt): „König Rudolf, gestorben für das Gesetz der Väter und mit Recht zu beweinen, ist geborgen in diesem Grab. Kein König wäre ihm gleich gewesen in Rat und Tat seit Karl [dem Großen], wenn er im Frieden geherrscht hätte. Wo die Seinen siegten, sank er hin als heiliges Opfer des Krieges. Der Tod ward ihm Leben: Für die Kirche ist er gefallen“.

Einer weiteren Legende nach soll Heinrich IV. nach jahrelanger Abwesenheit noch einmal nach Merseburg gekommen und angesichts dieser prunkvollen Bestattung gefragt worden sein, wie er eine solche Glorifizierung seines einstigen Widersachers dulden könne. Worauf Heinrich IV. angeblich antwortete, er wünschte, dass alle seine Feinde so herrlich begraben lägen...

Auch wenn die Grabplatte Rudolfs von Schwaben im Schmalkaldischen Krieg ihrer Edelsteine und Vergoldung verlustig ging, dürfte sie als Kunstwerk, als ihres Gleichen suchendes Kunstwerk, längst über Zeitläufte erhaben sein. Wem immer jedoch der Sinn nach Moralismen oder Spekulation steht, der kann sich in der Schatzkammer des Merseburger Domes eine mumifizierte Hand zeigen lassen, die meineidige Rechte Rudolfs von Schwaben vorgeblich.

 

 

 

Saladin

* 1138 in Tikrit als Salah ad-Din Yusuf ibn Ayyub ad Dawīnī, † 4.3.1193 in Damaskus, Sultan von Ägypten und Syrien

 

“Saladin war ein zierlicher Mann”, berichtet Tamin Ansary, “Er wirkte nachdenklich und hatte einen melancholischen Blick, doch mit einem Lächeln konnte er einen ganzen Raum erhellen. Er war wohltätig bis zur Selbstaufgabe, bescheiden im Umgang mit den Armen, doch hoheitsvoll gegenüber den Mächtigen. Er ließ sich von niemanden einschüchtern, aber er ließ sich nie dazu herab, andere einzuschüchtern, die weniger Macht hatten als er. Als Militärführer war er guter Durchschnitt. Seine Macht beruhte letztlich darauf, dass ihn die Menschen verehrten.“

Der Historiker Timothy C. Winegard schrieb über das Ende des Dritten Kreuzzuges unter Richard Löwenherz: Richards „erster Vorstoß gegen Jerusalem blieb im heftigen Regen und Schlamm des Monats November stecken, der in der Levante oft auch der schlimmste Monat für Malariaerkrankungen ist. ‚Krankheiten und Entbehrungen’ heißt es in einem Bericht, ‚schwächten viele so sehr, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnten.’ Auch ein zweiter Ansturm auf Jerusalem musste aufgrund von Malaria abgebrochen werden. […] Jerusalem, die Heilige Stadt, von der Richard immer geträumt hatte, war zum Greifen nah, konnte jedoch nicht erobert werden. Die Stechmücken hatten dafür gesorgt, dass Jerusalem in muslimischer Hand blieb. Richard und Saladin als De-facto-Herrscher der christlichen beziehungsweise der muslimischen Welt, die sich gegenseitig respektierten und schätzten, handelten ein Abkommen aus. Jerusalem sollte unter islamischer Herrschaft bleiben, allerdings sollte christlichen und jüdischen Pilgern sowie Händlern und Kaufleuten der freie Zugang ermöglicht werden, die Stadt sollte also eine ‚internationale’ Stadt werden. […] Das Heilige Land blieb in muslimischer Hand bis zum Ersten Weltkrieg, als der britische General Sir Edmund Allenby an Weihnachten 1917 triumphierend in die Heilige Stadt einzog.“

Erstaunlicherweise geriet Saladin im Orient in Vergessenheit und erfuhr erst durch das Erstarken des Panarabismus und des Panislamimus eine Renaissance. In der westlichen Welt hingegen tauchte Saladin immer wieder in Kunstwerken und der Literatur auf, so bei Walter von der Vogelweide, bei Dante und Boccaccio, bei Lessing und Voltaire oder Walter Scott, in der „Carmina Burana“ und in diversen Kino-Filmen.

Nicht zu letzt erweckte der deutscher Kaiser Wilhelm II. während seiner Orientreise das Interesse der Muslime, als er im Jahr 1898 das Grab Saladins in Damaskus besuchte und Saladin als einen „der ritterlichsten Herrscher aller Zeiten“ und als „Ritter ohne Furcht und Tadel, der oft seine Gegner die rechte Art des Rittertums lehren mußte“ rühmte.

 

 

 

Carl Adolph von Basedow

* 28.3.1799 in Dessau, † 11.4.1854 in Merseburg, deutscher Arzt

 

Merseburg, was mochte den jungen, aufstrebenden Arzt Carl Adolph von Basedow bewogen haben, sich 1822 in Merseburg niederzulassen? Humanistisch erzogen wurde er in Dessau, immerhin war sein Großvater der weithin geachtete Schulreformator und Gründer des Dessauer Philanthropins Johann Bernhard Basedow. Studiert hatte Carl August von Basedow sogar in Paris. Und seine Braut Luise Friederike Scheuffelhuth stammte aus Halle. Merseburg aber war seit kurzem Provinzialhauptstadt, Sitz diverser preußischer Behörden. Merseburg prosperierte.

Carl Adolph von Basedow bevorzugte jedoch keineswegs die Reichen und Mächtigen der Stadt, Dr. Basedow war für jedermann da, der seine Hilfe brauchte, tagein, tagaus. Und ungemein stieg sein Ansehen, als er die vermeintlich unheilbare Tochter des Kollegen Dr. Niemann erfolgreich operierte. Ständig bemühte er sich, sein Wissen und Können zu vervollkommnen. 1830 fuhr er nach Magdeburg, half dort vor Ort bei der Bekämpfung der ausgebrochenen Cholera-Epidemie. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sollten den Merseburgern alsbald zugute kommen. !832 stellten Dr. Basedow und Dr. Wach bei der Sektion eines Leichnams auch in Merseburg asiatische Cholera fest. 130 Opfer sollte die Seuche hier fordern, wer aber weiß, wie vielen Merseburgern Carl Adolph von Basedow durch Sachkundigkeit und unverzüglich eingeleitete Maßnahmen das Leben rettete!

Unermüdlich arbeitete Dr. Basedow, schrieb auch immer wieder viel beachtete Artikel für „Caspars Wochenschrift für die gesamte Heilkunde“. In seinem Haus in der Burgstraße, gegenüber der Stadtapotheke, dürften oft bis tief in die Nacht Kerzen gebrannt haben. Entspannung fand er, sobald es sein Tagwerk zuließ, in der unberührten Natur rings um Merseburg. Gern spazierte er mit Frau und Kindern durch die Aue, schritt zuweilen auch zur Jagd. Und eine besondere Vorliebe entwickelte er fürs Angeln. Stundenlang vermochte er in aller Abgeschiedenheit an den Ufern der Luppe, Elster oder Alten Saale zu hocken und sich auf Kommendes zu konzentrieren.

1840 dann gelang es Carl Adolph von Basedow die Symptome einer ihn schon längere Zeit beschäftigende Erkrankung zu beschreiben: Glotzäugigkeit, Kropf, beschleunigter Puls – fortan als Merseburger Trias bezeichnet. Obwohl Dr. Basedow die Ursachen dieser Schilddrüsenüberfunktionsstörung noch nicht zu erkennen vermochte, sprach man in Würdigung seiner Leistung alsbald von der Basedowschen Krankheit.

Kaum von geringerer Bedeutung war seinerzeit auch eine andere, nun so gut wie vergessene Beobachtung des Merseburger Doktors Basedow. Der Mode entsprechend tünchten viele und zumeist ärmere Leute ihre Stuben mit so genanntem Schweinfurter Grün. Carl Adolph von Basedow erkannte, dass dies im ureigensten Wortsinn ein giftgrüner Anstrich war, diese allseits verwandte Zimmerfarbe hochgiftiges Arsenik enthielt und deren Ausdünstungen bis dahin rätselhafte, nicht selten tödlich verlaufende Krankheiten verursachten. Eine für unzählige Menschen wahrhaft lebensrettende Erkenntnis! Nach hartnäckiger Intervention bei staatlichen Stellen erreichte Carl Adolph von Basedow schließlich das Verbot Schweinfurter Grüns.

1841 brachte sich Dr. Basedow auf ganz andere Art in den Mittelpunkt öffentlichen Interesses. Er inserierte in den „Merseburgischen Blättern“, dass er demjenigen 1 Taler Belohnung zahle, der seine verlorenen chirurgischen Instrumente zurückbringe. Doch sicherlich tat dies seiner Popularität keinen Abbruch, im Gegenteil. Der überarbeitete Mediziner eben.

1846 untersuchte er mit dem Stadtapotheker Hahn die so genannte Wunderquelle von Segel, konnte statt Heilsubstanzen aber nur eine ungewöhnliche Reinheit des Wassers feststellen. Doch offenbar wirkte allein schon der Name des Untersuchenden als Empfehlung. Beim nächsten Ausbruch der nur sporadisch sprudelnden Quelle wurde das Segeler Wasser fässerweise abgefahren.

In dieser Zeit war das Basedowsche Haus auch ein gesellschaftliches Zentrum Merseburgs. Stadtbekannt die Basedowschen Haustiere: Jagdhund, Kater, Kakadu, Rotkehlchen und Ziegenbock. Während Abendgesellschaften holte der nunmehrige Herr Sanitätsrat stets seine Geige, eine Amati, hervor und spielte, begleitet von seiner ältesten Tochter Hanni, für die Gäste auf. Beethoven mochte er besonders. Überhaupt war Carl Adolph von Basedow ein großer Musikliebhaber. Oft nutzte er einen Krankenbesuch in den Orten des Merseburger Landes, um den Dorfkirchen einen Besuch abzustatten, dort den Klängen der nicht selten kostbaren Orgelwerke zu lauschen. Und sein Schwager, der Dichter Wilhelm Müller, hat ihn sogar in einem Lied verewigt: „Im Krug zum grünen Kranze, da kehrt’ ich lustig ein…“, bezieht sich auf Carl Adolph von Basedow.

1848 wurde Dr. Basedow zum Kreisarzt berufen, eine Aufgabe, die er nach bestandener Zusatzprüfung de facto bereits seit 1834 erfüllte, und bezog mit seiner Familie ein Haus am Merseburger Rossmarkt. Über zu geringe Anforderungen konnte sich der neue Kreisphysikus gewiss nicht beklagen. Noch im Laufe des Jahres war das altehrwürdige Andreasheim als städtisches Krankenhaus herzurichten. Mit welchen Problemen sich Carl Adolph von Basedow dabei herumzuschlagen hatte, mag ein Paragraph aus den „Verhaltensregeln für sämmtliche Kranken im Krankenhause“ vom 1. Oktober 1848 andeuten: „Da es jedem Kranken wohltätig ist, in einem reinlichen Zimmer zu sein, so muß sich jeder in Acht nehmen, die Wände und sämmtliche Geräte in den Zimmern zu beschädigen oder zu besudeln, den Fußboden zu bespucken, mit Schuhen auf seinem Bette zu liegen“ usw.

1849 grassierte in Merseburg wieder die Cholera. Von Juni bis Oktober waren 200 Opfer zu beklagen. Dr. Basedow verbot für dieses Jahr die Durchführung des beliebten, stets Anfang Juli gefeierten Merseburger Kinderfestes. Eine beachtliche Entscheidung. 1850 aber brach die Seuche erneut aus. Zwar gelang es, die Epidemie nun schon nach drei Monaten einzudämmen, doch starben noch 20 Merseburger mehr als im Vorjahr. In diesem Jahr überstieg in Merseburg die Anzahl der Todesfälle die der Geburten bei weitem. Allerdings sollte dies die letzte Epidemie in Merseburg gewesen sein.

Ein prominentes Opfer sollte eine Seuchenerkrankung hier aber noch fordern. Im Frühjahr 1854, kurz nachdem Dr. Basedow in der Merseburger Oberburgstraße eine neue Praxis bezogen hatte, sezierte er in Runstädt einen an Typhus verstorbenen Holzwarenhändler aus dem Eichsfeld. Carl Adolph von Basedow infizierte sich und starb nur wenige Tage darauf „fünfundfünfzig Jahr zwei Wochen alt“ (wie sein Grabmal auf dem Merseburger Stadtgottesacker bekundet). Zahllose Merseburger gaben ihm die letzte Ehre, am Karfreitag, wahrlich ein Trauerzug. Im Merseburger Kreisblatt stand zu lesen: „Ach, sie haben einen braven Mann begraben und uns war er mehr!“

 

 

 

Tycho Brahe

* 14.12.1546 auf Schloss Knustorp, Schonen, † 24.10.1601 in Prag, dänischer Astronom

 

Was muss ein Astronom, dem die Blase platzt, am Ende für Sterne gesehen haben? Dies umso mehr, wenn er infolge es Duells eine goldene Nase hatte!

Tycho Brahe war in Prag zu einem Festbankett Kaiser Rudolph II. geladen, Oktober 1601. Da dürften sich die Tische unter Kapaunen, Trüffeln, Hummern, Knödeln gebogen haben, und das Bier, das gute tschechische, dürfte in Strömen geflossen sein. Prosit! Allerdings verbot die Hofetikette strikt, sich vor dem Kaiser vom Bankett zu erheben. Und der saß und saß und saß, tafelte und tafelte und tafelte…

Tycho Brahe wird seine Tischnachbarn unterhalten haben, gut unterhalten. Keine Frage, er hatte Interessantes zu erzählen: Über die Sonnenfinsternis des Jahres 1560, die sein Verlangen, die Sterne zu beobachten weckte. Über seinen Streit, ausgebrochen wegen einer mathematische Formel, der sich zum Duell auswuchs, in dem ihm sein Cousin die Nase absäbelte. Über seine Beschreibung der Supernova des Jahres 1672, die ihn als Astronom berühmt machte. Über seinen Augsburger Quadranten, das erste Präzisionsgroßmessgerät der Astronomie. Über die Sternwarten Uraniborg und Stjerneborg, die ihm der dänische König finanzierte, und in denen er mehr als zwanzig Jahre lang den Himmel durchforschte. Über seine Entwicklung eines Kompromisses zwischen dem ptolemäisch-geozentristischen und dem kopernikalisch-heliozentristischen Weltbild, über das tychonischen Weltbild. Über seine Berufung als Hofmathematiker durch den Kaiser. Über seine Begegnung mit Johannes Kepler schließlich, und über…

Doch allmählich begann ihm die Blase zu drücken, drückte mehr und mehr, drückte schmerzhaft. Und der Kaiser saß und saß und saß, und tafelte und tafelte und tafelte. Prosit!

Tja, mehr bleibt da wohl nichts zu erzählen.

 

 

 

Sophie Germain

* 1.4.1776 in Paris, † 27.6.1831 ebd., französische Mathematikerin

 

Da Frauen zu ihrer Lebenszeit noch keine Universitäten besuchen durften, eignete sie sich ihr mathematisches Wissen im Selbststudium an. Ab 1804 korrespondierte sie mit Carl Friedrich von Gauß, allerdings anfangs noch unter dem Namen eines Studenten, der ihr einst seine Vorlesungsmitschriften zur Verfügung gestellt hatte und in den Wirren der Französischen Revolution ums Leben kam: Auguste Antoine Le Blanc. Sophie arbeitet vor allem am Satz von Fermat, stellte hierbei eine Vermutung für Primzahlen auf, die später Sophie-Germain-Primzahlen genannt wurden und veröffentlichte 1821 ein Buch über elastische Oberflächen: „Recherches sur la théorie de surfaces élastiques“.

Bevor ihr die Universität Göttingen auf Vorschlag von Gauß 1831 die Ehrendoktorwürde verleihen konnte, starb Sophie Germain im Alter von 55 Jahren an Brustkrebs.

 

 

 

Waldemar Ernst Jungner

* 19.6.1869 in Vilske-Kleva, † 30.8.1924 in Kneippbaden, schwedischer Erfinder

 

Waldemar Ernst Jungner entwickelte den ersten Feuermelder namens „Pyrofonen“, arbeitete an der elektrochemischen Herstellung von Soda, an elektrischen Schlauchförderern und an Gesteinsbohrern, bevor der die erste wiederaufladbare Batterie erfand. Im Jahr 1900 absolvierte ein Auto mit seiner Silber-Cadmium-Batterie in Stockholm eine 150 Kilometer lange Testfahrt mit nur einer Ladung. Aufgrund der hohen Kosten für Silber und Cadmium entwickelte er zudem dann noch eine kostengünstigere Nickel-Cadmium- sowie eine Nickel-Eisen-Batterie.

Die von ihm gegründete Firma „Ackumulator Aktiebolaget Jungner“ geriet durch Patentstreitigkeiten mit Thomas Edison in finanzielle Schwierigkeiten. Und als dann 1905 sein Produktionsgebäude niederbrannte, gab Jungner seine Erfindung für jeden anderen Hersteller frei.

Waldemar Ernst Jungner starb im Alter von 55 Jahren an ein er Lungenentzündung.

  

 

 

Karl Emil Franzos

* 28.10.1848 in Czortków, Podolien, † 28.1.1904 in Berlin, österreichischer Schriftsteller

 

Ich musste in der kleinen jüdischen Gemeinschaft ebenso meine Pflicht tun wie in der großen deutschen.

Am Czernowitzer Gymnasium hatte Karl Emil Franzos begonnen, sich für die deutsche Kultur zu begeistern. Der Historiker Harald Sewann berichtete: Sein „Gymnasium blieb ihm zeitlebens ein Ideal deutscher Bildung und Toleranz. In den Ferien nutzte er die Gelegenheit, in die Welt des Ghettos der galizischen Ortschaften Einblick zu gewinnen, und so sehr ihn das Geheimnisvolle und poetisch Anmutende dieser nahezu archaischen Welt der Schtetl anzog, so irritierte ihn gleichermaßen die Unduldsamkeit des Chassidismus, der tiefreligiösen Bewegung des osteuropäischen Judentums. Trotz der mosaischen Religionszugehörigkeit seiner Familie, der auch er ein Leben lang selbstbewusst anhing, war er seit Kindheitstagen an dem ihn umgebenden Judentum der Czernowitzer Gemeinde nicht interessiert.“

Neben Novellen und Erzählungen verfasste Karl Emil Franzos auch „Kulturbilder“ wie „Vom Don zur Donau“ oder „Aus der großen Ebene“. Über diese ethnografischen Schriften urteilte der Lexikograph Salomon Winninger: „Kein zweiter Dichter deutscher Sprache hat gleich Franzos die Poesie jenes halb oder ganz barbarischen Stoffgebietes mit solcher Schöpferkraft herausgehoben. Neben ihm verschwinden alle andern Darsteller des jüdischen Volkslebens.“

Und Karl Emil Franzos war auch gern in Deutschland unterwegs, schrieb so seine „Reise- und Kulturbilder aus Anhalt und Thüringen“. Und über Berlin, wo er im Alter von 55 Jahren infolge Herzbeschwerden starb, sagte er: Berlin ist nur eben aus einer unhistorischen, großen, armen eine ebensolche riesige, reiche Stadt geworden; der Grundcharakter ist derselbe geblieben…

 

 

 

Theodor Gottlieb Hippel

* 31.1.1741 in Gerdauen, Ostpreußen, ab 1790: von Hippel, † 23.4.1796 in Königsberg, deutscher Frauenrechtler

 

Theodor Gottlieb Hippel war erst Kriminaldirektor, dann Oberbürgermeister und schließlich Stadtpräsident von Königsberg und ein Freund Immanuel Kants. Und Hippel schrieb: Romane, Lustspiele, Gedichte und philosophische Abhandlungen.

Seine Werke „Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber“ und „Über die Ehe“ gelten als klassische Texte der deutschen und europäischen Frauenrechtsbewegungen.

Theodor Gottlieb Hippel heiratete nie und starb im Alter von 55 Jahren.

 

 

 

Kalki

* 9.9.1899 als R. Krishnamurthy in Puttamangalam, † 5.12.1954 in Chennai, tamilischer Schriftsteller

 

Kalki gilt als Begründer des historischen Romans in der tamilischen Literatur und engagierte sich in der indischen Freiheitsbewegung.

Mehrfach wurde er wegen seiner Schriften inhaftiert. Im Alter von 40 Jahren verfasste er das Drehbuch für den erfolgreichsten tamilische Film dieser Zeit: „Thyagabhoomi“. Zwei Jahre später gründete Kalki eine eigene Zeitschrift: „Kalki“, deren Hearsugeber er bis zu seinem Tode blieb. Und er schrieb immer wieder Texte für Filmsongs.

Schwer zu sagen, ob er sich bei der Wahl seines Künstlernamens davon leiten ließ, dass „Kalki“ im Hinduismus die zehnte und letzte Inkarnation Vishnus ist.

 

 

 

Salah Jahin

* 25.12.1930 als Mohamed Salah Eldin Bahgat Ahmad Helmy in Kairo, † 21.4.1986 ebd., ägyptischer Autor

 

Salah Jahin war Dichter, Dramatiker, Liedertexter sowie Karikaturist, und er bewunderte Gamal Abdel Nasser als Revolutionär.

In seinen berühmten „Quatrains“ brachte Jahin seine Gefühle und Ansichten über Leben, Existenz, Gut und Böse zum Ausdruck brachte. Jeder Vers endete mit einem ironischen Ausdruck „Agabi - wie seltsam!“.

Nach dem Tod Nassers sagte Jahin in einem Interview, dass er sich zunehmend wie Hamlet fühle und Nassers Nachfolger Sadat für ihn den verräterischen Claudius verkörpere.

Im Jahr darauf schrieb er das epische Gedicht „Ala Esm Masr“, das die Geschichte Ägyptens von der Pharaonenzeit bis zur Gegenwart erzählt. Jeder Vers endete patriotisch mit „Ala esm Masr -  Im Namen Ägyptens":

Meine Adern pulsieren mit tausend Melodien und Rhythmen.

Im Namen Ägyptens.

 

 

 

Moses Mendelssohn

* 6.9.1729 in Dessau, † 4.1.1786 in Berlin, deutscher Philosoph

 

Moses Mendelssohn gilt als wichtigster Wegbreiter der Haskala, der jüdischen Aufklärung. Er trat vehement für eine uneingeschränkte Gedanken- und Redefreiheit ein und meinte, dass die Grenzen der Aufklärung nicht durch Gesetze und Zensurmaßnahmen, sondern vom einzelnen Aufklärer durch Aufrichtigkeit und Abwägung von Umständen und Zeit bestimmt werden sollten. Aufklärung hemmen, ist in aller Betrachtung und unter allen Umständen weit verderblicher, als die unzeitigste Aufklärung. (…) Das Übel, welches zufälligerweise aus der Aufklärung entstehn kann, ist außerdem von der Beschaffenheit, dass es in der Folge sich selbst hebt.

Seit 1771 von einer Krankheit geschwächt, versuchte Mendelssohn, sich bei der Übersetzung der biblischen Psalmen (erschienen 1783 und korrigiert 1788) zu erholen, und begann mit den Vorarbeiten zu seiner deutschen Übersetzung des Pentateuch. In hebräischen Buchstaben neben dem Urtext abgedruckt und ausführlich auf Hebräisch kommentiert, sollte sie Juden die Bibel und gleichzeitig die deutsche Sprache näher bringen; sie erschien von 1780 bis 1783“, weiß Wikipedia. „Mendelssohn wurde in der liberalen Ära in Westeuropa sowohl vom Reformjudentum als auch dem orthodoxen Judentum als Vorbild in Anspruch genommen. Er diente auch als Wegweiser für den Kampf um Emanzipation. In Osteuropa war er umstritten. Die bildungsfeindlichen Orthodoxen sahen in ihm den Verführer zum Abfall vom jüdischen Glauben und der traditionellen Lebensführung. Die Aufgeklärten dagegen verehrten in ihm den Vorkämpfer für ihre erzieherischen und sozialen Ziele.“

Moses Mendelssohn war mit Gleim befreundet, der ihm eine Ode widmete. Und Lessing diente er als Vorbild für „Nathan den Weisen“.

 

 

 

Boris Jefimowitsch Nemzow

* 9.10.1959 in Sotschi, † 27.2.2015 In Moskau, russischer Politiker

 

Nach der Ermordung Boris Nemzows schrieb der Journalist Michael Thurmann: „In Russland herrscht eine Hexenjagd, in der die öffentliche Bloßstellung von Oppositionellen und politischen Gegnern Putins zum Tagesgeschäft gehört. Das Fernsehen hetzt gegen die Opposition, behauptet, sie sei vom Ausland bezahlt und würde den vom Volk geliebten Putin stürzen wollen. Putin selbst spricht immer wieder von ‚Staatsfeinden im Innern‘, die Russland zerstören wollten. Es ist der staatlich geförderte Hass, der Boris Nemzow umgebracht hat.“

Dabei schien Boris Nemzow im nach-sowjetischen Russland steil Karriere zu machen: 1991 wurde er Gouverneur der Oblast Nischni Nowgorod, unter Jelzin fungierte er als Vizeministerpräsident der Russischen Föderation und war möglicher Nachfolger Jelzins, der sich dann jedoch für Putin entschied,  im Gespräch. Nemzow zog sich aus der Regierung zurück, ging in die Opposition, begann Putin zu kritisieren – erstmals öffentlich im Jahr 2000 nach dem Untergang des Atom-U-Bootes „Kursk“- , veröffentlichte 2004 einen Artikel mit dem Titel „Über die Gefahr des Putinismus“, und war Hauptredner der Proteste gegen die Wiederwahl Putins 2012.

Im Jahr 2014, nach der Okkupation der Krim organisierte Boris Nemzow in Moskau den Friedensmarsch  „Für Russland und Ukraine ohne Putin!“ und sagte: Den Krieg mit der Ukraine fing Putin an, weil er eine Wiederholung des Maidan in Moskau fürchtete, um zu demonstrieren, dass eine Revolution im Chaos endet und die Menschen die Staatsmacht nicht auf diese Art beseitigen können.

Im Alter von 56 Jahren wurde Boris Nemzow in Sichtweite des Kremls, auf der Großen Moskwa Brücke, durch vier Schüsse aus einer Makarow-Pistole erschossen.

 

 

 

Emily Elizabeth Dickinson

* 10.12.1830 in Amherst, Massachusetts, † 15.5.1886 in ebd., amerikanische Dichterin

 

Ich bin Niemand! Wer bist du?

Noch ein Niemand mehr dazu?

Schon sind wir ein Paar im Land!

Still, sonst werden wir verbannt!

 

Wie öde – Irgendwer – zu sein!

Gemein – dem Frosch gleich – stumpf

Den eignen Namen auszuschrein –

Für den Applaus im Sumpf!

 

„Das Leben der Dichterin verlief äußerlich völlig undramatisch“, berichtet Lola Gruenthal im Nachwort einer Auswahl von Dickinson-Gedichten. „Emily Elizabeth Dickinson wurde am 10 Dezember 1830 in der kleinen Universitätsstadt Amherst, Massachusetts geboren. Sie starb am 15. Mai 1886 in dem Haus, in dem sie geboren wurde. Der Radius ihrer täglichen Aktivitäten beschränkte sich auf ihr Elternhaus und den Garten, dessen Grenzen sie kurz nach ihrem dreißigsten Lebensjahr nicht mehr überschritt.“

 

Vorahnung – ist der lange Schatten – auf dem Grün –

Der anzeigt, daß die Sonnen untergehn –

 

Bekanntmachung an den bestürzten Garten –

Einbruch der Dunkelheit ist zu erwarten.

 

„Der Verzicht auf alles Unwesentliche gibt den Gedichten ein atemberaubendes Tempo, hier schreibt jemand, der um sein Leben läuft“, urteilte Manuela Reichert in einer Rezension zu Dickinson-Gedichten.

 

Der Glaube als Erfindung dient

Den Herrn, sofern sie klar sehn;

Doch Umsicht lehrt das Mikroskop

Wenn wir uns in Gefahr sehn.

 

„Es liegt nahe, zu behaupten, daß Emily Dickinsons Gedichte und Briefe die einzigen authentischen Aufzeichnungen über die wesentlichen Ereignisse enthalten, die ihr Schicksal bestimmten. Aber schon bei dieser ‚naheliegenden’ Behauptung fühlt man sich zurechtgewiesen von ihren Worten: Tell all the Truth but tell it slant – mit denen sie, wie an vielen anderen Stellen, jede direkte Aussage verweigert. Immer wieder führt sie den Leser unmittelbar an den Schauplatz ihres inneren Erlebens und lässt ihn, auf seine eigene Erlebnisfähigkeit vertrauend, teilnehmen, ohne ihm dabei einen Einblick in die persönlichen Hintergründe zu gestatten.“ (Gruenthal)

 

Den Sommerhimmel sehn

Ist Poesie, selbst wenn sie nie in einem Buch erschien –

Wahre Gedichte fliehn -

 

Nur sieben der 1.775 Gedichte, die sie schrieb, wurden zu ihren Lebzeiten veröffentlicht. Emily Dickinson starb im Alter von 55 Jahren laut Kirchenbuch von Amherst an „Bright’s desease“, an einem Nierenleiden also.

 

Wenn ich sterben sollt’

Und du leben bleibst –

Und die Zeit geht sprudelnd hin –

Und der Morgen strahlt –

Und der Mittag glüht –

Wie von Anbeginn –

Wenn Vögel früh am Bauen sind

Und Bienen gleichfalls rege,

Dann löste man aus freier Wahl

Die irdischen Verträge!

Es tröstet, daß die Aktien stehn,

Wenn wir im Garbe liegen,

Daß die Geschäfte weitergehn –

Und flott die Frachten fliegen –

Es macht den Abschied heiter,

Da unsere Seele spürt:

Das muntere Stück auf Erden

Wird glänzend inszeniert!

 

 

 

Okwui Enwezor

* 23.10.1963 in Calabar, † 15.3.2019 in München, nigerianischer Kurator

 

Beeindruckend eine Auswahlliste von Ausstellungen, die Okwui Enzewor kurarierte: „Snap Judgements: New Positions in African Photography“ im International Center of Photography, New York, „The Short Century: Unabhängigkeits- und Befreiungsbewegungen in Afrika 1945–1994“ im Museum Villa Stuck, München, „Century City“ in der Tate Modern, London, „Mirror’s Edge“ im Bildmuseet Umeå, „David Goldblatt: Fifty One Years“ im Museu d’Art Contemporani de Barcelona, oder „In/Sight: African Photographers, 1940-Present“ im Guggenheim Museum, New York.

Er leitete die zweite Johannesburg-Biennale, die documente 11 in Kassel, „La Triennale“ in Paris und die „Dublin Contemporary“, die 7. Gwangju-Biennale in Südkorea sowie „Meeting Points 6“, ein Projekt für Performance und visuelle Kunst in acht Städten: Amman, Beirut, Berlin, Brüssel Damaskus, Kairo, Tanger und Tunis. Und von 2011 bis 2018 war er Direktor des Hauses der Kunst in München.

Aufsehen erregte weltweit, als Okwui Enwezor im Jahr 2015 als Kurator der 56. Biennale von Venedig „Das Kapital“ von Karl Marx vollständig vorlesen ließ.

Das letzte Ausstellungskonzept, an dem er, schon schwer an Krebs erkrankt, arbeitete, hieß „Grief and Grievance: Art and Mourning in America“ und handelte vom Trauern schlechthin, doch auch von Trauer und Wut über ein zunehmend unfaires Land. Er wollte verdeutlichen, wie tief Rassismus in der Geschichte wie der Gegenwart der USA verwurzelt ist. Die Kernaussage des Konzepte lautet: Über nicht weiße Opfer von Gewalt oder von Naturkatastrophen wird im Land anders getrauert. Weiße Gewaltopfer werden öffentlich beklagt, der Gram wird politisch inszeniert. Tote aus anderen Bevölkerungsgruppen hingegen würden eher hingenommen…

In München, in Deutschland, fühlte sich Okwui Enzewor nicht mehr wohl. Der Anblick von Rechten, die zunehmend auch in der Nähe seiner Wohnung demonstrierten, frustrierte ihn. Er sagte, er fühle sich grundsätzlich nicht als Opfer, es werde ihm nun aber bewusst, wie er hier offenbar von nicht wenigen wahrgenommen werde: „Als Afrikaner in einer überwiegend monokulturellen Stadt bin ich einer, der außen vor steht.“

„Grief and Grievance: Art and Mourning in America“ wurde im Februar 2021, knapp zwei Jahre nach Okwui Enzewors Tod, im New Museum in New York eröffnet und gilt nunmehr als sein Vermächtnis.

 

 

 

August Wilhelm Iffland

* 19.4.1759 in Hannover, † 22.9.1814 in Berlin, deutscher Schauspieler

 

Nachdem August Iffland mit 23 Jahren den Franz Moor in der Uraufführung der „Räubern“ gespielt hatte, sagte Schiller: . „Deutschland wird in diesem jungen Mann noch einen Meister finden.“ Und als er im Alter von 37 Jahren in Weimar gastierte schrieb Goethe in Ifflands Stammbuch: „Viel von Künsten und Künstlern wird immer in Deutschland gesprochen; / Angeschaut haben wir nun Künstler und Künste zugleich.“

Mit zweiundvierzig stand er erstmals in Wien auf der Bühne und die Presse schrieb: „Der k. k. Hoftheaterdirektion, die keine Kosten scheut, die seltensten Talente herbey zu rufen, verdanken wir gegenwärtig das Vergnügen, Herrn Iffland bewundern zu können. Dieser von allen Bühnen als Muster geachtete Künstler erfüllt auch die höchste Erwartung, und feyert in jeder Rolle einen Triumph der Kunst.“

Und nach einem Auftritt in Berlin im Alter von 49 Jahren war zu lesen: „Gestern trat Herr Iffland nach seiner Zurückkunft aus Wien zum Erstenmal wieder auf dem hiesigen Theater […] auf. Blumenkränze aus den Seitenlogen aufs Theater geworfen, sagt eine unserer Zeitungen, und allgemeiner Jubel aller Anwesenden empfiengen den großen Künstler, der am Schlusse des Stücks die sehnlich gewünschte Versicherung gab, daß er sich von seinen lieben Berlinern nicht trennen werde. Der ganze Abend war ein Triumph der Kunst und der Liebe.“

Goethe schenkte Iffland zwei, mit Satyr-Köpfen verzierte Knöpfe, angeblich von seinem Rock, um den bedeutendsten Schauspieler seiner Zeit auszuzeichnen. Diese Tradition wird seitdem jeweils nach dem Tode des Geehrten fortgesetzt. Nach Iffland erhielten Ernst von Possart, Werner Krauß, Gustaf Gründgens, Martin Benrath und Sunnyi Melles diese Knöpfe.

Der Iffland-Ring, ein mit dem Porträt Ifflands verzierter, diamantbesetzter Eisenring, scheint darauf zurückzugehen, dass Iffland in Anspielung auf die Ringparabel Lessings „Nathan der Weise“ Ringe an Freunde verschenkte. Daraus erwuchs, dass ein Träger dieses Rings diesen testamentarisch an den seiner Meinung nach „würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters“ auf Lebenszeit verleiht. Erstmals fand sich diese Bestimmung im Nachlass des 1911 verstorbenen Schauspielers Friedrich Haase. Seitdem trugen Albert Bassermann, Werner Krauß, Josef Meinrad, Bruno Ganz und Jens Harzer den Iffland-Ring.

 

 

 

Cosme San Martin Lagunas

* 27.9.1849 in Valparaíso, † 1.4.1906 in Santiago de Chile, chilenischer Maler

 

Im Alter von 16 Jahren begann Cosme San Martin an der Escuela de Ballas Artas zu studieren und mit Neunzehn dort zu unterrichten. Mit Sechsundzwanzig gewann er mit seinem Gemälde „Jesús y Maria Magdalena“ einen Stipendium für einen Studienaufenthalt in Europa und wurde wieder daheim Professor für Zeichen und Lithografie an der Academia de Pintura. Im Alter von 37 Jahren folgte er seinem Lehrer Juan Mochi als Direktor der Escuela de Ballas Artas nach.

Cosme San Martin Lagunas prägte eine ganze Generation nachfolgender chilenischer Künstler wie Alberto Valenzuela Llanos oder Pablo Burchard Eggeling.

Zugegeben, Cosme San Martin hatte Jeanny und mich nicht nach Valparaiso gelockt, sondern Pablo Neruda. Dabei nennt ihn eine Liste großer Persönlichkeiten dieser Stadt, mit an vorderster Stelle, und zu recht. Als Maler und Professor für Zeichnen und Lithografie prägte Cosme San Martin eine ganze Generation chilenischer Künstler. Seine Werke hängen in wichtigen Museen des Landes.

Ausflug also nach Valparaiso und Vina del Mar. Über die neue Autobahn, durch malerische Kordillerentäler, vorbei an Kupferminen und Weingütern erreichen wir nach etwas anderthalb Stunden die alte Hafenstadt Valparaiso, pittoresk sich auf etlichen Hügeln an weiter Bucht sich hinstreckende urwüchsige Siedlung meist bunter Häuser. Ob dieses einzigartigen Gesamteindrucks, der nachvollziehen lasse, wie eine Drehscheibe globalen Handels vor 100 Jahren aussah, als dies noch der wichtigste Pazifikhafen Südamerikas war, wurde die Stadt 2003 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Und was ich kaum zu hoffen gewagt hatte, wird wahr: Wir besichtigen sogar La Sebastiana, Nerudas hiesiges Haus. Da stimmt doch seine „Ode an Valparaiso“ bestens ein:

 

Valparaiso,

wie töricht

du bist,

wie toll, du ausgelassener Hafen,

was für ein hügliges

zerzaustes

Haupt, nie hörst du auf,

dich zu kämmen,

niemals

hattest du

Zeit, dir ein gewand anzulegen,

immer

überraschte

das Leben dich,

weckte dich der Tod,

im Hemd,

in weiten Unterhosen

mit farbigen Fransen…

 

Ein weiteres Haus hatte Neruda in Santiago und das bekannteste wohl steht in Isla Negra, etwas 100 Kilometer von hier. La Sebastiana bietet herrliche Ausblicke über die Stadt, den Hafen, die Bucht sowie verspielte Innenansichten. Fünf Stockwerke, alle in anderen Grundfarben, voller skuriller Mitbringsel aus aller Welt und bestaunenswerte Möbel. Unterm Dach sein Arbeitszimmer. Da verharrt man dann schon mal ein Weilchen…

Neruda starb am 23. September 1973, nur 12 Tagen nach dem Pinochet-Putsch, der seinem Freund Allende das Leben gekostet hatte, an Krebs, doch wohl auch an gebrochenem Herzen. Seine Beerdigung am 25.9.1973 in Santiago de Chile wurde dann zum ersten zaghaften, aber unvergessenen Protestmarsch gegen den Diktator.

Von La Sebastiana schlendern wir durch Gassen und fahren mit einer der zahlreichen museumsreifen Standseilbahnen hügelabwärts, spazieren am Denkmal für Admiral Prat, der in Chile verehrt wird, obwohl er die einzige Seeschlacht des Landes verlor (den Salpeterkrieg gewann dann Chile allerdings gegen Peru und Bolivien – was offenkundig heute noch zu Spannungen zwischen diesen Ländern führt), gelangen so zum Pier.

Weiter dann im Bus in den nur wenige Kilometer entfernten Luxus-Badeort Vina del Mar. Schlagartig verpufft aller Flair – Betonklötze an Betonpromenade, seltsame Moderne. Hochbetrieb im piekfeinen Spielkasino schon am frühen Nachmittag. Nee, das ist nichts für uns.

 

  

 

 

Muhammad Shamsuddeen III

* 20.10.1879, † 12.3.1935 in Male, Sultan der Malediven

 

Muhammad Shamsuddeen III herrschte nicht nur lange Zeit in diesem Inselreich, sondern beförderte wohl auch die Entwicklung maledivischer Musik. Klingt gut.

Jeanny und ich besuchten im Jahr 2012 die Malediven: Von Colombo kommend  landen  wir nach knapp einstündigem Flug wir in Male der Hauptstadt der Malediven. Man landet quasi mitten im Indischen Ozean. Nahe der Flughafeninsel Hulule die Hauptstadtinsel mit ihren bunten, dicht bei dicht stehenden, mehrstöckigen Gebäuden. Wir werden jedoch sogleich zum nächsten Flughafenterminal gefahren, fliegen mit einem Wasserflugzeug weiter zu unserer Urlaubsinsel im Raa-Atoll. 40 Minuten in geringer Höhe über eine paradiesische Landschaft mit all den Atollen und Inseln, den türkisfarbenen Lagunen.

Schon beim Anflug ist zu sehen, dass Meedhupparu, wo wir nun eine Woche Baden, Schnorcheln, Genießen wollen, vollständig bewaldet und eine der größten Inseln des Atolls ist (etwa 700 Meter lang, 300 Meter breit). Freundlicher Empfang, kleine Einweisung und schon haben wir den Schlüssel für unser Inseldomizil in der Hand, ein Bungalow direkt am weißen Strand, Veranda, davor Liegen unter Palmen, wow.

Meedhupparu erweist sich als reine Ferieninsel, keine einheimischen Bewohner, und schon beim ersten Rundgang zeigt sich, dass das Paradies zweigeteilt ist: die Nordspitze, wo Wasserbungalows stehen, ist abgezäunt. Aha, andere Preisklasse… Verdächtig oft (und laut) hört man’s hier Russisch palavern. Und auch die Inselmitte ist restricted area: hier grummelt das Kraftwerk und wohnt die staff – alles Männer auf den streng muslimischen Malediven, also keine Zimmermädchen z.B., sondern ausschließlich Zimmerboys… Und die staff ist streng hierarchisch (um nicht zusagen rassistisch) organisiert: auf der untersten Stufe – fürs Wege Kehren und für Gartenarbeiten – stehen Bangladeshi, Kellner und Barleute sind Inder oder Srilanker und nur auf gehobenen Positionen scheinen Malediver zu finden.

Beim ersten Schnorcheln dann eine weitere Ernüchterung: dies ist hier nicht mal mehr ein halbes Paradies, denn das Hausriff scheint so gut wie tot. Nachwirkung des Tsunamis von 2004? Von El Niños? Fische tummeln sich in großer Vielfalt, doch bis auf einige braune und blaue Gehirnkorallen scheinen andere Korallenarten abgestorben, liegen als bleiche Skelettteile am Meeresboden. Kein Vergleich zum Roten Meer, zu unseren Schnorchel-Erfahrungen südlich Hurghadas! Keine Frage, wir hatten sogar mehr erwartet hier (nicht zuletzt aufgrund vollmundiger Werbung) und sehen nun, dass alles weniger ist. Denn auch das all-inklusiv-Angebot hat knapp den weltweit üblichen Standard, hat absolut nichts Besonderes, nichts Exotisches. Allein der Büffet-Standard in „unseren“ srilankischen Hotels war einige Klassen besser!

Dennoch irgendwie keine Enttäuschung, sonder – wie gesagt – Ernüchterung. Die Traumorte, die eine expandierende Tourismus-Industrie immer eindringlicher vorgaukelt, existieren wohl immer weniger auf Erden. Da werden Bedürfnisse geweckt, die letztlich immer weniger erfüllbar sein werden – selbst für die Reichen in ihren angegrenzten Bereichen bald nicht mehr.

Aus einem Reiseführer erlese ich dann, dass der erbarmungswürdige Zustand zahlreicher hiesiger Riffs auf die so genannte Korallenbleiche zurückzuführen sei, als im April/Mai 1998 die Gewässer in Äquatornähe mehrere Wochen lang 2-3°C zu warm waren und zum Absterben der meisten Korallen führte. Es zeige sich aber hie und da wieder erstes Leben an den Riffs. Und tatsächlich entdecke ich beim genauen Hinsehen die eine und andere kleine Blaukoralle. Geb’s Gott.

Mit dem Dhoni (dessen traditionelle Ausführung an Heyerdahls Ra erinnert – klar, im Raa-Atoll…) schippern wir zu einer der Nachbarinseln, nach Inguraidhoo, keine Urlauber-, sondern ein „richtiges“ Maledivisches Eiland. Wir besichtigen die Siedlung, sehen, dass es hier Dhoni-Werften gibt. Solide Handarbeit: an großen Exemplaren werkeln 15 Zimmerleute wohl bis zu anderthalb Jahren. Aber heute ist Samstag, alle Männer dösen vor ihren bescheidenen Häusern in Hängematten. Frauen sieht man schon mal mit Schubkarren… 1.200 Einwohner hat das Dorf. Es gibt einen Kindergarten, eine Schule, wo Kinder von der 1. bis zur 10. Klasse unterrichtet werden, die 11. und 12. Klasse der Highschool kann auf einer Nachbarinsel besucht werden, studiert wird in Male. Drei Moscheen sehen wir, und die männliche Jugend knattert mit Motorrädern auf den Sandwegen hin und her. Es gibt ein Hospital mit einem Arzt und drei Krankenschwestern, und das Minarett wird vom Sendemast, gespickt mit Satellitenschüsseln und Handyantennen, überragt. Und an der Wand der Inselverwaltung steht groß und stolz die Internetadresse dieses Eilands.

Laut Statistik gibt es auf den Malediven im Februar einen Regentag. Und den erleben wir: warme, weiche Tropenschauer. Die Außendusche unseres Bungalows gewinnt plötzlich eine Möglichkeit hinzu. Und nach dem Regen fühlt man sich wie im Gewächshaus.

Paradies hin, Paradies her (das wir unbedingt erleben wollten, bevor ein ansteigender Meeresspiegel womöglich den Archipel versenkt) – acht Tage hier sind mehr als genug: auf ewig die gleichen Abläufe, ewig die gleichen Leute, ewig die gleichen Gerichte (und nicht mal „Colombo“…), die gleichen Getränke – ein Hauch von Klaustrophobie. Selbst über die Rifffische wüssten wir zu guter Letzt, wer wann wo zu finden ist: Hallo Nemo, hallo Drücker, hallo Barsch…

Am Ende scheint es, als ob die Malediven uns nicht loslassen wollten: Schon im Wasserflugzeug beim Rückflug erhält der direkt vor uns sitzende Pilot Nachricht, dass der Flughafen Male wegen eines Unwetters geschlossen sei. Zwischenwasserung vor Summer Island im Nord-Male-Atoll. Beine Vertreten auf dem Landungssteg, denn auf die Insel dürfen wir nicht… Nach einer guten Stunde Wartens Weiterflug. Und dass diese Zwischenstation verdammt notwendig war, sehen wir dann in Male: ein Wasserflugzeug hat den Start oder die Landung offensichtlich nicht geschafft, liegt mit einem Flügel nach oben, Schnauze nach unten im Wasser des Air-Taxi-Hafens. Ich lobe unseren Piloten: Thanks for good flying! Und er grinst und sagt: Keine Ursache, unser Co-Pilot hat heute Geburtstag! Also denn: Happy Birthday

Als ich dann im eiskalten Deutschland die Zeitung aufschlage traue ich meinen Augen nicht: „MALE/BERLIN/AFP - Der erste demokratisch gewählte Präsident des Inselarchipels der Malediven im Indischen Ozean ist nach dreiwöchigen politischen Unruhen von der Macht verdängt worden. Der 44-jährige Mohamed Masheed sagte gestern nach einer Polizeimeuterei, sein Rücktritt sei ’für das Land besser’. Sein Stellvertreter Mohamed Waheed wurde umgehend als neuer Staatschef des Urlaubsparadieses vereidigt, das aus 1.192 Inseln besteht. Nasheed wurde 2008 mit 54,2 Prozent gewählt. Das Auswärtige Amt in Berlin rät indessen von Besuchen der Hauptinsel ab, unter anderem wegen der zum Teil gewalttätigen Demonstrationen in der Hauptstadt Male. Die übrigen Inseln gelten für Touristen als sicher. Der Deutsche Reiseverband erklärte, die meisten Malediven-Urlauber gelangten über die Flughafeninsel Hulule direkt auf ihre jeweiligen Urlaubsinseln und kämen in der Regel ’mit der Hauptinsel nicht in Berührung’. Derzeit befinden sich laut Angaben des Reiseverbandes rund 5.000 Deutsche auf den Malediven…“ Klingt nicht gut.

Und ich hatte – bar jeder Information vor Ort – mit dem Gedanken gespielt, mit der Fähre vom Hulule nach Male zu fahren, um der langen Warterei im Terminal zu entgehen. Gut, dass so schlechtes Wetter herrschte und wir notwassern mussten…

 

 

 

Franz Carl (F. C.) Weiskopf

* 3.4.1900 in Prag, Pseudonyme: Petr Buk, Pierre Buk, F. W. L. Kovacs, † 14.9.1955 in Berlin, deutschsprachiger Schriftsteller

 

Vor den Nazis floh F. C. Weiskopf im Alter von 38 Jahren von Prag nach Paris und dann weiter nach New York. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte er als Diplomat für die Tschechoslowakei: als Botschaftsrat in Washington D.C., als Gesandter in Stockholm, als Botschafter in Peking. Und im Alter von 52 Jahren siedelte er von Prag nach Ost-Berlin über, lebte mit seiner Frau Alex Wedding in Friedrichshain, gab gemeinsam mit Willi Bredel die Zeitschrift „neue deutsche literatur“ heraus.

Und F. C. Weiskopf schrieb: Romane, Erzählungen, Anekdoten, Reportagen, Gedichte, Essays.

In seiner Vorrede für die „Verteidigung der deutschen Sprache“ sagte er kurz vor seinem Tod 1955: Seit Jahrhunderten haben deutsche  Schriftsteller als Verteidiger der geliebten Muttersprache ihre Stimme erhoben – warnend oder anklagend; mit Goetheschem Maß: ‚In einer so wunderlichen Sprache wie der deutschen bleibt immer etwas zu wünschen übrig’, oder mit Bürgerschem Zorn: ‚Mir ist aus der ganzen Literaturgeschichte kein Volk bekannt, welches im ganzen so schlecht mit seiner Sprache umgegangen wäre, welches so nachlässig, so unbekümmert um Richtigkeit und Schönheit, ja, welches so liederlich geschrieben hätte als bisher unser deutsches Volk.’ Auch die folgenden Untersuchungen und Versuche wollen ein Beitrag zur Verteidigung der deutschen Sprache, ihrer Fülle und Schönheit, ihres Glanzes und ihrer Reinheit sein, bedroht wie sie sind durch neue Verlotterung und altes übles Erbe aus der Hitlerzeit, vor allem aber durch die unselige Spaltung des Landes. Untersuchungen auf dem Gebiet von Sprache und Stil finden niemals ein Ende; Versuche sind ihrer Natur nach unvollständig. Aber wie hat Meister Martin Opitz in seinem ‚Buch von der deutschen Poetery’ gesagt? ‚Was noch vbrig ist, wil ich entweder inkünfftig selbst gründtlicher verführen, oder denen lassen, die mir an liebe gegen vnsere sprache gleiche, vnd an geschicklichkeit vberlegen sind.’“

 

 

 

Johann Beer

* 28.2.1655 in St. Pölten im Attergau, † 6.8.1700 in Weißenfels, deutscher Schriftsteller und Komponist

 

Johann Beer war seines Zeichens Konzertmeister der Hofkapelle des Herzogtums Sachsen-Weißenfels und zudem Hofbibliothekar. Wohl bekannt war, dass er komponierte, kaum allerdings, dass er auch Bücher schrieb. Johann Beer veröffentlichte zumeist unter diversen Pseudonymen, Opern- und Musikschriften jedoch auch Belletristik. Seine Werke hießen beispielsweise: „Lieblicher Sommer-Klee und Anmuthiges Winter-Grün. das ist: Allerhand lächerliche/ iedoch höfliche Schwänck/ u[n]d kurzweilige Schnaken/ bestehend in mancherley artigen Fragen/ possierlichen Beantwortungen/ gutgemeinten Ernst- und lustigen Schimpf- und Scherz-Reden / Also zusammen gelesen und gebunden durch Ernst Immerlustig“ oder „Der abenteuerliche wunderbare und unerhörte Ritter Hopfen-Sack von der Speck-Seiten. Bestehend: In allerhand Begebenheiten/ gerrissener Castellen/ Einöden/ Gespenstern/ Abentheuern, Duellen/ Turnieren/ Verzauberungen und dergleichen / Allen Liebhabern wunderlicher und abentheurlicher Geschichten/ in specie aber/ Herrn Wolff Peter Rafgi de Gurgu zur sonderlichen Ergötzung an den Tag gegeben von Einem lebendigen Menschen“ oder „Des abentheurlichen Jan Rebhu Ritter Spiridion aus Perusina. In welchem nebenst lustiger, u. ausführlicher Erzehlung dessen Liebs-Geschichte, Castripoli des Printzen von Ferasca absonderliche Abentheuer erzehlet … wird. Wobey auch anzutreffn etliche Judicia über den Ritter Hopffen-Sack … Ans Tage-Licht gegeben durch einen Liebhaber aller tugendsamen Gemüthe“ oder „Des berühmten Spaniers Francisci Sambelle Wolausgepolirte Weiber-Hächel: Darinnen demselbigen Geschlecht die Warheit tapffer aufgefiedelt/ die Laudes hurtig gesungen/ und ihre Handlungen Choraliter herunter figurirt werden; … aus dem Spanischen ins Hochteutsche übersetzet/ durch den allenthalben bekannten Jan-Rebhu, von S. Georgen aus dem Ländlein ob der Enß“.

Am Schluss seines „Narrenspitals“ bittet Beer um Rat: Weiß der geneigte Leser einen oder den andern, so kann er selbigen gar leichtlich und ohne Unkosten in diesem Spital unterbringen. Ich aber werde mich ohne fernern Umschweif über die Legende setzen und diese Woche betrachten, wie eifrig sich die Altväter angelegen sein lassen, ihr ewiges Heil, an welchem jedem Menschen das allermeiste gelegen ist, zu betrachten, welches doch die junge Welt so wenig achtet, sondern vielmehr die Narrenkappe der ewig währenden Torheit ganz liedrelich über den Kopf zieht und sich also selbstens – o tränenwertes Wort! – in den ewigen Abgrund stürzet. Ende.

Bei einem höfischen Vogelschießen wurde Johann Beer von einer verirrten Kugel getroffen. Er schrieb in sein Tagebuch: Den 31st. schnitte man mir die Bley Kugel aus dem Naken, nach welchem Schnitte sichs in etwas zur Besserung anliesse. Ich habe gleich nach meiner Überbringung in meinem Hause, Herren D. Oleario gebeichtet, und mich mit dem Hochwürdigen Sacrament versehen.

Wenige Tage darauf starb er im Alter von 55 Jahren.

 

 

 

Rudolf Christian Karl Diesel

* 18.3.1858 in Paris, † 29.9.1913 im Ärmelkanal, deutscher Erfinder

 

Im Alter von 35 Jahren veröffentlichte Rudolf Diesel sein Buch „Theorie und Konstruktion eines rationellen Wärmemotors zum Ersatz der Dampfmaschinen und der heute bekannten Verbrennungsmotoren“ und begann an dem dann nach ihm benannten Motor zu arbeiten, der am 10. August 1893 erstmals zündete und am 17. Februar 1894 zum ersten Mal aus eigener Kraft lief. Im Jahr 1900 wurde der Diesel-Motor rauf der Pariser Weltausstellung mit dem Grand Prix geehrt. Drei Jahre später wurden die ersten Schiffe mit diesem neuen Motor angetrieben, weitere fünf Jahre darauf der erste Kleindieselmotor gebaut und 1912 gab es die erste Diesel-Lokomotive. 1923 bewegte sich ein erster Diesel-LKW fort, und erst weitere 13 Jahre später, im Februar 1936, fuhren erstmal Serien-Autos dank dieses Antriebs, der Mercedes 260 D und der Hanomag Rekord.

Rudolf Diesel erlebte dies alles nicht mehr. Er ging im Alter von 55 Jahren, am 29. September 1913, in Antwerpen an Bord eines britischen Fährschiffs, um nach Harwich überzusetzen und später in London an einem Treffen der „Consolidated Diesel Manufacturing Ltd.“ teilzunehmen. Nach dem Abendessen an Bord verschwand er spurlos, seine Kabine war. Die Umstände seines Todes wurden nie geklärt.

 

 

Christine Dranzoa

* 1.1.1967 in Adua, † 28.6.2022 in Kampala, ugandische Biologien

 

Die promovierte Biologin und Professorin Christine Dranzoa wirkte auch als Schriftführerin des panafrikanischen „Forum for African Women Educationalist“ und gründete 2006 die „Nile Women Initiative“, um für Geschlechtergerechtigkeit in der ugandischen West-Nile-Subregion zu kämpfen.

 

 

 

 

 

Per Olof Ekström

* 26.4.1926 in Gotlands län, † 4.10.1981 in Bukarest, schwedischer Schriftsteller

 

Weltberühmt wurde Per Olof Ekström durch die Verfilmung seines Romans „Sie tanzte nur einen Sommer“, einem der erfolgreichsten Filme Schwedens überhaupt, dessen Nackt-Szenen internationale Diskussionen auslösten. Die Filmemacher hatten den Skandal offenbar vorausgesehen, denn sie drehten Anfang der 1950er Jahre gleich vier Fassungen der umstrittenen Bade-Szene von Ulla Jacobsson und Folke Sundquist: In Frankreich, Großbritannien und den USA wurden die beiden nur halbnackt gezeigt, in Italien und Spanien nur mir halb entblößter Brust, und in den Niederlanden waren nur die Köpfe der Badenden zu sehen.

Per Olof Sundman verfasste mehr als 25 Bücher und starb im Alter von 55 Jahren. Der Titel seines letzten Romans war: „Dynamit“.

 

 

 

Hugo von Hofmannsthal

* 1.2.1874 als Hugo Lorenz August Hofmann. Edler von Hofmannsthal in Wien, † 15.7.1929 in Rodaun, österreichischer Schriftsteller

 

Seit 1920 wird Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ Jahr für Jahr bei den Salzburger Festspielen aufgeführt. Neben dem Iffland-Ring gilt die Hauptrolle im Salzburger „Jedermann“ als die größte Auszeichnung für einen Schauspieler im deutschsprachigen Raum.

„Hofmannsthal war der Erbe einer alten und reichen Kultur, in ihr lebte er, auf sie sah er, sie bewahrte er: im persönlichen Lebenszuschnitt nach den Normen der ‚Familien’, im lyrischen, dramatischen, essayistischen Werk, in seinen vielfältigen editorischen und kulturpolitisch-organisatorischen Bemühungen“, schreibt der Literaturhistoriker Eike Middell in seinem Geleitessay zu Hofmannsthals „Deutsches Lesebuch“. „ Ruhm und Nachruhm Hugo von Hofmannsthals, tatsächliche Wirkung und Geltung einerseits, die kulturpolitische Funktion, die ihm in der bürgerlichen Gesellschaft zuzeiten angetragen wird, andererseits stellen einen eigenen Untersuchungsgegenstand dar. Daß dieser Österreicher zu den bedeutendsten Dichtern des Jahrhunderts gehört, sei mit Nachdruck betont.“

Und Gehrhard Rothbauer (mein Mentor am Leipziger Literaturinstitut) sagte in seinem Nachwort zu dem Erzählungsband „Die Frau ohne Schatten“: „Nach der Katastrophe des ersten Weltkrieges weiß Hofmannsthal mehr als je um die Gefahr einer bloß ästhetischen Existenz. Kunst und Schönheit sind für ihn nun bloße Scheinlösungen lebensimmanenter Spannungen, der Ästhetizismus gefährlich wie Opium. […] Während in Europa alte Ordnungen zerbrechen, eine in der Weltgeschichte ganz neue sich zu formieren beginnt, flieht Hofmannstahl in eine widerspruchslose Totalität, wie sie vielleicht einmal im Barockdrama oder einer Oper wie die ‚Zauberflöte’ vorstellbar war. Und doch liegt gerade darin auch das Bezaubernde, das Eigenartige, ja Repräsentative seines Werkes. Bewunderung und Verwunderung in einem muß man ihm entgegenbringen.“

Stefan Zweig erinnerte sich in seinen Memoiren „Die Welt von gestern“: „Die Erscheinung des jungen Hofmannsthal ist und bleibt denkwürdig als eines der großen Wunder früher Vollendung; in der Weltliteratur kenne ich bei solcher Jugend außer bei Keats und Rimbaud kein Beispiel ähnlicher Unfehlbarkeit in der Bemeisterung der Sprache, keine solche Weite der ideellen Beschwingtheit, kein solches Durchdrungensein mit poetischer Substanz bis in die zufälligste Zeile, wie in diesem großartigen Genius, der schon in seinem sechzehnten und siebzehnten Jahr sich mit unverlöschbaren Versen und einer noch heute nicht überbotenen Prosa in die ewigen Annalen der deutschen Sprache eingeschrieben hat. Sein persönliches Beginnen und zugleich schon Vollendetsein war ein Phänomen, wie es sich innerhalb einer Generation kaum ein zweites Mal ereignet.“

Insgesamt verfasste Hugo von Hofmannsthal 27 Dramen, darunter „König Ödipus“, „Der Turm“, „Der Unbestechliche“ und „Das Salzburger große Welttheater“, verfasste Libretti für Opern von Richard Strauss wie „Elektra“, „Der Rosenkavalier“, „Ariadne auf Naxos“ oder „Die Frau ohne Schatten“, und veröffentlichte zahlreiche Erzählungen, Essays und Gedichte.

Am 13. Juli 1929 erschoss sich Hofmannsthals Sohn Franz im Alter von 26 Jahren. Zwei Tage danach starb Hugo von Hofmannsthal an einem Schlaganfall, als er zur Beerdigung seines Sohnes aufbrechen wollte.

Im Alter von 24 Jahren hatte Hugo von Hofmannstahl gedichtet

Fürchterlich ist diese Kunst! Ich spinn aus dem Leib mir den Faden, / Und dieser Faden zugleich ist auch mein Weg durch die Luft…

 

 

 

Johann Ernst Basilius Wiedeburg

* 24.6.1733 in Jena, † 1.1.1789 ebd., deutscher Physiker

 

Johann Ernst Basilius Wiedeburg studierte an den Universitäten Jena und Erlangen. Auf seine Anregung hin wurde in Erlangen 1754 ein Zweig der „Deutschen Gesellschaft“ gegründet, der sich alsbald zum „Institut der Moral und der schönen Wissenschaften“ entwickelte und dessen „Ältester“ er war. Johann Ernst Basilius Wiedeburg avancierte zum Universitätsbibliothekar, zum außerordentlichen und schließlich im Alter von 26 Jahren zum ordentlichen Professor der Philosophie. Im Jahr darauf wechselte er nach Jena und wurde dort Professor der Mathematik. Als Astronom beschäftigte er sich vor allem mit Sternbildern, den Sonnenflecken und den Polarlichtern. 1784 richtete man ihm im Jenaer Fuchsturm ein Observatorium ein.

 

  

 

 

Frederick Catherwood

* 27.2.1799 in Hoxton, † 27.9.1854 vor Neufundland, britischer Forschungsreisender

 

Frederick Catherwood erforschte gemeinsam mit John Lloyd Stephens das Maya-Gebiet, besuchte von 1839 bis 1841 44 Maya-Städte und entdeckte einige neu, so Copán, Iximché, Q'umarkaj, Quiriguá, Palenque und Uxmal. Die Zeichnungen, die er dabei anfertigte, wurden weltberühmt, und waren wichtige Impulse für die weitere Erschließung der Maya-Kultur.

Für Stephens illustrierte er das Buch „Incidents of Travel in Central America, Chiapas, and Yucatan”, selbst veröffentlichte er „Views of Ancient Monuments in Central America, Chiapas and Yucatan“.

Im Alter von 55 Jahren war Frederick Catherwood an Bord der „Arctic“, als dieses Schiff vor der Küste Neufundlands in dichtem Nebel mit einem anderen Schiff kollidierte und Stunden später sank. Mit 350 anderen Passieren und Matrosen kam er dabei ums Leben.

 

 

 

Adrianus Michiel (A.M.) de Jong

* 29.3.1888 in Nieuw-Vossemeer, † 18.10.1943 in Blaricum, niederländischer Autor

 

A.M. de Jong war sehr produktiv, verfasste unermüdlich Romane, Comics, Kinderbücher, Hörspiele, übersetzte und trat auch als Kabarettist auf. Als sein Hauptwerk gilt der autobiografisch geprägte achtteilige Romanzyklus „Merijntje Gijzens Kindheit und Jugend“, erschienen zwischen 1925 und 1938. Von 1922 bis 1937 veröffentlichte er gemeinsam mit seinem Künstlerfreund George van Raemdonck in der Amsterdamer Tageszeitung „Het Volk“ beliebte Comics um das Gaunerpaar „Bulletje und Booenstaak“.

1939 prangerte A.M. de Jong mit seinem Roman „Der Tanz auf dem Vulkan“ heftig den Faschismus an. Drei Jahre später wurde er von Angehörigen des niederländischen SS-Sonderkommandos „Silbertanne“ im Alter von 55 Jahren vor seinem Haus erschossen.

 

 

 

Achille-Claude Debussy

* 22.8.1862 in Saint-German-en-Laye, † 25.3.1918 in Paris, französischer Komponist

 

Claude Debussys Musik gilt als Bindeglied zwischen Romantik und Moderne.

Ich fühle mich nicht versucht, das nachzuahmen, was ich an Wagner bewundere. Ich habe eine andere Vorstellung von der dramatischen Form: Die Musik beginnt da, wo das Wort unfähig ist, auszudrücken. Musik wird für das Unaussprechliche geschrieben; ich möchte sie wirken lassen, als ob sie aus dem Schatten herausträte und von Zeit zu Zeit wieder dahin zurückkehrte; ich möchte sie immer diskret auftreten lassen.

Seinen Durchbruch schaffte der zweiunddreißigjährige Debussy mit dem von einem Gedicht von Stéphane Mallarmés inspirierten „Prélude à l'après-midi d'un faune -  Vorspiel zum Nachmittag eines Faunes“.

Neben der Verwendung von Pentatonik (etwa in ‚Préludes I, Les Collines d’Anacapri’) und Ganztonskalen (z.B. in ‚Préludes I, Voiles’) verwendet Debussy von der Salonmusik seiner Zeit (bspw. ‚Préludes I, Minstrels’) und der frühen Jazzmusik entlehnte Harmonik (so in ‚Children’s Corner’ und ‚Le petit nègre’). Ähnlich wie Ravel liebte Debussy das Kolorit der spanischen Tanzmusik. Ein Denkmal errichtete er ihr beispielsweise in ‚Iberia’, dem mittleren Satz des Orchesterwerks Images, das zwar durch äußerst geschickte Orchestrierung und typische Rhythmik absolut authentisch erscheint, jedoch vollständig ohne Zitate spanischer Volksmusik auskommt und ganz und gar eine Eigenkomposition darstellt“, weiß Wikipedia. „Die Verwendung nicht-Dur-Moll-basierter Harmonik, außereuropäischer Skalen und spanisch anmutender Färbungen wie auch Rhythmen ist bei Debussy niemals Selbstzweck um des bloßen Effekts willen. Aus einem Missverständnis heraus wurde Debussy als reiner Stimmungskomponist eingestuft, ähnlich wie man Monet als Stimmungsmaler bezeichnet hat. Tatsächlich folgen die Strukturen seiner Werke häufig ebenso strengen Regeln wie etwa eine Fuge von Johann Sebastian Bach.“

Über sein Orchesterwerk „La Mer“ urteilte die zeitgenössische französische Kritik: es sei „eine Art klingende Palette, auf der ein geschickter Pinsel seltene und leuchtenden Töne mische, um in der ganzen Mannigfaltigkeit ihrer Skale das Spiel des Schattens und des Lichtes, das ganze Helldunkel der schillernden und unendlichen Fluten wiederzugeben. […] Manche Streicherarpeggien sind wie die tiefe Unterströmung der treibenden Wogen, die sich am Strande brechen und die Luft mit ihrem aufschäumenden Gischt peitschen. Zuweilen lässt ein einfacher Flötenlauf den Hauch der Brise ahnen; mitunter erinnert irgendeine unruhige Wendung der Bratsche an den reißenden Lauf der kleinen Wellen, die sich in ihrem unaufhörlichen Geplätscher überrieseln.“ Und manche Ausbrüche der der Blechbläser glichen Sonnenstrahlen, die plötzlich über die Wasseroberfläche gleiten und sie wie einen blendenden Spiegel funken lassen.“

Aufsehen erregten auch sein lyrisches Drama in fünf Akten „Pelléas et Mélisande, seine „Images pour orchestre“, sein Ballett für Kinder „La Boîte à joujoux“, oder seine „Chansons de Bilitis“.

Im Alter von 46 Jahren wurde bei Claude Debussy Darmkrebs diagnostiziert, neun Jahre später starb er an dieser Erkrankung.

 

 

 

Erroll Louis Garner

* 15.6.1921 in Pittsburgh, Pennsylvania, † 2.1.1977 in Los Angeles, amerikanischer Jazz-Pianist

 

„Garner hat wahrscheinlich mehr Klavieraufnahmen eingespielt als irgendein anderer Jazzpianist. Seine Gesamtproduktion anzuhören, würde heute weit über hundert Stunden in Anspruch nehmen. Seine Musik fand große Resonanz beim breiten Publikum, so dass er – zum Unterschied von vielen seiner wagemutigen Kollegen des Modern und des Free Jazz – ein wohlhabender Mann wurde“, schreibt der Komponist André Asriel, „Garner ist ein phantasievoller Improvisator mit schneller Auffassungsgabe, phänomenalen Gedächtnis, ungewöhnlichem rhythmischem Instinkt und großer Leichtigkeit. Mit entwaffnender Bedenkenlosigkeit assimiliert er alles, was er hört; er vereinigt Eigentümlichkeiten älterer Jazzpianisten (James P. Johnson, Fats Waller, Art Tatum u.a.) mit Anregungen des Bebop-Stils, aber auch mit Elementen europäischer Virtuosen-Pianistik (Liszt, Debussy, Rachmaninow) zu einem oft fesselnden, stets aber unterhaltenden und eigenständigen Personalstil.“

Er selbst sagte einmal: Es reizte mich immer wieder, auf meinem Instrument zu spielen, als musiziere eine Big Band – mit Riffs der Blechbläser, melodiösem Saxophonsatz, swingenden Soli und einer starken Rhythmusgruppe.

Mit 7 Jahren war Erroll Garner erstmals aufgetreten, mit 55 starb er infolge seiner Lungenkrebserkrankung nach einem Erstickungsanfall an Herzstillstand.

 

 

 

Gustav Klimt

* 14.7.1862 in Baumgarten, † 6.2.1918 in Wien, österreichischer Maler

 

Gustav Klimt war Gründungspräsident der Wiener Secession. Als sein berühmtestes Gemälde gilt „Der Kuss“, gemalt in seiner „goldenen Phase“.

Gustav Klimt war zu Lebzeiten einer der umstrittensten, aber auch beliebtesten Künstler der Jahrhundertwende. Neben seinem außergewöhnlichen zeichnerischen Talent bestach er unter anderem durch die Darstellung komplexer Bildinhalte, in denen erotische Frauengestalten häufig als Ausdrucksträger menschlicher Lebenszusammenhänge und Empfindungen wie Hoffnung, Liebe und Tod dienten“, weiß Wikipedia, „Klimt ist zweifellos der bedeutendste Künstler des Jugendstils in Österreich, nimmt aber auch im internationalen Maßstab eine Spitzenstellung ein. Dennoch wurde sein Werk besonders in der deutschsprachigen Kunstkritik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts teilweise völlig ignoriert oder als reine Dekorationsmalerei abgetan. Erst später wurde seine statische Flächenhaftigkeit und seine ornamentale Abstraktion als richtungweisend für die Entwicklung der modernen Malerei erkannt (Kubismus, abstrakte Malerei). Darüber hinaus förderte er junge Künstler wie Egon Schiele oder Oskar Kokoschka und leistete damit einen weiteren wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Moderne.“

Mehrfach wurde sein, allein durch seine Liebschaften abenteuerliches Leben verfilmt, immer wieder werden seine Bilder weltweit ausgestellt und erzielen auf Auktionen Rekordpreise.

Im Alter von 55 Jahren erlitt Gustav Klimt einen Schlaganfall und starb wenige Wochen später im Wiener Allgemeinen Krankenhaus nachdem er sich dort mit einer grippösen Lungenentzündung infiziert hatte.

 

 

 

Matti Ensio Nykänen

* 17.7.1963 in Jyväskylä, † 4.2.2019 in Joutseno, finnischer Skispringer

 

Matti Nykänen war einer der erfolgreichsten Skispringer aller Zeiten. Er war viermal Olympiasieger, sechsmal Weltmeister, gewann viermal den Gesamtweltcup und zweimal die Vierschanzentournee. Er errang insgesamt 46 Weltcupspringen und war auch Skiflug-Weltmeister und Skiflug-Weltrekordhalter und gewann diverse Mannschaftswettbewerbe.

Nachdem er seine Karriere Anfang der 1990er Jahre beendet hatte, versuchte er sich als Popsänger und Stripper und verfiel zusehends dem Alkohol. Mehrfach wurde er wegen Körperverletzungen nicht zu letzt seiner Frau verurteilt und musste auch einsitzen. Im Alter von 55 Jahren wurde bei ihm Diabetes mellitus diagnostiziert, doch Matti Nykänen trank weiter und starb schließlich infolge einer Lungen- und Bauchspeicheldrüsen-Entzündung.

 

 

 

Michail Nechemjewitsch Tal

* 9.11.1936 in Riga, † 27. oder 28.6.1992 in Moskau, lettischer Schachweltmeister

 

Im Alter von 23 Jahren gewann Michail Tal die Schachweltmeisterschaft, der jüngste Schachweltmeister seiner Zeit. So risikoreich wie sein Spiel, schien auch sein Lebensstil: obwohl er schwer nierenkrank war, rauchte er viel und trank exzessiv. Seine Leistungen schwankten stark, und schon im Jahr verlor er seinen Weltmeistertitel wieder, gewann aber im Folgenden sechsmal die sowjetische Schachmeisterschaft.

Sein oftmaliger Gegner David Bronstein kommentierte Tals Spielstil ironisch: „Wollen Sie wissen, wie Tal gewinnt? Ganz einfach. Er stellt die Figuren in die Mitte und dann opfert er sie, egal wo.“

Michail Tal galt als freundlich, umgänglich und humorvoll, doch auch als völlig unbeholfen bei Alltagstätigkeiten. Seine Autobiographie „The Life and Games of Mikhail Tal“, zählt als Klassiker der Schachliteratur.

Einen Monat vor seinem Tod spielte er Tal  noch ein Blitzturnier in Moskau, wo er Dritter hinter Gerri Kasparow und Jewgeni Barejew wurde. Im Alter von 55 Jahren erlag Michail Tal schließlich seinem langjährigen Nierenleiden in einem Moskauer Krankenhaus.

 

 

 

Ulugh Beg

* 22.3.1394 als Mīrzā Muhammad Tāriq ibn Schāh-Ruch Ulugh-Beg in Soltanike, Persien, † 27.10.1449 in Samarkand, Timuriden-Fürst

 

Die Religionen zerstreuen sich wie Nebel, die Zarenreiche zerstören sich von selbst, aber die Arbeiten des Gelehrten bleiben für alle Zeiten. Das Streben nach Wissen ist die Pflicht eines jeden!

Ulugh Beg, seines Zeichens zugleich Herrscher und Forscher, gilt als „Märtyrer der Wissenschaft“. Nachgesagt wurde ihm, dass er die Wissenschaft über den Glauben stellte und auch seine Pflichten als Sultan vernachlässigte.

Ulugh Beg beschäftigte sich mit Mathematik, Kunst, Poesie und vor allem Astronomie. Er gründete die Ulugh-Beg-Madrasa in Samarkand und das Observatorium Gurchani Zidsch, und kalkulierte das siderische Jahr gemeinsam mit den Astronomen al-Kaschi und Wadi Zada mit nur einer Abweichung von 58 Sekunden zum heute gültigen Wert.

Sein Sohn ließ ihn absetzen und schickte ihn auf eine Pilgerreise, auf der man ihn jedoch gefangen nahm und hinrichtete. Sein Observatorium wurde umgehend zerstört.

 

 

 

Joe Arroyo

* 1.11.1955 als Álvaro José Arroyo Gonzáles in Cartagena, † 26.7.2011, kolumbianischer Sänger und Komponist

 

Im Alter von acht Jahren trat Joe Arroyo in Cartegena bereits als Sänger auf. Seinen größten Hit hatte er 1986 mit „Rebelión“, einem Song über einen afrikanischen Sklaven im Cartagena des 17. Jahrhunderts, nachdem seine Karriere zuvor aufgrund der Folgen seiner Drogenabhängigkeit fast zu Ende gewesen wäre. Joe Arroyo starb im Alter von 55 Jahren an Multiorganversagen nach einem Herzinfarkt.

Jeanny und ich gelangten Monate vor seinem Tod in seine Heimatstadt: Cartagena, auf diese alte Kolonialstadt war ich besonders gespannt, ist sie doch Handlungsort von „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ von Gabriel Garcia Marquéz: „Im achtzehnten Jahrhundert war die Stadt das blühende Handelszentrum der Karibik gewesen, insbesondere wegen des unrühmlichen Privilegs, der größte Umschlagplatz für afrikanische Sklaven in beiden Amerikas zu sein. Außerdem pflegten die Vizekönige von Neugranada hier zu residieren, da sie lieber mit Blick auf den Ozean der Welt regierten als in der fernen und eisigen Hauptstadt, wo der Nieselregen von Jahrhunderten ihnen den Sinn für die Wirklichkeit verrückte. Mehrmals im Jahr sammelten sich in der Bucht die Galeonenflotten, beladen mit den Schätzen aus Potosí, Quito und Veracruz, das war die glorreiche Zeit der Stadt.“ Kaum haben wir das Hafengelände verlassen, meine ich, in den Straßen Juvenal Urbino, Fermina Daza und Florentino Ariza zu sehen, die Protagonisten dieses faszinierenden Marquéz-Romans. Wir fahren zum einstigen Kloster La Popa auf dem gleichnamigen, die Stadt überragenden Berg hinauf. Fantastischer Blick über die mittlerweile 1,5 Millionen Einwohner zählende Stadt. Unübersehbare Kontraste zwischen der modernen Hochhausarchitektur auf der Halbinsel Bocagrande und den Hüttenvierteln der Armen weitläufig ringsum La Popa.

Auf dem Berg sollen Indios den goldenen Ziegenbock Buziraco verehrt haben, den der erste Abt des Klosters jedoch umgehend den Abhang hinabgestürzt haben soll. Da scheinen mir jedoch spanische Überlegenheitsfantasien zur Legende geworden zu sein – nicht mal ein Goldenes Kalb billigte man der indianischen Bevölkerung zu… Keine Frage selbstredend, dass der stürzende Ziegenbock bombastisch gemalt wurde und das Gemälde vom Guide bombastisch erklärt wird. Weiter zum riesigen Fort San Felipe, das größte und gewaltigste Lateinamerikas wohl. Klar, die zusammengeraubten Schätze der Neuen Welt, die hier vorm Abtransport nach Spanien gehortet wurden, wollten entsprechend gesichert sein. Aber noch auf andere Art und Weise macht uns dieser Steinklotz zu schaffen: es ist unerträglich heiß, der Marsch durch die Gänge des Forts schier klaustrophobisch.

Weiter zu einem Handwerkermarkt mit utopischen Preisen und aufdringlichen Händlern im alten Munitionsdepot (wie überhaupt alles hier – offenbar aufgrund der massenhaft in die Stadt strömenden Kreuzfahrttouristen – reichlich überteuert scheint). Vorbei am knallrot gestrichenen einstigen Kloster Santa Clara, das auch im Marquéz-Roman seine Rolle spielt, und daneben nun das hiesige Wohnhaus des großen Romanciers – ebenso knallrot… Gang durch die Innenstadt: Inquisitionspalast, Kathedrale, die mächtigen Altstadtmauern, all die bunten Kolonialhäuser mit ihren luftigen Balkonen, San Pedro Claver… - alles Schauplätze in „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“.

Und auf dem Weg zurück zum Hafen kommen wir durch das Villenviertel Manga, wo das Haus von Doktor Juvenal Urbino stand (das ich natürlich auch entdeckt zu haben glaube) und wo die Romanhandlung genial in Gang kommt, als der Doktor, der die Cholera in der Stadt besiegt hatte, am Morgen seines 80. Geburtstages beim Versuch seinen entflogenen Papagei einzufangen, vom Mangobaum in seinem Garten stürzt und sich das Genick bricht, und so mählich die mehr als 50 Jahre verdrängte Liebe zwischen seiner Gattin Femina Daza und Florentino Ariza zu ihrer Chance kommt.

 

 

 

Antoine Henri Becquerel

* 15.12.1852 in Paris, † 25.8.1908 in Le Croisic, französischer Physiker

 

„1896 experimentierte Becquerel mit der Phosphoreszens von Uransalzen. Nachdem er auf einige in einem dunklen Raum deponierte Präparate eine Fotoplatte gelegt hatte, bemerkte er am 1. März 1896, dass die Platte geschwärzt wurde, obwohl zuvor kein Licht einfallen konnte, das die Uransalze zur Phosphoreszenz hätte anregen können. Dies war ein Hinweis darauf, dass eine Strahlung existiert, die nicht zum Spektrum des sichtbaren Lichts gehört – diese Strahlung nannte Becquerel Uranstrahlen. Ähnliche Eigenschaften weisen auch die kurz vorher entdeckten Röntgenstrahlen und die Kathodenstrahlen auf. Becquerel hatte mit diesem Versuch die Radioaktivität entdeckt“, weiß Wikipedia.

Im Alter von 49 wurde er dafür gemeinsam mit Marie und Pierre Curie mit dem Nobelpreis für Physik geehrt. Im Alter von 55 Jahren starb Antoine Henri Becquerel wahrscheinlich an den Folgen radioaktiver Verstrahlungen.

 

 

 

Jean-Pierre François Blanchard

* 4.7.1753 in Les Andelys, † 7.3.1809 bei Paris, französischer Ballonfahrer

 

Am 2. März 1784 flog Blanchard mit einem wasserstoffgefüllten Ballon vom Pariser Marsfeld über die Seine und zurück. Und als er mit einem Begleiter am 18. Juli 1784 in der Normandie landete, sollen ihnen Bauern entgegengelaufen und auf die Knie gefallen sein. Sie sollen die Hände zum Gebet gefaltet und nach oben gerufen haben: „Seid ihr Menschen oder Götter? Gebt euch zu erkennen!“ Und Blanchard soll geantwortet haben: „Wir sind Menschen wie ihr!“

Am 7. Januar 1785 überquerte er als Ersten den Ärmel-Kanal von Dover nach Calais, und musste am Ende allen Ballast, sogar die Kleidung bis auf seine Unterhose, abwerfen, um nicht in Meer zu stürzen.

Am 3. Oktober 1785 startete er anlässlich der Frankfurter Herbstmesse zur ersten Luftreise Deutschlands. Dabei ließ er einen Hund mit einem von ihm konstruierten Fallschirm abspringen, der auch wohlbehalten landete.

Er selbst sprang am 21. November 1785 erstmal mit seinem Fallschirm ab, allerdings nicht ganz freiwillig, da sein Ballon wegen Überdrucks zu platzen drohte. Dies war die erste Luftrettung der Geschichte.

Noch heute hält sich in Nürnberg die Redensart „No schau’ ner hie, der rennt wie beim Blenscherd“, da bei Blanchards dortigem Aufstieg tausenden Zuschauer dem Ballon hinterrannten.

Sein Aufstieg am 10. August 1788 in Braunschweig inspirierte Adolph Freiherr Knigge zu seinem satirischen Roman „Die Reise nach Braunschweig“. Beim Flug am 6. Juli 1791 war Emanuel Schikander an Bord, der damals am Libretto für die „Zauberflöte“ schrieb und prompt eine Szene mit drei in einem Ballon davonschwebenden Knaben einarbeitete.

Und am 9. Januar 1793 vollführte er im Beisein George Washingtons die erste Ballonfahrt in der „Neuen Welt“, von Philadelphia nach Deptford.

Am 7. März 1809 erlitt Jean-Pierre François Blanchard während einer Ballonfahrt einen Schlaganfall und starb hochoben.

 

 

 

Joseph Brodsky

* 24.5.1940 als Iossif Alexandrowitsch Brodski in Leningrad, † 28.1.1996 in New York, russisch-amerikanischer Dichter

 

Der Literaturnobelpreisträger Czesław Miłosz sagte über die „Römischen Elegien des Literaturnobelpreisträgers Joseph Brodsky: „Brodsky ist ein Dichter von höchster Kultiviertheit souverän bedient er sich der literarischen Überlieferungen, die er nach Modellen und Archetypen menschlichen Verhaltens abfragt. In diesem Sinn behandelt er die Problematik des Einzelnen gegenüber dem Zentrum der Macht. Das ist große philosophische Lyrik, welche die beiden Pole unserer Existenz umspannt: die Liebe, wie sie erlebt und erlitten wird, und den Tod als Vorahnung, als Angst. Der Liebe wie dem Tod nähert sich Brodsky in diesen Gedichten mit einer Intensität, die religiös genannt werden darf und die ihn als authentischen Nachfolger der großen metaphysischen Dichter Englands ausweist. Und gerade als Russe kann Brodsky, indem er eine alte westliche Tradition wieder aufnimmt, die Einheit der europäischen Kultur glaubhaft machen.“

In der „Welt“ war über Brodskys Hommage an Venedig zu lesen: „Brodskys ‚Ufer der Verlorenen’ gehört zum Poetischsten und Tiefsinnigsten, was in unserer Zeit über die schönste Stadt der Welt gedacht und geschrieben worden ist.“

Nicht minder eindrucksvoll erscheinen seine „Erinnerungen an Petersburg“, die Stadt seiner Herkunft. Und der Klappentext seines Essaybandes „Flucht aus Byzanz“ preist: „Für Kenner der modernen Literatur ist Joseph Brodsky nicht erst seit der Verleihung des Nobelpreises auch einer der bedeutendsten Essayisten der Gegenwart. Anna Achmatowa und Mrina Zwetajewa, Mandelstam, Auden, Kvafis und Montale sind einige der herausragenden Gestalten, denen seine interpretatorische Liebe gilt. Es kann nicht verwundern, dass er sich auch zu sich in Beziehung setzt: Einigen von ihnen ist er noch persönlich begegnet, andere haben mittelbar auf ihn gewirkt. Diese Fähigkeit, sich an anderen durch einen intensiven Dialog zu messen, erreicht ihren Höhepunkt in dem Titel-Essay ‚Flucht aus Byzanz’: Auf den Spuren Konstantins, dessen Fußstapfen folgende, gelingt es ihm mit fast übermütiger Leichtigkeit, Entwicklungen und Veränderungen gegensätzlicher religiöser, politischer und philosophischer Sehweisen und deren Ursachen sichtbar zu machen.“

Joseph Brodsky war im Alter von 23 Jahren vorgeworfen worden, er habe ein Flugzeug entführen wollen, um so aus der Sowjetunion fliehen zu können. Wegen „Parasitentums“ wurde er zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt, aber bereits nach anderthalb Jahren entlassen. Im Alter von 32 Jahren nahm man ihm alle Manuskripte ab und bürgerte ihn aus. Mit einem Koffer und 50 Dollar in der Tasche kam er in Wien an. Mit siebenunddreißig erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft, mit siebenundvierzig den Nobelpreis. Im Alter von 55 Jahren starb Joseph Brodsky durch einen Herzinfarkt.

 

Das Leben – Hausiererware:

Penis und Stirn und Rumpf.

Und Schicksal heißt – es paaren

sich Raum und Zeit. Die Vernunft

beugt sich solcher Macht nur unter

Zwang; doch bist auch du

Der Parze verfallen – munter

schaust du ihr beim Spinnen zu.

 

 

 

Rosso Fiorentiono

* 8.3.1495 als Giovan Battista di Jacopo in Florenz, † 14.11.1540 in Paris, italienischer Maler

 

Im Alter von 21 Jahren wurde Rosso Fiorentino, dessen Künstlername sich auf seine roten Haare bezog, in die Malerzunft von Florenz aufgenommen. In den folgenden Jahren malte er in Volterra, Arezzo und Rom, Città di Castello, Peruggia und Venedig.

Im Alter von 35 Jahren lud ihn der französische König Franz I. an seinen Hof nach Fontainebleau ein, wo Rossi Fiorentino bis zu seinem Tode wirkte. Zu seinen bekanntesten Werke zählen: „Moses verteidigt die Töchter Jethros“, „Kreuzabnahme Christi“ oder „Leda mit dem Schwan“.

 

  

 

 

Sol Plaatje

* 9.10.1876 als Solomon Tshekiso Plaatje in Boshof, † 19.6.1932 in Johannesburg, südafrikanischer Autor und Politiker

 

Sol Plaatje sprach nicht nur seine Muttersprache Tswana, sondern auch Englisch, Afrikaans, Niederländisch, Deutsch, Französisch, Sotho, Zulu und Xhosa. Das brachte ihm eine Anstellung bei der Eingeborenenverwaltung in Mafikeng als Übersetzer bei Gericht ein.

Und alsbald versuchte er sich auch als Journalist, gab zuerst die zweisprachige Zeitung „Koranta ea Becoana – Tswana.Gazette“, dann die „Tsala ea Batho – Freund des Volkes“. In beiden Zeitungen wie auch im „Kimberley Diamond Field Advertiser“ veröffentlichte er auch selbst, so beispielsweise „Banto Folk-Tales and Poems“. Zudem schrieb er den historischen Roman „Mhudi“ und das Buch „Native Life in South Africa“.

Und dann begann er sogar, sich politisch zu engagieren: Im Alter von 36 Jahren er den SANNC, den South African Native  National Congress, mit, der dann zum ANC wurde, und fungierte als dessen erster Generalsekretär.

Im Alter von 55 Jahren starb Sol Plaatje während einer Reise nach Johannesburg an einer Lungenentzündung.

 

 

 

Christa „Kate“ Winsloe

* 23.12.1888 in Darmstadt, † 10.7.1944 bei Cluny, deutsche Künstlerin und Autorin

 

Kate Winsloe gehörte in den 1920er Jahren zur Münchner Bohème und war mit Kurt Wolff, Erich Mühsam, Joachim Ringelnatz und Erika und Klaus Mann. Das sie als Künstlerin gern ihre Haustiere modellierte, wurde sie „Meisterin des Meerschweinchens“ genannt. Dann begann sie auch zu schreiben, Zeitungsartikel und Theaterstücke wie das mehrfach verfilmte „Mädchen in Uniform“.

Nach der Machtergreifung der Nazis emigrierte sie in die USA, schrieb für die „Saturday Evening Post“ oder den „Harper`s Bazar“, kehrte aber nach Europa zurück und ließ sich mit ihrer Lebensgefährtin Simone Gentet in Südfrankreich nieder.

Im Alter von 55 Jahren wurden Kate Winsloe und Simone Gentet in einen von der Résistance kontrollierten Wald entführt und erschossen. Die Hintergründe dieser Tat wurden nie geklärt.

Die Schriftstellerin Christa Reinig sagte über Kate Winsloe: „Sie war immer eine ‚von denen‘. Für die bürgerliche Welt, der sie doch angehören wollte, war sie eine von den Offizierstöchtern. Für die Künstlerkollegen im Atelier war sie eine von den Weibsbildern, die eigentlich nicht Aktzeichnen, sondern selbst die Hüllen fallen lassen sollten. Für die Literatur war sie eine von den Schreibmamsells, die Frauenromane und Gesellschaftskomödien schreiben. Für die Emigranten war sie eine von denen, die emigrierten, weil sie halt nicht unter Hitler leben wollten. Da sie nicht jüdisch und nicht politisch war, war kein Komitée und keine Behörde für sie zuständig. Und im Krieg war sie eine von denen, die wehr- und waffenlos durch die Gegend rannten. Immer zwischen allen Fronten. Keine menschliche Gesellschaft fing sie auf.“

 

 

 

Peter Brasch

* 18.9.1955 in Cottbus, † 28.6.2011 in Berlin, deutscher Schriftsteller

 

- Peter Brasch, schön haust du hier.

- Essen wir besser noch die Würstchen, bevor sie Runzeln kriegen.

 

- Leicht hattest du es nie, vor allem nach deinem Protest gegen die Ausbürgerung Biermanns…

- Wacht auf, Verdammte dieser Erde, die stets man noch zum Dürsten zwingt.

 

- Eine zeitlang hast du versucht, Hörspiele zu schreiben, Märchenhörspiele nicht zuletzt.

- Ich habe keine Lust mehr, auf irgendwelche halbgaren pickeligen Rotkäppchen zu warten, mir Pfoten und Stimmbänder mit Mehl und Kreide versauen zu lassen und was für unappetitliche Dinge für diese Märchen zu erfüllen sind. Aus.

 

- Hast du es auch mal mit Lyrik versucht?

- Do you remember, am besten schmeckt der Schnaps im Dezember.

- Ich verstehe nicht recht…

- An den Schuhen Hundescheiße oder keine Fahrausweise.

 

- Und was würdest du gern mal schreiben?

- Mein Leben als arbeitslose Eisscholle im karibischen Sommer. Erster Teil: Die Schmelzung.

 

- Glaubst du eigentlich an irgendetwas?

- Wer vor dem Bild der heiligen Mutter Maria einen Knicks und vor Christus einen Diener macht, kann nicht ganz katholisch sein.

 

- Und der Sozialismus und so?

- Wir haben gelernt, wie es kam, dass die Arbeit des Greifens dem Affen die Arme und Hände freimacht, dann das Gehirn, weil er sich überlegen musste, was er mit diesen Gliedmaßen noch anfangen könnte. So hat der Affenmensch zu denken angefangen. Und jetzt ist dieser Prozess rückläufig. Die Hände sind frei. Wofür?

 

- Du wurdest nach der Wiedervereinigung arbeitslos, musstest Aushilfsstellen annehmen?

- Niemand kann einer bereits als Blumenrabatte verstorbenen Arbeitsvermittlerin verbieten, als Arbeitsvermittlerin zu reinkarnieren.

 

- Möchtest du etwa mit einem Freund tauschen, den ganzen Tag die Wohnung nicht verlassen und dich an Worten wie Schicksal und Leibhaftigkeit aus alten Büchern besaufen und dann noch meinen, du wirst am Ende weise davon?

- Das Stück Welt, mit dem ich unaufhebbar verbunden war, hieß Wohnung, und ich und mein Leib fühlten sich darin besonders lebendig.

 

- Wenn Du einen Wunsch frei hättest, was würdest du…

- Bei uns gehen Fröhlichkeit und Stolz selten zusammen, entweder man ist fröhlich besoffen oder stolz nüchtern. Ich möchte einmal im Leben sehr stolz gesoffen haben und danach fröhlich nüchtern werden.

 

- Warum scheint die Sonne eigentlich nicht nachts? Tagsüber ist es doch sowieso schon hell…

- Wunder gibt es eben immer wieder. Man muss nur daran glauben, Geduld haben und drauf warten können.

 

- Ach ja?

- Wobei immer noch die große Frage wäre, wer die Träume träumte und woher sie kamen.

 

- Ich danke für das Gespräch

 

 

 

Alfred Edmund Brehm

* 2.2.1829 in Renthendorf, † 11.11.1884 ebd., deutscher Zoologe

 

Alfred Brehm - sein Name wurde durch sein Buch „Brehms Tierleben“ zum Synonym für populärwissenschaftliche zoologische Literatur schlechthin. Weniger bekannt hingegen dürfte sein Spitzname sein: Chalihl Effendi, und Kommilitonen nannten ihn respektvoll „Pharao“.

Im Alter von 18 Jahren schloss sich Alfred Brehm erstmals einer Expedition nach Afrika an. Weitere Reisen nach Ägypten, dem Sudan, nach Spanien, nach Norwegen und Lappland, später auch nach Kroatien, Ungarn, Sibirien und in die USA sollten folgen.

Im Alter von 33 Jahren wurde er zum Direktor des neugegründeten Hamburger Zoos berufen. Sieben Jahre später hatte er die Idee für das Berliner Aquarium Unter den Linden, das er dann bis zu seinem 49. Lebensjahr leitete.

Im Alter von 55 Jahren starb der weit bekannte Zoologe in seinem Thüringer Heimatdorf an den Folgen einer Malaria-Infektion, die er sich bei einer seiner ersten Reisen zugezogen hatte.

 

 

 

Friedrich August Kanne

* 8.3.1778 in Delitzsch, † 16.12.1833 in Wien, österreichischer Komponist

 

Friedrich August Kanne studierte Medizin in Leipzig, dann Theologie in Wittenberg und schließlich in Dresden Musik. Im Alter von 23 Jahren debütierte er als Komponist mit der Kantate „An die Tonkunst“. Er komponierte auch Opern, Bühnen- und Instrumentalmusiken, Lieder, Duette, eine Messe und zwei Sinfonien. Als sein größter Erfolg gilt die Oper „Lindane, oder die Fee und der Haarbeutelschneider“, die oftmals im Wiener „Theater in der Leopoldstadt“ aufgeführt wurde.

Nach seiner Übersiedlung nach Wien wirkte Friedrich August Kanne auch als Musiklehrer, Kritiker und Dichter. Zudem gab er die „Wiener allgemeine musikalische Zeitung“ heraus. Er starb im Alter von 55 Jahren, alkoholkrank und verarmt.

 

  

 

 

Alexis Korner

* 19.4.1928 als Alexis Andrew Nicholas Koerner in Paris † 1.1.1984 in London, englischer Blues-Musiker

 

„Daß man ihn ‚Vater des Weißen Blues’ nennt, mag Alexis Korner nicht besonders. ‚Nein, ich fühle mich da nicht sehr wohl. Es hat eine Zeitlang gedauert, bevor ich es überhaupt akzeptieren konnte.’ Und doch hat er sich diesen Ehrennamen verdient“, schrieb der Covertexter Ulrich Gnoth. „Als Korner seinen 50. Geburtstag feierte, war es naheliegend, daß viele seiner ehemaligen Mitspieler und Schüler kamen. Da traf man Dich Heckstall-Smith von ‚Colosseum’, den Jazzer John Surman, Paul Jones und auch Eric Clapton, der mit Korners einstigen Musikern Jack Bruce und Ginger Baker ‚Cream’ ins Leben gerufen hatte.“

In Korners legendärer Band „Blues Corporation“ spielten Anfang der 1960 Jahre weitere spätere Stars wie Graham Bond, Eric Burdon, Mick Jagger, Brian Jones oder Charlie Watts. Später musizierte er auch mit Peter Frampton, Colin Hodgkinson, Nicky Hopkins, Marsha Hunt, Robert Plant, Steve Marriott oder Peter Thorup.

Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte Alexis Korner am 20. August 1983 in Eindhoven. Im Dezember 1983 entstanden seine letzten Aufnahmen bei der BBC, da klagte er schon über starke Kopfschmerzen. Und wenige Tage später, an Neujahr 1984, starb Alexis Korner an Tumoren in Lunge und Gehirn.

 

 

 

Friedrich Olbricht

* 4.10.1888 in Leisnig, † 21.7.1944 in Berlin, deutscher Offizier

 

Lange habe ich gezögert, über General Friedrich Olbricht zu schreiben, da ich fast zwei Jahre meines Lebens in einer nach ihm benannten Leipziger Kaserne zubringen musste: achtzehn Monate ab November 1976 als Wehrpflichtiger der Nationalen Volksarmee, drei Monate ab November 1986 als Reservist.

Keine Frage, dass man dort der Biografie Olbrichts ständig begegnete: geboren in Leisnig, Abitur in Bautzen, Offizier im Ersten Weltkrieg, 1918 Mitglied im Leipziger Soldatenrat, in der Weimarer Republik Dienst im Reichswehrministerium, dann Stabsoffizier, alsbald Kontakte zu Widerständlern um General Beck, 1940 Leiter des Allgemeinen Heeresamtes im Oberkommando der Heeres, ab 1943 zudem des Wehrersatzamtes beim Oberkommando der Wehrmacht, am 20. Juli 1944 löste er den „Walküre-Plan“ zum Putsch aus und wurde nach dem Scheitern des Attentats auf Hitler tags darauf  im Hof des Bendlerblocks in Berlin gemeinsam mit von Quirnheim, von Stauffenberg und von Haeften standrechtlich erschossen.

Was für eine Biografie! Was für ein mutiger Mann!

Mein Alltag in der nach ihm benannten Kaserne war allerdings beim besten Willen nicht geeignet, ihn als Vorbild zu sehen. Gut, während des Grundwehrdienstes wurde letztlich manches erträglicher, da ich nach Grunddrill und endlosem Exerzieren, Schikanen, Wachen, nach Schieß- und Kanonenübungen und Feldlagern zum Leiter des in dieser Artillerie-Kaserne agierende Alfred-Frank-Ensembles, in das man gezielt Berufsmusiker einberief, abkommandiert wurde, nun gut. Der Reservistendienst jedoch war rundum demütigend, schäbige Unterbringung, zerschlissene Uniformen, magere Verpflegung, Einsatz im erbärmlich eisigen Winter im Braunkohletagebau, wochenlanges Zelten in maroden Zelten bei Minus 30 Grad…

Das Schmerzlichste, das Übelste entschärft sich jedoch offenbar im Laufe der Jahre, und so steht nun völlig außer Frage, dass ich Friedrich Olbricht Respekt zolle, uneingeschränkt!

 

 

 

Dan Pagis

* 16.10.1930 in Rădăuţi, Rumänien, † 29.7.1986 in Jerusalem, israelischer Dichter

 

Dan Pagis emigrierte 1946 nach Palästina, lernte Ivrit im Kibbutz Merchawia, studierte Sprachwissenschaften an der Hebräischen Universität, wurde promoviert und wirkte als Dozent für mittelalterliche hebräische Literatur. Er veröffentlichte acht Lyrik-Bände. Im Alter von 55 Jahren starb Dan Pagis in Jerusalem.

Ich gelangte mehrmals in die Heilige Stadt, insbesondere ist mir der Tag in Erinnerung geblieben, als ich im Oktober 1997 mit Jeanny und meinem Freund Achim und der Gruppe schreibender Schüler, mit der wir Israel erkundete, von Tamar Landau durch Jerusalem geführt wurde:

In West-Jerusalem vor einem dieser riesigen Hotelklötze treffen wir Tamar Landau, unseren Guide für diesen Tag. Sie sagt, sie könne sich schwach erinnern, Herrn Jankofsky schon mal geführt zu haben. Tatsächlich hatte ich mich auf ein Wiedersehen mit ihr gefreut. Unvergessen Tamars Lebensgeschichte: Als Kind nach Bergen-Belsen gebracht, alle nahen Verwandten verloren, selbst aber überlebt. Nach dem Kriege nach Israel gekommen hatte sie sich geschworen, nie wieder deutsch zu sprechen. Als ihr Mann, der die Nazizeit in einem Versteck in Berlin überlebt hatte, jedoch mit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik Mitte der sechziger Jahre als Diplomat nach Bonn geschickt wurde, ging sie mit und erkannte alsbald (erzählte sie Achim und mir), dass sie zum jüdischen-deutschen Verständigungs- und auch Versöhnungsprozess beitragen will und muß, führt nun, seitdem sie wieder in Israel lebt, vor allem junge Deutsche durch Jerusalem und nicht zuletzt nach Yad Vashem, zur Holocaust-Gedenkstätte. (Ursprünglich hatte ich dazu Paul Celans Todesfuge lesen wollen, doch Achim riet mir, das Ganze nicht zu überfrachten. So bot ich nur an, ausgewählte Literatur dabei zu haben und tat offenbar gut daran. Nach der direkten emotionalen Ausstellungserfahrung hatte die Zeile „der Tod ist ein Meister aus Deutschland...“ gewiss nichts mehr von Literaturunterricht...)

Obwohl dies nun meine dritte Führung durch Jerusalem wird, folge ich dieser imposanten und sachkundigen Frau gern. Allein die Art, wie sie führt und erklärt, ist beeindruckend. Wir beginnen den Rundgang in Yemin Moshe, der Gründung Montefioris, der ersten Siedlung außerhalb der Altstadtmauern, leicht zu lokalisieren an der nicht so recht ins Stadtbild passen wollenden Windmühle. Dann fahren wir zur Haas-Promenade, benannt nach dem Sponsor, wie so vieles hier, Blick über die Stadt von Süden, erfahren, dass hier, beim Berg des schlechten Rates, dem heutigen UNO-Quartier, der Sechs-Tage-Krieg begann. Von hier aus griffen jordanische Truppen an, obwohl Hussein, der jordanische König, damals nur wenige Minuten zuvor im Fernsehen von der Unmöglichkeit eines arabischen Angriffs gesprochen hatte. Dann Fahrt vorbei am Jaffa-Tor nach Ost-Jerusalem, das bis zum Sechs-Tage-Krieg wie Ost-Berlin vom Westteil der Stadt getrennt war, vorbei am Damaskus- und am Blumentor auf den Ölberg. Blick vom Osten über die Stadt und von hier natürlich vor allem über den Tempelberg. Abfahrt zum Garten Gethsemane mit seinen phantastischen uralten Ölbäumen (von denen der älteste zwar nicht aus Jesu Zeiten stammt, wie oft behauptet, aber nach neueren Untersuchungen immerhin rund neunhundert Jahre alt sein soll), Besichtigung der Kirche der Nationen, Blick zum Löwen-Tor und vor allem zum Goldenen Tor hinauf. Durch das letztere soll Jesus ja nach Jerusalem, aus Galiläa kommend, eingeritten sein. Und durch eben dieses Tor soll nach jüdischem Glauben dereinst der Messias einziehen, mit sich nehmend alle Toten, auferweckt. Aus diesem Grunde legten die Juden auf dem gegenüberliegenden Ölberg, über den der Messias von Osten kommend ja nach Jerusalem gelangen müsste, und somit zuerst die hier Bestatteten mit sich nehmen würde, diese Auserwählten, einen hangfüllenden Friedhof an. Immerhin, sogar Else Lasker-Schüler liegt hier. Und um zu verhindern, dass eben dies passiert, legten die Araber direkt vor dem Goldenen Tor, einen eigenen Friedhof an. Und der türkische Sultan ließ das Goldene Tor einst sogar vermauern, sicher ist sicher.

Dann Fahrt zu Oskar Schindlers Grab unterhalb des Zionsberges (man erinnere sich der Schluss-Szene aus „Schindlers Liste“). Erstaunlich wie Hollywood wirkt - dieses Grab zu sehen war der einzige von unseren Youngstern geäußerte Besichtigungswunsch! Immerhin sehe ich so vom Rande dieses katholischen Friedhofs zum ersten Mal die ausgegrabene Davidsstadt und erfahre von Tamar, wie der herrliche, in violett, weiß, rot, gelb blühende Strauch heißt, den ich stets überall im Lande sah: Beaugainvillea! Na, bitte. An Davids Grab, am Abendmahlssaal und der Dormitiokirche vorbei erreichen wir zu Fuß das Zions-Tor, kommen ins armenische, dann ins jüdische Altstadtviertel, steigen zur Cardo, den unterirdischen Boulevard, hinab, sehen Mauerreste aus der Zeit des ersten und des zweiten Tempels, gelangen schließlich zur Klagemauer, dem Überrest des von den Römern zerstörten zweiten Tempels (die Zerstörung des ersten Tempels durch die Babylonier soll übrigens am gleichen Tag, dem 9. Av, erfolgt sein - eines der jüdischen Mirakel wohl). Gutem Aberglauben zufolge wünsche ich mir etwas angesichts der Klagemauer, behalte den Wunsch selbstredend für mich, dann in eine an die Männerabteilung der Klagemauer (denn selbstredend ist auch der Zugang zum höchsten jüdischen Heiligtum geschlechtsspezifisch geregelt) anschließende Nebenhalle, wo unzählige Juden, mit breitrandigem Hut, Kippah, Schläfenlocken (Payes), Bart, schwarzem Bratenrock und Pluderhosen, in dieser unterirdischen, mit offenbar dreitausend Jahre alter, abgestandener Luft gefüllten Bibliothek, Talmud lesend, heftig und selten mit dem gesamten Oberkörper vor sich hin nickend.

Halb eins, nach dem Mittagsgebet, geben die Araber den einzigen Touristen-Zugang zum Tempelberg, heute bebaut mit der Al Aqsa-Moschee und dem Felsendom, zweitwichtigstes Heiligtum der Muslime nach Mekka, wieder frei. Von dem Felsen, von dem dieses Heiligtum seinen allseits bekannten Namen hat (die Araber nennen das Bauwerk - was für eine architektonische Meisterlei­stung! farbenfroh und rundum sinntragend - nach seinem Erbauer allerdings auch Omar-Moschee), soll einst Mohammed auf einem Schimmel gen Himmel gefahren sein. Auf demselben Felsen, von den Juden Mojira, genannt, soll Stammvater Abraham seinen Sohn Isaac auf Geheiß Gottes zur Opferung vorbereitet haben... Und sollte es noch eines Beweises bedurft haben, wie sehr hier drei Weltreligionen quasi übereinander liegen, dringt von der nahen Grabeskirche Christi Glockengeläut herüber.

Da ich beide Moscheen bereits kenne, fungiere ich heute als Aufpasser, denn eintreten darf nur, wer Schuhe und Fotoapparate, Videokameras und dergleichen zuvor ablegt, und natürlich, wer gelöhnt hat, nicht zu knapp versteht sich (und von Jahr zu Jahr mehr). Während die anderen in die Heiligtümer entschwinden, beobachte ich eine Schar arabischer Mädchen, wohl beim Schulausflug hier: Alles an ihrer Kleidung, vom Kopftuch über die grünblau gestreifte Einheitsbluse bis zum Einheitsschal scheint strengster Vorschrift zu genügen. Nicht geregelt davon scheint jedoch die Fußbekleidung, denn als einziges Zeichen von Individualismus, Freiheit, von Modesehnsüchten, was weiß ich, tragen sie abgründig hässliche Plateauschuhe, diese aber wiederum einheitlich. Als die Mädchen kichernd Achim zu fotografieren versuchen, werden sie von einem der Tempelbergwächter verscheucht.

Vorm Mist-Tor steht wie immer „König David“, irgendein verrückter Ami, der sich wie David kleidet, Harfe spielt und Psalmen singt - gegen Shekel natürlich. Ich sehe und höre und fotografiere ihn nun bereits zum dritten Mal. Und als er hört, dass wir aus Germany sind, erzählt er, unlängst im Schwarzwald Konzerte gegeben zu haben. Nun gut. Ich werfe zwei Shekel in seinen Harfenkoffer, dafür setzt er Jeanny eine Krone auf und psalmodiert neben ihr kräftig und lächelt und lächelt in die Kameras. Mittagessen in der Mensa der Universität, preiswert und gut, dann auf unseren Wunsch hin zum Grab von Rabin. In wenigen Tagen, am 4. November, jährt sich zum zweiten Male der Tag des Attentates auf ihn, der als Generalstabschef noch den Sechs-Tage-Krieg gewann, doch auch als Vater des Friedensprozesses gilt. Das Attentat auf ihn, als ein Jude feige einen Juden erschoss, hat die israelische Gesellschaft zweifellos verändert. In Vorbereitung des Jahrestages wird gerade eine ewige Flamme in sein Grabmal, das symbolisch aus weißem und schwarzem Stein besteht, eingesetzt. Baustelle. Stellvertretend lege ich einen Stein, jüdischer Sitte folgend, aufs nahe Grab Chaim Herzogs. Vorbei am Grabmal Herzls, dem Vater des Zionismus, gelangen wir wieder zum Bus und so nach Yad Vashem.

Am Eingang zur Allee der gerechten stimmt Tamar feinfühlig auf den Besuch ein, erzählt über die Bedeutung dieser zentralen Holocaust-Gedenkstelle Israels wie aus ihrem so sehr mit dem Holocaust verbundenen Leben, keinerlei Vorwürfe, keinerlei schrille Töne. Böse wird sie allerdings, als Russen neben uns ihre Stullen auspacken und lautstark zu palavern beginnen. In der Allee der Gerechten dann, indem jedem Nichtjuden, der bezeugterweise Juden rettete, ein Baum gepflanzt wird, auch wieder der Name Schindler. In der Ausstellung schließlich möchten unsere Jugendlichen sogar länger, als von uns vorgeschlagen verweilen. Manche Zusammenhänge scheinen manchen jedoch nicht so recht klar, was an Fragen oder Bemerkungen deutlich wird, beispielsweise: Warum waren Juden im KZ nur noch Nummern? - Was verdammt, leisten denn heute noch die deutschen Schulen zu diesem Thema, bzw. was leisten sie alles nicht?? Die Forderung, länger verweilen zu dürfen, scheint mir jedoch ein Anzeichen genereller und ehrlicher Betroffenheit. So legen wir an der ewigen Flamme in der Halle des Todes einen Strauß blauer und weißer Blumen nieder, für den unsere Teilnehmer gesammelt hatten. Emotionalen Höhepunkt Yad Vashems (meiner Meinung nach), die Gedenkstätte für die 1,5 Millionen von den Nazis umgebrachter Kinder. Großes Schweigen im Bus danach. Die Verabschiedung Tamar Landaus, der Holocaust-Überlebenden, fällt sehr herzlich aus, auch für sie haben unsere Youngster Blumen parat. Als sie aussteigt, kommen alle aus dem Bus, hie und da Tränen, kleine ganz persönliche Geschenke, Talismane und ähnliches.

 

 

 

Jelly Roll Morton

* 20.9.1885 als Ferdinand Joseph La Menthe in Guifport, Mississippi, † 10.7.1941 in Los Angeles, amerikanischer Jazz-Pianist

 

Jelly Roll Morton gilt als einer der einflussreichsten Jazzmusiker seiner Zeit. Seine Band „Red Hot Peppers“ genießt er nach wie vor einen legendären Ruf.

Der Jazz-Kritiker Charles Edward Smith sagte: „Morton, der selten andere Melodien als seine eigenen spielte, setzte sich ans Klavier, um sich mit der Musik vertraut zu machen und die Session in Gang zu bringen.“

Und der Musik-Journalist Art Hodes urteilte: „Für die kleine Band war Morton das, was Ellington für die Big Band war.“

Am Ende seines Lebens arbeitet Jelly Roll Morton auch mit Sidney Bechet zusammen und starb, nachdem er das Opfer einer Messer-Attacke geworden war, im Alter von 55 Jahren an Herzversagen.

 

 

 

Friedrich Wilhelm Nietzsche

* 15.10.1844 in Röcken, † 25.8.1900 in Weimar, deutscher Philosoph

 

Naumburg 1996: erste Nietzsche-Preis Vergabe. Da ich das Ganze mit auf den Weg brachte, werde ich in der ersten Reihe platziert. Und auf einmal fläzt ’n Riesenschnauzbart in Fin-de-Siècle-Klamotten neben mir und glotzt mich aus buschigen Augenhöhlen an, glotzt und glotzt und zwinkert schließlich. Mann, bist du ’ne Illusion oder ’n Komparse oder…? Irgendwie umnachtet’s mich.

 

 

 

Andreas Silbermann

* 16.5.1678 in Kleinbobritzsch, † 16.3.1734 in Straßburg, deutscher Orgelbauer

 

Andreas Silbermann gilt als einer der besten Orgelbauer seiner Zeit. Die Instrumente, die er, sein Bruder Gottfried sowie sein Sohn Johann Andreas Silbermann bauten, sind als „Silbermann-Orgeln“ weithin bekannt.

„Nach den Aufzeichnungen seines Sohnes Johann Andreas baute Andreas Silbermann 34 Orgeln, darunter 9 Positive. Davon sind fünf fast unverändert erhalten (Marmoutier, Straßburg/Magdalenenkirche, Niedermorschwihr, Altorf, Ebersmünster) und sechs verändert erhalten oder rekonstruiert (Bischheim, Straßburg/St. Aurelien, Ottrott, Bischweiler, Colmar, Rosheim)“, weiß Wikipedia.

Andreas Silbermann starb zwei Monate vor seinem 56. Geburtstag in Straßburg, wohin er im Alter von 23 Jahren gezogen war.

 

 

 

Roald Engelbregt Gravning Amundsen

* 16.7.1872 in Borge † 18.6.1928 nahe der Bjørnøya, der Bäreninsel, norwegischer Polarforscher

 

Weltberühmt wurde Roald Amundsen, da er als erster Mensch den Südpol erreichte. Er durchfuhr aber auch als Erster die Nordwestpassage und als Zweiter nach Nordenskjöld die Nordostpassage und gilt somit als erfolgreichster Entdeckungsreisender in Arktis und Antarktis.

Und dann begann Roald Amundsen auch Fluggeräte für die Polarforschung zu nutzen, mit einem Flugzeug kam er dem Nordpol sehr nahe, an Bord des Luftschiffes „Norge“ überquerte er 1926 mit Umberto Nobile und Lincoln Ellsworth die Arktis „Norge“.

Als Nobiles Luftschiff „Italia“ dann zwei Jahre später in der Arktis abgestürzt war, brach Roald Amundsen mit einem Flugboot zu einer Rettungsaktion auf und kam dabei im Alter von 55 Jahren ums Leben. Das Wrack seines Flugzeuges wie sein Leichnam blieben verschollen. Nobile aber überlebte und wurde 93 Jahre alt.

 

 

 

Pol Chruchten

* 30.7.1963 in Pétange, † 2.7.2019 in La Rochelle, luxemburgischer Filmregisseur

 

Die Welt weiß, dass das Schwache

über das Starke triumphiert

und das Weiche das Harte besiegt.

                                                    Laozi

erscheint im Vorspann von Pol Chruchtens letztem Film „Dark Justice. In dem kämpft der hochintelligente Protagonist Jack De Long wie Robin Hood für Gerechtigkeit, allerdings nicht als Bogenschütze, sondern als Umweltaktivist, Internetexperte, Whistleblower. Am Ende sagt Chruchtens Held in die Kamera: „Wir alle verdienen eine bessere Welt. Der Kampf geht weiter.“ Und dann wird vor einer Müllhalde ein Plakate hochgehalten: „Save Planet!“

2013 inszenierte Pol Chruchten „Never die young“, der 2015  in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ für den Oscar nominiert war. Für seinen Dokumentarfilm „Voices from Chernobyl“ erhielt er im September 2018 den Lëtzebuerger Filmpräis, und Laufe dieses Jahres drehte Pol Chruchten „Dark Justice“. Mitte 2019 verstarb er plötzlich.

Was für ein Vermächtnis!

 

 

 

Georg Herwegh

* 31.5.1817 als Georg Friedrich Rudolf Theodor Andreas Herwegh in Stuttgart, † 7.4.1875 in Lichtenthal, deutscher Dichter

 

Kennt ihr, kennt ihr das freie Wort,

Das mit der Sonne kreist?

Das mit den Wogen donnert fort?

Das mit dem Sturme reist?

Das reich wie Tau vom Himmel tropft,

An Hütten und Paläste klopft?

Kennt ihr den freien Geist?

 

Welcher Gewerkschafter fühlte sich noch nicht durch Georg Herweghs Verse ernutigt: Mann der Arbeit, aufgewacht! / Und erkenne deine Macht! / Alle Räder stehen still / Wenn dein starker Arm es will….?

Zu Georg Werths Freunden und Bekannten zählten Michaeil Bakunin, Ludwig Feuerbach, Heinrich Heine, Alexander Herzen, Victor Hugo, Karl Marx, Franz Liszt, George Sand, Gottfried Semper, Iwan Turgenjew, Richard Wagner oder Wilhelm Weitling.

 

Sonntag. Deutschland pflegt sich –

Wohl zu besinnen.

Montag. Deutschland regt sich –

Was wird’s beginnen?

Dienstag. Deutschland trägt sich –

Mit großen Gedanken.

Mittwoch. Deutschland bewegt sich –

In gesetzlichen Schranken.

Donnerstag. Deutschland frägt sich –

Ob’s endlich soll?

Freitag. Deutschland schlägt sich –

Schlägt sich wie toll!

Sonnabend. Deutschland legt sich –

Zu Protokoll!

 

Im Alter von 46 Jahren wurde Georg Herwegh in der Schweiz, wohin er nach der 1848er Revolution geflohen war, zum Bevollmächtigten des neu gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV), der erste Vorläuferorganisation der späteren Sozialdemokratische Partei Deutschlands also.

 

Allüberall Geschrei nach Brot,

Vom Atlas bis Archangel!

In halb Europa Hungersnot,

Im halben bitter Mangel!

Die Scheuern leer, die Steuern schwer,

Die Ernten schlecht geraten –

Doch immer mehr und immer mehr

Und immer mehr Soldaten!

 

Im Alter von 49 Jahren kehrte Georg Herwegh nach Deutschland zurück und wurde noch im selben Jahr zum Ehrenkorrespondenten der Ersten Internationale ernannt. Mit fünfundfünfzig stirbt er.

 

Geld her für Pulver und für Blei!

Für Reiter und für Rosse!

Chassepots, Zündnadeln, allerlei

Weittragende Geschosse!

Dem Kaiser Geld! dem Papste Geld!

Nur immer frisch von hinten

Geladen! Denn der Lauf der Welt

Hängt ab vom Lauf der Flinten.

 

 

 

Aquiles Nazoa

* 17.5.1920 in Caracas, Pseudonym: Lancer, † 25.4.1976 zwischen Caracas und Valencia, venezolanischer Schriftsteller

 

Im Alter von 15 Jahren verrichtete Aquiles Nazoa, nachdem er sich bereits als Tischlerlehrling, Hotelpage, Telefonist und Lagerist in Caracas für die Zeitung „El Universal“ Hilfsarbeiten und diente sich rasch bis zum Korrektor hoch. Und als er als Korrespondent nach Puerto Cabello entsandt wurde und dort in einen Artikel die Trägheit der örtlichen Behörden bei der Ausrottung der Malaria kritisiert hatte, geriet er im Alter von 20 Jahren erstmals ins Gefängnis.

Zurück in Caracas wurde er im Alter von 28 Jahren jedoch mit dem venezolanischen Zeitungspreis für seine humorvollen Veröffentlichungen. Nachdem dann 1955 der Diktator Marcos pérez Jiménez die Macht ergriffen hatte, musste Nazoa jedoch für drei Jahre ins Exil.

Wieder im Lande veröffentlichte er Bücher wie: „Caballo de manteca“ (1960),Cuba, de Martí a Fidel Castro“ (1961), „Caracas, física y espiritual“ (1967) und „Humor y amor“ (1970), er hielt Vorträge und leitete Konferenzen, und trat in der Sendung “Die einfachsten Dinge“ auch im Fernsehen auf.

Bevor er aber eine Schauspieltruppe gründen konnte, um sein geplantes „Theater des Lesens“ zu realisieren, kam Aquiles Nazoa im Alter von 55 Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

 

 

 

Friedrich II.

* 26.12.1194 in Jesi, † 13.12.1250 in Castel Fiorentino, Kaiser

 

Mit vier Jahren wurde Friedrich II., der Enkel Barbarossas, König von Sizilien, mit 18 König und mit 26 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, zudem führte er ab seinem 31. Lebensjahr den Titel „König von Jerusalem“.

Zumeist regierte er von Italien aus, am liebsten wohl in Foggia, wo er nachweislich 40 mal weilte, nach Deutschland kam er nur selten, hier schien seine Lieblingspfalz Hagenau im Elsaß gewesen zu sein, wo sich der Staufer Friedrich II. immerhin 22 mal aufhielt.

Sein Hof wurde von der Mediävistik als „Drehscheibe des Kulturtransfers“ bezeichnet, da er nicht nur ein politisches, sondern auch ein kulturelles Zentrum war. Hier wirkten christliche Gelehrte neben wie muslimischen und jüdischen: Michale Scotus, Johannes von Palermo, Theodor von Antiochia, Leonardo da Pisa, und Dichter wie Giacomo da Lentini, Jakob von Morra oder Arrigo Testa.

Und der Kaiser höchstselbst, dessen Leidenschaft offenkundig die Falknerei war, verfasste in seinem Lebensjahrzehnt ein Buch: „De arte venandi cum avibus  - Über die Kunst mit Vögeln zu jagen“, das als bedeutsame Quelle für die Zoologie des 13. Jahrhunderts gilt.

Friedrich II. starb im Alter von 55 Jahren, womöglich an Typhus.

 

 

 

 

 


Zitate aus:

(soweit nicht direkt in den jeweiligen Texten ausgewiesen)

 

Adorno, Theodor W. „Berg. Der Meister des kleinsten Übergangs“

Ahrens, Ralf u.a. „Jürgen Ponto…“

Ansary, Tamir „Die unbekannte Mitte der Welt“

Ansull, Oskar „Zweigeist Karl Emil Franzos…“

Appel, Sabine „Madame de Staël…“

Austin, Paul Britten „Carl Michael Bellman“

Barraqué, Jean „Claude Debussy“

Bartsch, Wilhelm „Meckels Messerzüge“

Baumer, Franz „Ludwig Anzengruber…“

Bourdieu, Pierre „Manet…“

de Botton, Alain „Wie Proust Ihr Leben verändern kann“

Blüher, Karl Alfred „Antonin Artaud…“

Brasch, Thomas „Der schöne 27. September“

Broch, Hermann „Hofmannsthal und seine Zeit“

Brodsky, Joseph „Römische Elegien…“

Burger, Ernst „Erroll Garner…“

Clough, Patricia „Emin  Pascha…“

Collé, Andrée „Erinnerungen an Chaim Soutine…“

Crepon, Tom „Leben und Tod des Hans Fallada“

Cronin, Anthony „Flann O’Brien…”

Dawson, Julian „Nicky Hopkins…“

de Camões, Luiz “Die Lusiaden”

Delle Donne, Vincenzo „Falcone…“

Dick, Auguste „Emmy Noether…“

Dickinson, Emily „Guten Morgen Mitternacht“

Diggelmann, Walter Mathias „Die Vergnügungsfahrt“

Droste-Hülshoff, Annette von „Sämtliche Werke”

Eddé, Anne-Marie „Saladin“

Eisner. Freya „Kurt Eisner…“

Emersleben, Otto „James Cook”

Enzewor, Okwui „Grief and Grievance: Art and Mourning in America“

Farneth, David u.a (Hg.) „Kurt Weill…”

Feldmann, Christian „Edith Stein“

Ficowski, Jerzy „Bruno Schulz…“

Findeisen, Raoul David „Lu Xun…“

Firges, Jean „Molière…“

Fürnberg, Louis „Kuba (Kurt Barthel)…“

Gellert, Christian Fürchtegott „Die Fahrt auf der Landkutsche“

Gerstl, Doris (Hg.) „Georg Philipp Harsdörffer…“

Graeber David u.a. „Anfänge“

Gross, Babette „Willi Münzenberg…“

Günther, Hans „Andrej Platonow“

Gutjahr, Wolf-Dietrich „Revolution muss sein. Karl Radek…“

Hagenbüchle, Roland „Emily Dickinson…“

Harych, Theo „Hinter den schwarzen Wäldern“

Hayes, Harold „Dian Fossey…“

Hebbel, Friedrich „Weltgericht mit Pausen“

Heinzelmann, Martin „Gregor von Tours…“

Hermann-Neiße, Max „Letzte Gedichte“

Heuer, Renate u.a. (Hg.) „Johannes Ilmari Auerbach…“

Hildebrand, Dieter „Lessing…“

Hilzinger, Sonja „Elisabeth Langgässer“

Hoffmann, Martin „Aneglus Silesius…“

Holzberg, Niklas „Vergil…“

Houben, Hubert „Kaiser Friedrich II. ...”

Jardin, André „Alexis de Tocqueville“

Jankofsky, Jürgen u.a. (Hg.) „Eine Handvoll Asche…“

Jungk, Peter Stephan „Franz Werfel…“

Klaus, Martin A. „Ludwig Thoma…“

Klengel, Susanne „Jünger Bolaño…“

Koch, Friedrich „Christian Fürchtegott Gellert“

Koetzle, Hans-Michael „László Moholy Nagy“

Kuba „Brot und Wein“

Kuh, Anton „Luftlinien“

Langer, Alfred „Gauguin“

Latha, Rizwana Habib “Feminismen im afrikanischen Kontext:

Mariama Bâ ist ein so langer Brief“

Meid, Volker „Grimmelshausen…“

Liersch, Werner „Hans Fallada…“

Logau, Friedrich von „Die tapfere Wahrheit“

Lüdecke, Cornelia „Amundsen…“

Mai, Ekkehard „Anselm Feuerbach…“

Mai Grothe, Inga „Michael Praetorius…“

Maurer, Konrad und Ulrike „Alzheimer…“

Merseburger Zaubersprüche

Mikula, Anna „Flann O’Brian für Boshafte“

Minguet Batlori, Joan „Gauguin“

Natter, Tobias Günter „Gustav Klimt…“

Neumann, Carl W. „Brehms Leben“

Niedhart, Gottfried „Die Außenpolitik der Weimarer Republik“

Niehaus, Max „Isidora Duncan…“

Pächt, Otto „Van Eyck…“

Page, Helena P. „General Friedrich Olbricht…“

Pechmann, Alexander „Mary Shelley…“

Peters, Patrick „Johann Joachim Winckelmann“

Pettersson, Jan-Erik „Stieg Larsson…“

Pohl, Karl Heinrich „Gustav Stresemann…”

Prescott, William H. „Die Eroberung Mexikos”

Rduch, Aleksandra E. „Max Dautheday…“

Redepenning, Dorothea „Peter Tschaikowski“

Regnier, Anatol „Frank Wedekind…“

Reinhardt, Stephan „Georg Herwegh…“

Reinke-Kunze, Christine „Alfred Wegener…“

Rilke, Rainer Maria „Neue Gedichte“

Ritzer, Monika „Friedrich Hebbel…“

Scharfe, Jürgen (Hg.) „El Lissitzky…“

Schaup, Susanne „Henry David Thoreau…“

Scheerbart, Paul „Katerpoesie. Die Mopsiade“

Schinkel, André „Anna Hood und das Wunder vom Crostigall“

Schmatloch, Marius „Andrej Tarkowskis Filme…“

Schmidt-Joos, Siegfried „Alexis Korner…“

Schulin, Ernst „Walter Rathenau…“

Schulz, Bruno „Die Zimtläden”

Seemann, Annette  „Christiane von Goethe…”

Seidel, Helmut „Johann Gottlieb Fichte zur Einführung“

Seifert, Rita „Johann Carl August Musäus…”

Solbach, Andreas „Johann Beer…”

Specht, Rainer „René Descartes…”

Spence, Lyndsy „Cast of a Diva. The Hidden Life of Maria Callas”

Sponheuer, Bernd „Mahler-Handbuch“

Stegemann, Michael „Glenn Gould…“

Steiner-Isenmann, Robert „Gaetano Donizett…”

Sternagel, Renate u.a. „Der Naturforscher Franz Junghuhn…”

Szabadváry, Ferenc „Antoine-Laurent Lavoisier”

Tanriverdi, Julide „Reinhard Furrer…“

Thackeray, William Makepeace  „Jahrmarkt der Eitelkeit”

Thoma, Ludwig „Der Dienstmann im Himmel“

Thomson, David „Laurence Sterne…”

Tree, Stephen „Moses Menmdelssohn“

Verlaine, Paul „Poetische Werke”

Völker, Klaus „Max Herrmann-Neiße…“

von Berg, Urte „Theodor Gottlieb von Hippel….”

von Maur, Karin „Oskar Schlemmer…“

Wassermann, Jakob „Christoph Columbus“

Wehle, Winfried „Torquato Tasso…”

Wehr, Gerhard „Giordano Bruno“

Wiesner, Dieter  „Michael Jackson…”

Wikipedia

Wilkens, Detlef „August-Wilhelm Iffland“

Winegard, Timothy C.Die Mücke”

Witkiewicz, Jan Stanislaw „Rudolf Nurejew…“

Wiwa, Ken „Im Schatten des Märyters…“

Winnock, Michel „Madame de Staël“

Wolf, Karin „Sir Roger Casement…”

Wydra, Thilo „Grace”

Zappa, Frank „I am the slime“

Zweig, Stefan „Balzac”

Zweig, StefanVerlaine”

 


Inhaltsverzeichnis alphabetisch:

 

Gjorgij Abadžiev

Karim Abdullajewitsch Abdullayev

Hans Aßmann Freiherr von Abschatz

James Aggrey

Abū Hāmid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazālī

al-Hamdānī

Johann Georg Albini d.Ä.

Arthur Alexander

Miguel Alfonseca

Alois Alzheimer

Anton Wilhelm Amo

Roald Engelbregt Gravning Amundsen

Samira Salih Ali an-Nu’aimi

Anakreon

Adni Mahmud-paša Anđelović

Gustl Angstmann

Ludwig Anzengruber

Benigno Simeon jr. „Ninoy“ Aquino

Joe Arroyo

Antonin Artaud

Sitara Atschiksai

Johannes Ilmari Auerbach

Mariama Bâ

Baibars I.

Kurt Walter Barthel

Carl Adolph von Basedow

Thomas Beckett

Antoine Henri Becquerel

Johann Beer

Carl Michael Bellman

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Folke Bernadotte Graf von Wisborg

Benazir Bhutto

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Vitale de Bologna

Bonaventura

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Peter Brasch

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Alfred Edmund Brehm

Friedrich Arnold Brockhaus

Joseph Brodsky

Giordano Bruno

Hiram Bullock

Alvise Cadamosto

Maria Callas

José Raúl Capablanca y Graupera

Narcís Casanoves i Bertran

Roger David Casement

Frederick Catherwood

Pol Chruchten

Carl Philipp Gottlieb von Clausewitz

James Cook

Maria Cunitz

Glenn Hammond Curtiss

Cuthbert von Lindisfarne

Daniel Czepko von Reigersfeld

Simon Dach

Max Dauthenday

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Luiz Vaz de Camões

Gaspard II. de Coligny

Adrianus Michiel de Jong

Jean de la Bruyère

Antoine Laurent de Lavoisier

Germaine de Staël

Alexis de Tocqueville

Achille-Claude Debussy

René Descartes

Bartolomeu Dias

Philip K. Dick

Emily Elizabeth Dickinson

Rudolf Christian Karl Diesel

Walter Matthias Diggelmann

Hrant Dink

Mehmedalija „Mak“ Dizdar

Gerd Domhardt

Gaetano Donizetti

Christine Dranzoa

Anne Dufourmantelle

Annette von Droste-Hülshoff

Angela Isidora Duncan

Per Olof Ekström

Kurt Eisner

Okwui Enwezor

Olaudah Equiano

Leif Eriksson

William John „Bill“ Evans

Giovanni Falcone

Leo Fall

Hans Fallada

Azonhon Faton

Enrico Fermi

Anselm Feuerbach

Hubert Fichte

Johann Gottlieb Fichte

Rosso Fiorentino

Gisi Fleischmann

Dian Fossey

Karl Emil Franzos

Friedrich II.

Joß Fritz

Reinhard Alfred Furrer

Daphne Caruana Galizia

Swiad Gamsachurdia

Jerry Garcia

Erroll Louis Garner

Eugène Henri Paul Gauguin

Christian Fürchtegott Gellert

Sophie Germain

Franz Geueke

Maurice Ernest Gibb

Michail Iwanowitsch Glinka

Paul Goesch

René Goscinny

Glenn Gould

Gregor von Tours

Paul Greifzu

Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen

Alexander Grin

Johannes Grob

John Harington

Georg Philipp Harsdörffer

Theo Harych

Christian Friedrich Hebbel

James Maury „Jim“ Henson

Rolf Herricht

Max Herrmann-Neiße

Georg Herwegh

Theodor Gottlieb Hippel

Albert Hoefler

Hugo von Hofmannsthal

Amalie Hohenester

Hong Xuiquan

Nicholas Christian „Nicky“ Hopkins

Harry Houdini

Rokeya Sakhawat Hussain

August Wilhelm Iffland

Injannasi

Albert A. Issa

Izumi Shikibu

Michael Joseph Jackson

Franz Wilhelm Junghuhn

Waldemar Ernst Jungner 

Kalākaua

Kalki

Friedrich August Kanne

Uladsimir Karatkewitsch

Frigyes Karinthy

Grace Patricia Kelly

Ingeborg Klepzig

Gustav Klimt

Christoph Kolumbus

Kondiaromk

Konstantin VII.

Alexis Korner

Diether Krebs

Anton Kuh

Béla Kun

Kunigunde

Bertrand François Mahé de La Bourdonnais

Imre Lakatos

Elisabeth Langgässer

Stieg Larsson

Henrietta Swan Leavitt

Ernst August Lehmann

Hans Leicht

Teodomiro Alberto Azevedo Leite de Vasconcelos

Wladimir Iljitsch Lenin

Gotthold Ephraim Lessing

Charles Lillard

Lin Huiyin

Carl Ferdinand August Linger

El Lissitzky

Liutprand von Cremona

Friedrich von Logau

Michail Wassiljewitsch Lomonossow

Jean-Baptiste Lully

Janani Jakaliya Luwum

Macbeth

Samora Moisés Machel

S. Mahinda

Gustav Mahler

Anton Semjonowitsch Makarenko

Éduard Manet

Meri Te Tai Mangakāhia

Innocenzo Manzetti

Joanot Martorell

Matsuo Bashō

Johann Friedrich Meckel d.J.

Moses Mendelssohn

Johannes Friedrich Miescher

Moctezuma II.

Jelly Roll Morton

László Moholy-Nagy

Molière

Jacques Étienne Montgolfier

Amandus Gottfried Adolf Müllner

Uğur Mumcu

Wilhelm „Willi“ Münzenberg

Johann Karl August Musäus

Herbert Nachbar

Narekatsi

Aquiles Nazoa

Boris Jefimowitsch Nemzow

Carl Borromäus Neuner

Friedrich Nietzsche

Amalie Emmy Noether

Rudolf Chametowitsch Nurejew

Matti Ensio Nykänen

Flann O’Brian

John O'Donohue

Friedrich Olbricht

Roy Kelton Orbison

Nikolaus von Oresme

Dan Pagis

Peter K. Palangyo

Robert Franklin Palmer Jr.

Leif Panduro

Pier Paolo Pasolini

George Pastell

Súsanna Helene Patursson

Petronius

Victor Piñero Borges

Sol Plaatje

Andrej Platonowitsch Platonow

Plinius der Ältere

Jürgen Ponto

Grigori Alexandrowitsch Potjomkin

Jan Potocki

Michael Praetorius

Marcel Proust

Karl Radek

Gertrude „Ma“ Rainey

Knud Johann Victor Rasmussen

Walther Rathenau

Dulduityn Rawdschaa

Upendrakishore Raychaudhuri 

Christopher D’Olier Reeve

Alfred Gregory „Greg“ Ridley

Rainer Maria Rilke

Joachim Ringelnatz

Frieda Ritzerow

Josef „Jossele“ Rosenblatt

Edmond Rostand

Leo Joseph Ryan Jr.

Saladin

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Oskar Schlemmer

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Norbert Schulz

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Muhammad Shamsuddeen III

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Jakob van Hoddis

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Vergil

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Jan van Eyck

Jakob van Hoddis

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Vergil

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Tony Williams

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Xin Zhui

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